Bestand
Michael Klaus (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Werke (Lyrik,
Romane, Kurzprosa, Essays, publizistische Beiträge, Sprech- und
Musiktheater, Bühnenprogramme, Film, Fernsehen, Hörspiele und Radioromane,
Sammlungen zum Werk, Herausgebertätigkeit und redaktionelle Mitarbeit,
sonstige Veröffentlichungen), Korrespondenz, Lebensdokumente (private
Lebensführung, schriftstellerische und gesellschaftspolitische Tätigkeit),
Sammlungen, Sonstiges, Werke anderer Autoren
Form und Inhalt: Der literarische
Nachlass des Gelsenkirchener Schriftstellers Michael Klaus wurde aufgrund
eines Depositalvertrages vom November / Dezember 2008 als Bestand 1026 in
das Westfälische Literaturarchiv im LWL-Archivamt für Westfalen übernommen.
Der Nachlass umfasst 170 Verzeichnungseinheiten mit Unterlagen von 1944 bis
2008. Der Bestand ist frei benutzbar im Lesesaal des LWL-Archivamtes und zu
bestellen bzw. zu zitieren als: Westfälisches Literaturarchiv im
LWL-Archivamt für Westfalen (WLA), Bestand 1026 / Nr. [...].
1.
Biographische Anmerkungen
Michael Klaus wurde am 6. März 1952 in
Brilon geboren; er wuchs auf in einer Arbeitersiedlung in Gelsenkirchen und
erwarb als erster in seiner Familie einen Hochschulabschluss. Das
Lehramtsstudium in den Fächern Deutsch, Kunst, Kunstgeschichte in Bochum und
Essen verband er jedoch mit dem Wunsch, literarisch tätig zu werden. Erste
Veröffentlichungen, Lyrik und Hörspiele, reichen schon zurück in seine
Studienzeit. Nach dem Ersten Staatsexamen, 1978, mit einer Hausarbeit über
Otto Wohlgemuth und den Ruhrland-Kreis (veröffentlicht 1980 im
Pahl-Rugenstein Verlag), und seinem Referendariat schlug er
konsequenterweise eine ihm angebotene Stelle als Studienrat aus und wurde
freier Schriftsteller. In einem 2008 mit Hartmut Hering geführten Gespräch
(vgl. l. Num. 148) erinnerte er sich an seine Lehrerausbildung und an
Kollegen, die ihre künstlerischen oder auch wissenschaftlichen Interessen
dem Brotberuf aufopferten; jene seien ihm bei seiner Lebensplanung ein
abschreckendes Beispiel gewesen. Als Schriftsteller orientierte er sich an
Autoren, die genau beobachten. Prosa und Drama sind für ihn die Darstellung
dessen, wie Menschen miteinander umgehen; seine frühen Gedichte öffnen sich
auch der Natur, sind beeinflusst von der Lyrik Peter Huchels. In
Gelsenkirchen wurde er gefördert von Mitgliedern der "Literarischen
Werkstatt G." wie Hugo Ernst Käufer und Richard Limpert; von
Arbeiterschriftstellern wie Limpert distanzierte er sich jedoch später ("die
wollten alle Goethes werden"). Seine Bindung an die Heimatstadt ist
vielfältig dokumentiert, sowohl in seinem literarischen Werk - am
wirksamsten in den beiden dem FC Schalke 04 gewidmeten Bühnenwerken "Null
Vier. Keiner kommt an Gott vorbei" (2004) und dem Fußballoratorium "Die
Tiefe des Raumes" (2005) - als auch in seinem Engagement für lokale
Kulturtraditionen und deren Fortführung durch Nachwuchstalente: 1989 regte
er einen Karl-Schwesig-Preis an und bewirkte die Wiederentdeckung des in
Gelsenkirchen geborenen Malers und Mitglieds der Künstlervereinigung "Das
Junge Rheinland", 2001 wurde auf seinen Vorschlag ein Förderpreis für
künstlerischen Nachwuchs der Stadt Gelsenkirchen an die Lyrikerin Greta
Granderath verliehen. Sein bemerkenswert vielseitiges literarisches Werk -
er schrieb Gedichte, Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten und
journalistische Beiträge, arbeitete für Film, Fernsehen, Hörfunk, Sprech-
und Musiktheater - war seit den ersten Veröffentlichungen (1977) begleitet
von zunächst lokalen und regionalen Auszeichnungen und Stipendien; 1988
erhielt er eine Förderung des Deutschen Literaturfonds Darmstadt, 1991 den
Literaturpreis Ruhrgebiet für sein Gesamtwerk, mit seinem Drehbuch zum
Fernsehkrimi "Schimanski muss leiden" war er 2000 für den Adolf-Grimme-Preis
nominiert. Seine Schreiberfahrungen gab er ab 2002 in Gastdozenturen an der
Universität Duisburg-Essen und an der Internationalen Filmschule Köln
weiter; in Duisburg unterrichtete er Studenten in der Kunst der kurzen
Prosa, an der Filmschule leitete er einen Ausbildungsgang Drehbuch. Auf
Vorschlag von Jürgen Lodemann, Hugo Ernst Käufer und Gerhard Köpf wurde
Klaus 2002 in den deutschen P.E.N. gewählt und war dort von 2003 bis 2007
als Vizepräsident für das vom Bund finanzierte Writers-in-Exile Programm
verantwortlich, das politisch verfolgten, exilierten Schriftstellern und
Journalisten für einige Jahre in Deutschland ein sicheres Zuhause und
Freiraum für künstlerisches Arbeiten gewährt. Es waren dann auch
Menschenrechtsverletzungen und Korruption im nachsozialistischen Russland,
die Klaus mit der Fußballwelt Schalke brechen ließen; der Sponsorvertrag mit
dem russischen Energiekonzern Gazprom empörte ihn und beendete seine enge
Verbindung mit dem Verein. Eine schwere Krebserkrankung machte den Verzicht
auf die Präsidiumsaufgaben im P.E.N. notwendig, wurde jedoch überaus
produktiv für seine literarische Arbeit: 2006 erschien der Roman
"Totenvogel, Liebeslied", dessen Handlung den Verlauf seiner eigenen
Krankheit darstellt. Noch kurz vor seinem Tod am 1. Juni 2008 plante er eine
Verfilmung des Romans und arbeitete an einer neuen Erzählung "Tage auf dem
Balkon", die einen durch die fortschreitende Krankheit erzwungenen Rückzug
in die Privatheit beschreibt. Dieser Text ist 2009 von der Nyland-Stiftung
aus seinem Nachlass herausgegeben worden (vgl. l. Num. 60).
2.
Zum Nachlass: Hinweise zur Bearbeitung und inhaltliche Schwerpunkte
Bei der Übernahme war der Nachlass nicht vorgeordnet; Werkzusammenhänge
und sachlich-thematische Verbindungen mussten großenteils erst erschlossen
werden. Entsprechend der Gewichtung der Unterlagen zum Werk im
Gesamtnachlass sind diese bei der Klassifikation vorangestellt und in neun
Untergruppen gegliedert, um die Vielzahl der gewählten Genres und Medien
abzubilden, einbezogen sind hier auch Materialsammlungen zum Werk. Die
Korrespondenzen wurden in der vorgefundenen Ordnung mit beigefügten
Materialien belassen; Lebensdokumente und Sammlungen wie Sachakten behandelt
und entsprechend ausgewiesen; Werke anderer Autoren - in der Mehrzahl
unveröffentlicht - in einer abschließenden Gruppe erfasst. Bei der
Verzeichnung der Werke wurde, soweit möglich, die Textgenese berücksichtigt
und das Vorhandensein unterschiedlicher Fassungen dokumentiert, so etwa die
Textstufen zum Roman "Totenvogel, Liebeslied" unter dem Arbeitstitel "Die
grüne Truhe" und "Die grüne Truhe. Eine Reise". Die Bild- und Tonträger im
Nachlass wurden für die Verzeichnung identifiziert, sind jedoch teilweise
(Audiokassetten) noch nicht digitalisiert. Alle auf Disketten und CD-ROMs
gespeicherten Textdateien wurden mit den schriftlichen Nachlassunterlagen
verglichen und gegebenenfalls als Ausdruck beigelegt.
Überlieferungsschwerpunkt im Nachlass von Michael Klaus sind die
Unterlagen zu seinem literarischen Werk. Die nachgelassenen Texte sowie Ton-
und Bilddokumente widerspiegeln die Vielfalt der Genres und Medien, in denen
der Schriftsteller arbeitete. Häufig wird der Wechsel der literarischen
Gattungen auch an einem Sujet ausprobiert: Romane werden zu Drehbüchern
umgeschrieben ("Nordkurve", l. Num. 96) oder für eine Verfilmung skizziert
("Taco", l. Num. 100), Entwürfe als Erzählungen und Exposés für Filme oder
Hörspiele ausgearbeitet ("Philippe", l. Num. 41, 42, 100, 130). Klaus'
poetologisches Bekenntnis, Schreiben bedeute für ihn die größtmögliche
Annäherung an das Darzustellende (im schon erwähnten Gespräch mit Hartmut
Hering), ist im Nachlass dokumentiert durch umfangreiche Materialsammlungen,
die er zu einzelnen Werken oder Themen anlegte. Arbeitsbücher zum
Schalke-Musical "Null Vier" und dem Fußballoratorium "Die Tiefe des Raumes",
einem Auftragswerk für die RuhrTriennale 2005, vgl. l. Num. 87 und 89,
belegen ein Literaturverständnis, das sich anlass- und genrebedingt einem
kollektiven Arbeitsprozess einordnet. Bei den erzählenden Texten ist ein
großer Anteil von unselbständigen Veröffentlichungen nachzuweisen, ein Indiz
für die breite 'Vernetzung' des Schriftstellers in der regionalen
Literaturlandschaft.
Im Vergleich zu den Unterlagen zum Werk
umfassen die Korrespondenzen nur die Jahre 1996 bis 2008 und enthalten,
vielleicht abgesehen von Briefen zum Roman "Totenvogel, Liebeslied" (l. Num.
145), keine Autographe von herausragender Bedeutung; vielmehr dokumentieren
sie in ihrer Vermischung mit anderen Materialien ein sachlich-thematisches
Ablage- und Ordnungsprinzip. Schriftwechsel zu Klaus' Präsidiumstätigkeit
für den deutschen P.E.N. ist kaum überliefert; dokumentiert ist hier vor
allem seine redaktionelle Mitarbeit an der Anthologie "Die Zeit ist ein
gieriger Hund", einem Reader mit Texten von P.E.N.-Stipendiaten (l. Num.
135, 136), ergänzt um Sammlungen mit Dokumenten zum P.E.N. und dessen
Programmen Writers-in-Exile und Writers-in-Prison (l. Num. 152, 153).
Entsprechend den unterschiedlichsten Medien, in denen und für die
Michael Klaus arbeitete, sind viele Ton- und Bildträger in seinem Nachlass
enthalten; seit Mitte der 1990er Jahre nutzte er auch intensiv die
Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung für die Speicherung von
Texten auf Disketten und CD-ROMs.
3. Literaturhinweise
Verwiesen sei auf den Eintrag zu Michael Klaus in der Datenbank
"Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren"
(www.lwl.org/literaturkommission/alex/index.php) auf der Grundlage und in
Fortführung des vierbändigen "Westfälischen Autorenlexikons 1750-1950", im
Auftrag des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe herausgegeben und
bearbeitet von Walter Gödden und Iris Nölle-Hornkamp, Paderborn: Schöningh
Verlag, 1993-2002. Bei den selbständigen Veröffentlichungen von Michael
Klaus ist als aus dem Nachlass herausgegebener Text zu ergänzen: "Tage auf
dem Balkon." Münster: Ardey-Verlag, 2009 (Bücher der Nyland-Stiftung, Reihe
Neue Westfälische Literatur, Bd. 15).
Zitierweise: Westfälisches
Literaturarchiv, Best. 1026/lfd. Nr.
- Bestandssignatur
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1026
- Kontext
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Westfälisches Literaturarchiv (Archivtektonik) >> Schriftsteller
- Bestandslaufzeit
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1944-2008
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23.06.2025, 08:11 MESZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1944-2008