Bestand
Walcher, Jacob (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Jacob
Walcher
7.5.1887 in Wain, Oberamt Laupheim
(Württemberg) als Sohn eines Kleinbauern geboren
1893 - 1901 Besuch der Volksschule
1902
Hilfsarbeiter in einer Steindruckerei und einer Brauerei in
Stuttgart
1906 als Dreher bei Daimler-Benz in
Stuttgart angelernt
1906 Mitglied im Deutschen
Metallarbeiterverband (DMV) und Mitglied der Sozialdemokratischen
Partei Deutschlands (SPD)
1906 Mitbegründer des
Vereins Freie sozialistische Jugend in Stuttgart (auch "Freie Jugend"
genannt)
1908 - 1910 Vorsitzender der "Freien
Jugend" - Förderung der politischen Bildung J. Walchers durch Käte und
Hermann Duncker
1910 - 1911 Besuch der
SPD-Parteischule in Berlin - Vorlesungen u. a. bei Rosa
Luxemburg
1911 - 1914 Redakteur des
Bezirksorgans der SPD Württemberg "Schwäbische Tagwacht"
1911 - 1913 verschiedene Aufgaben und Funktionen im
DMV Stuttgart
1914 wegen Opposition gegen die
sozialdemokratische Kriegspolitik als Redakteur aus der "Schwäbischen
Tagwacht" entlassen
1914 - 1915 vier Monate
Soldat in der kaiserlichen Armee, danach Entlassung als
körperlich
"untauglich"
1915 Übersiedlung nach Berlin und Beschäftigung als Fräser bei
den Argus Motorenwerken Reinickendorf
November
1915 wegen Verbreitung von Antikriegs-Flugblättern verhaftet und zu
drei Monaten Gefängnis verurteilt
1915 Anhänger
und Mitglied des Spartakusbundes
1916
Spitzendreher in einer Pulverfabrik (Inhaber Wollmershäuser &
Gurth) in Nowawes bei Potsdam;
1916 - 1918
Verbindungsmann des Spartakusbundes zu den Revolutionären
Obleuten
1917 erneuter Kriegsdienst in der
Kaiserlichen Armee - Armierungssoldat an der Front bei Verdun, danach
wieder als "dienstuntauglich" entlassen
1918
aktive Teilnahme (auch an der Vorbereitung) am großen Januarstreik in
Berlin
7. Oktober 1918 Teilnahme an der
Reichskonferenz der Spartakusgruppe
11.
November 1918 auf Beschluss der Spartakusführung Rückkehr nach
Stuttgart und dort tätig als Parteisekretär, außerdem wird er Mitglied
des Stuttgarter Vollzugsausschusses der Arbeiter und
Soldatenräte
1918/1919 Teilnahme am
Gründungsparteitag der KPD als Delegierter Württembergs, gemeinsam mit
Wilhelm Pieck Vorsitzender des Parteitages
1919
Referat zur Gewerkschaftsfrage auf dem Heidelberger Parteitag und Wahl
in das ZK der KPD
1920 Übersiedlung nach Berlin
und Gewerkschaftsredakteur der "Roten Fahne"
1920/1921/1923 Wahl und Wiederwahl in die Zentrale der KPD auf
dem 3., 4., 5., 7. und 8. Parteitag als Mitglied bzw. Ersatzmitglied
(Kandidat)
Juli - August 1920 Delegierter der
KPD zum II. Weltkongress der Kommunistischen Internationale (KI),
zusammen mit Rosi Wolfenstein eine einstündige Aussprache mit W.I.
Lenin
1921 Wahl als Delegierter zum
Verbandstag, der 15. Generalversammlung des DMV in Jena
1921 - 1923 Mitglied der Reichsgewerkschaftszentrale
und Leiter der Gewerkschafts-Abteilung beim ZK der KPD und Mitglied
des Politbüros
1923 Veröffentlichung des Buches
"Ford oder Marx" im Neuen Deutschen Verlag
Juni
1923 Teilnahme als Vertreter der KPD an der Tagung des Erweiterten
EKKI-Plenums in Moskau, (Aufenthalt für mehrere Monate)
1924 als Mitglied aus dem Politbüro und aus dem ZK
sowie als Leiter der Gewerkschafts-Abteilung des ZK der KPD wegen
Differenzen mit der ultralinken Ruth-Fischer Politik abgelöst
1924 - 1926 Aufenthalt in der Sowjetunion, v. a. in
Moskau und Tätigkeit als Mitglied des Vollzugsrates der Roten
Gewerkschafts-Internationale (RGI)
1926 - 1928
Rückkehr nach Deutschland - arbeitsunfähig aus gesundheitlichen
Gründen
1928 Mitarbeiter in der
Gewerkschaftsabteilung des ZK der KPD unter Leitung von Fritz
Heckert
1928 Ausschluss aus der KPD zusammen
mit Heinrich Brandler und August Thalheimer wegen Differenzen mit der
Gewerkschaftspolitik der KPD-Führung
1928 -
1931 Teilnahme an der 1. Reichskonferenz der KPO (auch KPD(O) genannt)
und Gründungs- und Leitungsmitglied der KPO, Mitherausgeber der
KPO-Zeitschrift "Gegen den Strom"
1931 - 1932
Mitglied der Sozialistischen Arbeiter Partei (SAP) und Teilnahme am 1.
Parteitag des SAP sowie Wahl in den (geschäftsführenden) Vorstand;
Chefredakteur der "Arbeiterpolitik"
1932
hauptamtliches Mitglied des Parteivorstandes der SAP
1933 Emigration nach Frankreich (Paris) und Leitung der Exil-SAP
unter dem Decknamen Jim Schwab
1933 Jacob
Walcher schickt den SAP-Genossen Willy Brandt zur politischen
Exil-Arbeit in Norwegen
1933 Gespräche mit Leo
Trotzki nahe Paris und Scheitern einer Konzeption für die 4.
Internationale
1933 - 1940 aktive Arbeit mit
Sozialdemokraten und KPD-Genossen an der Schaffung einer
Volksfrontbewegung gegen den Faschismus und für die Aktionseinheit
aller antifaschistischen Kräfte sowie die Bildung einer
Einheitspartei
1935 Ausbürgerung Jacob Walchers
durch die Nazibehörden
1939/1940 Internierung
in verschiedenen Lagern und Gefängnissen in Frankreich und Spanien,
dann per Schiff von Lissabon mit Visum des Emmergency Rescue Committee
nach den USA ins Exil
13. Mai 1941 Heirat mit
Hertha Gordon Osterloh
1942 - 1946 Arbeit als
Dreher in einem New Yorker Kleinbetrieb
1944
Mitglied und Mitarbeit im Council for a Democratic Germany, dort u. a.
Zusammenarbeit mit Bertholt Brecht
1946/1947
Rückkehr aus der Emigration und Eintreffen im demokratischen Sektor
von Berlin
1947 Eintritt in die SED und Bruch
mit Willy Brandt
1947 - 1951 Chefredakteur der
gewerkschaftlichen Tageszeitung "Tribüne"
1951
Ausschluss aus der SED wegen seiner Tätigkeit für die KPO und die SAP
und seiner Kontakte zu Leo Trotzki
1951 - 1952
Tätigkeit für das Institut für Zeitgeschichte
1953 - 1963 freier Mitarbeiter am Institut für
Marxismus-Leninismus (IML)
1956 Rehabilitierung
Jacob Walchers
27. März 1970 in Berlin
verstorben
Hertha Walcher, geborene
Gordon
9. August 1894 in Königsberg
geboren
1900 - 1908 Besuch der
Volksschule
1912 Übersiedlung nach London und
Ausbildung als Stenotypistin
1914
Kontaktaufnahme zu Clara Zetkin
Januar/Februar
1915 Übersiedlung nach Stuttgart und persönliche Bekanntschaft mit
Clara Zetkin und Friedrich Westmeyer (SPD-Vorsitzender in
Stuttgart)
März 1915 Aufnahme in die SPD
1917 - Januar 1918 in Königsberg, Verhaftung wegen
"pazifistischer Propaganda" und Internierung im Lager Holzminden
Juni 1918 durch Vermittlung Clara Zetkins und der
sowjetrussischen Botschaft in Berlin auf dem Austauschwege nach Moskau
verbracht und persönliche Übergabe eines Briefes von Clara Zetkin an
W.I. Lenin
Juni - November 1918 Sekretärin bei
Karl Radek und pro forma Heirat mit Hermann Osterloh
Anfang Dezember 1918 Rückkehr nach Deutschland, Januar 1919
Berlin, dann Stuttgart
Oktober 1919 Begleitung
Clara Zetkins zum Heidelberger Parteitag
1920 -
1925 Sekretärin von Clara Zetkin und in dieser Zeit Bekanntschaft mit
Jacob Walcher
1925/1926 Arbeit am Marx-Engels
Institut in Moskau
1926/1927 Tätigkeit in der
sowjetischen Handelsvertretung in Berlin
1928/1929 Bruch mit der KPD und Mitglied der KPO
1932 Mitglied der SAP
1933 -
1940 Exil in Paris und Arbeit in der SAP-Auslandsabteilung zusammen
mit Jacob Walcher
Dezember 1940 bis 1947
Emigration in die USA
13. Mai 1941 Heirat mit
Jacob Walcher in New York
1947 Rückkehr nach
Deutschland, in Berlin Mitglied in der SED und politische Tätigkeit in
der SED-Wohngruppe
nach 1947 Tätigkeit als
freischaffende Übersetzerin
1958 Auszeichnung
mit der Medaille "Kämpfer gegen den Faschismus"
1963 Auszeichnung mit der "Clara-Zetkin-Medaille"
27. Dezember 1990 in Berlin verstorben
Inhaltliche Charakterisierung:
Der Nachlass von Jacob und Hertha Walcher gelangte in mehreren Etappen
ins Archiv. Der erste Teil wurde in den 1960-1980er Jahren noch direkt
von den Walchers an das Zentrale Parteiarchiv der SED übergeben. Den
zweiten Teil übergab Herr Uwe Baier drei Jahre nach dem Ableben von
Hertha Walcher 1993 der Stiftung Archiv der Parteien und
Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv als Depositum.
Die Unterlagen aus den ersten Übergaben sowie einige
von Herrn Karl Walcher im Jahre 2001 übergebene Dokumente sind
Eigentum der Stiftung.
Zu den ersten Übergaben
aus dem Nachlass, etwa 0,8 lfm und 21 AE, wurde bereits im Zentralen
Parteiarchiv der SED eine Findkartei erstellt. Die von Herrn Baier
übergebenen ca. 3 lfm umfassenden Unterlagen, waren vor der jetzigen
Verzeichnung bereits zum größten Teil geordnet und z.T. mit einer
vorläufigen Signatur versehen worden. Im Zuge der nunmehr
vorgenommenen Bearbeitung wurden beide Teile zusammengeführt, fein
geordnet und endgültig verzeichnet. Im Ergebnis dieser Erschließung
liegen 79 AE (2,50 lfm) mit Dokumenten aus dem Zeitraum von 1910 bis
1990 vor.
Der Nachlass umfasst neben einer
Vielzahl persönlicher Dokumente von Jacob und Hertha Walcher
Manuskripte von Veröffentlichungen, Artikel, Referate, Reden und
Analysen v. a. aus der Tätigkeit von Jacob Walcher als Chefredakteur
der Gewerkschaftszeitung "Tribüne" von 1947-1951 und aus seiner
Mitarbeit am Institut für Marxismus-Leninismus (IML) von
1953-1963.
Während seiner Tätigkeit am IML
befasste er sich v. a. mit der Aufzeichnung seiner Erinnerungen an
seine partei- und gewerkschaftspolitische Arbeit als führender
Funktionär der deutschen Arbeiterbewegung, zunächst in Stuttgart und
dann auch in Berlin, in der SPD, der KPD, der SAP wie letztlich in der
SED.
Darüber hinaus hinterlassen Jacob und
Hertha Walcher eine reiche private Korrespondenz untereinander, aber
auch mit Familienangehörigen und einer Vielzahl von Freunden, darunter
auch mit Bertolt Brecht. Besonders zu erwähnen ist die Korrespondenz
Jacob Walchers mit SAP-Mitgliedern in verschiedenen Ländern des Exils,
in den USA, in Mexico, auf Kuba, in England, in Norwegen und in
Schweden, darunter mit Willy Brandt, Fritz Lamm und Boris
Goldberg.
Des weiteren standen Hertha und Jacob
Walcher im regen Briefwechsel mit Einzelpersönlichkeiten und
Institutionen in der Zeit ihrer Emigration in den USA und später in
der DDR wie z. B. mit Käte und Hermann Duncker, den Familien
Budzislawski und Seydewitz, mit Wilhelm Pieck, Walter und Lotte
Ulbricht, mit Helene Weigel, dem Berliner Ensemble und dem
Brecht-Archiv, mit der Parteikontroll-Kommission der SED, dem
Kulturbund, dem Tierpark Berlin und seinem Direktor Prof. Dr. Dathe
wie auch mit Schulen und Einrichtungen. Mit letzteren korrespondierte
v. a. Hertha Walcher, soweit diese den Namen Clara Zetkin trugen, was
ihrer frühen Bekanntschaft mit ihr in den 1920er Jahren und ihrer
Tätigkeit als Privatsekretärin Clara Zetkins in dieser Zeit geschuldet
war.
Hertha Walchers Teil des Nachlasses
umfasst dabei zahlreiche persönliche Dokumente aus dem gemeinsamen
Aufenthalt im Exil in Paris und New York, ihre umfangreiche private
Korrespondenz aus der Zeit des Zusammenlebens mit Jacob Walcher und
Briefe nach seinem Tod in Fortsetzung der Korrespondenz Walchers sowie
solche mit ihrer Familie und ihren Freunden.
Im
Zuge der Bearbeitung sind Bilder von Jacob und Hertha Walcher in das
Bildarchiv der Stiftung abgegeben und dort in die biografische
Sammlung unter der Signatur Bild Y10 eingearbeitet worden.
Die Auswertung des Nachlasses unterliegt keinen
anderen Beschränkungen als der Beachtung von
Persönlichkeitsschutzrechten Betroffener und schutzwürdigen Belangen
Dritter.
Bei eventuellen Veröffentlichungen ist
wie folgt zu zitieren: Stiftung Archiv der Parteien und
Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, NY 4087/ 1, Kurzform:
BArch NY 4087/ 1 (Beispiel für die Zitierung der Akte mit der Nummer
1).
Andreas Diehl
Umfang, Erläuterung: 79
AE
Zitierweise: BArch NY
4087/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch NY 4087
- Umfang
-
79 Aufbewahrungseinheiten; 2,5 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Nachlässe und Sammlungen >> Nachlässe >> W
- Provenienz
-
Walcher, Jakob und Hertha, 1910-1990
- Bestandslaufzeit
-
1910-1990
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Walcher, Jakob und Hertha, 1910-1990
Entstanden
- 1910-1990