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Kost-(Verpflegungs)geldschulden

Enthält: Christian Gehelen, Offermann zu Kerpen, beschwert sich am 9.10.1687, dass Johann Wolters wegen einer angeblich offenen Forderung an Kostgeld "oder sonsten" vor Gericht gegangen ist und angeblich sein Salär hatte beschlagnahmen lassen. Er bittet, den Kläger zu laden, dessen Rechnung und seine, Gehelens, Gegenrechnung anzuhören und den vermeintlichen Arrest zu kassieren. Diese Rechnung hatte Johann Wolters bereits am 18.8. seinem vermeintlichen Schuldner durch seine Magd zukommen lassen, und er, Gehelen, hatte ihm mit seiner geantwortet. Doch Wolters, Prokurator und als solcher juristisch gebildet, war damit nicht zufrieden, und beantragte den oben erwähnten Arrest. Er hofft, obgleich das Gericht anscheinend ein dem Gegner günstiges Dekret ausgegeben und den Arrest fürs erste aufgehoben hatte, auch jetzt auf Erfolg, da Gehelen (angeblich) im Kerpener Gerichtsbann nicht begütert, d. h. vom Kerpener Gericht nicht Recht bekommen könne. Er verlangt, dass dieser sogar einen diesbezüglichen Eid, ein sog. "iuramentum perhorrescentiae" (d. h. dass man fürchte, nicht Recht zu erhalten) schwören solle. Für den Fall, dass weder das Gericht noch der Gegner darauf eingehen sollte, legt Wolters am 4.11. dem Gericht 19 Artikel von, nach denen Gehelen verhört und die er bestätigen solle [= damals übliche Artikelklage]. Aus diesen Artikeln lässt sich einigermaßen verlässlich, allerdings aus der Sicht des Klägers, der Sachverhalt rekonstruieren: Demnach hatte sich Gehelen am Fronleichnamstag ("heiliger Sacramentstag") 1686 auf ein Jahr eingemietet ("in die Kost verdungen"). Man vereinbarte, dass er zufrieden sein solle mit dem, was Wolters ihm anbot ("so guth alß ich zu g(e)nießen hab, ohne Einrede"), für 26 Rtlr an Kostgeld, eine Pinte [Viertel] Holz und ein Paar "Meulen" und noch soviel nach Belieben, bis man auf einen Betrag von 30 Rtlr komme. Gehelen erhielt die hinterste Kammer unter dem Vorbehalt, in eine andere, etwa die "Portzkammer" umzuziehen, wenn Wolters ihn dazu anwies. Gehelen, so Wolters, sei mit allem einverstanden und froh gewesen, dass er ihn gegenüber Gerard Ting vorgezogen habe ("daß bey mir in allem bester Verpfleg, alß bey Gerard Ting habe"). Ja er habe, in Gegenwart von Hermann Plartz, um Karneval ("ungefeher um Fastelabend") sogar angeboten, das ganze Geld "in Golt, Silber, Zinn oder Kupfer" zu zahlen. Wolters rechnet auf, dass er daraufhin für die Zeit von Martini bis Weihnachten nach und nach 9 Malter 2 Fass Roggen, und zwar zu dem Preis, der zwischen Weihnachten und Lichtmess [2.2.] gelte, erhalten habe, außerdem 1/2 Pinte Holz und einen Tlr. Aber Gehelen hatte sich offensichtlich dann doch nicht so wohl verhalten, wie es Wolters gewünscht hätte. Das Angebot von Wolters Hausfrau, ihm die Wäsche mitzuwaschen, habe er dankend abgelehnt, erwidernd, "daß er eine Waschfrau bereiths verdungen hette". Er sei nächtens heimlich in den Keller gegangen, habe sich dort selbst "gezapffet und gesoffen", das aber auch am Tag, wenn der Herr ihm den Rücken zugewandt hätte, getan. Darüber hinaus habe er, "zum hochsten Despect meines Hauses", in der ihm zugewiesenen Kammer mit seiner, ihm damals noch nicht angetrauten, späteren Ehefrau "zu gewiße Tag und nächtliche Ruhe gehabt". Nach der Hochzeit, etwa um Fastelabend, habe sie quasi dort gewohnt ("auß- und eingangen, auch die Nachtruhe gehabt"). Schließlich habe er sich abgemeldet, um für drei Monate nach Grefrath zu gehen, habe aber in Abwesenheit der Wirtsleute "Reißauß genohmen, durchgangen und den Schlüssell mitgenohmen". Wolters fordert dafür Schadensersatz und Begleichung der Rechnung. Der Beschuldigte bestreitet natürlich die Darstellung des Klägers ("so ich mehreren Theil nit wahr erkenne"). Er bleibt dabei, den Arrest nicht anzuerkennen, da er ihm nicht zugestellt worden sei, und dass Wolters die beiderseitigen Rechnungen dem Gericht im Original vorlegen soll. Außerdem habe er sehr wohl Mobilien im Gerichtsbann von Kerpen. - Wolters behauptet jedoch, die Güter seien alle verschuldet und verpfändet, und er habe schon manches Mal als Bürge dafür einstehen sollen. Er beschuldigt ihn darüber hinaus in einer Nebenklage als "Violator", da er, Gehelen, sich die Kuh von Laurenz Baum pfandweise habe aneignen ("für sich taxieren lassen") wollen. Die beiden Parteien stehen bis zum 3.2.1688 unverändert gegeneinander. Wie der Streit endete, wissen wir nicht.

Reference number
GerKer, 889
Extent
Schriftstücke: 6

Context
Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.1 Forderungen - Geld / Sachen
Holding
GerKer Schöffengericht Kerpen

Indexbegriff subject
Kostgeld
Indexentry person
Baum, Laurenz
Gehelen, Christian, Offermann zu Kerpen
Hermann Plartz
Ting, Gerard
Wolters, Johann

Date of creation
1687 - 1688

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Last update
24.06.2025, 1:56 PM CEST

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Object type

  • Archivale

Time of origin

  • 1687 - 1688

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