Bestand
Nachlass Seiterich, Ludwig (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Geb. 5. Juli 1904 in Karlsruhe, gest. 29. Juli 1979 in Freiburg. 1923-1927 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg und Heidelberg (1929 Promotion in Heidelberg), danach auf verschiedenen Positionen in der Kommunalverwaltung und in der inneren Landesverwaltung Badens tätig, während des Zweiten Weltkriegs Kriegsverwaltungsrat in Belgien und Italien (1940-1945), 1946 kurzzeitig kommissarischer Leiter des Landratsamts Emmendingen, nach Suspendierung durch die Militärregierung 1946-1949 beim Landesamt für Umsiedlung und beim Badischen Innenministerium in Freiburg tätig (unterbrochen 1947/48 durch Haft in Belgien), 1949-1954 Landrat in Waldshut (zugleich Mitglied des Vorläufigen Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg), 1954-1968 Landrat in Konstanz. Gründungsmitglied der BCSV/CDU in Südbaden, 1956-1966 Vizepräsident und 1966-1968 Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, 1956 Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistags, 1962-1970 Mitglied im Fernsehrat des ZDF.
Inhalt und Bewertung
Dienstchroniken des Landkreises Konstanz; autobiografische Aufzeichnungen und Erinnerungen; Korrespondenz; persönliche Unterlagen
Biographie: Ludwig Seiterich wurde am 5. Juli 1904 in Karlsruhe als Sohn des großherzoglichen Hofkutschers Franz Seiterich und seiner Ehefrau Adelheid, geb. Müller, geboren. Sein älterer Bruder war der spätere Freiburger Erzbischof Eugen Seiterich. Nach dem Abitur in Karlsruhe studierte Ludwig Seiterich von 1923 bis 1927 in Heidelberg und Freiburg im Breisgau Rechts- und Staatswissenschaften und legte sein erstes Staatsexamen im Frühjahr 1927 ab. Die Promotion folgte Ende 1927 mit der Arbeit "Kreisdirektorium und Kreisregierung im ehemaligen Großherzogtum Baden und die Entwicklung ihrer Zuständigkeiten". Ehe er die zweite juristische Staatsprüfung im Herbst 1930 ablegte, war Ludwig Seiterich als Rechtsreferendar in verschiedenen Behörden u.a. in Schopfheim, Bühl, Waldkirch und Neckarbischofsheim tätig. Danach arbeitete er von 1931 bis 1932 als Regierungsassessor am Bezirksamt Karlsruhe, am Oberversicherungsamt Freiburg und am Bezirksamt Neustadt, bevor er vom 1. April 1932 bis Ende 1933 als Stadtrechtsrat in Karlsruhe tätig war. Es folgten 1934-1938 Anstellungen als Regierungsassessor und Regierungsrat beim Landratsamt Lörrach und vom 1. April 1938 bis 25. August 1939 als Regierungsrat beim Landratsamt Emmendingen, da er "weil er seiner unsicheren politischen und weltanschaulichen Haltung wegen untragbar war" dorthin versetzt wurde. Am 26. August 1939 wurde Ludwig Seiterich zur Wehrmacht einberufen. Während des 2. Weltkriegs fungierte er als Kriegsverwaltungsrat in Italien und Belgien. Im September 1945 kehrte er zunächst aus der Kriegsgefangenschaft zurück und war vom 5. September 1945 bis 26. Juli 1946 Regierungsrat, ab 1. Januar 1946 kommissarischer Landrat in Emmendingen, bevor er von der amerikanischen Militärregierung suspendiert wurde. Von 1946 bis 1948 arbeitete er beim Landesamt für Umsiedlung in Freiburg, bevor er von 1948 bis 1949 als Kommunalreferent beim Innenministerium des Landes Südbaden fungierte. 1947/48 musste Ludwig Seiterich nochmals nach Belgien in Haft. Vor 1933 war er Mitglied des Zentrums gewesen, zwischen 1934 und 1938 war er Mitglied der SA, zudem im NSV, RDB und im NS-Rechtswahrerbund. Nach dem Krieg hatte er vom 1. Juli 1949 bis zum Mai 1954 das Amt des Landrats in Waldshut inne, daneben bekleidete er zahlreiche weitere Posten wie den als Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der badischen Landkreise, als Vertreter der badischen Landkreise bei der Badischen Landeskreditanstalt, beim Verteilerausschuss beim Innenministerium und beim Regierungspräsidium für die Förderungsmittel des sozialen Wohnungsbaus etc. inne. 1953 hatte Ludwig Seiterich offenbar gute Aussichten auf eine Berufung als Minister für Bundesratsangelegenheiten im Kabinett Gebhard Müller, was er jedoch ebenso ablehnte wie eine mögliche Landtagskandidatur. Vom 18. Januar 1954 bis zum 17. Mai 1968 war Ludwig Seiterich schließlich Landrat in Konstanz, von Januar bis Mai 1954 sogar Doppellandrat für Konstanz und Waldshut; am 18. Mai 1956 wurde er gemäß der Landkreisordnung für Baden-Württemberg vom 10. Oktober 1955 zum Landrat von Konstanz gewählt und damit Vorsteher einer kommunalen sowie einer Landesbehörde. Während seiner Tätigkeit als Landrat von Konstanz engagierte sich Ludwig Seiterich besonders für den Naturschutz, so war er an der Ausweisung des Naturschutzgebietes Bodenseeufer maßgeblich beteiligt ebenso wie an der Erklärung von Bodanrücken und Höri zu Landschaftsschutzgebieten. Daneben war Ludwig Seiterich seit 1962 u.a. Mitglied des Fernsehrates des ZDF und 2. Vorsitzender des Landkreistages Baden-Württemberg, dessen Präsident er 1966 wurde, zudem Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistages und Kreisvorsitzender des Deutschen Roten Kreuzes. Im Mai 1968 schied er aus dem Amt, das ihm äußerst wichtiger Lebensinhalt war. Diese enge Verbindung von dienstlichem und privatem Leben Ludwig Seiterichs zeigt sich augenfällig in den Dienstchroniken der Landkreise Waldshut und Konstanz in denen er neben dienstlichen Ereignissen der betreffenden Jahre auch ganz persönliche Empfindungen, Ereignisse und Erlebnisse niederlegte. Für seine Arbeit erhielt er verschiedene Ehrungen, so z.B. die Felix-von-Hornstein-Medaille des Bundes für Naturschutz in Oberschwaben im Oktober 1966 oder am 9. Juni 1967 die Alexander-von-Humboldt-Medaille der Universität Bonn, schließlich im Jahr 1975 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand arbeitete Ludwig Seiterich an der sogenannten Reschke-Kommission, der von dem Mannheimer Oberbürgermeister Hans Reschke geleiteten Kommission zur Reform der staatlichen Verwaltung in Baden-Württemberg mit, wobei er sich gegen eine grundsätzliche Vergrößerung der Einwohnerzahl und des Gebiets der Landkreise aussprach, sich aber dennoch z.B. für eine Anpassung der Kreisgrenzen zwischen den ehemaligen Landesteilen an die topographischen Gegebenheiten und die sozio-ökonomischen Verflechtungen und gegen eine bürgerferne Großverwaltung einsetzte. In diesem Sinne arbeitete Ludwig Seiterich eine eigene Stellungnahme der Landräte aus, die allerdings von dem Alternativmodell der CDU-Kommission "Verwaltungsreform" und einer Erklärung der Landesregierung zur Verwaltungs- und Gebietsreform überholt wurde und nicht mehr zum Tragen kam. Nach seiner Pensionierung übersiedelte Ludwig Seiterich, der seit dem 2. Oktober 1934 mit Hedwig Metz verheiratet war, nach Freiburg im Breisgau, wo er am 29. Juli 1979 kurz nach seinem 75. Geburtstag nach schwerer Krankheit verstarb, und auf dem Friedhof in Denzlingen beigesetzt wurde.
Überlieferungsgeschichte und Erschließung: Der vorliegende Bestand gelangte im Juni 1988 als Schenkung ins Staatsarchiv Freiburg und wurde damals bereits vorläufig erschlossen. Im August 2011 besorgte Stefanie Albus-Kötz im Rahmen eines Projekts der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg die endgültige konservatorische Bearbeitung, Verpackung, Ordnung und Erschließung des Bestandes. Bei den im Staatsarchiv Freiburg verwahrten Unterlagen Ludwig Seiterichs handelt es sich jedoch lediglich um einen Restnachlass. Den Hauptnachlass in einem Umfang von ca. 4 lfd. m gab Ludwig Seiterich noch zu Lebzeiten an das Stadtarchiv Singen ab. Die ins Staatsarchiv Freiburg gelangten Unterlagen stammen dagegen aus der Hand eines Freundes und Weggefährten Ludwig Seiterichs, des Hauptgeschäftsführers des Landkreistags, Eugen Frick, der die so genannten Dienstchroniken der Kreisverwaltung Konstanz, sonstige autobiographische Aufzeichnungen und Kopien, die er von Seiterich teils mit Widmung erhalten hatte, zudem zwei Weihnachtskarten Ludwig Seiterichs und einen Nachruf in der Presse gesammelt hatte, und an das Staatsarchiv Freiburg abgab. Da die Dienstchroniken der von Seiterich als Landrat betreuten Kreise Konstanz und Waldshut, die der Landrat selbst jährlich verfasste, und zudem ein Bericht über die Sprengelversammlung Südbaden des Landkreistages von 1956 bis 1968 bereits fast vollzählig als Teil des Bestandes der Sprengelversammlung Südbaden im Staatsarchiv Freiburg vorhanden waren und dort unter den Signaturen S 60/1 Nr. 97-109 und Nr. 666, 667 bereits erschlossen und signiert sind, wurden die im Nachlass Ludwig Seiterich befindlichen Exemplare bis auf die Jahrgänge 1959/60, 1960/61 und die Chronik des Landkreises Waldshut von 1953 (1.1.1953-30.10.1953), die nicht im Bestand Sprengelversammlung überliefert sind, kassiert. Daneben sei auf die Entnazifizierungsakte Ludwig Seiterichs verwiesen, die unter der Signatur D 180/2 Nr. 069179 ebenfalls im Staatsarchiv Freiburg verwahrt wird. Der hier erschlossene Bestand umfasst nun 20 Archivalieneinheiten und 0,2 lfd. m und ist unter der Signatur T 1 (Zugang 1988/0061) nach Maßgabe des Archivgesetzes des Landes Baden-Württemberg und der Archivbenutzungsordnung einsehbar. Freiburg im August 2011 Dr. des. Stefanie Albus-Kötz Nachtrag: Im August 2014 wurde von der Nichte Ludwig Seiterichs sein Wehpass von der Luftwaffe dem Staatsarchiv übergeben. Dieser wurde dem Bestand unter der Nummer 1 zugeordnet (Anja Steeger, 05.08.2014).
Literatur und Sachverwandtes: 50 Jahre Landkreistag Baden-Württemberg, hrsg. vom Landkreistag Baden-Württemberg (Schriftenreihe des Landkreistages, Bd. 28), Stuttgart 2006. Ludwig Seiterich, Verglüht sind die Sterne, verklungen die Lieder. Erinnerungen, Dörzbach 1968. Franz Götz, Dr. Ludwig Seiterich (1904-1979), in: Hegau 24/25 (1979/1980), S. 172-177. Franz Götz, Dr. Ludwig Seiterich (1904-1979), in: Hegau 56 (1999), S. 289-296. Bruno Helmle, Laudatio anlässlich der Verabschiedung des Landrats Dr. Ludwig Seiterich am 2. Mai 1968, in: Hegau 25 (1968), S. 245-246. Herbert Berner, Landrat Dr. Ludwig Seiterich im Ruhestand, in: Hegau 25 (1968), S. 241-242. Alfred Diesbach, Ansprache zum 60. Geburtstag von Landrat Dr. Ludwig Seiterich, in: Hegau 25 (1968), S. 242-245. Werner Dierks, Weihe und Übergabe des Hegaukreuzes an Landrat Dr. Ludwig Seiterich am 7. Mai 1968 auf dem Sickerberg bei Weiterdingen, in: Hegau 25 (1968), S. 247-249.
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg, T 1 (Zugang 1988/0061)
- Umfang
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1-20
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg (Archivtektonik) >> Nachlässe und Familienarchive >> Nachlässe und Vorlässe
- Verwandte Bestände und Literatur
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Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg 1810 bis 1972. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft der Kreisarchive beim Landkreistag Baden-Württemberg. Stuttgart 1996. S. 526-527 (Michael Ruck).
- Indexbegriff Sache
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BCSV; Seiterich, Ludwig
CDU; Seiterich, Ludwig
Landkreis Konstanz; Chroniken
Landkreistag Baden-Württemberg; Seiterich, Ludwig
- Indexbegriff Person
- Indexbegriff Ort
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Konstanz KN; Landkreis, Chroniken
- Bestandslaufzeit
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(1897) 1928-1979
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
24.04.2024, 14:36 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (1897) 1928-1979