Bestand

Militärarchiv der DDR (Bestand)

Geschichte des Bestandsbildners: Das Militärarchiv der DDR war das Zentralarchiv für das Schriftgut der Nationalen Volksarmee (NVA). In den Zuständigkeitsbereich des Militärarchivs fiel vorrangig das Archivgut der NVA, der Grenztruppen der DDR, der Organe der Zivilverteidigung sowie der Kasernierten Volkspolizei (KVP). Die systematische Bestandsergänzung erfolgte durch Übernahmen von Schriftgut aus den Verwaltungsarchiven der NVA und der Grenztruppen der DDR. Neben dem Registraturgut der KVP und der NVA bildeten die historischen Bestände des ehemaligen Heeresarchivs Dresden den Grundstock der historischen Militaria. Insgesamt zählten zu den historischen Beständen preußische Akten, Bestände der Reichswehr sowie der Wehrmacht unterschiedlichster Provenienz (darunter sowohl Originalakten als auch Bestandsergänzungsfilme).Historisch ging dieses Endarchiv, das zugleich eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung der NVA war, aus zwei Institutionen hervor. Zum einen nahm es seinen Ursprung aus einem Anfang der 1950er Jahre unter der Bezeichnung "Zentrales Archiv der Kasernierten Volkspolizei" eingerichteten Verwaltungsarchiv für nicht mehr ständig benötigtes Registraturgut. Diese Einrichtung wurde nach der Gründung der NVA von letzterer übernommen und als NVA-Archiv weitergeführt. Mit der Bildung des Militärarchivs als 'Endarchiv' der NVA erfolgte die Umbenennung des vormals "Zentralen Archivs" in "Verwaltungsarchiv des Ministeriums für Nationale Verteidigung". Den zweiten Entwicklungsstrang bildete das sogenannte Historische Archiv, ein Ende 1955 auf der Festung Königstein für historische Militärbestände eingerichtetes Archiv, dessen Gründung aufgrund von Aktenrückgaben aus dem ehemaligen Heeresarchiv Dresden seitens der UdSSR an die DDR notwendig geworden war. Der weitere Aufbau dieses unweit von Pirna gelegenen Archivs auf der Festung Königstein musste jedoch nicht zuletzt aufgrund von Feuchtigkeitsproblemen in der Bausubstanz aufgegeben werden, woraufhin dessen Unterbringung in der Potsdamer Villa Ingenheim - als eine Abteilung des Militärgeschichtlichen Instituts der DDR - verfügt wurde (vgl. Kästner/ Kaun, Militärarchiv, S. 210f.). Im Rahmen des Aufbaus eines einheitlichen Militärarchivwesens der DDR wurde das Militärarchiv schließlich eine eigenständige Dienststelle der NVA und aufgrund eines Befehls des Ministers für Nationale Verteidigung vom 27. Juni 1964 aus dem Militärgeschichtlichen Institut ausgegliedert, um es als ein von anderen Staatsarchiven unabhängiges „Deutsches Militärarchiv" dem Chef der Politischen Hauptverwaltung zu unterstellen. 1973 erfolgte die Unterstellung unter den Stellvertretenden Minister und Chef des Hauptstabes, Verwaltung Militärwissenschaft (vgl. Kästner, Militärarchiv 2004, S. 3). Als Zentralarchiv der NVA übte das Militärarchiv anleitende Funktionen gegenüber den militärischen Verwaltungsarchiven auf den verschiedenen Kommandoebenen der Teilstreitkräfte aus. Baulich untergebracht war das Militärarchiv in dem ehemaligen Pferdestall und den Remisengebäuden des Prinzen Eitel Friedrich auf dem Areal der Villa Ingenheim. Bereits Ende der 1960er Jahre kam es jedoch zu räumlichen Engpässen, sodass Um- und Ausbauarbeiten notwendig wurden. 1972 erfolgte die Umbenennung in "Militärarchiv der Deutschen Demokratischen Republik". Von den zu dieser Zeit im Archiv tätigen 34 Mitarbeitern waren der Direktor, dessen Stellvertreter sowie der Leiter der VS-Stelle Armeeangehörige, alle anderen waren Zivilisten (vgl. Vgl. Kästner, Militärarchiv 2004, S. 7). Gegliedert wurden die Bestände des Militärarchivs primär auf der Grundlage der damals vorherrschenden ideologischen Gesellschaftsformationen in die beiden Bestandsabteilungen 'Kapitalismus' und 'Sozialismus'. In ersterer Abteilung waren die historischen Bestände bis 1945 untergebracht, unter denen nicht zuletzt die Überlieferung der Sächsischen Armee - angesichts des Verlustes großer Teile der preußischen Heeresakten durch die Zerstörung des Reichsarchivs in Potsdam am Ende des Zweiten Weltkriegs - überregionalen Charakter innehatte. Zu den wichtigsten Bestandshauptgruppen der Abteilung 'Sozialismus' gehörte das oben genannte Schriftgut der NVA und der Grenztruppen. Ergänzt wurde die Tektonik des Militärarchivs durch die besondere Abteilung 'Personenfonds und archivische Sammlungen', in der u.a. Nachlässe, Erinnerungsberichte, Karten oder militärische amtliche Druckschriften verwahrt wurden (BArch DVW 3-3/126588). Parallel zu allgemeinen Umstrukturierungen in den verschiedenen Staatsarchiven der DDR zu Beginn der 1980er Jahre, kam es mit der Einrichtung der Bereiche 'Direktor und Verwaltung', 'Unterabteilung I' (= Bestandsergänzung und Bewertung), 'Unterabteilung II' (= Erschließung), 'Unterabteilung III' (= Auswertung) auch im Militärarchiv zu entsprechenden Neustrukturierungen (Vgl. Kästner/ Kaun, Militärarchiv, S. 212-215 und Kästner, Militärarchiv 2004). 1987/88 wurde mit der UdSSR die Rückgabe von im Zweiten Weltkrieg erbeuteten Akten vereinbart. Ende 1988 kam es dann zur Übergabe von zahlreichen Akten - darunter 3.413 Akten preußischer Provenienz, Marineakten deutscher und ausländischer Provenienz, 80lfm verschiedene Doppel- und Mehrfachexemplare sowie 4 lfm profilfremde Dokumente (Vgl. Kästner, Militärarchiv 2004, S. 7f.). Die Umbrüche von 1989/90 blieben nicht ohne Auswirkungen auf das Militärarchiv in Potsdam. Aus Sorge vor einem unsachgemäßen Umgang oder vor der Vernichtung von Akten wandte sich das Militärarchiv wiederholt an seine vorgesetzten Stellen, u.a. mit dem Vorschlag zur Einrichtung eines Militärischen Zwischenarchivs für die Übernahme des anfallenden Schriftguts im Zuge der laufenden Abrüstung sowie der Auflösung von Truppenteilen. Nachdem der Chef der Verwaltung Militärwissenschaft zunächst auf der Grundlage des Verwaltungsarchivs des Ministeriums für Nationale Verteidigung die Einrichtung eines Zentralen Militärischen Zwischenarchivs verfügt hatte und das Militärarchiv vorerst nur noch für die Verwahrung der historischen Bestände (d.h. für das Archivgut bis 1945 sowie für die historischen Bestände der NVA) vorgesehen worden war, wurde mit einer Hausordnung des Bundesarchivs vom 3. Oktober 1990 schließlich die Eingliederung des Militärarchivs der DDR als neue Referatsgruppe in das Bundesarchiv-Militärarchiv beschlossen. Es sollte als Militärisches Zwischenarchiv die Aufnahme des Schriftgutes des sich in Auflösung befindlichen Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung sowie der Verbände und Truppenteile der NVA bewerkstelligen. Ende 1990 wurde mit der allmählichen Überführung der Akten aus den militärischen Verwaltungsarchiven (Militäroberstaatsanwaltschaft, Volksmarine, Luftstreitkräfte/ Luftverteidigung, Grenztruppen etc.) sowie aus dem Verwaltungsarchiv des Ministeriums für Nationale Verteidigung in das Militärische Zwischenarchiv in Potsdam begonnen. Hierunter fielen auch zahlreiche ungeordnete, noch nicht erschlossene Akten. 1995 erfolgte die Schließung des Militärischen Zwischenarchivs in Potsdam. Insgesamt ging nicht der komplette Bestand des Militärarchivs der DDR an das Bundesarchiv über. Vielmehr erfolgte eine Aufteilung der einzelnen Bestände. So wurden die Akten des Sächsischen Kriegsarchivs an das Sächsische Hauptstaatsarchiv abgegeben. Ältere preußische Akten (bis 1867) gingen an das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem über. Die Ermittlungsakten der Zentralen Gerichtsstelle in Gera wurden an die Zentrale Nachweisstelle des Bundesarchivs in Aachen-Kornelimünster abgetreten. Weitere Abgaben erfolgten an die Militärarchive Polens und Frankreichs sowie an die Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht (WAST) (Vgl. Kästner, Militärarchiv 2003, passim sowie BArch DVW 3-3/126558).

Bei dem Bestand handelt es sich um das Registraturschriftgut des Militärarchivs der DDR sowie seiner Vorgängereinrichtungen. Die Überlieferung erstreckt sich von 1950 bis 1991. Als die Abteilung Militärarchiv des Bundesarchivs den Bestand Mitte der 1990er Jahre übernahm, gliederte sich dessen Beschaffenheit in zwei Teile. Ein Teil des Bestands war bereits im Militärarchiv in Potsdam bewertet, geordnet und auf Karteikarten verzeichnet und buchbinderisch bearbeitet worden. Dieser Teilbereich des Bestands ließ sich schon über die in Potsdam angelegten (und ebenfalls vom Bundesarchiv übernommenen) Karteikarten recherchieren und war bereits für die Benutzung im Bundesarchiv zugänglich. Die Akten im sechsstelligen Archivnummernbereich (ab DVW 3-3/125743) waren dem Bundesarchiv hingegen ohne vorherige Erschließung, in teilweise nur rudimentärer Ordnung oder unter provisorischer Aktenbildung übergeben worden, was sicher vor allem auf die Auflösung des Militärarchivs bzw. des Militärischen Zwischenarchivs und den damit einhergehenden Zeitdruck zurückzuführen ist, der geordnete und gut dokumentierte Übergaben vielfach unmöglich machte (vgl. Schreyer, Verzeichnis, S. VIII). Die Benutzung auch dieses zweiten Teils des Bestands wird daher erst mit der nun erfolgten Erschließung ermöglicht. Die Beschaffenheit der Überlieferung fügt sich im Wesentlichen in die in der NVA genauestens festgelegte Dokumentenstruktur ein (vgl. Gleixner, Schriftgutverwaltung, bes. S. 26-31). So zählen Befehle, Anordnungen, Pläne (u.a. Perspektivpläne, Arbeitsjahrespläne, Funktionsverteilungspläne) und Protokolle zu den charakteristischen Schriftguttypen der Registraturüberlieferung des Militärarchivs. In dem Bestand sind zahlreiche handschriftliche Schriftstücke überliefert (vielfach als Notizen oder als Anlage zu maschinenschriftlichen Dokumenten), was besonders für die Archivalieneinheiten im sechsstelligen Archivnummernbereich gilt. Grob zusammengefasst gliedert sich der Bestand in drei größere Bereiche. Der erste Bereich deckt vor allem die Führung und Leitung des Militärarchivs durch vorgesetzte Stellen ab, was sich vor allem in den Befehlen, Anordnungen, Richtlinien (etwa des Ministers für Nationale Verteidigung, des Chefs der Verwaltung Militärwissenschaft, des Chefs der Politischen Hauptverwaltung bis hin zur Ebene des Direktors des Militärarchivs) oder sonstigen Leitungsdokumenten niederschlägt und die Eingliederung des Archivs in die Strukturen der NVA abbildet. Einen nicht kleinen Teil des Bestands machen aber auch Archivalieneinheiten aus, deren Überlieferung die internen, innerbetrieblichen Strukturen des Militärarchivs abdeckt - reichend von Handakten des Direktors und untergeordneter Abteilungsleiter bis hin zum Schriftgut betriebsgewerkschaftlicher Provenienz.

Unter einen dritten Bereich fallen die unter dem Gliederungspunkt 10.1. zusammengefassten Akten mit einem archivspezifischen Bezug, unter denen insbesondere Bestandsnachweise und spezielle Bestandsinformationen, Übergabeprotokolle und Grundsätze für die archivarische Arbeit oder auch Benutzungsordnungen zu nennen sind. Einen quantitativ großen Anteil macht auch die geführte Korrespondenz des Militärarchivs aus, nicht zuletzt mit weiteren Archiven im In- und Ausland, sonstigen Einrichtungen oder auch Privatpersonen. Vielfach wird die Korrespondenz durch Berichte über Dienstreisen ins Ausland oder Besuche ausländischer Delegationen ergänzt.

Aus dem internationalen Schriftwechsel des Militärarchivs erwuchsen zahlreiche fremdsprachige Dokumente, unter denen russisch- und polnischsprachige Schriftstücke dominieren. Teilweise, aber nicht grundsätzlich, sind den Akten Übersetzungen ins Deutsche beigegeben.

Insgesamt erweist sich die Überlieferung als sehr aussagekräftig. Einige Bereiche sind bis in die 1980er Jahre dokumentiert, auch wenn es in manchen Fällen zu einzelnen Lücken in der Überlieferung kommt, was z.B. bei der Bildung von Bandfolgen sichtbar wird.

Bei der Findbucherstellung machte die oben beschriebene Zweiteilung des Bestands in Bezug auf Ordnung und Erschließungszustand ein jeweils eigenes Vorgehen für die beiden Bereiche erforderlich. Sowohl für die bereits auf Karteikarten verzeichneten Archivalieneinheiten als auch für den hiermit erstmals verzeichneten Bestandteil erfolgte die Erschließung mit der Erschließungssoftware des Bundesarchivs (BASYS). Die in Potsdam erstellte Karteikartenverzeichnung floss in modifizierter Form in die erneute Erschließung ein. Der teils nur provisorische Zustand einzelner Aktenkonvolute des noch nicht in Potsdam verzeichneten Teils machte mitunter eine Neuordnung und Veraktung erforderlich. Teilweise wurde es nötig, einzelne Akten zu trennen und archivisch neu zu bilden. Dies betrifft insbesondere die Archivalieneinheiten im sechsstelligen Archivnummernbereich (ab DVW 3-3/125743).

Um den Entstehungszusammenhang der einzelnen Archivalieneinheiten möglichst umfänglich zu erhalten, wurde die archivische Neu- und Umbildung von Akten jedoch nach Möglichkeit vermieden. Aufgrund der überwiegend heterogenen Struktur gerade solcher, nicht neu gebildeter Archivalieneinheiten war es vielfach schwierig, die Inhalte unter einem präzisen Titel zusammenzufassen, weshalb auf die teils ausführlichen 'Enthält-Vermerke' verwiesen wird.

Datierungen einzelner Dokumente und Vorgänge werden in den 'Enthält-Vermerken' in der Regel nur dann eigens ausgewiesen, wenn sie für das Verständnis oder für die Zuordnung der jeweiligen Vorgänge von besonderer Bedeutung sind.

Da das Militärarchiv der DDR eine Dienststelle der NVA war und seine Aufgaben auf der Grundlage von Dienstvorschriften und Befehlen der Armeeführung wahrnahm, bot es sich an, den Bestand auf der Grundlage des Einheitsaktenplans des Ministeriums für Nationale Verteidigung für die Dienststellen der NVA (K 010/3/001) von 1977, d.h. unter Zuhilfenahme der Aktenzeichen, vorzunehmen. Insofern diente der Einheitsaktenplan als zugrunde liegende Orientierung. Aus inhaltlichen Erwägungen wurde von dieser Gliederung jedoch in Einzelfällen abgewichen. Dieses Vorgehen diente u.a. einer adäquaten Einordnung der archivspezifischen Archivalieneinheiten in die Gesamtgliederung. Hinzu kommt, dass eine strenge Ordnung nach Aktenzeichen aufgrund der beschriebenen heterogenen Beschaffenheit vieler Archivalieneinheiten häufig nicht möglich war. Aus diesem Grund erfolgt die Angabe des Aktenzeichens im Findbuch auch nicht grundsätzlich, sondern nur, wenn eine Akte mit nur einem oder zumindest einem dominierenden Aktenzeichen versehen ist.

Einzelne Archivalieneinheiten wurden zu Bandfolgen zusammengefasst. Aufgrund der teils lückenhaften Überlieferung an Akten, kam es dabei in manchen Fällen zu zeitlichen Lücken innerhalb einer Bandfolge. Auch treten teilweise Überschneidungen in den jeweiligen Laufzeiten aufeinanderfolgender Bandnummern auf. In diesem Fall erfolgte die Ordnung auf der Grundlage des jeweils frühesten Datums der einzelnen Laufzeiten. Neben der Bildung von Bandfolgen wurden einzelne, thematisch zusammengehörende Archivalieneinheiten zu Serien zusammengefasst (z.B. die Internationale Zusammenarbeit bei der Bestandsergänzung oder die Zusammenarbeit mit den Verwaltungsarchiven etc.).

Um eine möglichst authentische Wiedergabe der Akten auch im Findbuch zu gewährleisten, wurde der ideologisch gefärbte Sprachgebrauch einzelner Befehle, Ordnungen etc. auch in den Verzeichnungstiteln teilweise beibehalten. Wo es erforderlich schien, wurde dies mit Anführungszeichen kenntlich gemacht.

Auf fremdsprachige Dokumente wird im Findbuch nur dann hingewiesen, wenn sie innerhalb einer Archivalieneinheit besonders zahlreich vorkommen.

Bei den bereits in Potsdam erschlossenen Archivalieneinheiten wurden die dort vergebenen Archivnummern beibehalten. Zur Eingliederung in die Tektonik des Bundesarchivs wurde lediglich die Bestandssignatur geändert, sodass VA (=Volksarmee) in DVW (= Dienststellen der NVA mit Gesamtzuständigkeit) 3-3 (= Militärarchiv) (vgl. dazu Kästner, Tektonik) umgesetzt wurde. Entsprechend erhielten die bisher nicht verzeichneten Akten dieselbe Bestandssignatur. Die Lücken zwischen den einzelnen Archivnummernbereichen gehen auf die bestandsübergreifende Verwendung des Numerus-Currens-Prinzips für die Bestände der NVA auch im Bundesarchiv zurück und sind nicht als Lücken im Bestand zu verstehen.

Inhaltliche Charakterisierung: In dem überlieferten Registraturschriftgut spiegeln sich auf anschauliche Weise die Entwicklung und Ausgestaltung des Militärarchivwesens der DDR sowie die Verflechtung des Militärarchivs in die militärischen Strukturen der NVA, ebenso wie die zentralistische Leitung des Militärarchivs durch den Partei- und Staatsapparat und die interne Arbeit des Archivs auf verschiedenen Ebenen wider. Hervorzuheben sind u.a. die unter verschiedenen Klassifikationspunkten, besonders unter den Abschnitten "Militärische Bestimmungen", "Leitung und Organisation" sowie "Militärarchivwesen" subsumierten archivrechtlichen Bestimmungen, auf Grundlage derer sich z.B. die Aufgaben und Arbeitsanweisungen für das Militärarchivwesen konturieren lassen. Hierzu zählen nicht nur allgemeine militärische Grundsatzdokumente für den Aufbau eines Militärarchivwesens in der DDR, sondern nicht zuletzt auch die in zwei Bänden zusammengefassten Richtlinien für die archivische Arbeit sowie ferner Bestimmungen und Vorgaben für den Umgang mit dem Schriftgut der Partei- und Politorgane. Exemplarisch lassen sich außerdem Bearbeitungspläne für das Schriftgut der NVA, Dokumente zur Regelung der Benutzung oder ein Leitfaden für das Archivwesen der Sowjetarmee herausstellen. Tiefere Einblicke in die inneren Strukturen des Militärarchivs erlauben auch die überlieferten Handakten, darunter nicht nur diejenigen des Direktors, sondern u.a. auch die des Leiters der VS-Stelle. Reichend von der Erschließung von Schriftgut, über den Umgang mit VS-Gut bis hin zum Kassationsverfahren sind einzelne Arbeitsabläufe des Militärarchivs in dem Bestand dokumentiert. Nicht zuletzt in Bezug auf Kassationsverfahren oder Übernahmen von Archivgut wird vielfach auch das Zusammenwirken zwischen dem Militärarchiv als Endarchiv und den einzelnen Verwaltungsarchiven der NVA deutlich (Vgl. Gleixner, Schriftgutverwaltung, S. 37). Es zeigt sich dabei besonders die anleitende Funktion des Militärarchivs gegenüber den Verwaltungsarchiven. Einen nicht kleinen Anteil des Bestands machen mehrere Archivalieneinheiten zur Führung des Sozialistischen Wettbewerbs im Militärarchiv aus, die im Findbuch zu Serien- und Bandfolgen zusammengefasst wurden, in denen sich nicht zuletzt die Besonderheiten der archivischen Arbeit innerhalb der sozialistischen Gesellschaftsordnung der DDR und die damit verbundenen ideologischen Implikationen spiegeln (Vgl. Kästner/ Kaun, Militärarchiv, S. 211). Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang auch mehrere Archivalieneinheiten zur Gewerkschaftsarbeit, die u.a. für die Frage nach der Organisation der zivilen Mitarbeiter des Militärarchivs herangezogen werden können. Für die Erforschung des Militärarchivwesens der DDR ist sicher auch die ideologische Durchdringung des Militärarchivs durch den Staats- und Parteiapparat von Relevanz (allgemein vgl. allg. Schreyer, Archivwesen, passim), wovon nicht zuletzt zahlreiche Archivalieneinheiten unter dem Gliederungspunkt "Politische Arbeit" zeugen. So ließen sich mehrere Bände unter dem Begriff "Parteiarbeit" zusammenfassen, u.a. mit Konzeptionen für die ideologische Arbeitsausrichtung u.ä. Viele Archivalieneinheiten erlauben darüber hinaus Einblicke in die dem Militärarchiv gestellten gesellschaftspolitischen Aufgaben, die vielfach auf eine Nutzung des Archivguts zur wissenschaftlichen Führung des Klassenkampfes sowie zur Formung des Geschichtsbildes, vor allem der bewaffneten Kräfte, aber auch einer breiten Öffentlichkeit abzielten (Vgl. Schreyer, Archivwesen, S. 206). In diesem Zusammenhang ist auch die sich in den Akten zuweilen abzeichnende gezielte Planung und Lenkung der Forschung unter politischen Zielsetzungen hervorzuheben. Erwähnenswert ist auch die Verzahnung mit anderen militärischen Forschungseinrichtungen, besonders mit dem Militärgeschichtlichen Institut oder auch dem Armeemuseum der DDR. Gerade zu ersterer Einrichtung sind zahlreiche Dokumente in dem Bestand überliefert.

Besonders hervorzuheben ist darüber hinaus auch die internationale, sich vor allem auf Staaten der Warschauer Vertragsorganisation (Warschauer Pakt) beziehende Zusammenarbeit des Militärarchivs, die in dem Bestand mehrere Archivalieneinheiten ausmacht. Neben allgemeinen Einblicken in die wissenschaftliche Kooperation erscheint dabei vor allem die in der Überlieferung gut dokumentierte Übernahme von Akten deutscher Provenienz aus dem sowjetischen Archiv des Verteidigungsministeriums in Podolsk unter dem Einfluss von Glasnost und Perestrojka Ende der 1980er Jahre von besonderem Interesse. Informativ ist in diesem Zusammenhang auch der Austausch von Erfahrungen sowie vor allem von mikroverfilmtem Archivgut mit weiteren Ländern der Warschauer Vertragsorganisation, etwa mit Polen, Rumänien und Bulgarien, aber auch mit Jugoslawien. Besonders anzuzeigen sind vor diesem Hintergrund auch die verschiedenen Unterlagen über die Bestände der SS im Militärhistorischen Archiv Prag, besonders in Bezug auf die dort vorgenommene Mikroverfilmung, sowie der Schriftwechsel über Militaria deutscher Provenienz in Belgrad. Beide Bereiche könnten möglicherweise zur Erforschung der Verbreitung sowie der Beschaffenheit historischer Bestände beitragen, wozu allerdings noch tiefere Untersuchungen erforderlich wären. Überhaupt ist in diesem Zusammenhang auf die - im Findbuch vor allem unter dem Abschnitt "Bestandsnachweise" zusammengefassten - Archivalieneinheiten mit Hinweisen auf die historischen Bestände des Militärarchivs hinzuweisen. Aussagekräftig ist der Bestand auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv, was nicht zuletzt in den erhaltenen Korrespondenzen dokumentiert wird. In diesem Zusammenhang kann auch auf die vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen von 1989/90 entstandene Überlieferung hingewiesen werden, u.a. mit Vorschlägen und Aufrufen zur Sicherung des Schriftgutes der NVA anlässlich der erwarteten Auflösung ihrer Dienststellen durch das Militärarchiv.

Erschließungszustand: Findbuch

Vorarchivische Ordnung: 1992 wurden die Bestände des Militärischen Zwischenarchivs in Potsdam sukzessive in das Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg verlagert. Nach der Schließung des Militärischen Zwischenarchivs in Potsdam lag die Zuständigkeit für das Archivgut dieses Zwischenarchivs bei der Referatsgruppe NVA im Bundesarchiv (seit 1996 Referat MA 4) (Vgl. Kästner, Militärarchiv 2003, passim). Nachdem zunächst die in Potsdam verwahrten Archivalien des Militärarchivs in die Abteilung Militärarchiv überführt worden waren, erfolgte Mitte der 1990er Jahre auch die Einlagerung des hier verzeichneten Registraturschriftguts des Militärarchivs der DDR im Magazin der Abteilung Militärarchiv in Freiburg. Seit 1999 gilt die Überführung des Schriftguts der NVA nach Freiburg als abgeschlossen.

Zitierweise: BArch DVW 3-3/...

Bestandssignatur
Bundesarchiv, BArch DVW 3-3
Umfang
379 Aufbewahrungseinheiten; 0,0 laufende Meter
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Verteidigung >> Ministerium für Nationale Verteidigung und Nationale Volksarmee >> Ministerium für Nationale Verteidigung >> Lager, Werkstätten und weitere militärische Einrichtungen
Verwandte Bestände und Literatur
Literatur: - Sebastian Gleixner: Schriftgutverwaltung in der Nationalen Volksarmee, unveröffentlichte Transferarbeit im Rahmen des 41. Wissenschaftlichen Kurses der Archivschule Marburg, 2008.

- Albrecht Kästner und Anita Kaun: Das Militärarchiv der DDR 1964-1979, in: Archivmitteilungen 29 (1979), H. 6, S. 210-215.

- Albrecht Kästner: Tektonik und Bestandsbildung für die Bestände der bewaffneten Kräfte der DDR, in: Mitteilungen aus dem Bundesarchiv 2 (1994), H. 2, S. 152-154.

- Albrecht Kästner: Quellen im Bundesarchiv-Militärarchiv zu den Streitkräften der DDR und die Möglichkeiten ihrer Nutzung, in: Hatte „Janus" eine Chance? Das Ende der DDR und die Sicherung einer Zukunft der Vergangenheit (Archiv zur DDR-Staatssicherheit 6), hrsg. von Dagmar Unverhau, Münster 2003, S. 69-79.

- Albrecht Kästner: Das Militärarchiv der DDR 1989/90 und sein Übergang in das Bundesarchiv, in: Mitteilungen aus dem Bundesarchiv 11 (2003), H. 1, S. 48-51.

- Albrecht Kästner: Militärarchiv Potsdam - Vorgeschichte, Zuständigkeiten, Bestände, in: Mitteilungen aus dem Bundesarchiv 12 (2004), H. 2, S. 1-8.

- Albrecht Kästner: Das Militärarchiv Potsdam. Vom historischen Archiv der KVP zum Militärarchiv der DDR, in: Vom Hohenzollernpalais zum Militärgeschichtlichen Forschungsamt. Die Villa Ingenheim, hrsg. von Jörg Duppler, Hans Ehlert und Arnim Lang, Berlin 2008, S. 108-128.

- Lexikon Archivwesen der DDR, hrsg. von der Staatlichen Archivverwaltung des Ministeriums des Innern der DDR, Berlin 1976.

- Heinz Ruppert: Von der Ratsziegelei zur Villa Ingenheim: ihre Bewohner und Nutzer im Verlauf der Geschichte, Potsdam 1990.

- Hermann Schreyer u.a.: Verzeichnis der Bestände der Abteilung DDR (Findbücher zu den Beständen des Bundesarchivs 64), Koblenz 1998.

- Hermann Schreyer: Aktenbildung und Registraturführung. Probleme der Schriftgutverwaltung in DDR-Behörden, in: Archivische Erschließung. Methodische Aspekte einer Fachkompetenz. Beiträge des 3. Archivwissenschaftlichen Kolloquiums der Archivschule Marburg (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg 30), hrsg. von Angelika Menne-Haritz, Marburg 1999, S. 49-61.

- Hermann Schreyer: Das staatliche Archivwesen der DDR. Ein Überblick (Schriften des Bundesarchivs 70), Düsseldorf 2008 [mit umfangreicher Bibliographie].

Provenienz
Militärarchiv der DDR (MA), 1950-1990
Bestandslaufzeit
1950-1990

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Zugangsbeschränkungen
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Letzte Aktualisierung
16.01.2024, 08:43 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Beteiligte

  • Militärarchiv der DDR (MA), 1950-1990

Entstanden

  • 1950-1990

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