Text | Theaterzettel

Wanda, Königin der Sarmaten

Wanda, Königin der Sarmaten

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Extent
59
Notes
Burkhardt1891, S. 65.
Literatur zur Aufführung: Beate Agnes Schmidt, Musikalische Experimentier- und Schauspielpraxis auf der Weimarer und der Berliner Bühne, in: Detlef Altenburg und Beate Agnes Schmidt (Hrsg.), Musik und Theater um 1800. Konzeptionen-Aufführungspraxis-Rezeption (= Musik und Theater 1), Sinzig 2012, S. 179–219.
Prometheus 2 (1808), Anzeiger S. 31: „Aus Weimar. Wanda, Königinn der Sarmaten, von Werner füllte bey wiederholten Vorstellungen das Schauspielhaus. Bey dem großen Haufen that das Neue, der Pomp der vielen Veränderungen gute Wirkung, die bessere Gesellschaft erfreute sich, trotz der ganz frem- [32] den, ungewohnten Form, der schönen Stellen und interessanten Situationen, und übersah das weniger Gelungene; einigen strengen Richtern wollte der durchherrschende mystische Ton nicht gefallen; doch hat sich niemand gegen das Ganze erklärt. Die am richtigsten und reinsten empfinden, die Frauen, sind ganz für ihn. Wanda stellt den Tod als Geburt zum Leben dar. Was soll diese nackte Idee in der unreifen Welt? Sie bedarf des Schleyers, und das nennen sie Mystik.“ Johann Daniel Falk, Über Werners Wanda auf dem Weimarischen Hoftheater, in: Prometheus 4 (1808), S. 12-14: „Die Wanda unsers Freundes Werner habe ich nun bereits dreymal auf dem hiesigen Hoftheater aufführen sehen. Der opernartige Glanz dieses Stücks besticht, ja berauscht zugleich jedes Auge und jedes Ohr. Die Technik, wie die Zierlichkeit in der Anordnung, verdienen das größte Lob. Wird es zum vierten Mal aufgeführt: so werde ich auch da nicht ermangeln, mich wieder auf meinem alten Platz einzufinden. Wir wissen übrigens recht gut, was wir mit diesem Stück wollen. So wie die Glocke sechs schlägt, geht bey uns Jeder seinem Vergnügen nach, und ich bitte Sie, wie kann man seinen Abend vergnügter zubringen, als indem man eine Menge höchst pittoresker und so manche schöne schlafende Erinnerung der Vorzeit weckender Aufzüge, sarmatischer Opfer, Feste, Landungen, Schiffe, Geistererscheinungen, alles in der geschmackvollsten Anordnung und in dem zierlich beschränkten Zeitmaß von zwey bis drittehalb Stunden, mit sehr gut, ja vortrefflich rezitirten Versen, und einer wenigstens leidlichen Musikbegleitung untermischt, an seinen Augen und Ohren, wie eine Welt von Schatten, vorüber ziehen läßt. - […] So wie denn überhaupt diese ganze Vorstellung, von Seiten des Ensembles zu den gelun- [13] gensten des hiesigen Hoftheaters gehört, und die Direktion verdient, dass man ihr deßhalb den ausgezeichnetsten Dank erweist. Dieß ist, aufrichtig gestanden, der theatralische Effekt, den das Stück hervorbringt, und aus leicht begreiflichen Ursachen hervorbringen muß. Wollen sie schlechterdings wissen: ob die Motive in der Handlung echt dramatisch, d.h. naiv und fortschreitend von dem Verfasser verknüpft: oder lyrisch, d.h. durch traumartige Verbindungen und Übergänge bruskiert worden sind? interessiert es Sie, besonders im Punkt der Charakterzeichnung, zu erfahren: ober Werner Kolossen aus Erz, im Geiste Göthes und Shakespears […] aus dem Mittelpunkte der Erde hervorzaubert? oder ob er vielmehr, wie jetzt so viele, den idealen und mit einem transzendentalen Aufflug verwechselnd, im Bunde mit Ossians Luftgeistern und den Nebeln von Loda, seine Schöpfungen von Rittern und Frauen, unter einer trunknen Fülle von Blumen, Sternen und Mystik, wie sie das Zeitalter wünscht und gern hat, unter stetigem Einfluß des genialischen Novalis, in der Luft werden läßt? so kann ich ihnen auf alle diese Fragen, die Erörterung verdienen, nur eine ehrliche und gewissenhafte Antwort geben, und das ist diese: Sie thun Wernern Unrecht, [14] mein Freund, indem Sie ihn in eine Schule unterzubringen suchen, zu der er nun einmal nicht gehört; und seiner ganzen innern Anlage nach nie gehören kann. Werner ist ein recht angenehmer Kolorist, und Sie wollen ihn mit aller Gewalt zu einem Zeichner machen. Warum? Ich denke von der Sache so. Wer in seinem Bestreben wahrhaft offen zu Werke geht – und das thut Werner gewiß - verdient auch wohl, dass man das, was er in der Kunst irgend wo leistet, sey es auch, auf welchem Wege es wolle, ohne Neid und kleinliche Scheelsucht anerkenne. Werner beträgt sich ohne Anmaßung. Manier sollte freylich in der Kunst nie für Styl gelten; doch gilt dieß nur da, wo sie sich eine ausschließliche Herrschaft anmaßt: und noch sehe in der That nicht, daß dies mit Werner jetzt auf unserm Theater der Fall ist. Überdem hat Werner, als Mensch, so viel Festes, Gutes und Getreues, dass ich ihn recht von Herzen lieb gewonnen, und daß Sie mir auch schon deßhalb keine kalt zergliedernde Verstands-Kritik über eines von seinen Werken zumuthen müssen.“ Zeitung für die elegante Welt 8 (1808), 54, Sp. 431f.: „Das bei uns zum ersten Mal aufgeführte Schauspiel Wanda von Werner ist ein neuer Beweis von des Verfassers untergeordneter produktiver Kraft. Es strotzt zwar nicht (wie seine anderen Arbeiten) geradezu von Mystik, aber Erscheinungen gibt’s drinne genug, und Rosen, Narcissen, Tulpen und Hyacinthen (wie gewöhnlich) auf allen Ecken, mitunter auch gereimten Nonesens, z. B. In Sternthalen reinigt ein Strahl, Blüthen und Qualen! Preiset die Qual! Es wird in dieser romantischen Tragödie überhaupt viel gesungen, an Aufzügen fehlt es nicht, und viel Lärm wird gemacht. Die Böhmen Königin Libussa kommt als Geist nach Krakau, erscheint oft Solo und in Begleitung ihrer Jungfrauen. Sie singen: Uns Jungfrau’n nebelgrau Uns netzt kein Regen nicht, Uns wärmt kein Sonnenlicht, Uns kühlt kein Thau; Uns schmerzet keine Qual Uns labt kein Freudenmahl, Noch bunter Farben Pracht: Wir ruhn in Nacht! – [432] sie sitzen aber ganz hell. Man weiß eigentlich nicht recht wohl (vielleicht wissen sie es selbst nicht) was sie wollen. Ob wir’s erhaschten auch, Zerrinnt’s wie Morgenhauch. Wer mag auch dergleichen Luftfantome halten? Einer Iphigenie, einem Tasso, einer Stella, einem Ion u.s.w. gegenüber bleiben es Schatten, bis auf Libussens goldenen Löwen. Uebrigens triumphirt auch nicht der Löwe vom Stamme der Rügen, er muß vielmehr fallen, von Wanda’s liebender Hand (welche Schreckensscene aber Libussa mit dem Mantel der Liebe bedeckt) und die Mörderin springt in’s Wasser zu allgemeiner Satisfakzion. Mad. Wolf als Wanda und Hr. Wolf als Rüdiger erhielten verdienten Beifall.“
Location
Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar#Kunst und Wissenschaft - Hofwesen

Creator
Contributor
Destouches, Franz Seraph von
Published
1808-01-30

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