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Artikel des Schmied- und Wagner-Handwerks
Regest: 1.) Wenn ein Schmied oder Wagner ein Bot +) will machen lassen, der soll zuvor zu den 3 Obmeistern gehen und soll sich der Sachen halb anzeigen und fragen, ob es strafbar sei oder nicht, damit man nicht schlechter (= geringer) Ursachen wegen die Meisterschaft bemüht und zusammenkommen lässt. Könnten aber diese 3 Obmeister erkennen, dass es strafbar ist, so soll der Meister lassen ein Bot +) machen. Wenn alsdann diese beiden Handwerke zusammenkommen und Klag und Antwort anhören und sich darüber erkennen, welcher Unrecht hat, so soll der, der Unrecht hat, 7 ß Botgeld +) (= Gebühr) dem Handwerk erlegen. Doch gehört davon 1 ß dem Stubenknecht.
2.) Wenn die Meister beider Handwerke ein Bot +) unter einander haben und einer Not halber (= aus einem zwingenden Grund) nicht dazu kommen könnte, so soll er zu einem Obmeister gehen und sich der Sachen halb bei ihm erfragen, was die Handlung sei. Alsdann soll er seine Stimme hinter sich lassen, damit sich keiner der Handlung (= Verhandlung) habe zu entschuldigen. Sofern aber einer hinweg zieht und keine Erlaubnis von einem Obmeister hat, er sei wer er wolle, so soll er dem Handwerk zur Straf erlegen 2 ß oder nach Erkennen des Handwerks.
3.) Wenn beiderseits Handwerk beieinander, so sollen die ältesten Meister nach einander sitzen, und wenn sich einer weigerte auf des Obmeisters Heissen (= Geheiss), so soll er dem Handwerk zu Straf verfallen sein 1 ß.
4.) Wenn beiderseits Handwerk beisammen, so soll keiner reden, bis die Frag an ihn kommt, bei Straf von 1 ß, es sei denn, dass er etwas wisse, was dem Handwerk zu wissen vonnöten, und nicht auf die Frage warten könnte, damit an dem Urteil nichts verabsäumt werde.
5.) Wenn das Handwerk beisammen und eine Handlung ausgerichtet ist, soll keiner unterm Handwerk aufstehen, bis ein Obmeister zum drittenmal unter dem Handwerk umgefragt hat, ob keiner mehr etwas wisse, was dem Handwerk entgegen ist. Wenn zuvor einer ohne Erlaubnis aufstände, so ist er 1 ß zu Straf verfallen.
6.) Wenn beiderseits Handwerk beisammen ist in einer Zech und einer unter ihnen einen Handel (= Streit) mutwillig und freventlich über geschehenes Verwarnen (= nach erfolgter Verwarnung) anfängt, der soll wissen, dass er die ganze Zech zur Straf bezahlen soll.
7.) Kein Schmied soll ein Ross um einen Jahrlohn wie Taler oder Gulden verdingen, es sei eins, zwei oder drei. Wer das tut, der soll alles, was ihm von den Rossen aufdingt (= aufgedingt ist?), zu Straf verfallen sein.
8.) Wenn ein Kunde von einem zu einem andern Meister Schmied oder Wagner fährt (= übergeht), so soll der Meister den neuen Kunden fragen, ob er dem alten Meister nichts schuldig ist. Wenn der Kunde dem alten Meister noch schuldig ist und ihm der neue Meister darüber macht (= trotzdem arbeitet), so soll er zur Straf erlegen 2 fl (später geändert: 1 Pfund). Gehört in die Handwerkerbüchs.
9.) Wenn ein Kunde ausserhalb in fremden Flecken Räder beschlagen lässt, so soll ihm kein Meister in der Stadt mehr etwas machen, bis er sich gegen das Handwerk in eine Straf einstellt. Macht ihm ein Meister hierüber (= trotzdem) ohne Erlaubnis des Handwerks, so soll er zu Straf erlegen 2 fl.
(Dieser Artikel ist durchgestrichen und später von anderer Hand durch eine abgewandelte Fassung ersetzt hinter Artikel 10, siehe unten).
10.) Die Schmiede und Wagner im Land Wirtenberg haben den Brauch und Fug (= Recht), wenn einer von Reitlingen ins Land schafft oder zwischen den Wochenmärkten im Land feil hat, ihm seine Ware und Geschirr zu nehmen. Ebenso begehren auch wir von Reitlingen, wenn einer in unsern Flecken oder Stadt dasselbe üben oder treiben wollte, zu handeln bei Verlierung der Ware (wohl = vorzugehen mit Wegnahme der Ware).
9.) Wenn ein hiesiger Kunde, der nicht über Land fährt, mutwillig (= freiwillig) und zu Abbruch der hiesigen Meister in ausländischen Flecken Räder machen und beschlagen lässt, so soll dem Meister freistehen, dem Kunden seine Dienste (?) wieder zu leisten oder nicht. Wenn es sich fügte, dass ein Bürger aus Notdurft die Räder ausserhalb der Stadt machen liesse, so soll er doch solche Räder hier beschlagen lassen und zu einer Straf von 1 Pfund in beider Handwerke Büchsen angehalten werden, wie auch der Schmied, wenn er vor Erlegung der Straf ihm beschlagen würde, mit 1 Pfund Heller angelegt werden soll.
- Reference number
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A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 3033
- Formal description
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Beschreibstoff: Pap.
- Further information
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Bemerkungen: +) Fischer: Schw. WB: das Bot = eigens einberufene Versammlung der Zunft.- Bei Ziegler: Das Zunftrecht der fr. Reichsstadt Reutlingen: S. 155 fälschlich Bot = Auftrag aufgefasst. Botgeld ist auch nicht Botengeld, sondern Gebühr für die Einberufung der Versammlung.
Genetisches Stadium: Or.
- Context
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Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 9 Zünfte Schmiede und Wagner
- Holding
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A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)
- Date of creation
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[vor oder um 1600]
- Other object pages
- Last update
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20.03.2025, 11:14 AM CET
Data provider
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Object type
- Archivale
Time of origin
- [vor oder um 1600]