Archivbestand

Familienarchiv de Navarro - de Naharro (Bestand)


Inhalt und Bewertung
Die Familie de Naharro / de Navarro stammt ursprünglich aus Südfrankreich / Spanien. Ein Zweig kam wohl im 19. Jahrhundert nach Ostpreußen und nach dem Zweiten Weltkrieg nach Württemberg. Familienmitglieder leben heute in Paraguay, Italien und Deutschland. Das Familienarchiv wurde 1986 dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart übergeben.

1. Zur deutschen protestantischen "Linie" de Naharro y Cárdenas: Carlos Fernando de Naharro y Cárdenas Baron de Portal de la Croix y de los Santos gehört zu einer Adelsfamilie mit Rang eines Barons, die ursprünglich aus Südfrankreich und Spanien stammt. Mittlerweile hat sie sich weit verstreut. Im 19. Jahrhundert sind die Vorfahren des Carlos de Naharro aus Mittelamerika nach Ostpreußen ausgewandert. Die Konversion der Familie vom Katholizismus zum Protestantismus erfolgte in Deutschland. Carlos de Naharro ist in Memel/Ostpreußen (heute Klaipeda in Litauen) 1933 geboren, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs floh er nach Württemberg. Zum Zeitpunkt seiner ersten Ehe war er konfessionslos. Laut Wappenrolle Dochtermann gehen die Vorfahren von Carlos de Naharro auf alte Adelsgeschlechter aus Andalusien, Navarra, Neapel und Guyenne zurück. Neben der Deutschen Evangelischen Linie, welche durch Carlos de Naharro begründet wurde, gibt es eine Spanische Katholische Linie (Andalusien, Amachel, Monte Grande/Guatemala C.A.), einen mexikanischen Zweig der Spanischen Katholischen Linie (Ciudad de Mexico), eine Italienische Katholische Linie (Neapel) und eine Französische Katholische Seitenlinie (Guyenne). Die Wappenrolle enthält außerdem einen Auszug aus der Familienchronik, welche von Carlos de Naharro und Jens-Peter Baron von Oelsen erstellt wurde. Diese geht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Daraus geht hervor, dass der Vater von Carlos de Naharro der Spanischen Katholischen Linie entstammte. Zudem wird ersichtlich, dass eine Portugiesische Katholische Seitenlinie (Braganca) erloschen ist. Einige Angehörige der Italienischen Katholischen Linie sind in Russland geboren (Moskau, St. Petersburg). Deren Nachfahren lebten teilweise in Königsberg, wohin wohl auch die Eltern von Carlos de Naharro auswandert sind (Heirat der Eltern in Königsberg 1922). Die Großeltern von Carlos de Naharro lebten noch in Monte Grande/Guatemala C.A., wo auch sein Vater Fernando de Naharro y Acosta Baron de la Croix y de los Santos geboren wurde. Dieser war promovierter Wirtschaftsprüfer. In der Zeit des Nationalsozialismus war er Offizier der Waffen-SS und galt seit Januar 1945 als vermisst. Der 1923 geborene Bruder von Carlos de Navarro - Fernando - war SS-Hauptsturmführer sowie Hauptmann der Waffen-SS und fiel im Februar 1945. Die Mutter - Juanita de Cárdenas-Portuguez Baronesse de la Croix de los Santos - starb 1944 in Memel/Ostpreußen. Carlos de Naharro heiratete 1958 Charlotte Elise Kähler in Stuttgart. Sie wurde 1936 in Königsberg geboren. Aus dieser ersten Ehe gingen zwei Kinder hervor. 1978 heiratete Carlos ein zweites Mal. Für Marion Bohnsack geb. Föcker (1945 geboren), wohnhaft in Ennepetal, war es ebenfalls die zweite Ehe. Sie brachte eine Tochter mit in die Ehe, welche später in Carlos de Naharros Testament berücksichtigt wurde. Ort der Eheschließung war Tønder in Dänemark an der deutsch-dänischen Grenze. Die Ehe blieb kinderlos.

2. Zur Bearbeitung des Bestandes: Der Bestand Q 3/24 wurde 1986 vom Hauptstaatsarchiv Stuttgart als Schenkung von Carlos de Naharro übernommen. Naharro stellte die Abgabe weiterer Unterlagen - darunter auch einen Stammbaum der Familie - in Aussicht. Auf die regelmäßigen Nachfragen des Hauptstaatsarchivs nach den in Aussicht gestellten weiteren Dokumenten, gab er jedoch ausweichende Antworten. 1989 brach der Kontakt ab, da Carlos der Naharro unbekannt verzogen war. Der Bestand beinhaltet nur Unterlagen von Carlos de Naharro. Diese berichten darüber hinaus von seinen zwei Ehefrauen und seinen beiden Kindern. Seine Eltern und Großeltern werden lediglich in den Angaben des in beglaubigten Kopien vorliegenden, in Ostpreußen ausgestellten Familienstammbuches und einer ebenso beglaubigten Kopie des in Königsberg ausgestellten Trauscheins seiner Eltern genannt (Bü 1). Weitere Dokumente, welche die generationenübergreifende Linie de Naharro y Cárdenas belegen, sind also nicht vorhanden. Der Bestand wurde von Carlos de Naharro streng sortiert in vier Ordnern dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart übergeben. Diese gliederten sich in die von ihm vergebenen Titel: Urkunden 20. Jahrhundert, Rechtssachen, Rechtssachen - Arbeitsgericht und Sozialamt/Arbeitsamt. Die beiden Ordner bezüglich der Rechtssachen wurden in der Klassifikation als Unterpunkt "Rechtsstreitigkeiten" zusammengefasst. Die weitere Ordneraufteilung wurde in den Unterpunkten "Dokumente der Familie" sowie "Unterlagen Sozialamt und Arbeitsamt" übernommen. Naharro vergab an jedes Dokument eine Signatur (eine Nummer und eine Jahreszahl) und ordnete diese innerhalb eines Sachthemas. Die Urkunden verwahrte er in Briefumschlägen, auf welchen eine Auflistung der Dokumente sowie eine Beschreibung zu finden ist. Diese Briefumschläge wurden im Bestand belassen. Die Vorordnung von Naharro wurde größtenteils übernommen. Es wurden lediglich einige Dokumente über Marion de Naharro dem Büschel betreffend der zweiten Ehe von Carlos de Naharro zugeordnet. Die Unterlagen zeigen in vielfältiger Weise den bescheidenen Alltag eines Adeligen, dessen soziale Stellung immens gesunken war. Naharro übte eher alltägliche Berufe aus, war dann über einen längeren Zeitraum arbeitslos und auf Unterstützung der Sozialhilfe und des Arbeitsamtes angewiesen. Zwei Umschulungen mussten krankheitsbedingt abgebrochen werden. Charakteristisch für die ungesicherte Stellung sind die häufigen Wohnungswechsel, welche sich in den Briefen in den Akten widerspiegeln. So sind diese an Naharro in Bietigheim-Bissingen, Lübeck, Ennepetal, Stuttgart und Hagen adressiert. Die zahlreichen Prozessakten zeigen, dass Naharro sehr streitbar war und auch wegen Kleinigkeiten prozessierte. Er ließ sich in den 1970er Jahren von der Fachfirma Wappenarchiv Dochtermann aus Stuttgart ein Familienwappen entwerfen. Die Nutzung der Wappen wurde jedoch unterschiedlich gehandhabt. In der Wappenrolle Dochtermann (1974) wurde das von Carlos de Naharro beantragte Wappen der Familie de Naharro y Cárdenas (In Blau, unter silbernem Schildhaupt, das mit drei blauen Wellenbalken belegt ist, zwei übereinanderstehende goldene Wölfe, in den rechten Vorderpfoten je ein goldenes Andreaskreuz haltend. Auf dem Spangenhelm mit fünf goldenen Spangen und blau-goldener Decke eine spanische Baronskrone, daraus ein wachsender goldener Wolf, in der rechten Vorderpfote ein blaues Andreaskreuz haltend. [In der Fassung nach 1922]) und das von Juan Carlos de Naharro-Lautrec Baron de la Croix de los Santos aus Monte Grande/Guatemala C.A. beantragte Wappen der Familie de Naharro (In Blau, unter silbernem Schildhaupt, das mit drei blauen Wellenbalken belegt ist, im Schildfuß ein goldener Wolf, in der rechten Vorderpfote ein goldenes Andreaskreuz haltend, darüber drei goldene Lilien nebeneinander. Auf dem Spangenhelm mit fünf goldenen Spangen mit rechts blau-goldener und links blau-silberner Decke eine spanische Baronskrone, daraus kommend ein wachsender goldener Stier [In der Fassung nach 1842]) abgebildet. In seinem Testament bezieht sich Carlos de Naharro allerdings auf das von Juan Carlos beantragte Wappen. Als Grundlage diente der beauftragten Firma das mehrbändige Werk "Armorial général: précédé d'un dictionnaire des termes du blason" von Johannes Baptista Rietstap. Die dort blasonierten Wappen "Navarro (Navarra)" und "Cárdenas (Andalusien, Neapel sowie Kastillien)" beinhalten zwei schreitende, goldene, übereinanderstehende Wölfe. Das Wappen "Santos (Andalusien)" beinhaltet drei azurblaue Wellenlinien. Naharro führte seinen Adelstitel größtenteils konsequent, unterschrieb in den vorliegenden Akten jedoch stets mit "de Naharro". In den Geburtsurkunden der Kinder von 1959 und 1962 wurde der Titel nicht mehr verwendet. Bei seiner zweiten Eheschließung 1978 setzte er sich dafür ein, dass seine Frau Marion de Naharro den Titel ebenso führen konnte. Dies konnte ihm jedoch vom Standesamt in Dänemark nicht garantiert werden. Die soziale Stellung der Naharro entsprach inzwischen nicht mehr der ursprünglichen Adelswürde. Die Erschließung und Ordnung des Bestandes einschließlich der Vergabe der Deskriptoren und der Anfertigung des Vorwortes erfolgte im Februar 2016 durch die Inspektorenanwärterin Valeska Martin unter Anleitung des Unterzeichneten. Der Bestand enthält 21 Bü in ca. 0,25 lfd.m und hat eine Laufzeit von 1970-1986. Stuttgart, im Februar 2016 Dr. Peter Schiffer

3. Literatur: Wappenrolle Dochtermann, Bd. 22, hg. v. Wappen-Archiv Dochtermann, Stuttgart 1974, S. 67-83.

Bestandssignatur
Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Q 3/24
Umfang
21 Bü (ca. 0,25 lfd. m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Nachlässe, Verbands- und Familienarchive >> Verbands- und Familienarchive

Indexbegriff Person
Naharro y Cárdenas, Carlos Fernando de; Baron de Portal de la Croix y de los Santos, Kaufmann, Mechaniker, 1933-

Bestandslaufzeit
1970-1986

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
13.11.6025, 14:39 MEZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1970-1986

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