Bestand
210,1/Anker-Werke AG (Bestand)
Verwaltungsgeschichte/biografische Angaben:
Form und Inhalt: Vorwort zum Bestand 210,1/Anker-Werke AG
Unternehmensgeschichte
Die Firma Anker-Werke A.-G. wurde 1876 von Carl Wilhelm Bernhard Schmidt (1844-1910) gegründet und änderte 1878 ihren Namen in Carl Schmidt & Hengstenberg, nachdem Hugo Hengstenberg als neuer Teilhaber in das Unternehmen eingetreten war. Schmidt schied im Unfrieden mit Hengstenberg bereits 1883 wieder aus.
Das auf die Produktion von Elastikmaschinen und Nähmaschinen ausgerichtete Unternehmen änderte nach dem Ausscheiden Schmidts und Eintreten Robert Wittensteins 1884 seinen Namen in Hengstenberg & Co. Ab 1894 wurden Fahrräder hergestellt, so dass die Firma ab 1895 Bielefelder Nähmaschinenfabrik und Fahrradfabrik A.-G., vorm. Hengstenberg & Co hieß, ehe 1901 "Anker" als Markenname für alle Erzeugnisse, seit 1900 auch Registrierkassen, eingeführt wurde. 1906 lautete der Firmenname "Anker-Werke A.-G., vormals Hengstenberg & Co", 1915 dann "Anker-Werke".
Im Ersten Weltkrieg wurden auch Rüstungsgüter hergestellt, ab etwa 1925 Kassen für alle Gebrauchsarten. Im Zweiten Weltkrieg waren bei Anker mehr als 600 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt worden. Die beiden bei Luftangriffen zerstörten Werke wurden nach 1945 wieder aufgebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte Anker etwa 2.000 Mitarbeiter, danach in Spitzenzeiten etwa 10.000.
Am 24. April 1976 wurde Konkursantrag gestellt. Das Scheitern des Unternehmens kann u. a. auf die verspätete Umstellung von der Mechanik auf die Elektronik sowie die fehlende Bereitschaft, von der Eigenproduktion auf den Zukauf von Produktionsteilen umzusteigen, zurückgeführt werden.
Zeittafel
- 1876: Der Mechaniker Carl Schmidt gründet die "Bielefelder Nähmaschinen Fabrik Carl Schmidt" in der Rohrteichstraße, Vorläufer der späteren Anker-Werke; ca. 70 Beschäftigte
- 1894: Beginn der Fahrradproduktion (bis 1952); ca. 500 Beschäftigte
- 1895: Das Unternehmen wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und erhält den Namen "Bielefelder Nähmaschinen- und Fahrradfabrik AG vormals Hengstenberg & Co".
- 1900: Beginn der Registrierkassenproduktion, Gründung der Fabrikfeuerwehr. Beschäftigte ca. 600.
- 1901: Otto Kramer übernimmt die Gesamtleitung des Unternehmens.
- 1912: Eine der ersten Anker-Buchungsmaschinen wird bei der Stadtsparkasse Bielefeld eingesetzt; ca. 1.000 Beschäftigte
- 1915: Festlegung des Firmennamens auf "Anker-Werke AG".
- 1924: Die ersten Frankiermaschinen, Vorläufer der bekannten Francotyp" erhalten die Postzulassung; ca. 1.500 Beschäftigte
- 1928: Der Bau von Werk II, Am Stadtholz, wird vollendet (Baubeginn 1924); ca. 1.600 Beschäftigte
- 1934: Tod von Generaldirektor Otto Kramer. Dessen Sohn Dr. Otto Kramer übernimmt die kaufmännische Leitung des Fahrrad- und Nähmaschinengeschäfts, Dipl.-Ing. Kurt Kramer die gesamte technische Leitung und sein Schwiegersohn Dr. Heinz zur Nieden die kaufmännische Leitung des Büromaschinengeschäfts; ca. 1.200 Beschäftigte
- 1936: Der erste Anker-Warenauszeichner wird an das Kaufhaus C & A Brenninkmeier geliefert; ca. 2.000 Beschäftigte
- 1939-1945: Die zivile Produktion wird immer weiter eingeschränkt. Am 1. April 1940 wird die Fahrradproduktion verboten. Im Juni 1941 kommt es zur Einstellung der Produktion von Registrierkassen und Francotypen; ab Herbst 1941 ruht die Nähmaschinenproduktion. Stattdessen wird auf die Fertigung von Rüstungsmaterial umgestellt, wpofür auch mehr als 600 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt werden.
- 1942: Dipl.-Ing. Kurt Kramer wird Wehrwirtschaftsführer
- 1944: Zerstörung beider Werke durch Luftangriffe; ca. 2.000 Beschäftigte
- 1945: Wiederaufbau in beiden Werken. Die Entwicklung eines neuen Büromaschinenprogramms beginnt; ca. 300 bis 1.000 Beschäftigte
- 1948: Nach der Währungsreform beginnt der Wiederaufbau der Verkaufsorganisation; ca. 1.800 Beschäftigte
- 1949: Die Fahrradproduktion wird einer Tochtergesellschaft übertragen und später in Lizenz vergeben.
- 1953: Die ersten Verkaufsgesellschaften im europäischen Ausland werden gegründet; ca. 3.800 Beschäftigte
- 1956: Einführung der Elektromechanischen Lochkontokartenmaschine (LKM). Beschäftigte ca. 4500.
- 1957-1959: Ausgliederung der Anker-Nähmaschinenfertigung als Anker-Nähmaschinen AG. Die Phoenix Nähmaschinen AG Baer & Rempel wird Anker-Tochtergesellschaft, die 1959 mit der Anker-Nähmaschinen AG zu einer Firma mit dem Namen "Anker-Phoenix Nähmaschinen AG" zusammengeführt wird.
- 1958: Beginn der Entwicklung von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen; ca. 5.000 Beschäftigte
- 1965-1974: Weiterentwicklung im Bereich der elektronischen Registrierkassen und der elektronischen Datenverarbeitung. Erweiterung im Frankiermaschinenprogramm. Ausbau der In- und Ausländischen Verkaufsgesellschaften. Ca. 8.000 bis 9.600 Beschäftigte
- 1969: Einstellung des Nähmaschinenvertriebs (ab 1954 Verluste im Nähmaschinengeschäft).
- 1974: Räumung von Werk I. Die Bielefelder Fertigung wird ins Hauptwerk Am Stadtholz verlegt. Ca. 8.000 Beschäftigte
- 1976: Konkurs
Bestandsgeschichte
Bei dem im Stadtarchiv Bielefeld vorliegenden Bestand 200,1/Anker-Werke AG handelt es sich nur um einen Teil des ehemaligen Unternehmensarchivs. Der größte Teil der Akten wurde nach dem Konkurs dem Westfälischen Wirtschaftsarchiv Dortmund (Bestand F 42/Anker Werke AG) übergeben.
Der Bestand im Stadtarchiv Bielefeld umfasst in den
- Klassifikationsgruppen 1 bis 8 Unterlagen aus dem ehem. Anker-Werke AG-Archiv,
- die Gruppe 9 zwei erst 2019 übernommene Protokollbücher des Betriebesrats,
- Gruppe 10 Akten des bis 1974 amtierenden Vorstandsvorsitzenden Dr. Heinz zur Nieden und
- Gruppe 11 Unterlagen des Betriebsratsvorsitzenden Reinhold Ober in seiner Funktion als Mitglied des Aufsichtsrates.
Die Handakten von Dr. Heinz zur Nieden wurden 1992 von seinem Sohn Dr. Manfred zur Nieden dem Stadtarchiv Bielefeld übergeben und im März 1993 verzeichnet und geordnet. In diesem Zusammenhang wurde auch der bisherige Aktenbestand, der bereits im September 1983 verzeichnet worden ist, noch einmal überarbeitet. 2021 wurde die Systematik und Aktentitel vereinheitlicht.
Zusammen mit den Fotos, Handakten und Nachträgen umfasst der Bestand im März 2021 insgesamt 620 Verzeichnungseinheiten aus dem Zeitraum 1876 bis 1993.
In den Handakten Dr. zur Niedens finden sich vor allem Unterlagen zur Entwicklung des Unternehmens in den 1950er bis 1970er-Jahren. Ferner befinden sich im Bestand verschiedene Darstellungen zur Anker-Geschichte u. a. Festschriften und Aufsätze in den Hauszeitschriften. Der Nachtrag Otto Wank enthält vor allem Produktprospekte, -anleitungen etc.
Der erste Teilbestand wurde 1993 durch Silke Busch und Kerstin Stockhecke verzeichnet, die in der Klassifikationsgruppe 16.4 zusammengefassten Archivalien, die am 4. April 2001 und 21. April 2008 von Otto Wank dem Stadtarchiv Bielefeld übergeben worden waren, durch das Stadtarchiv.
Hinweise zur Benutzung
Große Teile (243 Kartons) mit Fotos, Glasplatten etc. sind noch unverzeichnet.
- Archivalienbestellungen: Bestand 210,1/Anker-Werke AG, Nr. #
- Zitation: Stadtarchiv Bielefeld (StArchBI), Bestand 210,1/Anker-Werke AG, Nr. #
Literatur
- Anker-Werke AG, Bielefeld. Unseren verehrten Kunden zum 50jährigen Bestehen, Bielefeld (ca. 1926)
- Anker-Werke. Ein Bericht für die Belegschaft der Anker-Werke AG Bielefeld - 1876 bis 1951, Bielefeld 1951
- Cohnen, Robert (Konz.), Aus Bielefeld in die Welt - 125 Jahre Anker-Werke. Ausstellungskatalog, hg. v. Historischen Museum der Stadt Bielefeld (Schriftenreihe der Historischen Museen der Stadt Bielefeld, Bd. 18), Bielefeld 2001
- Delkeskamp, Otto, Geschichte der Anker-Werke, in: Magistrat der Stadt Bielefeld (Hg.), Das Buch der Stadt, Bielefeld 1926, S. 305-309
- Die Ankerkette. Eine Zeitschrift für die Mitarbeiter und Freunde der Anker-Werke AG und der
Anker-Nähmaschinen AG, Bielefeld Heft 1 (1953) - Heft 65 (1974)
- Doblies, Regina, Bielefelder Kassen klingeln. Blüte und Niedergang der weltberühmten Anker-Werke, in: Westfalenspiegel Jg. 2001, Nr. 3, S. 42
- Mertins, Michael, Die Geschichte der Anker-Fahrräder. Ihre Entwicklung von 1893 (Schriftenreihe zur Fahrradgeschichte, Bd. 3), Langenhagen 2001
- Pradler, Klaus, Kampf der Giganten. Die Anker-Werke und die amerikanische Konkurrenz, in: Karl-Peter Ellerbrock (Hg.), Westfalen und die Welt, Münster 2001, S. 175-177
- Roeckner, Katja, Anker-Werke AG, in: dies., "Goldene Jahre" oder "Krise vor der Krise"? Bielefeld 2000, S. 43-63
- Zur Nieden, Heinrich, 100 Jahre Anker. Geschichte der Anker-Werke AG Bielefeld, Bielefeld 1989
Dr. Jochen Rath
Archivdirektor
Bielefeld, März 2021
- Reference number of holding
-
210,001/Anker-Werke AG
- Context
-
Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld (Archivtektonik) >> Nichtamtliches Schriftgut >> Firmenarchive
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06.03.2025, 6:28 PM CET
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Object type
- Bestand