Akten | Bestand

Bayernpartei (Bestand)

Vorwort: I. Zur Geschichte der Bayernpartei

Direkter Vorläufer der Bayernpartei war die am 30.11.1945 auf lokaler Ebene lizenzierte "Demokratische Union". Um die Zulassung der Partei auf Landesebene zu erreichen, wurde der Parteiname ohne formalen Akt zu "Bayerischer Demokratischer Union" erweitert, seit dem 23.4.1946 mit dem offiziellen Untertitel "Bayerische Landespartei".
Am 28.10.1946 wurde die "Bayerische Demokratische Union" in Bayernpartei umbenannt. Dieser Tag galt seitdem als "Gründungstag". Der Polizeikommissar Ludwig Max Lallinger, der zur persönlichen Bewachung von Ministerpräsident Wilhelm Hoegner abkommandiert war, wurde in der Folgezeit - nach Ilse Unger (Ilse Unger, Die Bayernpartei. Geschichte und Struktur 1945 - 1957 (Studien zur Zeitgeschichte, hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte, Band 16), Stuttgart 1979.) - zum Parteigründer stilisiert, um die von Streitereien und Erfolglosigkeit geprägte Frühphase vergessen zu machen. Die Lizenzierung auf Landesebene durch die amerikanische Militärregierung gelang der Partei aber erst am 29.3.1948.

Die Bayernpartei trat erstmals bei den Kommunalwahlen vom 25.4.1948 mit nennenswerten Erfolgen in Stadt- und Landkreisen (v.a. in Ober- und Niederbayern) politisch in Erscheinung. In großer Konkurrenz zur CSU (Konstanze Wolf, CSU und Bayernpartei. Ein besonderes Konkurrenzverhältnis. 1948-1960, Köln 1982.) war die Bayernpartei als maßgebliche politische Kraft an der Aufbauarbeit in der Nachkriegszeit in Bayern beteiligt. Ein erster Höhepunkt war die Wahl zum ersten Deutschen Bundestag am 14.8.1949, bei der die Bayernpartei 20,9% der in Bayern abgegebenen Stimmen und 17 Bundestagsmandate erhielt (11 davon in direkter Wahl), während die CSU nur das für sie relativ schlechte Ergebnis von 29,2% und 24 Mandate erreichte.
Im zweiten Bayerischen Landtag (1950-1954) war die Bayernpartei mit 39 Abgeordneten, im dritten (1954-1958) mit 28 vertreten. Zusammen mit der SPD unter Ministerpräsident Hoegner, dem GB/BHE und der FDP bildete die Bayernpartei die sogenannte "Viererkoalition" der Jahre 1954 bis 1957. Sie stellte mit Joseph Baumgartner den Landwirtschaftsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten, mit August Geislhöringer den Innenminister; Staatssekretäre waren Kurt Eilles (im Justizministerium) und Joseph Panholzer (im Finanzministerium).
In die Zeit der Viererkoalition fällt auch der Beginn der Spielbankenaffäre, die 1959 zur Verurteilung von Baumgartner und Geislhöringer führte wegen angeblicher Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags. Das Urteil wurde zwar 1960 vom Bundesgerichtshof aufgehoben, die politischen Folgen für die Bayernpartei aber blieben (Heinrich Senfft, Glück ist machbar - Der bayerische Spielbankenprozess, die CSU und der unaufhaltsame Aufstieg des Doktor Friedrich Zimmermann, Köln 1988.). In der Folgezeit verlor die Partei immer mehr an Bedeutung. Ausschlaggebend dafür war aber nicht nur der von der CSU angestrebte Spielbankenprozess, sondern auch der Strukturwandel der CSU in den fünfziger Jahren unter dem damaligen Hauptgeschäftsführer Friedrich Zimmermann, was eine zunehmende Anziehungskraft auf Funktionäre und auf einen Großteil der Wählerschaft bewirkte. Bei der Landtagswahl von 1962 errang die Bayernpartei nur noch 4,8% der Stimmen und, weil sie in Niederbayern die Zehn-Prozent-Grenze überrwand, acht Mandate. Die CSU dagegen erreichte erstmals wieder seit 1946 und dem darauf folgenden Einbruch der Bayernpartei in ihre Wählerschaft die absolute Mehrheit der Landtagsmandate in Bayern. Eine Koalition, die CSU und Bayernpartei 1962 eingingen, endete im Juli 1966 vorzeitig damit, dass Robert Wehgartner, als Staatssekretär das einzige Kabinettsmitglied der Bayernpartei, zur CSU übertrat. Seit der Landtagswahl von 1966 war auch die Bayernpartei nicht mehr im Landtag vertreten.
Nach großen parteiinternen Kämpfen (1967 Abspaltung der Bayerischen Staatspartei unter Helmut Kalkbrenner und 1976 der Christlich-Bayerischen Volkspartei unter Ludwig Volkholz) führt die Bayernpartei heute nur noch die Existenz einer regionalen Splitterpartei.


II. Überlieferung, Bewertung und Bestandsbildung

Während der Amtszeit von Rudolf J. Drasch als Parteivorsitzender (1976 - 1979) war infolge der schweren parteiinternen Kämpfe die Altaktenregistratur verteilt worden. Den größten Teil konnte das Bayerische Hauptstaatsarchiv mit Vertrag vom 27.12.1979 von Draschs Nachfolger Max Zierl für die neugebildete Abt. V (Nachlässe und Sammlungen) erwerben.

Es handelt sich vor allem um Akten der Landesgeschäftsstelle und auch der Kreisgeschäftsstelle München, die sich gegenseitig ergänzen. Teilweise lassen sich diese Provenienzen nicht mehr klar unterscheiden, v.a. wenn Parteifunktionäre in beiden Parteiebenen vertreten sind, und Ämter in Personalunion führen (so war z.B. Ludwig Max Lallinger Kreisvorsitzender und stellvertretender Landesvorsitzender bzw. 1967-1974 Generalsekretär).
Für die Vorgeschichte der Bayernpartei und ihre Frühzeit ist das Material nur sehr lückenhaft überliefert. Die Arbeit der einzelnen Parteigremien ist unterschiedlich nachzuvollziehen:
Protokollserien von Sitzungen der Landesleitung (später Parteivorsitz) reichen mit Lücken von 1948 bis 1977, die des Landesausschusses (bzw. Parteiausschusses) setzen aber erst 1953 ein; die erste Landesversammlung, die dokumentiert ist, ist der Parteitag von 1950. Entsprechend fehlen auch die Akten über die Wahl zum ersten Deutschen Bundestag 1949 und über die erste Landtagswahl 1950, bei der die Bayernpartei erstmals kandidierte. Von späteren Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen bis 1978 enthalten die Akten reichhaltiges Material über die Kandidatenaufstellung, Einreichung der Wahlvorschläge, Finanzierung des Wahlkampfs sowie zahlreiche Flugblätter, Wahlzeitungen und 140 Plakate, die aus lagerungstechnischen und konservatorischen Gründen in die Plakatsammlung der Abt. V eingereiht wurden.
Neben den Akten der einzelnen Parteigremien dokumentieren die Akten der Landesgeschäftsstelle über die Kreisverbände (seit 1963 Bezirksverbände) mit ihren Rundschreiben an Untergliederungen und Mitglieder den Aufbau und die Organisation der Partei sowie den innerparteilichen Willensbildungsprozess.
Eine weitere eigenständige Gruppe des Bestandes "Bayernpartei", die über die Registratur der Landesgeschäftsstelle überliefert worden ist, stellen die Akten des Landtagsbüros (Nr. 116-168) dar mit Protokollserien von Sitzungen der Landtagsfraktion (1953-1966) und mit Handakten der einzelnen Fraktionsvorsitzenden (auch erst seit 1954). Vor allem diese Akten zeigen die politische Arbeit der Bayernpartei. Darüber hinaus sind sie durch den in ihnen überlieferten umfangreichen Schriftwechsel wichtige Quellen zur politischen Entwicklung in Bayern. Nicht zuletzt werden in ihnen (Petitionen etc.) die Anliegen der der Bayernpartei nahestehenden Bevölkerungskreise sichtbar.

Ein dritter Block des Bestandes "Bayernpartei" sind die Handakten von Ludwig Max Lallinger zu verschiedenen Einzelfällen aus seiner Zeit als Landtagsabgeordneter und Münchner Stadtrat (Nr. 251-265, 268-289), die eine Ergänzung bilden zu der Serie von Bittgesuchen an ihn persönlich (1954-1966), die in den Akten der Kreisgeschäftsstelle München überliefert worden sind (Nr. 76-81).

In diese aus dem Ankauf von Max Zierl stammenden Registraturteile, die die Gliederung des Bestandes bereits vorzeichneten, wurde weiteres Material eingearbeitet, welches das Bayerische Hauptstaatsarchiv am 13.2.1987 vom jetzigen Ehrenvorsitzenden Rudolf J. Drasch ankaufte. Es handelt sich dabei v.a. um Sammlungsgut, das größtenrteils aus Nachlässen ehemaliger Mandatsträger und Funktionäre stammt und nicht der Parteiregistratur entnommen worden ist. Diese "Sammlung Drasch" umfasst im wesentlichen:

- Dokumente über die Gründung der Partei, der Zulassung durch die amerikanische Militärregierung, des Ur-Programms
- Parteipublikationen (u.a. Zeitung "Freies Bayern"), Rundschreiben, Wahlkampfprogramme
- Bildersammlung (politische Veranstaltungen, Personen)
- personenbezogene (z.B. Joseph Baumgartner) und sachthematische Sammlungen (z.B. Spielbankenaffäre, Parteispaltungen)
- Presseausschnittsammlung

Einen Teil dieses Materials präsentierte Drasch 1986 in einer Ausstellung "40 Jahre Bayernpartei", deren Exponate (zusammen mit den Photos der Ausstellungstafeln) einzeln an den Bestand "Bayernpartei" angehängt wurde (Nr. 266).
Ebenfalls nicht vermischt mit der eigentlichen Registratur der Bayernpartei wurden die von Drasch gesammelten Photos, die in die Bildersammlung der Abt. V eingereiht wurden (siehe Personen- und Sachregister amn Ende des Repertoriums).

Zur Orientierung für den Benützer wurde dem Repertorium ein Kapitel mit Querverweisen angefügt auf weitere Bestände der Abt. V mit einschlägigen Quellen zur Geschichte der Bayernpartei (z.B. den seit 1975 erworbenen Nachlass von Joseph Panholzer).

Dr. Michael Stephan
Archivrat


Querverweis auf andere Bestände der Abt. V zur Bayernpartei (Stand: 20.9.1989):

1. Nachlässe
- Nachlass Joseph Panholzer (Nr. 161-172)
- Nachlass Benno Graf (Nr. 16)
- Nachlass Ludwig Volkholz

2. Zeitungen und Druckschriften
- "Freies Bayern" (1956-1977) bis Nr. 6 (Juni 1959) mit dem Untertitel "Kampfzeitschrift der Bayernpartei", ab Nr. 7 (Juli 1959) "Monatszeitschrift für bayerische Politik und Kultur"
- "Bayern-Dienst. Informationen und Nachrichten der Bayernpartei" (1951-1972) [s. ND/P]
- "Weiß-blaue Hefte" Nr. 2, 3, 4, 5 (1949 ff.) [s. ND/E 117]
- "bayern-report" Nr. 1, 2, 5, (1979) [s. ND/E 117]

3. Plakatsammlung
- aus dem Bestand "Bayernpartei" wurden aus konservatorischen Gründen 140 Plakate (meist Veranstaltungs- und Wahlplakate) herausgenommen und in die Plakatsammlung eingereiht.

4. Bildersammlung
a) Personen
b) Sachen, Orte, Ereignisse

a) Personen:

Altenberg, Hugo
Allwein, Max
Banfelder
Bantele , Georg
Baumgartner, Josef
Baumgartner, Joseph
Baumgartner, Simon
Bauer, Otto
Baur, Maria
Bohrer, Erich
Brentano-Hommeyer, Karl von
Brunner, Benno
Dörfler, Franz Hermann
Drasch, Rudolf J.
Egendorfer
Ellmann
Falkner, Ernst
Feichtmaier, Sebastian
Fischbacher, Jakob
Gaschler, Karl
Geislhöringer, August
Gerngroß, Rupprecht
Graf, Benno
Gstettenbauer, Johann
Haberstock, Ludwig
Hahn, Josef
Haimerl, Alfons
Hammer, Max
Hieber, Adolf
Hiltner, Juliane
Höcherl, Hans
Höck, Michael
Höhn, Adolf
Hoffmann, Joachim
Hofmann, Josef
Honal, Engelbert
Kalkbrenner, Helmut
Kapfhammer, Manfred
Keller, Hans
Klinger, Franz
Knödelseder
Kobler, Josef
Lacherbauer, Carljörg
Lallinger, Ludwig Max
Lehner, Karl
Limbecker, Heinz
Lohmeier, Georg
Mathes, Karl
Merk, H.
Müller, Friedrich
Müller, J.
Nothegger, Karl
Panholzer, Joseph
Parzhuber, Engelbert
Rapp, Wilhelm
Reutter, Georg
Röckelein, Wolfgang
Scheller, Josef
Schepping, Walter
Schilling
Schwaiger, Alto
Seidl, Anton
Sperber, Rudolf
Sponheimer, Franz
Sturm, Wilhelm
Tittel, S.
Utz, Hans
Vetter
Volkholz, Ludwig
Wagner, Franz
Wagner, Konrad
Wartner, Johann
Weber, Alfons
Weggartner, Albert
Wehgartner, Robert
Weinhuber, Simon
Weiss, Heinrich
Weissenseel
Weigele, W.
Wildfeuer, Franz H.
Ziegler, Franz
Zobel, Jakob
Zormaier

b) Sachen, Orte, Ereignisse

- Bayern (Demonstration gegen die Gebietsreform in Bayern 1971)
- Bayernpartei (Beerdigung verschiedener Mitglieder)
- Bayernpartei (Fahnen der Bayernpartei (u.a. Ortsgruppenfahnen))
- Bayernpartei (Jungbayernbund (verschiedene Veranstaltungen)
- Bayernpartei (Kranzniederlegung zum Gedenken an die Sendlinger Bauernschlacht 1705)
- Bayernpartei (Landesversammlung der Stadtratsfraktion München)
- Bayernpartei (Parteifunktionäre (verschiedene))
- Bayernpartei (Umzüge, Fahnenweihen und ander Veranstaltungen)
- Bayernpartei (Versammlungen (verschiedene))
- Bayernpartei (Wahlpropaganda)

5. Flugblattsammlung
- FlSlg 420 (1948-1977):
Die Flugblätter aus den Jahren 1948 und 1949 stammen aus dem aufgelösten "Nachlass" von Josef Dolhofer, Rechtsrat bei der Stadt Regensburg und Mitglied der Bayernpartei. Der "Nachlass" war 1974 erworben worden, enthielt aber keine Dokumente über Person und Werdegang Dolhofers. Zwei weitere Stücke aus dieser Erwerbung finden sich im Bestand "Bayernpartei" unter Nr. 35 und Nr. 101.

6. Presseausschnittsammlung (und Sammlung Personen)
- Am 18.11.1991 erwarb die Abt. V von dem Schriftsteller Wolfgang Johannes Bekh eine Reihe von Zeitungsausschnitten, die aus dem aufgelösten Redaktionsakrchiv des "Münchner Merkurs" stammten. Die Presseausschnitte über Joseph Baumgartner (1945.1959) wurden in den Bestand "Sammlung Personen" eingereiht, die übrigen unter dem Schlagwort "bayernpartei" (1948-1970) in den Bestand "Presseausschnittsammlung" (vorläufig Bayernpartei Nr. 290 (1946-1954) und Nr. 291 (1955-1970; dazu 1986-1992).

Bestandssignatur
Bayernpartei Bayernpartei I
Umfang
291
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Bayerischen Hauptstaatsarchivs >> 5 Abteilung V: Nachlässe und Sammlungen >> 5.2 Verbandsschriftgut >> 5.2.1 Parteien, politische Bewegungen, Bürgerinitiativen

Bestandslaufzeit
1946-1978

Weitere Objektseiten
Letzte Aktualisierung
03.04.2025, 11:05 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Bestand
  • Akten

Entstanden

  • 1946-1978

Ähnliche Objekte (12)