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Jesuitenorden, Kolleg St. Paul Regensburg Amtsbücher und Akten (Bestand)
Vorwort: Geschichte der geistlichen Niederlassung Das auch „Mittelmünster“ genannte Benediktinerinnenkloster St. Paul in Regensburg wurde 983 gegründet. St. Paul diente überwiegend als Versorgungsinstitut für ledig gebliebene adelige Töchter, wodurch sich die Lebensweise der Nonnen im Laufe der Zeit lockerte und mehr und mehr in Richtung eines Damenstiftes entwickelte. Somit wurde mit der Anerkennung des Klosters als Kanonissenstift 1497 lediglich die Benennung der Institution den Tatsachen angepasst. In den folgenden Jahren nahm die Zahl der Insassinnen dramatisch ab, 1588 wurden die letzten beiden Kanonissen aus dem Mittelmünster entfernt. Bereits 1587 hatte Papst Sixtus V. die Errichtung eines Jesuitenkollegs in den Gebäuden des Mittelmünsters bestätigt. Was die Besitzungen des Kanonissenstiftes anlangt, so verlief der Übergang an das Jesuitenkolleg in den meisten Fällen alles andere als nahtlos. Der überwiegende Teil des Grundbesitzes wurde zunächst unter Verwaltung des Bistums Regensburg gestellt, die Rückübertragung an das Jesuitenkolleg erfolgte nur sehr zögerlich und war begleitet von zahllosen rechtlichen Auseinandersetzungen. Einige Teile des Grundbesitzes verkaufte der Bischof von Regensburg im Namen des Kollegs, der Erlös gelangte erst Jahre später in den Finanzstock der Jesuiten. Auch die Besitzungen des Kanonissenstiftes in Pfalz-Neuburg (v.a. Burglengenfeld, Kallmünz und Umland) gingen mit dem Ende des Stiftes in die Verwaltung des Bischofs von Regensburg über. Ein Vergleich zwischen Bayern, Pfalz und dem Hochstift Regensburg regelte 1590 auch die weitere Versorgung der letzten Äbtissin Margaretha von Parsberg. Für die Verwaltung und Einziehung der Einkünfte aus den Besitzungen sollten die bischöflichen Pfleger zuständig sein. In weiterer Folge drängte vor allem Pfalz-Neuburg auf einen Verkauf der sogenannten "Paulinischen Güter in der Jungen Pfalz", das Jesuitenkolleg strebte eine Restitution an, zusätzlich scheinen die bischöflichen Pfleger mit der Verwaltung der Güter überlastet gewesen zu sein, weshalb auch das Bistum Regensburg an einer endgültigen Lösung interessiert war. 1598 wurde in Pfaffenhofen ein Vergleichstag einberufen, zur Vorbereitung die "Paulinischen Güter" in der Oberpfalz sowie die daraus erzielten Einkünfte aufgelistet. Ergebnis der Verhandlungen war ein erneuter Vergleich: Die "Paulinischen Güter" sollten um 11000 Gulden verkauft werden, vom Erlös das Jesuitenkolleg neuen Grundbesitz erwerben. 8500 Gulden aus dem Güterverkauf gingen als Darlehen an das Bistum Regensburg, als Zinsen erhielt St. Paul die Einnahmen aus den verkauften Besitzungen, 1669 wurde das Kapital schließlich zurückbezahlt. Die Aufhebung des Jesuitenordens 1773 bedeutete auch das Ende des Regensburger Jesuitenkonvents. In Klostergebäude und Kirche zog zunächst das bischöfliche Schulinstitut, das als Stiftung das Jesuitengymnasium und -lyceum weiterbetrieb, und schließlich das Priesterseminar der Diözese ein. Als 1809 die Franzosen Regensburg beschossen und schließlich einnahmen, brannte auch der Gebäudekomplex des ehemaligen Mittelmünsters. Die Ruine wurde schließlich 1811 auf Abbruch verkauft. Die Verwaltung des Stiftungsvermögens, der Pfarreien, Stipendien, des Gymnasiums und Lyzeums wurde in der Nachfolge des Schulinstituts von der Studienfondsadministration St. Paul weitergeführt. Bis 1924 führte sie auch die Geschäfte der philosophisch-theologischen Hochschule und des Alten Gymnasiums Regensburg (StA Amberg, Studienfond St. Paul Regensburg 121). In den 1950er Jahren wurde sie aufgehoben (StA Amberg, Studienfond St. Paul Regensburg 238). Bestandsgeschichte Nach dem Übergang Regensburgs (1810) an Bayern wählte Franz Joseph Samet die seiner Ansicht nach interessantesten Archivalien für das Allgemeine Landesarchiv/Reichsarchiv in München aus. Der größte Teil des Archivs verblieb in Regensburg. Die älteren Bestände wurden 1896 von der Studienfondsadministration an das Allgemeine Reichsarchiv in München abgegeben, mit dem bestehenden Bestand vereinigt und in einem 1908 abgeschlossenen Findbuch erstmals verzeichnet. Der vorliegende provenienzrein formierte Bestand umfasst neben diesen beiden Komplexen kleinere Abgaben aus den Staatsarchiven Amberg (2001) und Landshut (1979, 2006) sowie einzelne Akten, die im Zuge der Provenienzbereinigung aus den Beständen GL (Gerichtsliteralien) Faszikel und MF (Ministerium der Finanzen) herausgelöst wurden. Außerdem wurden im Rahmen eines Digitalisierungsprojektes zahlreiche Urkundenabschriften und Quittungen aus dem Bestand Jesuitenorden, Kolleg St. Paul Urkunden entnommen und hier in den Aktenbestand eingegliedert. Die jeweilige Geschichte kann für die einzelnen Archivalien über die Angabe "Altsignatur" im Findbuch nachvollzogen werden. Im Zuge der Formierung fand eine endgültige Bestandsabgrenzung mit dem Staatsarchiv Amberg und dem dortigen Bestand Regensburg Studienfondsadministration St. Paul statt: Akten und Amtsbücher mit einer Laufzeit über 1810 hinaus wurden nach Amberg abgegeben, vorher endende Archivalien aus Amberg abgeben und hier eingereiht. Da für die Zuweisung allein der Abschlusszeitpunkt des jeweiligen Archivales ausschlaggebend war, sollte für Forschungen zum 18. Jahrhundert auch der Amberger Bestand herangezogen werden. Außerdem ist auf den Bestand Regensburg St. Paul Urkunden im BayHStA zu verweisen. Gliederung des Bestandes Die wenig stringente Geschichte des Klosters bzw. Stiftes hat sich auch auf die Registratur- und Amtsbuchführung ausgewirkt. Eine konsequente Akten- oder Registraturordnung ist kaum erkennbar, zeitgenössische Repertorien fehlen. Die einleitend aufgeführten Einschnitte in der Klostergeschichte hatten kaum sichtbare Registraturschnitte zur Folge. Strenge zeitliche Abgrenzungen innerhalb der älteren Teile des Bestandes (Benediktinerinnenkloster/Kanonissenstift) hätten vor allem Bandserien sehr willkürlich durchschnitten, da gerade die Verwaltung der klösterlichen Besitzungen erstaunlich unbeeindruckt von der Führungsebene zu funktionieren schien. Eindeutig zu trennen waren nur Kanonissenstift und Jesuitenkolleg sowie bischöfliches Schulinstitut. Innerhalb dieser Gliederungsschichten erfolgt die Unterscheidung nach Archivalientyp (Amtsbücher/Akten) und schließlich auf der nächsten Stufe nach Sachbezug. Im umfangreichen Punkt "Grund- und Gerichtsherrliche Rechte und Einnahmenverwaltung" wurde auf die zumindest für das Ende des 18. Jahrhunderts in St. Paul nachgewiesene geographische Gliederung in Regensburger, Hailinger und Gisseltshauser Bezirk, ergänzt durch Besitzungen in Pfalz-Neuburg, zurückgegriffen. Für einige wenige im Verzeichnis nicht angeführte Orte (meist nur ein Anwesen) erfolgte die Zuweisung anhand räumlicher Nähe. Eine Übersicht der Besitzungen findet sich im Anschluss an das Vorwort. Spezialbereiche Einen Spezialkomplex innerhalb der Lehensverwaltung bilden die Kemnather Lehen, die gegen Ende des 17. Jhdts. zumindest teilweise zusammen mit durch die Familie der Kemnather angelegten und bis ins 13. Jhdt. zurückreichenden Amtsbüchern und Aktenserien in den Besitz des Jesuitenkollegs übergingen. Von landesherrlicher Seite wurde der Übergang allerdings angefochten. So hatte der letzte männliche Erbe des Hohenkemnathischen Gesamtbesitzes Wilhelm Kemnather (einziger Sohn Wolf Philipp Kemnathers) vor seinem Eintritt in das Jesuitenkolleg Regensburg den Hohenkemnather Fideikommiss aufgelöst und sein väterliches und mütterliches Erbe unter Benennung eines Lehenträgers dem Kolleg überschrieben. Die Jesuiten betrachteten sich somit seit 1652 als rechtmäßige Besitzer der Kemnather Güter, wohingegen der Landesherr mit dem Tod Wilhelm Kemnathers ohne leibliche Erben die Lehen als heimgefallen ansah und die Regierung in Amberg mit der Einziehung der Lehensprotokolle und sonstiger Unterlagen beauftragte. Das Jesuitenkolleg verweigerte mit Verweis auf die zu Lebzeiten Wilhelm Kemnathers und vor dessen Eintritt ins Kolleg erfolgte Übertragung sowohl die Herausgabe der Unterlagen als auch die Ausgliederung der Hohenkemnather Lehen aus dem Stiftsbesitz. Die folgende jahrzehntelange juristische Auseinandersetzung beendete wahrscheinlich erst die Aufhebung des Jesuitenordens, in jedem Fall bricht die Überlieferung im Bestand St. Paul 1769 ohne eindeutiges Ergebnis ab. Innerhalb des Unterpunktes "Erbschaften" findet sich umfangreiches Aktenmaterial zur Verlassenschaft des kurfürstlichen Rates in Amberg Dr. Philipp Hunger (gest. 1638). Die Verlassenschaft fiel über Albert Hunger S.J., den Sohn des Erblassers und Mitglied des Kollegs, an das Jesuitenkolleg St. Paul. Der als "Schönbergische Immission" bezeichnete und hier dem Regensburger Bezirk eingereihte Güterkomplex kam über ein Schuldverfahren zeitweise an das Jesuitenkolleg: Christoph von Lerchenfeld zum Schönberg hatte seine Herrschaft Schönberg nordöstlich von Regensburg für 3000 fl. an das Kloster Prüfening verpfändet. Ab 1633 gerieten er und später seine Witwe Katharina mit der Zinszahlung in Rückstand. Das Kloster Prüfening versuchte seine Forderungen zunächst auf dem Prozessweg einzutreiben, trat sie Mitte der 1650er Jahre aber an das Kolleg St. Paul ab. Zur Begleichung der Schuld wurde das Jesuitenkolleg 1666 gerichtlich in die Nutzung der Pfandgüter eingesetzt ("Immission"), die mindestens bis 1673 andauerte. In den Bestand ist auch die Privatregistratur des Ulrich Mayr, der bis 1628 als Richter am Jesuitenkolleg St. Paul amtierte, eingegangen. Neben dem Niederschlag seiner dienstlichen Tätigkeit findet sich darin Familienkorrespondenz, Unterlagen zur Eheschließung sowie zu früheren Tätigkeiten beim Statthalter in Donauwörth und der Domdechantei Regensburg. Einteilung des St. Paulschen Grundbesitzes (nach Regensburg-St. Paul: Stiftregister 1790ff.), jetzt: StA Amberg, Studienfonds St. Paul Regensburg) Regensburger Bezirk (um Regensburg/Hofmark Harting): Bach, Bad Abbach, Birkenhof, Buchhofen, Friesheim, Fußenberg, Grünthal, Gonnersdorf, Grafenhofen, Haidenkofen, Hänghof, Harting, Illkofen, Irl, Irlbach, Kareth, Kiefenholz, Lindhof, Oberhinkofen, Obertraubling, Oberlaichling, Peterfecking, Petzkofen, Regensburg, Reißing, Roith, Rudersdorf, Scharmassing, Seedorf, Siegenburg, Stadtamhof, Tenacker, Thanhof, Thurnhof, Tiefbrunn, Wenzenbach Hailinger Bezirk (um Hofmark Hailing, heute Gde. Leiblfing, Lkr. Straubing-Bogen): Badersdorf, Eichendorf, Eschlbach, Geltolfing, Großenpinning, Gscheidt, Heinrichsdorf, Hailing, Keföd, Mitterhöcking, Niederhöcking, Oberhöcking, Radelsbach, Rutzenbach, Schlüßlöd, Thanhausen, Unterbubach Gisseltshausener Bezirk (um Hofmark Gisseltshausen und Niederdörnbach, heute Gde. Rottenburg a.d. Laaber, Lkr. Landshut): Allmersdorf, Altbach, Eck, Ergolding, Eschenhart, Kreuzthann, Niedereulenbach, Gaden, Gisseltshausen, Högldorf, Kirchdorf, Krumbach, Margarethenthann, Oberotterbach, Pickenbach, Kloster Rohr, Rottenburg a.d. Laaber, Sallingberg, Schmatzhausen, Train, Unterdörnbach. Weiterführende Literatur Roman Zirngibl: Abhandlung von dem Stifte St. Paul in Regensburg, Regensburg 1803. Paul Mai (Hrsg.): 1000 Jahre Stift. St. Paul (Mittelmünster) in Regensburg, Ausstellungskatalog masch., Regensburg 1983. [Amtsbibliothek BayHStA: 8 K 417/7] Johann Geier (Bearb.): Die Traditionen, Urkunden und Urbare des Klosters St. Paul in Regensburg (Quellen und Erörterungen zur Bayerischen Geschichte N.F. 34), München 1986. Paul Mai: Die Kanonissenstifte Ober-, Nieder- und Mittelmünster in Regensburg, in: Martin Angerer/Heinrich Wanderwitz/Eugen Trapp (Hrsg.): Regensburg im Mittelalter. Beiträge zur Stadtgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit, Regensburg 1995, S. 203-206. Julian Holzapfl M.A., Dr. Laura Scherr, Till Strobel, Archivreferendare Bestellsignatur: Jesuitenorden, Kolleg St. Paul Regensburg Amtsbücher und Akten ...
- Bestandssignatur
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Jesuitenorden, Kolleg St. Paul Regensburg Amtsbücher und Akten
- Umfang
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628
- Sprache der Unterlagen
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ger
- Kontext
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Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Bayerischen Hauptstaatsarchivs >> 1 Abteilung I: Ältere Bestände >> 1.9 Ordensprovinzen und Kongregationen >> Jesuitenorden >> Einzelne Kollegien >> Jesuitenorden, Kolleg St. Paul Regensburg
- Verwandte Bestände und Literatur
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Hinweise zum Ortsregister: Niederdörnbach s. Unterdörnbach Rosenberg s. Sulzbach-Rosenberg
- Provenienz
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Jesuitenorden, Kolleg St. Paul Regensburg Amtsbücher und Akten
- Vorprovenienz
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Julian Holzapfl M.A., Dr. Laura Scherr, Till Strobel (Archivreferendarskurs 2007/2009) und Dr. Genoveva Rausch
- Bestandslaufzeit
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12.Jh.-1810
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
-
03.04.2025, 11:04 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
- Akten
Beteiligte
- Jesuitenorden, Kolleg St. Paul Regensburg Amtsbücher und Akten
- Julian Holzapfl M.A., Dr. Laura Scherr, Till Strobel (Archivreferendarskurs 2007/2009) und Dr. Genoveva Rausch
Entstanden
- 12.Jh.-1810