Bestand

B Rep. 035 Britische Militärregierung (Military Government British Troops) (Bestand)

Vorwort: B Rep. 035 - Britische Militärregierung (Military Government British Troops)

1. Behördengeschichte
l. Viermächteverwaltung in Berlin - Alliierte Kommandantur Berlin
Das Londoner Protokoll vom 12. September 1944, welches von der European Advisory Commission ausgearbeitet und von den drei alliierten Nationen unterschrieben wurde, begründete die zukünftige Stellung der Siegermächte im besiegten Nazideutschland. Erstmals wurde auch ein Sonderstatus für Berlin vereinbart. So lautet Artikel 7 des Protokolles:
"Es wird eine interalliierte Regierungsbehörde (russisch: Komendatura) errichtet, die sich aus vier von ihren jeweiligen Oberbefehlshabern ernannten Kommandanten - einer von jeder Macht - zusammensetzt, um gemeinsam die Verwaltung von Groß-Berlin zu leisten." 1
Nach Einzug der Westalliierten in Groß-Berlin, nahm die zu russischen Ehren getaufte Alliierte Kommandantur Berlin (AKB) ihre Arbeit am 11. Juli 1945 auf. Von ihrem Sitz in dem alten Gebäude des Verbandes der öffentlichen Feuerversicherungsanstalten in der Kaiserwerther Straße 2 konnte sie fast souverän über die Regierungsgeschäfte Berlins entscheiden. Ihr Status innerhalb des gesamten Militärregierungsapparates war einmalig. Ende 1945 wurde schließlich eine Diskussion über die genauen Ausweitungen der Unabhängigkeit der AKB von der übergeordneten Instanz, nämlich dem Kontrollrat für Deutschland, geführt. Die `Direktive für die Politik der Alliierten Kommandantur Berlin´ (21. Dezember 1945) regelt die genaue Abstimmung zwischen der Kommandantur und dem Kontrollrat: Infolgedessen durfte der Kontrollrat AKB nur noch Entscheidungen abnehmen, die einen überregionalen Bezug (für ganz Deutschland) hatten. Natürlich konnte auch der Fall eintreten, dass die AKB den Kontrollrat freiwillig um eine Entscheidung bat. 3
Um diese Eigenständigkeit gut zu erfüllen, schuf die Kommandantur 15 Ausschüsse (sogenannte Committees), die in verschiedenen Bereichen der Stadtverwaltung der AKB zuarbeiteten. Diese, speziell auf ihren Bereich vorbereiteten Expertengruppen, erarbeiteten Vorschläge zur Verbesserung der Stadtverwaltung (in ihren bestimmten Bereichen), die dann der AKB zum Disput vorgelegt wurden.
Diese Committees setzten sich wiederum aus den Abteilungen (Branches) der vier Militärregierungen zusammen. Die Branches der einzelnen Besatzungsmächte waren auch in Spezialgebiete der Stadtverwaltung aufgeteilt und waren in ihren Zonen für die korrekte Ausführung der Gesetze und Vorschriften zuständig. Wichtig ist, dass sie dem Militärgouverneur der jeweiligen Zone unterstellt waren, nicht der AKB. Bedingt durch den Ansatz der Alliierten, jegliche wichtige Entscheidung zonenübergreifend zu lösen, war das Committee, in dem sich alle vier Branches eines Ressorts trafen, die bestimmende Instanz. Das heißt, dass keine Branch in ihrer einzelnen Zone Entscheidungen (abgesehen von Routineentscheidungen) ohne die Branches der drei anderen Zonen fällen konnte. Man muss sich diese beiden Parallelen ähnlich wie das Zusammenspiel von der AKB und der jeweiligen Kommandanten vorstellen. Die AKB beschloss, während die Stadtkommandanten - einzeln für sich genommen - nur für die korrekte Ausführung in ihren Zonen zuständig waren.
Die überregionalen - insofern auch den Branches übergeordneten - Abteilungen (Divisionen) der verschiedenen Militärregierungen konnten den Branches zwar Anweisungen geben, diese durften aber nicht den Verordnungen der AKB zuwiderlaufen.

Die 1945 in Berlin errichtete Britische Militärregierung verstand sich ebenso wie die drei anderen Militärregierungen als ein ,,Element" der Alliierten Kommandantur. Sie war für die Bezirke Charlottenburg, Spandau, Tiergarten und Wilmersdorf zuständig.
Die Legal Branch befand sich zunächst am Kaiserdamm, später im Lanchester House am Fehrbelliner Platz. Sie überwachte die britischen Militärgerichte und Gefängnisse sowie die deutschen Gerichte und Gefängnisse im britischen Sektor. Ihre Vertreter führten Inspektionen in Berliner Gefängnissen durch, prüften deutsche Richter, Gefängnisbeamte und Staatsanwälte, beobachteten die Einnahmen und Ausgaben der Gerichte und forderten regelmäßig Berichterstattung der zuständigen Berliner Behörden. Die Legal Branch entsandte ebenso wie die drei anderen Besatzungsmächte ihre Vertreter in das Legal Committee' der Alliierten Kommandantur, die für die Überwachung der Justiz in Gesamtberlin zuständig war. Dort fielen die Entscheidungen über die Ernennung der Richter und Staatsanwälte sowie die Zulassung von Anwälten.
1945 wurden vier grundlegende Gesetze (Verordnung Nr. 1 und 2 und Gesetz Nr. 1 und 2) [LAB B Rep. 035, Nr. 75, S. 4 ff.] verabschiedet, die einerseits die verschiedenen Arten von Verbrechen und andererseits die Jurisdiktion und Ermächtigung der verschiedenen Gerichte genau definierten. Später fanden zwar noch Änderungen statt (Verordnung Nr. 68 vom 1. Februar 1947) [LAB B Rep. 035, Nr. 76, S. 5 ff.], aber diese hatten keine entscheidenden Auswirkungen auf die Arbeit der Legal Branch, sondern waren vielmehr von administrativer Natur.
Mit dem sogenannten `Kleinen Besatzungsstatut` von 1955 übte die Legal Branch ihre Befugnisse nur in bestimmten vorhandenen Gebieten aus. Allerdings hielt sich die Militärregierung von Berlin gewisse Privilegien offen. Der für die Rechtabteilung entscheidende Absatz ist im Artikel 2 (Abs. i) [LAB B Rep. 035, Nr. 61, S. 55] zu finden: Die Gefangenen, die vor dem Erlass des Statuts von Militärgerichten verurteilt wurden, waren weiterhin unter die Aufsicht der Rechtsabteilung gestellt. Außerdem musste der Magistrat dem Legal Committee immer noch zu beschließenden Gesetze vorlegen und die Militärregierung behielt sich ein eingeschränktes Einspruchsrecht vor. [Vgl. Wetzel, Jürgen: Office of Military Government for Berlin Sector, in: OMGUS-Handbuch, Die amerikanische Militärregierung in Deutschland 1945 - 1949, hrsg. Von Weisz, Christoph, 1994, S. 715.]
Die britische Militärregierung richtete in jedem Bezirk ein Summary Court ein, welche Urteilssprüche bis zu einem gewissen Grad aussprechen konnte. 9 Im Falle von härteren Delikten, delegierten die Summary Courts an den High Court in Tiergarten, welcher befugt war, Strafen bis zur Todesstrafe gehend, auszusprechen. Eine Appellationsinstanz war das Berufungsgericht (Court of Appeal) des High Court für die Entscheidungen des Summary Courts und ab 1947 10 das Berufungsgericht des Supreme Court (Obersten Gericht) in Herford. Die deutschen Gerichte wurden nach und nach wiederbesetzt (Amtsgerichte, Landgericht und Kammergericht), mussten aber die zu verhandelnden Fälle abgeben, sobald die Alliierten es verlangten. Sie durften die Gültigkeit besatzungsrechtlicher Vorschriften nicht in Zweifel ziehen und die Gerichtsbarkeit über Angehörige der Besatzungsmächte und in Angelegenheiten, die die Interessen der Besatzungsmächte betrafen, nur mit Zustimmung des zuständigen Sektorenkommandanten ausüben. 11
Die Legal Branch der Briten war für folgende Gefängnisse zuständig: Zellengefängnis Lehrter Straße, Untersuchungshaftanstalt Moabit, Jugendgefängnis Kantstraße, Hilfsgefängnis Spandau und natürlich das Kriegsverbrechergefängnis in Spandau.

Nach Ende der Militärregierung im September 1949 führte die Legal Branch mit eingeschränkter Kompetenz als Teil des British Element der Hohen Kommission ihre Arbeit bis 1955 fort.

2. Bestandsgeschichte
Leider ist nicht bekannt bei welcher Behörde der Briten die Akten der Rechtsabteilung gelegen haben. Aber es lässt sich annehmen (da der Bestand auch Kopien von BK/O´s bis 1990 enthielt), dass sie der AKB überlassen wurden. Nach Abzug der Alliierten Truppen aus Deutschland und Berlin im Jahre 1990, gelangte das Schriftgut in den Besitz der Senatsverwaltung für Justiz, die die Unterlagen 1997 dem Landesarchiv zur Archivierung übergab.
Der hier vorliegende Bestand umfasst ca. 3 lfm an Generalakten, Gefangenenpersonalakten, Strafakten und verschiedenen Drucksachen mit einer Laufzeit von 1945 bis 1955.
Im Rahmen eines sechs-wöchigen Praktikums wurden die Akten entmetallisiert, umgebunden, geordnet und verzeichnet.
Der Bestand eignet sich vor allem für die flächendeckende Forschung der Berliner Haftanstalten in der Nachkriegszeit. In den umfassenden Fallakten bekommt man einen guten Eindruck der alliierten Rechtsprechung und der Zusammenarbeit der verschiedenen Justizbehörden. Die Beschlüsse und Empfehlungen des Legal Committees geben einen umfassenden Einblick in die Abteilung des Legal Committees.
Obwohl es sich bei den Akten des Gerichtsrechnungsführers meist um kassable Quittungen oder Rechnungsbücher der verschiedenen Gerichte handelt, wurden sie mit in die Verzeichnung aufgenommen, da sie als Basis von Statistiken dienen könnten.

Zahlreiche Akten sind auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen bzw. der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Benutzung befristet gesperrt. Eine Verkürzung der Schutzfristen kann auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs Berlin.

Enthält:
Handbuch über die Beamten der Reichsbank .- Amtsblätter der Militärregierung 1946-1949.- Instruktionen der Legal Division der Control C6mmission for Germany British Element.- Vorschriften für alliierte und britische Gerichte.- Anweisungen für die deutsche Justiz und für die Strafvollstreckung.- Urteile des High Court und Summary Court.- Revisionen von Gerichtsurteilen.- Strafvollzugssachen.- lnspektionsberichte über Berliner Haftanstalten.- Gnadenrecht.- Einnahmen- und Ausgabenbücher.- Beschlüsse des Legal Committee der Alliierten Kommandantur.

Umfang:112 AE (3,0lfm) 1945 - 1955

3. Literatur:
Legal Division Instructions Relating to the Administration of Justice and the German Or­ dinary Courts inthe British Zone of üccupation, o. 0. 1948.
Military Government Gennany. Technical Manu_al for Legal and Prison Officers, o. 0. u. D. Military Govemment Greater Berlin British Area of Control. Handbook of Legislatlon and Court Rules, o. Q_ u. D.

4. Korrespondierende Bestände
Public Record Office in London (FO 371 - General Correspondence, FO 1005 - Control Commission for Germany und FO 1012 - Control Commission for Germany: Berlin)
Landesarchiv Berlin (B Rep. 036 - OMGBS).

Reference number of holding
B Rep. 035

Context
Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> B Bestände (West-) Berliner Behörden bis 1990 >> B 4 Alliierte Behörden und Bundesbehörden mit regionaler Zuständigkeit >> B 4.1 Berliner Behörden und Einrichtungen der Alliierten

Other object pages
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Rights
Für nähere Informationen zu Nutzungs- und Verwertungsrechten kontaktieren Sie bitte info@landesarchiv.berlin.de.
Last update
28.02.2025, 2:13 PM CET

Data provider

This object is provided by:
Landesarchiv Berlin. If you have any questions about the object, please contact the data provider.

Object type

  • Bestand

Other Objects (12)