Feldpostbrief

Hedwig Lauth an ihren Ehemann am 02.12.1917 (3.2012.1801)

Essen, den 2. Dez. 1917. Lieber Julius. Gestern war ich bei Dr. Flöhr um Ramogen zu bekommen. Sehr beruhigt hat er mich nach einer Untersuchung mit der Feststellung, daß wir doch unser viertes noch nicht erwarten. Dieser Gedanke hatte mich schon sehr lange aufgeregt. Die P. bliebe wegen allzu großer Blutarmut aus. Mein Herz hat er auch untersucht und stellte fest, daß mein Leiden nur nervöser Art sei. Er meinte, das Nähren wäre wohl zu anstrengend gewesen. Ich glaube, es kommt von den vielen Angststunden, die ich durch mein Alleinsein durchmache. Ich sollte mich pflegen so gut ich könnte. Es ist leichter gesagt als getan. Das Kommen von Mutter zu Weihnachten geht mir viel durch den Kopf. Sie tut mir so leid, wenn sie die Feiertage allein sein sollte. Du willst sie sicher auch gern hier haben. Deshalb bitte Mutter nur zu kommen. Schreibe mir aber dann gleich ob Du sie mitbringen wirst, wie es überhaupt wird. Leider fallen für uns hier Hasen u. Gans aus, es sind nur 200 Stück durch Los verteilt worden. Weihnachten festlich zu begehen wird schwer fallen, wir werden aber die Freude haben, daß wir nach langer Zeit wieder zusammen sind. - Gestern Abend war ich bei Vehrings, dort haben wir meinen Geburtstag mit einer Blume, einer guten Flasche Wein u. viel Gebäck festlich gefeiert. Es war wirklich sehr nett. Gestern Nachmittag waren wir vorher in einer Versammlung vom Vaterländischen Verein wo Tirpits eine Rede hielt. Nach seiner Rede bin ich froh daß der nicht Reichskanzler geworden ist. Der will noch Antwerpen behalten. Die Partei sind die richtigen Altdeutschen. V. ist der Partei beigetreten. - Heute Abend haben mich Oelzens gebeten. - Franz Finke ist seit 14 Tagen in Riga. Paul ist bei dem aktiven Regiment 79. Zu Hause haben sie große Sorge um ihn. Wenn wir doch nur bald Schluß hätten. Hier glaubt man nicht an einen Sonderfrieden mit Rußland trotz des Angebotes eines Waffenstillstandes, weil Rußland einen allgemeinen Waffenstillstand zur Einleitung für einen allgemeinen Frieden angeboten hat. Ich habe aber doch wieder viel Hoffnung. Die Völker sollen sich aber jetzt damit beeilen, Tirpitz schlägt allerdings das Gegenteil vor. Ich denke jetzt daran nach Weihnachten mal nach Haus zu fahren. Wenn Erica zur Schule geht, kann ich auch nicht mehr fort. - Anna würde ich gern Pantoffeln wenn möglich aus Leder, wenigstens aus Ledersohlen schenken. Ich kann sie aber leider hier nicht bekommen. Sind dort wohl noch welche zu bekommen? Dir die herzlichsten Grüße und Küsse von Deiner Hedwig

Urheber*in: Lauth, Julius / Rechtewahrnehmung: Museumsstiftung Post und Telekommunikation | Digitalisierung: Museumsstiftung Post und Telekommunikation

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Location
Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Inventory number
3.2012.1801
Material/Technique
Papier

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Online-Präsentation zum Schreiben in Kriegsgefangenschaft
Teil von Collection ID3.2012.1801: Julius Lauth - 82 Briefe - Februar 1914 bis Januar 1918 - 3.2012.1801

Subject (what)
FELDPOST

Event
Herstellung
(who)
Julius Lauth
(where)
Essen
(when)
02.12.1917

Rights
Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Last update
15.04.2025, 1:55 PM CEST

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  • Feldpostbrief

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  • Julius Lauth

Time of origin

  • 02.12.1917

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