Bestand
Schäffer, Fritz (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Vorsitzender der BVP (1929-1933), MdB (CSU, 1949-1961), Bundesminister
der Finanzen (1949-1957) und der Justiz (1957-1961)
Biografie
Fritz (Friedrich) Schäffer wurde
am 12. Mai 1888 als Sohn des Postamtsdirektors Gottfried Schäffer und
dessen Ehefrau Amalie Schäffer, geborene Mayr, in München geboren.
Nach dem Besuch der Volksschule in München und des humanistischen
Gymnasiums in Neuburg/Donau legte er im Jahre 1907 sein Abitur ab. An
der Universität München begann er darauf, Rechtswissenschaft zu
studieren. Sein Studium schloss er im Jahre 1916 ab, nachdem er beide
juristische Staatsexamina mit Auszeichnung bestanden hatte.
Als Infanterist nahm Schäffer 1915-1916 für kurze
Zeit am 1. Weltkrieg teil, wurde aber bald wegen einer Herzerkrankung
vorzeitig entlassen. Noch im Jahre 1916 trat er in den bayerischen
Verwaltungsdienst ein und wurde 1917 Referent im bayerischen
Innenministerium. Am 12.9.1977 heiratete er Else Dyroff, Tochter des
Verwaltungs- und Staatsrechtlehrers Anton Dyroff aus München. Sie
gebar ihm drei Töchter und einen Sohn, der während des 2. Weltkrieges
fiel.
Von prägender Bedeutung für seinen
weiteren Lebensweg war das Erlebnis der Revolutionsereignisse in dem
von relativ hoher Arbeitslosigkeit betroffenen Industriestädtchen
Kelheim/Donau, an dessen Bezirksamt Schäffer 1918 als
Bezirksamtsassessor versetzt worden war. Hier war er bemüht, nachdem
ihm die Leitung des Polizeireferats übertragen worden war, die
staatliche Ordnung im Amtsbezirk zu erhalten. Dies schien ihm nur
unter Sammlung aller der Revolution ablehnend gegenüberstehenden
politischen Kräfte sowie durch sein eigenes Engagement in der
Parteipolitik möglich. Während Georg Heim in Regensburg die Bayerische
Volkspartei gründete, versammelte Schäffer in Kelheim eine Gruppe
Gleichgesinnter um sich, die sich als eine politische
Sammlungsbewegung aller mittelständischen Berufsgruppen sowie beider
großen Konfessionen verstanden. Bald ging diese Gruppe in der
Bayerischen Volkspartei (BVP) auf.
Kurz vor den
Landtagswahlen vom 6.6.1920 wurde Schäffer als Regierungsrat und
später Oberregierungsrat in das Staatsministerium für Unterricht und
Kultus nach München versetzt, dem er bis 1931 angehörte. Ungeachtet
dessen wurde er vom Bezirk Kelheim der BVP für die Landtagswahlen
nominiert. Nach seiner erfolgreichen Wahl in einer Zeit, die durch
ständige Auseinandersetzungen über das Verhältnis Bayerns zum Reich
gekennzeichnet waren, widmete Schäffer sich insbesondere den Gedanken,
in die bayerische Verfassung das Amt des bayerischen Staatspräsidenten
einzuführen. Der Volksentscheid in den Landtagswahlen vom 6.4. bzw.
4.5.1924 hierüber scheiterte jedoch. Allerdings wurde Schäffer in
diesen Wahlen ebenso wie in denen des Jahres 1928 wiedergewählt. Wie
sehr er sich im Laufe seiner nahezu zehnjährigen
Fraktionszugehörigkeit in der BVP profiliert hatte, bewies sich im
Herbst 1929, als Schäffer zum 1. Vorsitzenden der Landesorganisation
der Bayerischen Volkspartei gewählt wurde.
Seit
dem Ende der Räterepublik in Bayern im Jahre 1919 hatte sich die BVP
stets an den bayerischen Staatsregierungen beteiligt und stellte seit
dem 1.7.1924 mit Heinrich Held auch den Ministerpräsidenten. Im
zweiten Kabinett Held wurde Schäffer am 16.9.1931 als Staatsrat mit
der Leitung des bayerischen Finanzministeriums betraut. Da seit dem
Austritt des Bauernbundes aus der Regierungskoalition am 21.8.1931
keine neue Staatsregierung gebildet werden konnte, blieb es Schäffer
versagt, zum Minister berufen zu werden. Gleichwohl nahm er im
Kabinett die vollen Rechte wahr.
Die führende
Rolle der BVP in Bayern, die auch in den Landtagswahlen vom 24.4.1932
bestätigt worden war, ermutigte die BVP mit Schäffer an der Spitze,
auch stärker auf die Reichspolitik einzuwirken. Entgegen seiner
ursprünglichen Absicht, keine erneute Kandidatur von Paul von
Hindenburg für das Amt des Reichspräsidenten zu unterstützen,
schlossen sich Schäffer und die BVP wie bereits 1925 der breit
angelegten Kampagne zur Wiederwahl Hindenburgs 1930 an. Schäffer
unterstützte auch die Regierung Heinrich Brünings nach Kräften. Umso
heftiger opponierte er gegen den Wechsel; den Sturz der Regierung
Brüning bezeichnete er als einen "ungeheuren staatspolitischen
Fehler", da dies eine Missachtung des Willens der 19 Millionen Wähler
bedeute, die Hindenburg im Kampf gegen Hitler gewählt hätten. Der
Preußenschlag Papens vom 20.7.1932 verstärkte diese Ablehnung noch,
erblickte doch nicht nur Bayern darin einen Angriff auf die Existenz
aller deutscher Länder.
Auch nach den
Reichstagswahlen vom 6.11.1932 und dem Scheitern der Regierung Papen,
als sich Reichspräsident Hindenburg in die Überlegungen zur Bildung
einer Regierung der nationalen Konzentration einschaltete, bewegte
sich Schäffer in der Reichspolitik. Wenn er auch einer Lösung im Sinne
der Präsidialkabinette unter Beteiligung von Zentrum und BVP nicht
grundsätzlich entgegenstand, so lehnte er doch nachdrücklich eine
Kanzlerschaft Adolf Hitlers ab. Die gleichwohl erfolgte Machtübernahme
der Nationalsozialisten auch in Bayern hatte die Absetzung der
bayerischen Staatsregierung am 10.3.1933 zur Folge. Damit schied auch
Schäffer aus dem bayerischen Finanzministerium aus.
Bereits am 9.3.1933 war Schäffer kurzzeitig verhaftet worden.
Seine zweite Verhaftung im Mai 1933 brachte ihn zwei Wochen lang ins
Gefängnis Stadelheim. Ein drittes Mal wurde er im Zusammenhang mit dem
Attentat auf Hitler inhaftiert und von August bis Oktober 1944 im
Konzentrationslager Dachau festgehalten. Die Zeit nach seiner
Entlassung aus dem bayerischen Staatsdienst bis zum Kriegsende
verbrachte Schäffer als Rechtsanwalt in München, wobei er vor allem
Vermögensinteressen der von der Auflösung bedrohten Klöster und
Stiftungen der katholischen Kirche vertrat.
Nach Kriegsende erhielt Schäffer zunächst von der amerikanischen
Militärregierung den Auftrag, die obersten bayerischen Gerichte
wiedereinzusetzen und neue Richter zu ernennen. Zu seiner großen
Überraschung wurde er am 28.5.1945 zum vorläufigen bayerischen
Ministerpräsidenten durch das Office of Military Government for
Bavaria ernannt und mit der Berufung der ersten bayerischen
Landesregierung nach Kriegsende betraut. Die Personalvorschläge von
Schäffer für sein neues Kabinett wurden von der Militärregierung
zunächst akzeptiert, wie Deutsche und Amerikaner überhaupt zunächst
vertrauensvoll zusammenarbeiteten. Ab Mitte August 1945
verschlechterte sich jedoch das Klima, als die Militärregierung
begann, alle führenden NS-Mitglieder aus der Staatsverwaltung zu
entfernen. Schäffer, der diese Praxis missbilligte und für eine
Einzelprüfung jedes Falles eintrat, vermochte zunächst den
Militärgouverneur von Bayern, General Patton, für diese Politik zu
gewinnen, doch stieß dieser alsbald auf den Widerspruch von General
Eisenhower, der Patton seines Amtes enthob. Während damit die
amerikanische Militärregierung zunehmend weniger ihre
Entnazifizierungspolitik durch die Regierung Schäffer unterstützt sah,
verstärkte sich unter maßgeblicher Leitung von Josef Müller der
innerparteiliche Widerstand in der CSU gegen Schäffer. Am 28.9.1945
wurde er und sein Kabinett von der Militärregierung entlassen und
durch Wilhelm Hoegner ersetzt. Aus optischen Gründen wurde den
Entlassenen am nächsten Tag ein freiwilliger Rücktritt nahegelegt. In
seinem Entlassungsgesuch begründete Schäffer seinen Schritt mit
"kürzlich in der Presse entstandenen Streitigkeiten, mich und meine
Regierung betreffend".
In der Folgezeit wandte
sich Schäffer stärker der Parteiarbeit und der Neugründung der CSU in
Bayern zu. Schon sehr bald gerieten er und Alois Hundhammer in
scharfen Gegensatz zum Landesvorsitzenden der CSU, Josef Müller.
Nachdem Schäffer an 21.3.1946 zum Vorsitzenden des Bezirksverbandes
München gewählt worden war, konnte der von einer gesicherten Basis aus
den von ihm verfochtenen traditionalistischen bayerischen,
katholisch-konservativen Kurs gegen den fränkisch-protestantisch
orientierten Josef Müller propagieren. Doch bereits am 24.4.1946
schied Schäffer, wenn auch nur vorübergehend, aus diesem
politisch-ideologischen Machtkampf aus, als ihm das Office of Military
Government for Bavaria unter dem Vorwurf, in seinem gesamten
politischen Leben ein Sympathisant und Förderer der
Nationalsozialisten gewesen zu sein und das Entnazifizierungs- und
Entmilitarisierungsprogramm der amerikanischen Militärregierung
obstruiert zu haben, die Bekleidung eines politischen Amtes, die
Ausübung des Wahlrechts, die Kandidatur zu einem öffentlichen Amt oder
zu irgendeinem anderen einflussreichen oder bedeutungsvollen Amt
untersagte. Daraufhin musste Schäffer den Vorsitz im Bezirksverband
München der CSU niederlegen.
Das gegen ihn
eingeleitete Entnazifizierungsverfahren endete zunächst am 28.3.1947
damit, dass die Spruchkammer in München erklärte, Schäffer sei vom
Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom
5.3.1946 nicht betroffen. Unter Berufung auf dieses Gesetz und zur
endgültigen Klärung der gegen
ihn erhobenen
Vorwürfe sowie zur Wiedererlangung seiner persönlichen und politischen
Rechte stellte er am 1.4.1947 den Antrag, gegen ihn ein Verfahren als
Hauptschuldiger oder Belasteter durchzuführen. Am 18.11.1947
bestätigte der Generalkläger beim Kassationshof im Bayerischen
Staatsministerium für Sonderaufgaben die Nichtigkeit der gegen
Schäffer vorgebrachten Beschuldigungen. Seinem Antrag auf
Wiedereinsetzung in seine Rechte wurde am 26.1.1948 freilich nur
insofern entsprochen, als generell die Beschränkungen aufgehoben, das
Verbot zur Bekleidung eines öffentlichen Amtes jedoch aufrechterhalten
wurde. Noch am 23.2. und 30.4.1949 bestätigte die amerikanische
Militärregierung dieses Verbot.
Dennoch hatte
die Verfügung vom 26.1.1948 Schäffer wieder für die Arbeit in seiner
Partei frei gemacht, und sogleich trat er an prominenter Stelle in die
Reihe der Gegner des Landesvorsitzenden Josef Müller. Die Basis seines
weiteren Vorgehens bildete die Wahl zum Vorsitzenden des
Bezirksverbandes Oberbayern am 16.2.1948, nachdem Alois Hundhammer
zugunsten seines Streitgefährten auf dieses Amt verzichtet und den
Fraktionsvorsitz im bayerischen Landtag übernommen hatte. Aktualisiert
wurde die innerparteiliche Auseinandersetzung durch die Lizenzierung
der Bayernpartei auf Landesbasis durch die amerikanische
Militärregierung. Sogleich sah sich Schäffer als ehemaliger
Vorsitzender der BVP dem Verdacht ausgesetzt, er plane seinen
Übertritt in die Bayernpartei und er versuche, die CSU zu
spalten.
Ziel der Rebellion von Fritz Schäffer
war die Ablösung von Josef Müller und die Festlegung des künftigen
Parteikurses auf eine traditionalistische Linie, welche ausschließlich
auf die katholischen Wähler in Bayern zielte. Den autoritären
Führungsstil Müllers lehnte er ebenso wie viele seiner Parteifreunde
ab. Vordergründig ging es in den Debatten der Monate Februar bis Juli
1948 auf mehreren Sitzungen des Landesvorstandes und des
Landesausschusses um
Fragen der Satzung, die
das Verhältnis des Bezirksverbandes zur Landesleitung, u.a. durch die
Herausgabe eines eigenen Mitteilungsblattes betrafen, doch in
Wirklichkeit vollzog sich hier ein interner Machtkampf. Als der
Bezirksverband Oberbayern, dem sich der Bezirksverband München
angeschlossen hatte, nicht den wiederholten Aufforderungen nachkam,
seine Forderungen fallenzulassen und sein aus der Sicht des
Landesvorstandes satzungswidriges Verhalten aufzugeben, beschloss der
Müller getreue Bezirksverband Oberfranken am 13.3.1948, gegen Schäffer
ein Parteiausschlussverfahren zu beantragen, welches der
Parteiausschuss am 17./18.7.1948 einzuleiten beschloss. Doch bevor das
Landesschiedsgericht der CSU einen Urteilsspruch fällen konnte,
erklärte Schäffer seinen Austritt aus der CSU, wohl in der Erkenntnis,
dass er in der Partei keine Mehrheit für seine politische Konzeption
finden würde. Er vollzog diesen Schritt ungeachtet der Tatsache, dass
er am 24.8.1948 zum Abgeordneten für den Parlamentarischen Rat in Bonn
gewählt worden war.
Nach der Ablösung von Josef
Müller durch Hans Ehard im Parteivorsitz am 28.5.1949 war auch der Weg
für Schäffer wieder frei, sich parteipolitisch zu betätigen. Für den
Wahlkreis Passau wurde er in den Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag
vom 14.8.1949 als CSU-Abgeordneter in den Bundestag gewählt. Die sich
am 1.9.1949 konstituierende CDU/CSU-Fraktion machte ihn zu ihrem
zweiten Vorsitzenden. Seine Berufung zum Bundesfinanzminister in das
von Konrad Adenauer geführte Bundeskabinett am 20.9.1949 erfolgte
zweifellos überraschend, war doch der Name Schäffer in den
vorangegangenen Beratungen nicht genannt worden, wenn auch deutlich
geworden war, dass die CSU dieses Ressort in einer künftigen kleinen
Koalition für sich reklamierte. Zum Ziel seiner künftigen
Finanzpolitik erklärte der neue Bundesfinanzminister die Förderung der
innerdeutschen Kapitalbildung, um den Wiederaufbau der deutschen
Wirtschaft zu fördern und die Grundlage für die weitere Sozialpolitik
und die Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge zu schaffen.
Nur eine blühende Wirtschaft könne die Arbeitslosigkeit beseitigen und
das für Bund, Länder und Gemeinden erforderliche Steueraufkommen
erbringen. Die verstärkte Kapitalbildung hänge von der Senkung der
Einkommensteuertarife und von der Wiedergewinnung des Vertrauens der
Sparer ab. Damit zielte Schäffer von Anfang an auf eine ausgewogene
Steuerpolitik ab, welche den marktwirtschaftlichen Prinzipien der von
Bundeswirtschaftsminister Erhard verfochtenen Wirtschaftspolitik
entsprach.
Konsequenterweise setzte sich
Schäffer in seiner ersten Legislaturperiode als Bundesfinanzminister
trotz des hinhaltenden Widerstandes der Alliierten Hohen Kommission
für eine Steuerreform ein. Zwar wurden so die Staatseinnahmen
vorübergehend geschmälert, doch versprachen die langfristigen
Wachstumsaussichten, diese Mindereinnahmen durch ein erheblich
größeres Volumen mehr als zu kompensieren. Den strukturellen
Steueränderungsplänen, nicht jedoch universell und breit angelegten
Reformbestrebungen, vermochte Schäffer seine Zustimmung zu geben. Auch
der Verteilung der Einkommen- und Körperschaftssteuer zwischen Bund
und Ländern, wie sie im Grundgesetz vorgezeichnet war, widmete
Schäffer große Aufmerksamkeit. Überhaupt galt es, die notwendigen
Einnahmen im Bundeshaushalt für die unabweisbaren Ausgaben zu sichern.
Es erwies sich als äußerst schwierig, die Höhe der Ausgaben den
Einnahmen so anzupassen, dass, ohne den Staat zu verschulden, der
Bundeshaushalt ausgeglichen werden konnte. Angesichts der politischen
und sozialen Ausgangssituation der Bundesrepublik Deutschland -
Versorgung der Kriegsopfer und Hinterbliebenen, Aufbesserung der
Renten, Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen und Förderung des
Wohnungsbaus - war dieses Ziel nur in ständigen Konflikten zu
erreichen, in denen Schäffer die Haushaltsanforderungen der anderen
Ressorts zu begrenzen versuchte. Da ihm damit die grundlegende
Entscheidung über die Verwirklichung von Vorhaben zufiel, entschied
doch die Finanzierungsmöglichkeit zugleich auch über die Realisierung,
nahm Schäffer sehr bald eine zentrale Stellung im Bundeskabinett ein.
Hinter Bundeskanzler Konrad Adenauer war er de facto bald der zweite
Mann. Diese Position erwarb er sich in heftigen Kontroversen auch mit
dem Bundeskanzler, in deren Verlauf er wiederholt seinen Rücktritt
anbot. Doch zumindest in der ersten Legislaturperiode scheint der
Bundeskanzler die Finanzpolitik Schäffers weitgehend unterstützt zu
haben, wenn er dessen Einschätzung auch nicht in allen Fällen teilte.
Entscheidend war wohl, dass Schäffer die Adenauersche Außenpolitik
finanzpolitisch abdeckte oder sie zumindest nicht behinderte. So
besorgte Schäffer nicht nur die Finanzierung der Verpflichtungen aus
dem Wiedergutmachungsvertrag mit Israel und verschaffte der
Bundesrepublik mit der Regelung der deutschen Auslandsschulden im
Londoner Schuldenabkommen sowohl wirtschaftliche als auch politische
Reputation, er hatte darüber hinaus auch großen Anteil daran, dass vor
der Unterzeichnung des EVG-Vertrages die Meinungsunterschiede über die
Höhe des deutschen Finanzbeitrages ausgeräumt worden waren.
Die starre Haltung Schäffers in der Ausgabenpolitik
war fraglos die Voraussetzung für die Stabilität der deutschen Währung
und damit auch für die des gesamten politischen Systems. Ohne die
Zurückhaltung wären die zusätzlichen Ausgaben von Wehrbeitrag und
Rentenreform kaum finanzierbar gewesen, wenn nicht zugleich
inflatorische Entwicklungen in Kauf genommen werden sollten. Dennoch
sah sich Schäffer dem Vorwurf ausgesetzt, er betreibe eine kleinliche
Haushaltspolitik des permanenten Sparens; er sei ständig bemüht,
Geldmittel zu horten. Tatsächlich betrugen die Rücklagen im Jahre 1957
rund 6 Milliarden DM. Die Anhäufung dieser Summe war Grundlage des
Begriffs "Juliusturm", der oftmals mit dem Namen Fritz Schäffer
verknüpft wird. Schäffer wies indes zu seiner Rechtfertigung darauf
hin, dass diese Mittel Rücklagen im Haushalt darstellten, die für den
Aufbau der Bundeswehr benötigt würden und deren Ausgabe fest
vorgesehen sei. Die Mittel stellten keine disponiblen
Haushaltsreserven dar. Dennoch verlockte die Summe manches
Kabinettsmitglied, vom Bundesfinanzminister die Erfüllung kühner
Vorhaben vor allem in einer Phase wirtschaftlichen Aufschwungs zu
fordern.
Schäffer geriet dadurch in den Jahren
1955 bis 1957 zunehmend in eine Abwehrhaltung, zumal er voraussah,
dass die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben im Bundeshaushalt
langfristig nicht mehr zu schließen sein würde. Auch aus den eigenen
Reihen verstärkte sich die Kritik an der Haushaltspolitik von
Schäffer.
Wie sehr sich die Stellung Schäffers
gewandelt hatte, verdeutlichen die Regierungsbildungen der Jahre 1953
und 1957. Am Ende der ersten Legislaturperiode bestimmte Schäffer
nicht nur die Leitlinien der künftigen Finanzpolitik, indem er einen
ausführlichen Forderungskatalog dem künftigen Kabinett vorlegte, er
war auch der Garant dafür, dass die CSU einen personellen Anspruch auf
die Besetzung des neu zu schaffenden Bundesverteidigungs-ministeriums
anmelden konnte, der ihr vom Bundeskanzler auch bestätigt wurde. Bei
der Regierungsbildung 1957 war indes das Ansehen Schäffers wegen der
ständigen Querelen mit seinen Kabinettskollegen und seiner Weigerung,
größere Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, so weit geschwunden,
dass gerade seine Parteifreunde seinen Sturz als Bundesfinanzminister
betrieben. Das Angebot, das neu zu schaffende Bundesministerium für
Bundesvermögen zu übernehmen, lehnte er ab. Daraufhin wurde Fritz
Schäffer mit dem Bundesjustizministerium abgefunden.
Als Bundesjustizminister in den Jahren 1957 bis 1961 trat Fritz
Schäffer kaum nachhaltig in Erscheinung. Alle Anzeichen deuten darauf
hin, dass sein Interesse an der neuen Aufgabe gering war. Zu
nennenswerten politischen Auseinandersetzungen scheint es nicht mehr
gekommen zu sein. In der Zeit seiner Amtsführung wurden gleichwohl das
Deutsche Richtergesetz, die Bundesnotarordnung und das
Familienänderungsgesetz verabschiedet, das Bundespatentgericht
eröffnet und der Entwurf des neuen Strafgesetzbuches vorgelegt. Doch
blieb diese Strafrechtsreform ebenso wie die Schaffung eines
Ehrenschutzrechtes im Projektstadium stecken. Die vorgeschlagene
Wiedereinführung der Todesstrafe musste unter starkem Protest
zurückgezogen werden.
Politisches Aufsehen
erregte Fritz Schäffer noch einmal im Jahre 1958, als bekannt wurde,
dass er in den Jahren 1955 und 1956 in Ost-Berlin mit General Vinzenz
Müller und Sowjetbotschafter Puschkin über die Möglichkeiten einer
deutschen Wiedervereinigung Gespräche geführt hatte. Dieser Ausflug in
die Deutschlandpolitik blieb jedoch Episode.
Mit Ende der dritten Legislaturperiode schied Fritz Schäffer aus
dem Bundeskabinett aus, nachdem er bereits zuvor auf eine erneute
Kandidatur zum Deutschen Bundestag verzichtet hatte. Nach seinem
Rückzug aus der Bonner Politik blieb er noch Mitglied in einigen
Gremien der CSU und betätigte sich auch als Beiratsmitglied in
Unternehmensgesellschaften.
Fritz Schäffer
starb am 29. März 1967 im Alter von 78 Jahren in Berchtesgaden. Mit
Staatsakt am 4. April 1967 wurde er von der dortigen Basilika aus in
Tuntenhausen beigesetzt.
Bestandsbeschreibung: 1.
Überlieferungsgeschichte
Aufmerksam auf den
späteren Nachlass Fritz Schäffer wurde ein Referent des Bundesarchivs
anlässlich eines Besuches im Bundesfinanzministerium im Jahre 1964,
als der damalige Ministerialrat und Schwiegersohn Fritz Schäffers,
Friedrich Bracker, die sich im Privatbesitz von Schäffer befindliche
reichhaltige Handaktenüberlieferung erwähnte. Die angestellten
Nachforschungen nach dem Verbleib der Unterlagen erbrachte, dass die
beim Ausscheiden Schäffers aus dem Bundesfinanzministerium mehrere
Kisten umfassenden Akten zunächst in das Bundesjustizministerium und
von dort in Schäffers Landsitz in Ostermünchen bzw. in seine Wohnung
nach München gelangt waren.
Bereits die frühen
Nachforschungen ergaben, dass die Handaktenüberlieferung vor der
Versendung nach Bayern durch Kassation der den Wahlkreis Passau
betreffenden Korrespondenzen, da diese ohnehin lediglich Bittschreiben
enthielten, reduziert worden war. Dieser Eingriff war von Schäffers
ehemaliger Sekretärin Frl. May durchgeführt worden, die auch
gesprächsweise von Schäffer geführte Tagebücher erwähnte. Die Suche
wurde in den folgenden Jahren jedoch nicht fortgeführt; Gewissheit
über die Existenz von Tagebüchern besteht nicht. Die Erkundigungen
über den Inhalt des übrigen Aktenmaterials führten zu dem Hinweis,
dass Schäffer für seinen Staatssekretär Alfred Hartmann Aufzeichnungen
über die Kabinettsitzungen gefertigt hatte, an denen er in den Jahren
1949 bis 1957 teilgenommen hatte. Es konnte ermittelt werden, dass
diese zwei Aktenbände umfassende Überlieferung von Schäffer selbst
vorübergehend an Hans Buchheim im
Bundeskanzleramt für dessen Arbeiten über die Frühgeschichte der
Bundesrepublik Deutschland ausgeliehen worden waren. Von dort
gelangten sie für kurze Zeit ins Bundesarchiv, um dort verfilmt zu
werden. Nach Abschluss der Arbeiten wurden die beiden Aktenbände Hans
Buchheim zurückgegeben.
Nach dem Tode von Fritz
Schäffer übernahm sein Schwiegersohn Friedrich Bracker im Auftrag der
Familie Schäffer vollständig die weitere Verhandlungsführung mit dem
Bundesarchiv. Er stellte dabei die Bedingung, die Akten vor einer
Übergabe einer eingehenden Sichtung und Prüfung zu unterziehen. Die
erste Ablieferung von zehn Akteneinheiten erfolgte ein Jahr später im
Juli 1968; eine zweite von weiteren 13 Einheiten im Juli 1969. Bei
dieser zweiten Abgabe überreichte Bracker auch eine Liste des vom
Ministerbüro im Bundesfinanzministerium im Jahre 1957 an Schäffer
ausgehändigten Schriftguts. Bracker wies zugleich darauf hin, dass er
die Akten vor der Übergabe neu geordnet, neue Aktentitel gebildet und
auch eine größere Menge von Aktenstücken vernichtet habe.
Informationen über den Umfang und über die inhaltlichen Bereiche der
der zweiten Kassation anheimgefallenen Unterlagen liegen nicht vor.
Gleichwohl zeigten die ersten beiden Ablieferungen, dass die
Schäfferschen Unterlagen nicht nur seine Zeit als Bundesfinanzminister
betrafen, sondern auch Aufschluss über sein Wirken als bayerischer
Ministerpräsident und über seine Tätigkeit in der CSU boten.
Nachdem sich die Ordnungsarbeiten von Friedrich
Bracker verzögert hatten, konnten erst am 8. März 1974 weitere 16
Aktenbände vom Bundesarchiv übernommen werden. Im Juni 1974 folgte
schließlich ein Bündel ungeordneter Unterlagen, die auf vier
Akteneinheiten verteilt wurden. Damit waren die Ablieferungen der
Familie Schäffer bzw. von Friedrich Bracker abgeschlossen. Der
Hinterlegungsvertrag zwischen diesem für die Familie Schäffer und dem
Bundesarchiv wurde im Juli/August 1974 unterzeichnet, aufgrund dessen
bereits im folgenden Jahr ein vorläufiges Findbuch mit 40
Aktensignaturen erstellt wurde. In dem Hinterlegungsvertrag hatte der
Nachlassgeber die Bedingung gestellt, dass der Aktenband, welcher die
gegen Ministerialdirektor Oeftering erhobenen Vorwürfe enthalte, erst
nach dessen Tode für die Benutzung freigegeben werden dürfe.
Bereits im Jahre 1973 war dem Bundesarchiv durch Hans
Buchheim der erste der beiden Bände von Niederschriften der
Kabinettsitzungen, die bereits verfilmt worden waren, übergeben und
dem Nachlass hinzugefügt worden. Der zweite Band blieb zunächst
verschwunden, tauchte dann jedoch im Jahre 1977 als im Nachlass Konrad
Adenauers befindlich wieder auf. Von der Stiftung Bundeskanzler
Adenauer Haus in Rhöndorf wurde er dem Bundesarchiv übergeben.
Vervollständigt wurde der Nachlass schließlich im Jahre 1976 durch
einen Band von Zeitungsausschnitten und Karikaturen über Fritz
Schäffer, die zunächst ausgesondert und der Familie übergeben worden
waren. Damit umfasste der Bestand insgesamt 46 Akteneinheiten.
2. Archivische Bearbeitung
Die
durch die verschiedenen Ablieferungen bestimmte vorläufige Ordnung des
Nachlasses, die Eingang in das vorläufige Findbuch aus dem Jahre 1975
gefunden hatte und eher den Charakter eines unsystematischen Inventars
besaß wurde bei der Neuverzeichnung aufgegeben. Um zusammenhängende
Sachverhalte sowohl inhaltlich als auch zeitlich einander folgen zu
lassen, wurden mehr oder minder zufällig auseinandergerissene
Aktenbände einander zugeordnet, so dass einige Serien von Sachakten,
die das vorherrschende Ordnungsprinzip des Nachlasses darstellen,
entstehen und gebildet werden konnten. Im Anschluss hieran war der
Nachlass im Wesentlichen dem politischen Werdegang Fritz Schäffers
nach dem Zweiten Weltkrieg folgend leicht klassifizierbar. Dabei galt
es zu bedenken, dass auch einige Überlieferungsreste aus der Zeit vor
1933 Eingang in den Nachlass gefunden hatten, doch waren diese nicht
in der genannten Zeit organisch erwachsen, sondern vielmehr zum Zwecke
der Beweisführung im Entnazifizierungsverfahren gegen Fritz Schäffer
nach Kriegsende angelegt worden. Sie waren daher als Unterlagen des
Entnazifizierungsverfahrens und nicht als Dokumente der Tätigkeit
Schäffers vor 1933 anzusehen, wenngleich sie wertvolle Hinweise über
das Verhalten Schäffers vor der Machtergreifung Hitlers
vermitteln.
Danach ergab sich folgende
Klassifikation:
1. Biographisches und
Persönliches
2. Bayerischer
Ministerpräsident
3. Christlich-Soziale Union
(CSU)
4. Gründung der Bundesrepublik
Deutschland
5. Bundesminister
6. Mitarbeit in der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen
Bundestages
7. Reden und
Veröffentlichungen
Dieses Schema wurde
ungeachtet der Tatsache angewandt, dass neben den Gruppen 1 und 7 auch
die Gruppe 4 nicht im strengen Sinne am politischen Werdegang
Schäffers orientiert ist. Die Zusammensetzung der Überlieferung -
Schäffer war zwar nicht Mitglied des Parlamentarischen Rates in Bonn,
nahm jedoch an den Grundgesetzberatungen vor allem im Hinblick auf die
künftige Finanzverfassung großen Anteil - ließ zusammen mit der auf
diese Weise einhaltbaren Chronologie eine andere Form der
Klassifikation wenig sinnvoll erscheinen.
Wurde
die Zuordnung der Sachakten zueinander wesentlich verändert, wie dies
aus den beigefügten Konkordanzen ersichtlich wird, so unterblieben
gravierende Eingriffe in die innere Aktenstruktur; die vorgegebenen
Akteneinheften wurden zumeist erhalten. Gleichwohl war es
erforderlich, unterbrochene Chronologien wiederherzustellen und
verstreut liegendes Material zu vereinigen. Auch war es nicht zu
vermeiden, eine Reihe von Sachakten neu zu bilden, da sie zuvor in
einem unsystematischen Zusammenhang mit anderen Sachvorgängen
gestanden hatten. Darüber hinaus wurden bei der Neuverzeichnung die
Titel präzisiert und erweitert sowie die inhaltliche Beschreibung
durch "enthält"- und "hierin"-Vermerke zusätzlich ergänzt, so dass
nunmehr eine nahezu vollständige Erfassung sämtlicher relevanter
Inhalte vorliegt. Angesichts der Vielfältigkeit des Materials ergab
sich die Ausweitung des neuen Findbuches daher nahezu zwangsläufig. Im
Zuge der umfänglichen Ordnungsarbeiten wurden die bisweilen reichlich
vorhandenen Doppelstücke ausgesondert. Kassiert wurde schließlich ein
Band, der die in gedruckter Form vorliegenden Empfehlungen des
Organisationsausschusses der Ministerpräsidenten aus dem Jahre 1949
enthielt. Den Amtsdrucksachen wurden gedruckte Regierungsvorschläge
zur Urheberrechtsreform sowie zwei weitere Druckschriften übergeben
(N1168/107 ist nun nicht mehr belegt).
3.
Bewertung der Überlieferung
Der Nachlass Fritz
Schäffer vermittelt einen ausführlichen Aufschluss über die Tätigkeit
des langjährigen Bundesfinanzministers seit Ende des Zweiten
Weltkrieges. Aber auch für die Zeit als Vorsitzender der Bayerischen
Volkspartei, für die kaum originäres Schriftgut überliefert ist,
bietet der Nachlass eindrucksvolle Zeugnisse. Im Zuge seines
Entnazifizierungsverfahrens war Schäffer veranlasst, sein politisches
Verhalten in der Weimarer Republik zu erläutern und zu rechtfertigen.
Dabei griff er nicht nur auf seine subjektive Erinnerung zurück,
sondern zog auch zeitgenössisches Quellenmaterial hinzu, das dann
Bestandteil seines Nachlasses wurde. Schließlich hat Schäffer die Zeit
von 1918 bis 1933 in seinen bedauerlicherweise fragmentarisch
gebliebenen Memoiren beschrieben, so dass der biographische
Hintergrund von Fritz Schäffer hinreichend verdeutlicht wird.
Allerdings sind seine Aufzeichnungen aus der frühen Nachkriegszeit
auch teilweise noch in bislang nicht übertragener Kurzschrift.
Der staatliche Neubeginn in Bayern, als die
amerikanische Militärregierung Fritz Schäffer zum vorläufigen
Ministerpräsidenten ernannte, bildet einen der Schwerpunkte in der
Überlieferung. Die Schwierigkeiten, eine geregelte
Verwaltungstätigkeit mit geeignetem und unbelastetem Personal wieder
in Gang zu setzen und darüber hinaus unterbrochene persönliche
Kontakte angesichts unterbrochener Kommunikationsmöglichkeiten neu zu
knüpfen, findet in dem nicht sehr umfänglichen Überlieferungsteil vor
allem in den Aufzeichnungen über die regelmäßigen Unterredungen mit
Vertretern der amerikanischen Militärregierung ihren markanten
Niederschlag.
Eindrucksvoll belegt ist auch das
Bemühen von Fritz Schäffer um den Neuaufbau der Christlich-Sozialen
Union in Bayern. Bei dem Versuch, der neuen Partei eine seinen
politischen Vorstellungen entsprechende Orientierung mit auf den Weg
zu geben, geriet er sehr bald in heftige politische und persönliche
Auseinandersetzungen mit dem Landesvorsitzenden der CSU Josef Müller,
genannt "Ochsensepp". Ausführlich ist die Auflehnung gegen Kurs und
Stil von Müller zu Beginn des Jahres 1948 dokumentiert, wobei Schäffer
sich eindringlich um Rückendeckung in den eigenen Reihen bemühte. Auch
das Scheitern Schäffers wird in der Überlieferung deutlich. Um einem
drohenden Ausschluss aus der CSU zuvorzukommen, entschließt er sich,
aus der Partei freiwillig auszutreten.
Dass
Fritz Schäffer auch nach diesem politischen Rückschlag mit den
weiteren Entwicklungen in den Westzonen verbunden blieb, Obwohl er
seiner Wahl zum Abgeordneten des Parlamentarischen Rates nicht folgen
konnte, belegt die Sammlung von Unterlagen über die Beratungen zum
Grundgesetz. Nach seiner Wahl in den ersten Deutschen Bundestag wurde
Schäffer wohl auch für ihn überraschend zum Bundesfinanzminister
ernannt. Die von ihm als Mitglied des Bundeskabinetts gefertigten
Niederschriften zu den finanz- und haushaltspolitischen Punkten der
Tagesordnung, die für seinen Staatssekretär Alfred Hartmann bestimmt
waren und mit Anweisungen für die weitere Arbeit im Finanzministerium
vermischt sind, stellen eine wertvolle Ergänzung der amtlichen
Kabinettsprotokolle dar, da sie ausführlicher als diese die
finanzpolitischen und finanztechnischen Zusammenhänge erläutern und
den Diskussionsverlauf häufig präziser wiedergeben. Die
Niederschriften decken den Zeitraum von 1949 bis 1957 ab und umfassen
etwas mehr als zwei Drittel der Kabinettsitzungen, an denen Schäffer
teilgenommen hat. Zusätzlich belegen die häufigen Anträge von Schäffer
um Berichtigung des Kabinettprotokolls sein Anliegen um Präzisierung
der dort wiedergegebenen Sachverhalte und der von ihm im Kabinett
vertretenen Standpunkte.
Einen weiteren
Schwerpunkt des Nachlasses bilden die Korrespondenzen mit
Bundeskanzler Konrad Adenauer, in denen die sich allmählich
verschärfenden abweichenden Auffassungen der beiden Politiker zu den
zentralen Fragen der Haushaltspolitik zum Ausdruck kommt. Wiederholt
unterstrich Schäffer dabei seine unnachgiebige Haltung des
unverzichtbaren Ausgleichs von Einnahmen und Ausgaben im
Bundeshaushalt. Ebenso häufig bot er seinen Rücktritt an. Der durch
den Nachlass Schäffer ermöglichte Einblick in die internen politischen
Verhältnisse geht weit über das hinaus, was üblicherweise in der
amtlichen Überlieferung erwartet werden kann, wo die routinemäßige
Abwicklung der Geschäfte vorherrschend ist. Bedauerlicherweise deckt
das überlieferte Schriftgut nicht den gesamten Zeitraum der Tätigkeit
von Schäffer als Bundesfinanzminister ab, wie auch für den belegten
Zeitraum von 1954 bis 1957 häufig die Korrespondenzen mit
Bundeskanzler Adenauer unvollständig sind. Auch in den ersten Jahren
seiner Kabinettszugehörigkeit hat Schäffer einen lebhaften
Schriftwechsel mit Konrad Adenauer geführt, wie sich aus dessen
Nachlass in der Stiftung Bundeskanzler Adenauer Haus in Rhöndorf
ersehen lässt. Es dürfte auf die zweimalige Kassation zurückzuführen
sein, dass die Überlieferung nicht erhalten geblieben ist. Neben dem
Nachlass Konrad Adenauer bilden die amtliche Überlieferung im
Bundeskanzleramt (Bestand B 136) und im Bundesfinanzministerium
(Bestand B 126) die unabdingbare inhaltliche Ergänzung zum Nachlass
Fritz Schäffers. Vor allem die aus dem Ministerbüro Schäffers
überlieferten Akten dokumentieren auf breiter Basis seine Finanz- und
Haushaltspolitik, die inhaltlich zumeist nur aus Anlass der
Regierungsbildungen in den Unterlagen des Nachlasses dargestellt und
in Konzeption und Intentionen erläutert wird.
Mit der Schwerpunktbildung auf zumeist kontroverse Sachverhalte
und persönliches politisches Verhalten ist die im Nachlass enthaltene
Überlieferung deutlich von der amtlichen abgehoben. Dies gilt auch für
die eher als privat zu nennenden Sondierungsgespräche, die Schäffer in
den Jahren 1955 und 1956 in Ost-Berlin geführt hat und die nach ihrem
Bekanntwerden in der Öffentlichkeit großes Aufsehen erregten.
Zu erwähnen ist auch die umfangreiche Serie von Reden
in verschiedenen Entstehungsstufen sowie die Sammlung von
Presseausschnitten und Karikaturen über das Wirken von Fritz Schäffer
als Bundesfinanzminister. Gänzlich unergiebig ist der Nachlass
hingegen für seine Tätigkeit als Bundesjustizminister in den Jahren
1957 bis 1961. Waren noch die Umstände seiner Entlassung als
Bundesfinanzminister bei der Regierungsbildung 1957 recht mysteriös
und dramatisch gewesen, so tritt Fritz Schäffer 1961 nahezu unbemerkt
von der politischen Bühne ab. Für seine letzten Lebensjahre ist
lediglich seine Zugehörigkeit zu einigen wenigen Unternehmensbeiräten
belegt. Als Ruheständler scheint er das politische Geschehen nicht
öffentlich kommentiert zu haben.
Koblenz, März
1981
Dr. Kreikamp
Dienstakten: 4211/Schäffer, Fritz
Inhaltliche Charakterisierung:
Fragmente von Lebenserinnerungen (1918-1945); Korrespondenzen und
andere Unterlagen aus der politischen Tätigkeit vor allem als
bayerischer Ministerpräsident (1945), über die Beratung des
Grundgesetzes, die Regierungsbildungen 1953 und 1957 sowie als
Bundesministers; Materialien über die CSU (1945-1956). (Stand:
1977)
Zitierweise: BArch N
1168/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch N 1168
- Extent
-
114 Aufbewahrungseinheiten; 2,7 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Nachlässe und Sammlungen >> Nachlässe >> S
- Date of creation of holding
-
1888- 1967 (1979)
- Other object pages
- Provenance
-
Schäffer, Fritz, 1888-1967
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
Bundesarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1888- 1967 (1979)