Arbeitspapier | Working paper

Schwierige Neupositionierung des Militärs in Tunesien, Ägypten und Libyen

Der ägyptische Präsident Mursi plädierte Anfang Mai 2013 für eine stärkere „Integration“ von Staat und Armee. Im Februar 2013 verlangte Libyens Großmufti Al-Ghariani, dass die primäre Loyalität der Streitkräfte nicht dem Staat, sondern Gott gelten müsse, und in Tunesien ist die Armee seit Jahresanfang 2013 im Grenzgebiet zu Algerien in Kämpfe mit bewaffneten Islamisten verwickelt. Solche Herausforderungen hatte es für das Militär unter den 2011 gestürzten Regimen nicht gegeben. Nach dem Ausbruch der Proteste in Nordafrika 2010/2011 war das Verhalten der Streitkräfte entscheidend dafür, ob ein schneller Machtwechsel (Tunesien, Ägypten) stattfinden oder ein Bürgerkrieg (Libyen) ausbrechen würde. Auch nach den Umstürzen ging das Militär bei der Neugestaltung der zivilmilitärischen Beziehungen unterschiedliche Wege. Generell blieb offen, wofür es sich in der anhaltend instabilen Transformationsphase entscheiden wird: für politische Neutralität/Passivität oder für ein aktives Eingreifen zugunsten von einem der zahlreichen neuen Akteure. Vor 2011 bestand die Hauptaufgabe der Streitkräfte in der Sicherung der staatlichen Souveränität, während die Regimesicherung primär anderen Organen oblag - in Libyen den Revolutionskomitees, in Tunesien und Ägypten den Staatssicherheitsbehörden. In Tunesien ist das Militär seit dem Sturz von Präsident Ben Ali mit internen Sicherheitsaufgaben befasst; in der zunehmend gewaltförmigen Polarisierung zwischen Islamisten und Säkularen verhält es sich bislang politisch neutral. In Ägypten bewahrte das Militär nach dem Sturz von Präsident Mubarak seine zentrale Rolle als politische Vetomacht und Wirtschaftsfaktor. Die Interessen des Militärs wurden vom neuen islamistischen Präsidenten nicht angetastet. Die Armeeführung ignorierte umgekehrt Aufrufe der Opposition zur Entmachtung der Islamisten. In Libyen wird die Sicherheitspolitik von bewaffneten Milizen und nicht von der im Aufbau befindlichen neuen Armee bestimmt. Diese ist zu schwach, um die von der Regierung angestrebte Demobilisierung der Milizen durchzusetzen.

ISSN
1862-3611
Extent
Seite(n): 8
Language
Deutsch
Notes
Status: Veröffentlichungsversion; nicht begutachtet

Bibliographic citation
GIGA Focus Nahost (4)

Subject
Politikwissenschaft
Friedens- und Konfliktforschung, Sicherheitspolitik
politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Tunesien
Ägypten
Libyen
politischer Konflikt
politischer Wandel
Militär
politischer Einfluss
Islamismus
politische Macht
Nordafrika
arabische Länder

Event
Geistige Schöpfung
(who)
Mattes, Hanspeter
Event
Veröffentlichung
(who)
GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Nahost-Studien
(where)
Deutschland
(when)
2013

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-342105
Rights
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Last update
21.06.2024, 4:27 PM CEST

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  • Arbeitspapier

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  • Mattes, Hanspeter
  • GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Nahost-Studien

Time of origin

  • 2013

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