Baudenkmal

Bremen, Altstadt, Wachtstraße 17 & 18 & 19 & 20 & 21 & 22 & 23 & 24, Marktstraße 6 & 7 & 8 & 9 & 10 & 11

Das imposante, ursprünglich fünfgeschossige Bauwerk der Baumwollbörse wurde in den Jahren 1900-1902 an der Ecke Marktstraße/Wachtstraße von dem bedeutenden heimischen Vertreter des Historismus, dem Bremer Architekten Johann Poppe, als hoch spezialisiertes Kontorhaus für den Bremer Baumwollhandel errichtet. Poppe hatte den 1898 reichsweit ausgeschriebenen Wettbewerb gegen starke Konkurrenz (54 Einsendungen) gewonnen. Neue Konstruktionsweisen - es handelt sich um einen der ersten Bremer Eisenskelettbauten - , rationelle Grundstücksnutzung und äußerste Funktionalität verbanden sich mit einer üppigen Neorenaissance-Fassade und prunkvoller, repräsentativer Innengestaltung (Vestibül, Haupttreppenhaus). Der Bau fand überregionale Beachtung als Muster eines modernen Kontorhauses. Poppe gliederte den Bau in zwei Hauptflügel an Wacht- und Marktstraße, die durch einen dominanten, den Haupteingang aufnehmenden Eckturm als Gelenk miteinander verbunden sind. Der Flügel zur Wachtstraße besitzt hofseitig zwei kürze und schmalere Quertrakte. Zwischen diesen Trakten liegen zwei Höfe, die durch eine breite, mit kassettierter Tonnendecke überwölbte Durchfahrt von der Marktstraße her erschlossen werden. Die noch heute in der Wachtstraße residierende Baumwollbörse, vom "Comite für den Bremer Baumwollhandel" 1872 gegründet und 1886 zur nationalen Baumwollbörse erweitert hat die Aufgabe der offiziellen "Qualitätsarbitrage" (= Klassifikation) von Baumwolle. Die Ansiedlung dieser Institution in Bremen spiegelt den Rang der Stadt als traditionell wichtigster deutscher Baumwollimporthafen wieder. Die Klassierungsräume sind im 4. OG untergebracht. Haupterfordernis war die gute, gleichmäßige und reflexfreie Belichtung der Prüfräume. Die außerordentliche Weite und Höhe der Fenster und ihre vergleichsweise großflächige Unterteilung sowie die Nord-/Nordwest-/ Nordost-Orientierung der Räume trugen dieser Bedingung Rechnung. Das Erdgeschoß nahm an den Straßenfronten Läden auf, 1., 2. und 3. OG waren als vermietete Kontorflächen, vorwiegend für Interessenten aus der Baumwollbranche, konzipiert. Besondere Bedeutung kommt dem an der Gebäudeecke platzierten Haupttreppenhaus zu, und zwar nicht nur in funktioneller, sondern auch in repräsentativer Hinsicht. Man erreicht das Treppenhaus über ein prunkvoll ausgestattetes Vestibül mit Lünettenmosaiken nach Entwürfen von H. Prell, ausgeführt von der Berliner Glasmosaikgesellschaft Puhl & Wagner. Die doppelarmige, mit weißem Marmor bekleidete Haupttreppe ist einem Oval einbeschrieben und besitzt ein reich verziertes schmiedeeisernes Geländer des Bremer Kunstschmieds Justus Leidenberg. Insgesamt ist das Innere mit der dunkelrot gekachelten Sockelzone und den stuckierten Tonnendecken der langen Erschließungsgänge zu großen Teilen gut erhalten. Das prunkvolle Interieur fand ursprünglich seine Entsprechung in einer reich dekorierten Sandsteinfassade. Der hoch aufragende, überkuppelte und mit zweifacher Laterne bekrönte oktogonale Eckturm, die geschweiften, reich verzierten Zwerchgiebel und die Erker an den Ecken der beiden Langfronten sowie die stichbogigen, einem Arkadengang ähnelnden Ladenfenster des Erdgeschosses zwischen mächtigen Pfeilern waren Elemente einer überreichen, aber dennoch wohlproportionierten Neorenaissancearchitektur, für die der Architekt Poppe weit über die Grenzen Bremens hinaus berühmt war. Diese reich dekorierten Fassaden sind jedoch heute nahezu vollständig einer Neufassung der Jahre 1922-1924 gewichen. Verwitterungsschäden hatten früh zu einer Gefährdung von Passanten durch herabstürzende Bauteile geführt. Des Bremer Architekt Otto Blendermann reduzierte den Bau auf sein modernes struktives Gerüst und fügte diesem in Zusammenarbeit mit dem Münchener Bildhauer Friedrich Lommel sehr zurückhaltend Friese und Brüstungsfelder in einer gemäßigt expressiven Formensprache der 1920er Jahre hinzu. 1944 wurden Turm und obere Geschosse zerstört; der Wiederaufbau wurde 1950 abgeschlossen. Heute fehlen die Bekrönung des Eckturms und das ausgebaute Steildach, das bereits vor 1939 durch ein reguläres 5. OG und ein Staffelgeschoß mit Flachdach ersetzt wurde.

Landesamt für Denkmalpflege Bremen

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Name
Baumwollbörse
State
Bremen
Municipality
Bremen, Altstadt
Address
Wachtstraße 17 & 18 & 19 & 20 & 21 & 22 & 23 & 24, Marktstraße 6 & 7 & 8 & 9 & 10 & 11

Event
Herstellung
(when)
1900-1902
Event
Umbau
(when)
1923-1924 & 1950
Associated
Blendermann, Otto [Entwurf]
Leidenberg, Justus [Ausführung]
Lommel, Friedrich [Entwurf]
Poppe, Johann Georg [Entwurf]
Prell, Hermann [Entwurf]
Puhl und Wagner [Ausführung]

Rights
Landesamt für Denkmalpflege Bremen
Last update
28.01.2022, 2:07 PM CET

Data provider

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Object type

  • Geschäftshaus & Kontorhaus

Associated

  • Blendermann, Otto [Entwurf]
  • Leidenberg, Justus [Ausführung]
  • Lommel, Friedrich [Entwurf]
  • Poppe, Johann Georg [Entwurf]
  • Prell, Hermann [Entwurf]
  • Puhl und Wagner [Ausführung]

Time of origin

  • 1900-1902
  • 1923-1924 & 1950

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