Archivale
Erklärung der Weingärtnerzunft
Regest: Zunftmeister, Hüte, Zunftrichter und gesamte Mitglieder der Weingärtnerzunft zu Reuttlingen urkunden an Eides Statt folgendes:
Als im vorigen Jahr 1749 auf Ulrici Tag nach den kaiserl. Privilegien, Stadtordnung und altem Herkommen alle Bürgermeister-, Rat-, Schultheissen- und Zunftmeister-Ämter sich erledigten (= frei wurden) und erloschen und zur Neubesetzung der Ämter geschritten werden sollte, ist von heimlichen, an sich verbotenen Zusammenkünften und von unter dem Volk veranlassten gefährlichen Empörungen nicht das allermindeste zu hören oder zu verspüren gewesen, sondern alles ist in guter Ruhe hergegangen und alles von den Wahlmännern und Siebenern von Anfang bis zu Ende gemäss ihren Eiden vollzogen worden. Die praeterierten (= übergangenen, nicht wiedergewählten) Personen haben keine Ursach, sich über ein ihnen zugefügtes Unrecht zu beschweren, weil sie zum Regiment nur auf ein Jahr und nicht länger ein Recht erlangen können und nach geendigtem Regimentsjahr mit Gelassenheit erwarten sollen und müssen, ob sie wieder gewählt werden oder nicht, und ihnen keineswegs gebührt, bei erfolgter Praeterition (= Übergehung) von den Wahlmännern und Siebenern Red und Antwort zu fordern, sondern sie sich ihrem Schicksal wie die Vorfahren von vielen Jahrhunderten her geduldig zu fügen haben.
Wenn auch der eine oder andere Bürger an dem Zunfttag, als die Zunftmeister praeteriert wurden und wider Ordnung und Herkommen ihre Pflicht (= ihr Amt) nicht ablegten, sondern ihre Zünfte verliessen und voller Verdruss heimliefen, darüber gelacht haben mögen, weil sie unnötig und unüberlegt ihre Praeterition vor der Zeit verraten haben, so können jene solches nunmehr als eine grosse Beschimpfung angezogene (= ausgelegte) Verhalten sich selbst zuschreiben. An demjenigen aber, was in den Weinbergen der Schultheissen vorgegangen ist, hat kein ehrliebender Bürger Wissenschaft (= Kenntnis), viel weniger Anteil, sondern jeder wünscht, dass durch scharfe Untersuchung der oder die Frevler entdeckt und zu gebührender Straf gezogen werden.
Die Weingärtner haben mit ihren gesamten Mitbürgern zu der kaiserl. Majestät das Vertrauen, dass sie sie bei dem edlen Kleinod der Wahlfreiheit schützen und nicht zugeben werde, dass die nach selbiger ordnungsmässig praeterierten Ratsmänner, Schultheissen und Zunftmeister sich derselben entgegen aufs neue eindrängen und die rechtmässig erwählten verdrängt werden.
- Archivaliensignatur
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A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 4009
- Formalbeschreibung
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Beschreibstoff: Pap.
- Sonstige Erschließungsangaben
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Zeugen / Siegler / Unterschriften: Es folgen 88 Unterschriften.
Siegel (Erhaltung): Beigedruckt ist das Zunftsiegel.
Bemerkungen: vgl. dazu Th. Schön: Die Reutlinger Revolution vom Jahr 1749, in RGB 1898 S. 17 ff. 33 ff.
Genetisches Stadium: Or.
- Kontext
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Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 11 Zünfte Weingärtner
- Bestand
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A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)
- Laufzeit
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1750 Februar 15
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
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20.03.2025, 11:14 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Archivale
Entstanden
- 1750 Februar 15