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Die Relativität des Strukturbegriffs "peripherer Raum" in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion

1959 von R. PREBISCH im Rahmen globaler Wirtschaftsraumerörterungen – Industrieländer hier, ”Entwicklungsländer” dort – erstmals in der Geographie gebraucht, wurden die Begriffe ,Peripherie‘ und ,periphere Räume‘ vom Ende der 1960er Jahre an vor allem bei der Charakterisierung der wirtschaftsräumlichen Verhältnisse eines Landes benutzt. Sie stehen in abstrahierender Ansprache den Begriffen ,Zentrum‘ und ,Ballungsraum‘ gegenüber und damit für ländliche und andere von der Landesentwicklung vernachlässigte ,Passiv‘-Räume. In jüngerer Zeit tauchen diese Begriffe häufig in Arbeiten zur Wirtschaftstransformation in den Ländern des östlichen Europa auf. Obwohl ihr Gebrauch dabei generell nicht zu Verständnisschwierigkeiten führt, empfiehlt es sich, bei Untersuchungen der Verhältnisse in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion die Besonderheit zu beachten, dass in sowjetischer Zeit auch Zentren und Ballungsgebiete Merkmale der Peripherie zwangsläufig angenommen haben. Durch diverse ideologisch bestimmte politische, ökonomische und administrative Maßnahmen entstanden Räume, die hier als ,relativ peripher‘ bezeichnet werden und deren Charaktreistika auch die gegenwärtigen Prozesse beeinflussen. In der Ukraine, die im vorliegenden Artikel als Beispiel dient, kam es unter anderem dazu, dass (1) selbst in Städten wie Kiew, Dnipropetrowsk oder Lwiw (Lemberg) infrastrukturelle und institutionelle Eigenentwicklungen nur eingeschränkt möglich ware, dass (2) Industriegebiete wie das Donbass oder die Erdölfördergebiete in den Vorkarpaten und im Dnjeper-Tiefland technologisch und strukturell zurückbleiben mussten, dass (3) Industriezentren und -gebiete wegen bewusster unvollendeter Produktionszyklen in ihrer Bedeutung beschnitten wurden. Sie alle gerieten in die relative Peripherie und sind deshalb heute eine Ursache für die wirt schaftliche Krise und die generellen Schwierigkeiten im Transformationsprozess in der Ukraine. Nur mit Hilfe neuartiger Initiativen und allmählicher Modernisierung von Strukturen, Verfahren und Beziehungen (z.B. in Euroregionen) können die entstandenen Nachteile – Monostrukturen, Unterentwicklung, fehlende industrielle Endfertigung, geringe Anbindung – sowohl der relativen wie der wirklichen peripheren Räume überwunden bzw. bis zu einem bestimmten Grad überwunden werden.

Die Relativität des Strukturbegriffs "peripherer Raum" in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion

Urheber*in: Friedlein, Günter; Rudenko, Leonid G.

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Weitere Titel
The relativity of the structural term “Peripheral Region“ in the successor states of the Soviet Union
ISSN
0943-7142
Umfang
Seite(n): 96-99
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet

Erschienen in
Europa Regional, 10.2002(3)

Thema
Städtebau, Raumplanung, Landschaftsgestaltung
Raumplanung und Regionalforschung
Grenzgebiet
Transformation
Infrastruktur
Strukturpolitik
Raumnutzung
Raumplanung
Regionalplanung
Ukraine
Peripherie
Entwicklungsplanung
regionaler Unterschied
UdSSR-Nachfolgestaat
regionale Entwicklung

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Friedlein, Günter
Rudenko, Leonid G.
Ereignis
Veröffentlichung
(wo)
Deutschland
(wann)
2002

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-48729-8
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:26 MESZ

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Objekttyp

  • Zeitschriftenartikel

Beteiligte

  • Friedlein, Günter
  • Rudenko, Leonid G.

Entstanden

  • 2002

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