Bestand
Galerie Heiner Friedrich (Bestand)
Inhalt:
Geschichte: Adressen:
- München, Maximilianstraße 15
- Köln, Lindenstraße 20 / Bismarckstrasse 50
- New York, 141 Wooster Street / 343 West Broadway
Andere Namen der Galerie:
- Galerie Friedrich & Dahlem: München
- Galerie Heiner Friedrich: München
- Heiner Friedrich: Köln
- Heiner Friedrich Gallery: New York
- Galerie + Edition Six Friedrich / Sabine Knust: München
- Galerie Six Friedrich: München
Heiner Friedrich
Die Galerie Heiner Friedrich in München, Köln und New York hat vor allem Künstler der Pop Art, Minimal Art, Conceptual Art und Land Art vertreten, so etwa Carl Andre, Donald Judd, Dan Flavin, Fred Sandback, Richard Tuttle, Sol LeWitt, Walter de Maria, Michael Heizer, aber auch Künstler wie Robert Ryman, Gerhard Richter, Georg Baselitz, Imi Knoebel und vor allem Blinky Palermo fanden dort ein Forum. Die Galerie spielte in den sechziger und siebziger Jahren für die Entwicklung, das Ansehen und die internationale Ausrichtung des bundesrepublikanischen Kunstbetriebes eine außerordentlich große Rolle. Heiner Friedrich wurde durch seine Galeristentätigkeit und darüber hinaus in seiner New Yorker Zeit als Initiator und Begründer der Dia Art Foundation – eine der reichsten, einflussreichsten und wichtigsten Kunststiftungen und Betreiberin des heute flächenmäßig größten Museums der Welt – zu einer jetzt schon legendär zu nennenden Schlüsselfigur der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts.
Heiner Friedrich (*14. April 1938 in Stettin) wuchs in Berlin und Oberbayern auf. Der Vater gründete im Jahr 1945 die Alzmetall Werkzeugmaschinenfabrik und Gießerei Friedrich GmbH & Co. KG. Nach dem Abitur begann Heiner Friedrich in München ein Studium der Philosophie. 1963 lernte er Franz Dahlem kennen, einen mittelosen Außenseiter, der durch seine Bekanntschaft mit Künstlern Interesse an der Kunst gefunden hatte. Beide stimmten überein in der Betrachtung der Kunst als Vehikel zur Transformation der Gesellschaft zu etwas Besserem. Friedrich brach sein Studium ab und eröffnete Ende Juli 1963 gemeinsam mit seiner Frau Six und Dahlem in der Münchener Maximilianstraße 15 die Galerie "Friedrich und Dahlem". Als erstes stellten sie den Künstler Peter Schubert aus, dann Victor Natali-Morosow, die Grieshaber-Schüler Antes, Bogatzki, Reichert, Schanz und Stöhrer, anschließend den koreanischen Maler Ung-No Lee und den deutschen Autodidakten Uwe Lausen. Auch der noch weitgehend unbekannte Cy Twombly wurde gezeigt. Im Juni 1964 eröffneten sie eine Ausstellung mit dem jungen Künstler Gerhard Richter. Im April 1966 schloss Friedrich mit ihm einen Zweijahresvertrag ab. Er übernahm die Alleinvertretung für Richter, sicherte ihm ein festes monatliches Einkommen und einen variierenden prozentualen Anteil an den Verkaufserlösen zu. Im Rahmen dieses Vertrages präsentierte Richter im Oktober 1966 erstmals seine Farbtafeln.
1965 zeigten Friedrich und Dahlem Robert Rauschenberg und Georg Baselitz. Rauschenberg hatten die Friedrichs in New York kennen gelernt, wo sie für ihre Galerie Pop Art Künstler akquirieren wollten. Hier lernten sie auch Walter der Maria kennen, den sie sofort gewinnen konnten. Im selben Jahr wurde Heiner Friedrich auf Blinky Palermo aufmerksam. 1966 erhielt Palermo seine erste Einzelausstellung in der Galerie Friedrich & Dahlem, die ein völliger Fehlschlag wurde – er sollte zu einem der wichtigsten Künstler der Galerie werden.
1966/67 eröffnete Franz Dahlem eine eigene Galerie in Darmstadt, wo der bedeutende Sammler Karl Ströher lebte, für den er nun hauptsächlich als Agent tätig wurde. Dahlem arbeitete aber auch weiterhin mit Friedrich zusammen, der sein Geschäft nun in „Galerie Heiner Friedrich“ umbenannte. Mit Hilfe von Dahlem und Friedrich erwarb Ströher 1967 den Grundstock für den umfangreichen Darmstädter Werkkomplex von Joseph Beuys sowie 1968 die legendäre Pop-Art-Sammlung des New Yorker Versicherungsmaklers Leon Kraushar.
1967 wurde Heiner Friedrich auf dem Kunstmarkt Köln ‚67 von der Teilnahme als zu ‚progressiver’ Galerist ausgeschlossen. Auf der Gegenausstellung Demonstrative ´67 im Kölner Studio DuMont zeigte er Künstler wie Richter, Sigmar Polke, Konrad Lueg, Palermo, Reiner Ruthenbeck, John Hoyland und Twombly.
Weitere bedeutende Ausstellungen zwischen 1966 und 1970 widmete Friedrich Künstlern wie Franz Erhard Walter, Sigmar Polke, John Chamberlain, Robert Ryman, Sol LeWitt, Fred Sandback, Michael Heizer, Hanne Darboven, Rainer Ruthenbeck, Robert Ryman, La Monte Young und Marian Zazeela. Mit Dan Flavin stellte er 1968 einen der bedeutendsten Vertreter der Minimal Art aus.
Im September 1968 konnte Walter der Maria, der führende Vertreter der amerikanischen Land-Art, seinen spektakulären ersten ‚Earth Room’ in der Galerie Heiner Friedrich installieren. Die Galerie wurde dabei zum Bestandteil des Kunstwerks und verlor somit ihre rein ökonomische Funktion als Verkaufsmedium – seinen dritten und letzten Earth Room installierte de Maria 1977 in der New Yorker Galerie Heiner Friedrich.
1968 zeigte Friedrich mit Carl Andres "22 Steel Rows" erstmals einen weiteren amerikanischen Künstlerheroen, 1969 gefolgt von Michael Heizer mit "Munich Depression".
1970 ging Heiner Friedrich mit seiner neuen Lebensgefährtin Thordis Moeller nach Köln, wo sie zuerst im Galerienhaus in der Lindenstraße 20 und dann in der Bismarkstraße 50 eine Galerie in großzügig dimensionierten Räumen (später Paul Maenz) eröffneten. Die Münchener Galerie wurde von Six Friedrich gemeinsam mit Fred Jahn und Sabine Knust in eine GmbH umgewandelt und konzentrierte sich auf den Verlag von Editionen, einem damals boomenden Kunstmarktsegment. Die "Editionen der Galerie Heiner Friedrich" reüssierten vor allem mit den Editionen von Blinky Palermo. Gelegentlich gab es auch gemeinsame Ausstellungen, wie etwa 1970 Gilbert und Georges "The Singing Sculpture" oder 1972 Imi Knoebel.
Zu den Olympischen Spielen im Jahr 1972 plante Friedrich die Realisierung spektakulärer Kunstprojekte wie z. B. eine Farbfeldinstallation von Gerhard Richter und Blinky Palermo sowie den bereits 1970 für die Olympiade konzipierten ‚Vertikalen Erdkilometer’ von Walter de Maria. Da dieses und weitere gigantische Werke, auch von Flavin und Warhol, nicht realisiert werden konnten, ging er 1971 mit Thordis Moeller nach Amerika. Die Kölner Galerie wurde mit einem eingeschränkten Programm weitergeführt. 1974 mit der Gründung der Dia Art Foundation (s. u.) wurde sie als deren deutsche Dependance unter der Leitung von Franz Dahlem in diese eingegliedert, bis zur Schließung 1983.
1973 eröffneten Friedrich und Thordis Möller ihre erste New Yorker Galerie in der Wooster Street 141 in SoHo. Aus Köln folgte Blinky Palermo, der für längere Zeit in New York blieb und in zwei Räumen der Galerie lebte und arbeitete. Zum Programm in der Wooster Street zählten Ausstellungen mit Palermo, Dan Flavin und Walter de Maria. Einige dieser Ausstellungen haben Kunstgeschichte gemacht, wie die nach Palermos unerwartetem Tod auf den Malediven am 17. Februar 1977 organisierte Ausstellung der 1976 vollendeten Gemäldereihe: To the People of New York City, die an die 1974 gegründete Dia Art Foundation verkauft wurde. Die andere war die permanente Installation von Walter de Marias New York Earth Room – seit 1980 unterhalten von der Dia Foundation. Damit schloss Friedrich die Galerie in der Wooster Street und erwarb neue, größere Räume im Haus 393 West Broadway. Im Januar 1979 eröffnete er mit Andy Warhols Zyklus Shadows (1978) eine weitere legendäre Ausstellung, die ebenso an die Dia Art Foundation verkauft wurde. Auch die letzte Ausstellung in dieser Galerie blieb an Ort und Stelle: Walter de Marias „The Broken Kilometer“, eine Installation aus 500 gleich großen massiven Messingstäben mit einem Gesamtgewicht von 18 ¾ Tonnen. Noch 1979 schloss Friedrich diese Galerie wieder, um sich ganz der Dia Art Foundation zu widmen.
De Menil und Dia Art Foundation
Nach ihrer Ankunft in Amerika hatten Heiner Friedrich und Thordis Moeller in einer ersten Orientierungsphase die USA bereist und dabei die berühmte Menil Collection in Houston besucht, die damals noch über einige Gebäude und öffentliche Sammlungen verteilt war. Besonders beeindruckt war Friedrich von der 1971 eingeweihten Rothko Chapel. Auch lernte Heiner Friedrich Phillipa Pellizzi, geb. de Menil und Erbin texanischer Ölmilliardäre kennen, die er 1979 heiratete.
Die Familie de Menil (Jean Menu de Menil und Dominique, geb. Schlumberger) war nach der deutschen Besetzung Frankreichs nach Houston, Texas, ausgewandert, wo 1947 als fünftes Kind, Philippa, die jüngste Tochter geboren wurde. Jean de Menil baute dort eine der bemerkenswertesten Sammlungen zeitgenössischer Kunst auf. Die Menils waren mit vielen Künstlern befreundet, die sie auch finanziell unterstützten, sie stifteten an Museen und Universitäten. Die Familie sitzt noch heute einflussreich in vielen Stiftungsräten. Als John de Menil im Jahr 1973 starb, verfolgte die Witwe Dominique de Menil die gemeinsamen Pläne für einen großen eigenen Sammlungsbau weiter und beauftragte den italienischen Architekten Renzo Piano. Das berühmte, 1987 eröffnete Haus umfasst heute rund 16.000 Gemälde, Skulpturen, Objekte, Drucke, Zeichnungen, Fotos und wertvolle Bücher. Neben antiker, byzantinischer, mittelalterlicher und Stammeskunst dominierten anfangs europäische Künstler die Sammlung: Max Ernst, René Magritte, Man Ray, Giorgio de Chirico, Léger, Matisse, Picasso. In den 1960er Jahren kamen dann die Amerikanische Pop Art, Minimal und Conceptual Art hinzu.
1974 gründete Heiner Friedrich mit Phillipa Pellizzi und der Kunsthistorikerin Helen Winkler in New York die Dia Art Foundation, eine der bedeutendsten mäzenatischen Kunststiftungen mit eigener Sammlung. Das griechische DIA = DURCH sollte auf das Ermöglichen als Sinn und Ziel der Stiftung hinweisen. Der Zweck der Stiftung ist öffentliche Projekte zu planen, zu realisieren oder zu unterhalten, die wegen ihrer hohen Kosten oder wegen ihrer Größe nicht einfach von individuellen Sammlern verwirklicht, finanziert oder unterhalten werden könnten.
Unter den zu Anfang von der Stiftung geförderten Künstlern waren einige, zu denen Heiner Friedrich schon als Galerist eine enge Beziehung hatte. Diese Künstler wurden von der Stiftung mit einem bis dahin kaum gekannten Aufwand unterstützt. So konnten in den 1970er und -80er Jahren große Projekte realisiert werden wie zum Beispiel Walter de Marias Lightning Field in New Mexico, die 7000 Eichen von Joseph Beuys zur dokumenta 7 in Kassel und Arbeiten von Donald Judd in Marfa/Texas. Für de Marias Blitzableiter-Installation "Lightning Field" kaufte die Stiftung 1975 ein 44 Quadratkilometer großes Areal in New Mexico. 1977 zahlte die Stiftung z. B. Walter de Marias vertikalen Erdkilometer für die Kasseler documenta. Weitere Künstler die gefördert wurden waren La Monte Young, der amerikanische Komponist und Musiker, die Lichtkünstlerin Marian Zazeela. Dem Performance- und Medien-Künstler Robert Whitman gab Dia neben einem Haus in Manhattan auch die Mittel für seine Vorführungen, das ehemalige Atelier des Bildhauers John Chamberlain wurde mit 125 seiner Skulturen angekauft und in eine permanente Installation umfunktioniert. Dan Flavin erhielt neben einem Museum in Bridgehampton, Long Island, dem "Dan Flavin Institute" in einem kleinen ehemaligen Kirchenbau, noch ein Schloß am Hudson River, das Flavins eigene Werke nebst seiner exquisiten Sammlung von Zeichnungen aus der historischen "Hudson River School" beherbergen sollte. Die bei weitem üppigste Patronage jedoch widerfuhr Donald Judd, dem Dia ein riesiges Stück Land inklusiver mehreren Gebäuden in Marfa, Texas, spendierte. Außer diesen Unternehmungen betätigte sich die Stiftung auch als Sammlung, die bis 1985 über 800 Werke zeitgenössischer Künstler, darunter Wesentliches von Andy Warhol, Cy Twombly, Joseph Beuys, Blinky Palermo und Imi Knoebel eingekauft hatte, die in leerstehenden Warenhäusern in Manhattan eingelagert und ein eigenes Museum bekommen sollten.
Ein Kursverfall der Schlumberger-Aktien seit 1981, aber auch Zwistigkeiten mit Donald Judd, machten die Situation der Stiftung immer prekärer.1985 wurde es notwendig, das ganze Unternehmen finanziell zu sanieren. Man verkaufte große Teile der Sammlung und des Immobilienbesitzes. Heiner Friedrich und seine Frau wurden finanzpolitisch ihrer Ämter enthoben. Im Jahr 1986 war das Stiftungsunternehmen dann gerettet.
Der neuberufene Direktor Charles Wright stellte fest, dass die Dia Art Foundation während ihrer Sanierung Gesicht und Profil verloren hatte. Dank informeller Gespräche mit Heiner Friedrich über die Zukunft der Stiftung kam es dazu, dass sie wieder im Sinne der Gründer gestaltet wurde. 1994 wurde Michael Govan neuer Direktor, dieser erreichte es, reiche Trustees an Land zu ziehen, so dass das Dia-Kuratorium nun weitestgehend aus Milliardären besteht. Er fand zudem einen Finanzier für ein Museum, in dem die verstreute und wieder gewachsene Sammlung der Dia Art Foundation untergebracht werden konnte. Ihr Sitz in Chelsea, in einer umgebauten Lagerhalle, war zu klein geworden. Eine leerstehende Druckerei mit einer umbauten Fläche von 28.000 Quadratmetern der National Biscuit Company NABISCO in Beacon, am Hudson, etwa eineinhalb Eisenbahnstunden von New York, wurde als Dia: Beacon ausgebaut. (Dia:Beacon, Riggio Galleries).
Heiner Friedrich arbeitet im Hintergrund immer noch in der Dia-Stiftung mit, während seine Frau als Emeritus im Kuratorium verblieb. Friedrich folgt bis heute seiner Mission, permanente Standorte für Kunstwerke zu finden, oft zusammen mit Franz Dahlem.
Zu zitieren als:
Lagerort: ZADIK, Magazin
- Bestandssignatur
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A047
- Umfang
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3 lfm
- Kontext
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Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels e.V. ZADIK (Archivtektonik)
- Verwandte Bestände und Literatur
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Literatur: ohne Auftrag. Zur Geschichte des Kunsthandels. Band 1, München. Hersg. v. Rupert Walser u. Bernhard Wittenbrink, München 1989.
Kunstforum international, Bd. 104, November/Dezember 1989, Galerie Six Friedrich, S. 246-249.
- Vorprovenienz
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Heiner Friedrich, Six Friedrich, Thordis Möller
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- Letzte Aktualisierung
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24.04.2025, 11:09 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Heiner Friedrich, Six Friedrich, Thordis Möller