Bestand
Johanniterorden zu Sonnenburg (Bestand)
Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.
Behördengeschichte:
Die Repositur 31 gehört zu den innenpolitischen Überlieferungen des 1604 gegründete Geheime Rats, betrifft aber auch die Außenbeziehungen Kurbrandenburgs zu den Nachbarmächten Mecklenburg, Pommern, Polen und Braunschweig-Lüneburg, soweit Ordensbesitzungen betroffen sind. Die Überlieferung setzt bereits im 16. Jahrhundert, also vor der Gründung des Geheimen Rats ein. Nutzende müssen mit vermischten Provenienzen rechnen.
Der Geheime Rat stellte im 17. Jahrhundert die wichtigste zentrale Verwaltungsbehörde im Kurfürstentum Brandenburg dar - zuständig für Kultus, Justiz, Finanzen und Auswärtiges. Im 18. Jahrhundert verlor der Geheime Rat einen Großteil seiner Kompetenzen an andere staatliche Behörden oder Kollegien. Lediglich in den Bereichen Kultus und - mit Einschränkungen - Justiz blieb der Geheime Rat maßgeblich. Die innere Behördenorganisation, die zur Entstehung der Überlieferung in dieser Repositur führte, wurden bislang jedoch noch nicht eingehend erforscht, weshalb nähere Aussagen hierzu gegenwärtig nicht möglich sind.
Die Überlieferung entstand aufgrund des bereits im 16. Jahrhunderts bestehenden kurbrandenburgischen Patronats über die im neumärkischen Sonnenburg ansässige Ballei Brandenburg des Johanniterordens. Zur Ballei gehörten auch Ordensbesitzungen in Sachsen, Pommern und im Wendland. Im Vertrag von Kremmen erlangte die Ordensballei weitgehende Selbstverwaltungsrechte. An der Spitze des Ordens stand ein vom Ordenskapitel gewählter Herrenmeister. Die Ordensverwaltung oblag der ebenfalls in Sonnenburg ansässigen, vom Ordenskanzler geleiteten Ordensregierung. Der Ordensballei unterstanden mehrere Kommenden, die jeweils von einem Komtur geleitet wurden. Da die Kommenden teilweise als Streubesitz in Nachbarterritorien der Mark Brandenburg lagen, zogen sie die Begehrlichkeiten der dort regierenden Häuser auf sich. Langanhaltende Auseinandersetzungen um die Mediatisierung der Johanniterkommenden waren die Folge.
Seit dem 16. Jahrhundert wurden Herrenmeistertum und Kommenden als Sinekuren für nachgeborene Söhne der regierenden Häuser, aber auch für den Hochadel und hohe Staatsbeamte attraktiv. Dabei ging es nicht nur um die Ausübung von Herrschaftsrechten, sondern auch um Sozialprestige und materielle Einkünfte. Eine politisch unabhängige Stellung konnten die Johanniterherrenmeister zu Sonnenburg in der Regel aber nicht mehr spielen. Ein besonderes Kapitel in der Geschichte der Ordensballei stellt der Dreißigjährige Krieg dar, als einige Kommenden schwedischen Militärangehörigen oder Adeligen übergeben wurden.
Die Unterlagen der Ordensballei befinden sich heute zum überwiegenden Teil im Brandenburgischen Landeshauptarchiv Potsdam (Rep. 9), die sogenannten Aufschwörtafeln mit den Ahnennachweisen der Ordensritter im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (X. HA, Rep. 9 Johanniterorden zu Sonnenburg, Aufschwörtafeln). Die Überlieferung des Geheimen Rats umfasst dagegen die Überlieferung zur landesherrlichen Politik gegenüber dem Orden. Prominent vertreten sind etwa Faszikel zur Berufung neuer Herrenmeister - denn obgleich das Wahlrecht beim Kapitel lag, stand dem Kurfürsten bzw. König ein Vorschlagsrecht zu (Nomination). So konnte er steuern, wer das prestigeträchtige Amt erlangte. Dem kurbrandenburgischen Patronat entsprechend gestaltete der Geheime Rat auch die Außenbeziehungen der Ordensballei zu benachbarten Mächten sowie zum Großprior des Malteserordens zu Heitersheim, dem die Ballei Brandenburg formal angehörte, mit. Im späten 17. Jahrhundert ergingen aus dem Geheimen Rat verstärkt Reskripte (Weisungen), welche die Ordenskanzlei wie ein nachgeordnetes Kollegium umzusetzen hatte.
Bestandsgeschichte:
Der heutige Bestand wurde im 17. Jahrhundert von dem kurfürstlichen Sekretär und Archivar Johann Zernitz (gest. 1639) angelegt und im August 1647 von dem kurfürstlichen Archivar Christoph Schönbeck (1601-1662) als Repositur 31 nach "verändertem Methodus" in 35 Konvoluten neuformiert. Damals erhielt die Repositur den Titel: "Acta das Meistertumb zu Sonnenburg und den Orden betreffend" (siehe Ernst Müller/Ernst Posner, Übersicht über die Bestände des Geheimen Staatsarchivs zu Berlin-Dahlem, I. Hauptabteilung [Mitteilungen der Preußischen Archivverwaltung, 24], Leipzig 1934, S. 39). Mit den Konvoluten 36-42 wurden später Faszikel und Akten angeschlossen, welche die Wahl und das Ableben der Herrenmeister betrafen.
Die Faszikel im Bestand betreffen den Orden, die Johanniterkommenden, Wahl und Ableben von Herrenmeistern und Administratoren, Streitigkeiten mit Mecklenburg, Pommern, Polen, Braunschweig-Lüneburg usw.; daneben aber auch Akten zur Aufhebung des Johanniterordens 1810 sowie zur Einziehung der Güter.
Mit dem Kurmärkischen Hauptbuchs entstand Ende des 17. Jahrhundert eine summarische Verzeichnung, die bis in die Gegenwart hinein als Findbuch genutzt wurde.
Im 19. und 20. Jahrhundert teilte der Bestand I. HA GR, Rep. 31 die Geschicke der übrigen Reposituren des Geheimen Rats. Gemeinsam mit diesen wurde sie zunächst im Geheimen Staatsarchiv im Berliner Schloss, dann im Berliner Hohen Haus und schließlich im Dahlemer Archivzweckbau aufgestellt, ehe sie nach kriegsbedingter Auslagerung ins Zentrale Staatsarchiv der DDR, Abteilung Merseburg gelangte. 1993 kehrte die gesamte Überlieferung des Geheimen Rats nach Dahlem zurück.
2021/22 wurde die Repositur neuverzeichnet. Dabei wurden die vorliegenden Pakete aufgelöst und Faszikel mit laufenden Nummern formiert. Die laufenden Nummern folgen im Allgemeinen der vormaligen Ablage im Paket. Vorgefundene Formierungen wurden - soweit sinnvoll - respektiert. Damit wurde der Bestand zugleich einer Revision unterzogen; alle Konvolute waren vorhanden (einige davon allerdings verunordnet in Paketen am Bestandsende). Die Repositur wurde erstmals klassifiziert. Bei der Titelbildung wurden Namen und Orte in normalisierter Form angesetzt.
Zitierweise: GStA PK, I. HA GR, Rep. 31
- Reference number of holding
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Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA GR, Rep. 31
- Extent
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Umfang: 7,5 lfm (835 VE); 7,5 lfm (835 VE)
- Language of the material
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deutsch
- Context
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Tektonik >> ZENTRALE VERWALTUNGS- UND JUSTIZBEHÖRDEN BRANDENBURG-PREUSSENS BIS 1808 >> Geheimer Rat >> Sach-Reposituren >> Geistliche Institutionen und (Hohe) Schulen
- Date of creation of holding
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Laufzeit: (1185 - 1849)
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
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28.03.2023, 8:52 AM CEST
Data provider
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- Laufzeit: (1185 - 1849)