Bestand

G 222 - Evangelisches Pfarramt Esslingen Johanneskirche (Bestand)

Einleitung: ===== Die Ortskirchengeschichte der Neuen und Neuesten Zeit =====
Nach dem Anfall der protestantischen Reichsstadt Esslingen an Württemberg erhöhte sich bis 1895 der Anteil der Katholiken und Juden in der Stadt auf 8,2 bzw. 0,5%, während in Berkheim, Hegensberg, Oberesslingen und Zell nahezu die gesamte Bevölkerung lutherisch blieb. Aufgrund des steigenden Zustroms von Flüchtlingen und Vertriebenen erhöhte sich der Prozentsatz der Katholiken bis zum Jahr 1950 auf 30, in Berkheim auf 19 und in Zell auf 22%. Im Jahr 2006 betrug der Bevölkerungsanteil der Menschen mit arbeitsbedingtem Migrationshintergrund in Esslingen, einschließlich von Berkheim und Zell, 41,1%. Nahezu die Hälfte der Bevölkerung gehörte also keine der beiden großen christlichen Konfessionen an. Schon 2009 lebten mehr Muslime, Griechisch-orthodoxe, andere christliche und nichtchristliche Religionsgemeinschaften sowie Menschen ohne konfessionelle Bindung als Protestanten und Katholiken in der Innenstadt, die Pliensauvorstadt und der Brühl mit eingerechnet.
Dennoch weist Esslingen heute 17 evangelische Kirchen mit 27.300 Mitgliedern auf, die allesamt zur Gesamtkirchengemeinde Esslingen zählen. Im Zentrum Esslingens zählen zu den älteren Kirchen die Stadtkirche St. Dionysius, die Frauenkirche und die Franziskanerkirche, in Mettingen die Liebfrauenkirche, in St. Bernhardt-Wäldenbronn die St. Bernhardt-Kirche und die Kirche in Zell. Im Zuge der Mediatisierung traten 1827/1828 die Martinskirche in Oberesslingen und 1837/39 die Kirche in Sulzgries, im Zuge der Stadterweiterung im Jahr 1909 die Johanneskirche und 1925/26 die Südkirche als evangelische Kirchen hinzu. 1952 bis 1972 wurden weitere evangelische Kirchen in Sirnau, Hohenkreuz, Hegensberg-Liebersbronn, Gartenstadt, Zollberg, Weil, und Oberesslingen gegründet, so dass man in der Nachkriegszeit von einer regen Entwicklung hinsichtlich der Neugründung von evangelischen Kirchen in Esslingen sprechen kann.
===== Die Baugeschichte der Johanneskirche in Esslingen =====
===== 1. Die beteiligten Architekten beim Kirchenbau und seinen Umgestaltungen =====
Die Esslinger Johanneskirche befindet sich im Ostteil der Stadt Esslingen und wurde dementsprechend bei ihrer Gründung auch als Ost-Kirche bezeichnet. Ihre Baugeschichte beginnt mit der im November 1905 erfolgten Gründung des "Evangelischen Vereins Ostkirche", der das Ziel der Errichtung einer eigenen Kirche mit Pfarr-und Gemeindehaus für die infolge der gestiegenen Bevölkerungszahl und der damit einhergehenden stets wachsenden Gemeindeglieder verfolgte. Zur Finanzierung eines solchen Vorhabens leistete der Verein größte Überzeugungsarbeit beim Gesamtkirchengemeinderat, denn zeitgleich mit diesem Bauvorhaben wurde auch der Chor der Esslinger Franziskanerkirche restauriert und die beiden Pfarrhäuser in Sulzgires und Wäldenbronn erbaut. Es gelang dem Verein aber dennoch, direkt neben dem Charolottenplatz den kleinen und schmalen Falch-Bühlerschen Bauplatz an der Neckarstraße für das Bauvorhaben zu erwerben. Ein erster Wettbewerb unter Beteiligung des Architekten Martin Elsässer (1884-1957) erfolgte 1906, eine zweite Ausschreibung, die der Esslinger Architekt und Stadtbaumeister Adolf Friedrich Hornung (1859-1920) gewann, folgte Anfang des Jahres 1907. Am 3. August 1907 kam es zum ersten Spatenstich und am 20. Juni 1909 wurde die Einweihung der fertiggestellten Kirche gefeiert, in der 600 Gemeindemitglieder Platz finden konnten.
Das Kircheninnere wurde 1938 durch den Esslinger Architekten Rudolf Lempp (1887-1981), der seit 1929 Professor für Baukonstruktion und Hochbaukunde an der TH Stuttgart gewesen war, gänzlich umgestaltet. Seit der Neueinweihung am 1. Weihnachtsfeiertag 1938 trägt die Kirche nun auch den Namen Johanneskirche. Weitere Veränderungen des Kirchenraumes erfolgten 1973 durch den Stuttgarter Architekten Dr. Walter Ruff und schließlich 1992 durch den Architekten Werner Barth, so dass heute von der ursprünglichen Gestalt des einstigen Kirchenraumes kaum mehr etwas erhalten ist.
===== 2. Die Baugestalt und ihre Veränderungen =====
Die aus Stahl, Beton, Sand- und Backstein bestehende und in Skelettbauweise ausgeführte Kirche ist eine ursprünglich im Jugendstil erbaute Saalkirche, die nicht geostet, sondern gemäß ihrer Längsrichtung nach Süden ausgerichtet ist. Die Fassaden des Außenbaues erheben sich über einem Sockel aus Sandstein, während die Umfassungsmauern aus Backstein mit dazwischenliegenden Eisenbetonpfeilern bestehen. Der verputzte Bau wird durch die Fensterrahmungen aus Haustein und die beiden nördlichen halbrunden Treppentürme belebt, die zu den Emporen im Inneren führen und einen überdachten schmalen querrechteckigen Vorbau flankieren, der sich im Inneren als Vorhalle des Kirchenraumes erweist.
Von der Vorhalle gelangte man ursprünglich durch zwei Türen in den ebenfalls querrechteckigen Konfirmandensaal und von dort aus in den eigentlichen Kirchenraum. Dieser zeichnete sich über dem Konfirmandenraum durch die Orgelempore und auf der westlichen Längsseite durch eine durchgehende, auf längsrechteckigen Betonpfeilern ruhende weitere Empore aus, die den Kirchenraum optisch - zusätzlich der zweiteiligen Reihung der Kirchenbänke - in zwei Raumteile gliederte. Der Blick wurde entlang dieser Empore in die rechteckige Chornische geführt, die durch drei hochrechteckige Fenster der Stuttgarter Glaswerkstätte Saile mit Buntglasfenstern beleuchtet und mit einem dreiseitigen steinernen Altar ausgestattet war. Im östlichen Winkel zwischen Chornische und Kirchensaal, vor der Sakristei und nahezu gegenüber der südwestlich ansetzenden Empore, befand sich die über eine steinerne Treppe zugängliche Kanzel. Sie war mit einem rechteckigen, wiederum steinernen Kanzelkorb mit zwei Bronzeplatten mit Reliefs ausgestattet, die auf der Front- und der Westseite einen Sämann und einen Schnitter zeigten. Es muss offen bleiben, ob sich die Darstellungen auf Johannes 4, 37 oder aber auf den Sinn der Predigt selbst bezogen, da über die Deutung der Bronzeplatten keine Äußerungen seitens des Künstlers R. Knechtmehr vorhanden sind. Östlich der Kanzel befand sich die Taufnische mit dem achtseitigen Taufstein. Der Rahmen der Nische schloss korbbogenförmig und ihre Rückwand war mit einem ornamentalen, an einen Baum erinnernden Muster versehen, dessen spiralförmig gewundene Äste sich um ein Ochsenauge rankten, unter dem sich eine aufgemalte Tafel mit dem Vers aus Markus 10, 14 befand:" Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes". Altar, Kanzel, Taufstein und Nischenrahmung der Taufnische waren aus Schilfsandstein gefertigt, einem feinkörnigen hellen Sandstein aus der südlichen Weinstraße, der die Prinzipalstücke des Kirchenraumes hell, klar und einheitlich wirken ließ. Der ausgenommen der Prinzipalstücke nüchtern wirkende Gottesdienstraum erzeugte bei einigen Kirchengemeindemitgliedern den Wunsch nach Bildschmuck in und auch an der Kirche. Es sollten Fresken christlichen Inhalts geschaffen werden, wovon noch heute zwei Entwürfe aus der Hand von Käte Härlin (später Käte Schaller-Härlin, 1877-1973) mit Darstellung der Kreuzigung und von Jesus auf dem Weg nach Emmaus zeugen, die jedoch niemals zur Ausführung gelangten.
Unter Architekt Rudolf Lempp kam es zu einer Umgestaltung des Kircheninneren, die den Kirchenraum gänzlich verändern sollte. Dieser wurde nach Osten hin verbreitert, um zusätzlich ein Seitenschiff zu schaffen, das durch sechs Rundbogenarkaden mit kurzen breiten Pfeilern gegenüber dem Hauptschiff geöffnet war. Die neue Ostseite wurde durch kleine quadratische Obergadenfenster beleuchtet, die indes den Kirchenraum nur unzureichend zu beleuchten imstande waren. An die Stelle der rechteckigen Chornische trat eine im Verhältnis zum Seitenschiff mittig positionierte halbrunde gewölbte Chorapsis, wofür die bisherige Taufnische gänzlich aufgegeben und abgebrochen werden musste. Die neue Apsis, welche die halbe Seite der Südseite einnahm, wurde mit drei neuen, radial angeordneten Rundbogenfenstern mit Buntglasfenstern des Künstlers Walter Kohler (1903-1945) ausgestattet. Die Sakristei wurde in einen gänzlich neuen Anbau verlegt, der die einstige Symmetrie des Außenbaues maßgeblich veränderte. Man beseitige auch die einstigen Prinzipalstücke. Der neue Altar bestand aus einem Stipes aus Ziegelsteinen mit aufliegender Mensa aus Holz, die Kanzel, ein mehrseitiger Kanzelkorb mit Treppe, wurde ebenfalls aus Holz ausgeführt und der ehemalige Taufstein durch einen achtseitigen Schaft aus Ziegelstein ersetzt, der nun rechts vor die Apsis gestellt wurde. Die ehemalige Stuckdecke wurde durch eine Kassettendecke aus dunklem Holz und die beiden ursprünglich den Kirchenraum erhellenden achtseitigen Kronleuchter wurden durch gewölbte, mattierte Wandleuchter ersetzt.
Bei der abermaligen Erneuerung des Inneren 1973 kehrte man zur einstigen Saalkirche zurück und mauerte die Rundbogenarkaden zwischen Haupt- und Seitenschiff wieder zu. Die halbrunde gewölbte Apsis wurde durch einen halbzylinderförmigen Chorraum mit wiederum flacher Decke ersetzt, wobei die Buntglasfenster Kohlers in der Chorwand in neuer Reihenfolge, enger beieinander gerückt und weiter oben eingesetzt wurden. Die Fenster des Kirchenschiffes wurden mit transparenten, bleigefassten Industrieglasfenstern nach Entwürfen von Karl-Heinz Schenk versehen, die graphische, streng geometrische Muster ohne jegliche Farbigkeit zeigen. Altar und Kanzel wurden aus Eichenholz ausgeführt und von der Esslinger Firma Schniepp & Albrecht hergestellt. Die bisher den Kirchenraum zierenden Kirchenbänke wurden durch Holzstühle ersetzt.
Die letzte Kirchenrenovierung von 1992 war vornehmlich der Verbesserung der Lichtverhältnisse im Kircheninneren geschuldet. Nun wurden Lichtinstallationen mit besten Leuchten und Lichtflutern eingebaut und die Kassettendecke mit lichtreflektierenden Streifen versehen, die zusätzlich der monochrom-weißen Wände und der Fenster den Kirchenraum erstrahlen. Die Buntglasfenster des Chores heben diesen durch das farbige Licht zusätzlich hervor und ziehen auf diese Weise den Blick des Betrachters scheinbar unmerklich zum Chor und zum Altar hin vor.
===== Der Archivbestand =====
Die historische Überlieferung der Johanneskirche in Esslingen gliedert sich in die Hauptgattungen Amtsbücher, Akten Rechnungen und Drucksachen. Da die Überlieferung der Esslinger Johanneskirche erst mit dem Bau der Kirche 1909 einsetzt, wurde auf den zeitlichen Schnitt der Überlieferung im Jahr 1966, wie sonst üblich, verzichtet, da das Schriftgut nach 1966 im Einheitsplan von 1967 enthalten ist. Dementsprechend orientiert sich die Klassifikation und damit die Ordnung des Pfarrarchivs sowohl am Registraturplan für die Pfarrämter von 1901 als auch dem Einheitsaktenplan von 1967. Auf die Unterscheidung zwischen älteren und jüngeren Akten wurde bewusst verzichtet, um den Archivbestand nicht zu zerpflücken. Der Bestand umfasst insgesamt 246 Bestellnummern, was ca. 5 laufenden Regalmetern entspricht.
Aufgrund eines Kirchengemeinderatsbeschlusses wurde das Pfarrarchiv der Esslinger Johanneskirche zur Verwahrung und Verwaltung an das Landeskirchliche Archiv am 22.07.2010 nach Stuttgart abgegeben. Der gesamte Bestand wurde von Frau Margot Leonberger aus Esslingen im Landeskirchlichen Archiv verzeichnet und elektronisch erfasst. Die Abschlussredaktion, welche die Klassifikation des gesamten Bestandes und die Vergabe der Bestell- und Ordnungsnummern beinhaltet, erfolgte schließlich im Januar 2012 durch Dr. Anette Pelizaeus.
Die Archivalien können während der Öffnungszeiten des Landeskirchlichen Archivs im Lesesaal eingesehen und erforscht werden. In Bezug auf die jüngsten Akten müssen dabei Sperrfristen beachtet werden.
===== Das Pfarrarchiv als Quelle für die Heimat- und Familienforschung =====
Interessante Einblicke in die Kirchengeschichte der Esslinger Johanneskirche bilden zunächst einmal die ortskirchengeschichtlichen Archivalien zur Kirchengründung im Jahre 1909 aus der Hauptgattung der Akten, unter denen vornehmlich diejenigen des Vereins Ost-Kirche heraustreten. Zudem ist der Aktenbestand der einzelnen Jubiläen zu nennen, der seit dem 50. Jubiläum die Vorbereitungen zu den einzelnen Festtagen deutlich nachempfinden lässt und gleichsam das kirchliche Leben in seiner Lebendigkeit vor Augen führt. In diesem Zusammenhang ist auch der reiche Bestand zu den einzelnen zur Johanneskirche zählenden Kindergärten zu nennen, der Einblick in die Organisation derselben gibt, weshalb dieser auch weitgehend als Einheit behandelt worden ist. Zur Baugeschichte der Johanneskirche sind einige Archivalien zur Kirchengründung, zur Restaurierung der 70er Jahre und aus neuester Zeit erhalten, während die Überlieferung zu den Umbaumaßnahmen 1938 und den 50er Jahren eher spärlich ausfällt. In Bezug auf die Hauptgattung der Rechnungen ist das Kassenbuch des Vereins Ost-Kirche als das älteste Rechnungsbuch der Johanneskirche in Esslingen zu erwähnen, die jüngeren Archivalien dieser Gattung beziehen sich vornehmlich auf die 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, in denen das Rechnungswesen der Kirche auch sehr genau geführt worden ist. Hinsichtlich der Amtsbücher gliedert sich der Bestand in Register, Protokolle und die Organisation der Amts- und Geschäftsführung, der jedoch im Vergleich zu den Akten und Rechnungen erheblich geringer ausfällt. Die Esslinger Johanneskirche besitzt aufgrund ihres jungen Datums nur zwei Register, nämlich ein Familienregister aus dem Jahre 1909 und ein Kirchenregister aus wiederum den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, das insofern sehr interessant ist, als es auch über die Kirchenein- und Austritte in diesem Zeitraum berichtet.
Zu dem Pfarrarchiv gehören auch noch ca. 100 einzelne Fotos, die ebenfalls im Findbuch mit verzeichnet sind. Die Aufnahmen zeigen den ehemaligen Bauplatz der Kirche, Ansichten des Innenraums und den Außenbaus, es finden sich aber auch Bilder zu Jubiläumsfeiern und Gemeindefesten, Portraits von einigen an der Kirche früher tätigen Pfarrer, von Kirchengemeinderatsmitgliedern und Gemeindemitgliedern, von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den ehemaligen Schwestern der zur Kirche gehörigen Kindergärten. Die Fotografien sind also in zweierlei Hinsicht von besonderem Stellenwert: Zum einen vermitteln sie Eindrücke vom Entstehen des Kirchenbaus, von dessen ursprünglicher Gestalt und dessen durch die Umbaumaßnahmen bedingten Veränderungen, sie dokumentieren aber auch, und zwar aus unterschiedlichen Blickwinkeln, das kirchliche Leben der Gemeinde, das gerade anhand von Fotos eindrucksvoll nachempfunden werden kann.
===== Weitere Archivquellen im Landeskirchlichen Archiv =====
A 29, Best.-Nr. 1182: Ost- und Südkirche u.a. Besoldung, 1809-1923
A 29, Best.-Nr.1192: Pfarrberichte und Pfarrbeschreibungen 1828-1913
A 129: Best.-Nr. 569: Vermögensverwaltung, 1952-1960
A 129, Best.- Nr. 570: Neubau des Gemeindezentrums, 1965

Einleitung: Nach dem Anfall der protestantischen Reichsstadt Esslingen an Württemberg erhöhte sich bis 1895 der Anteil der Katholiken und Juden in der Stadt auf 8,2 bzw. 0,5%, während in Berkheim, Hegensberg, Oberesslingen und Zell nahezu die gesamte Bevölkerung lutherisch blieb. Aufgrund des steigenden Zustroms von Flüchtlingen und Vertriebenen erhöhte sich der Prozentsatz der Katholiken bis zum Jahr 1950 auf 30, in Berkheim auf 19 und in Zell auf 22%. Im Jahr 2006 betrug der Bevölkerungsanteil der Menschen mit arbeitsbedingtem Migrationshintergrund in Esslingen, einschließlich von Berkheim und Zell, 41,1%. Nahezu die Hälfte der Bevölkerung gehörte also keine der beiden großen christlichen Konfessionen an. Schon 2009 lebten mehr Muslime, Griechisch-orthodoxe, andere christliche und nichtchristliche Religionsgemeinschaften sowie Menschen ohne konfessionelle Bindung als Protestanten und Katholiken in der Innenstadt, die Pliensauvorstadt und der Brühl mit eingerechnet.
Dennoch weist Esslingen heute 17 evangelische Kirchen mit 27.300 Mitgliedern auf, die allesamt zur Gesamtkirchengemeinde Esslingen zählen. Im Zentrum Esslingens zählen zu den älteren Kirchen die Stadtkirche St. Dionysius, die Frauenkirche und die Franziskanerkirche, in Mettingen die Liebfrauenkirche, in St. Bernhardt-Wäldenbronn die St. Bernhardt-Kirche und die Kirche in Zell. Im Zuge der Mediatisierung traten 1827/1828 die Martinskirche in Oberesslingen und 1837/39 die Kirche in Sulzgries, im Zuge der Stadterweiterung im Jahr 1909 die Johanneskirche und 1925/26 die Südkirche als evangelische Kirchen hinzu. 1952 bis 1972 wurden weitere evangelische Kirchen in Sirnau, Hohenkreuz, Hegensberg-Liebersbronn, Gartenstadt, Zollberg, Weil, und Oberesslingen gegründet, so dass man in der Nachkriegszeit von einer regen Entwicklung hinsichtlich der Neugründung von evangelischen Kirchen in Esslingen sprechen kann.
Die Esslinger Johanneskirche befindet sich im Ostteil der Stadt Esslingen und wurde dementsprechend bei ihrer Gründung auch als Ost-Kirche bezeichnet. Ihre Baugeschichte beginnt mit der im November 1905 erfolgten Gründung des "Evangelischen Vereins Ostkirche", der das Ziel der Errichtung einer eigenen Kirche mit Pfarr-und Gemeindehaus für die infolge der gestiegenen Bevölkerungszahl und der damit einhergehenden stets wachsenden Gemeindeglieder verfolgte. Zur Finanzierung eines solchen Vorhabens leistete der Verein größte Überzeugungsarbeit beim Gesamtkirchengemeinderat, denn zeitgleich mit diesem Bauvorhaben wurde auch der Chor der Esslinger Franziskanerkirche restauriert und die beiden Pfarrhäuser in Sulzgires und Wäldenbronn erbaut. Es gelang dem Verein aber dennoch, direkt neben dem Charolottenplatz den kleinen und schmalen Falch-Bühlerschen Bauplatz an der Neckarstraße für das Bauvorhaben zu erwerben. Ein erster Wettbewerb unter Beteiligung des Architekten Martin Elsässer (1884-1957) erfolgte 1906, eine zweite Ausschreibung, die der Esslinger Architekt und Stadtbaumeister Adolf Friedrich Hornung (1859-1920) gewann, folgte Anfang des Jahres 1907. Am 3. August 1907 kam es zum ersten Spatenstich und am 20. Juni 1909 wurde die Einweihung der fertiggestellten Kirche gefeiert, in der 600 Gemeindemitglieder Platz finden konnten.
Das Kircheninnere wurde 1938 durch den Esslinger Architekten Rudolf Lempp (1887-1981), der seit 1929 Professor für Baukonstruktion und Hochbaukunde an der TH Stuttgart gewesen war, gänzlich umgestaltet. Seit der Neueinweihung am 1. Weihnachtsfeiertag 1938 trägt die Kirche nun auch den Namen Johanneskirche. Weitere Veränderungen des Kirchenraumes erfolgten 1973 durch den Stuttgarter Architekten Dr. Walter Ruff und schließlich 1992 durch den Architekten Werner Barth, so dass heute von der ursprünglichen Gestalt des einstigen Kirchenraumes kaum mehr etwas erhalten ist.
Die aus Stahl, Beton, Sand- und Backstein bestehende und in Skelettbauweise ausgeführte Kirche ist eine ursprünglich im Jugendstil erbaute Saalkirche, die nicht geostet, sondern gemäß ihrer Längsrichtung nach Süden ausgerichtet ist. Die Fassaden des Außenbaues erheben sich über einem Sockel aus Sandstein, während die Umfassungsmauern aus Backstein mit dazwischenliegenden Eisenbetonpfeilern bestehen. Der verputzte Bau wird durch die Fensterrahmungen aus Haustein und die beiden nördlichen halbrunden Treppentürme belebt, die zu den Emporen im Inneren führen und einen überdachten schmalen querrechteckigen Vorbau flankieren, der sich im Inneren als Vorhalle des Kirchenraumes erweist.
Von der Vorhalle gelangte man ursprünglich durch zwei Türen in den ebenfalls querrechteckigen Konfirmandensaal und von dort aus in den eigentlichen Kirchenraum. Dieser zeichnete sich über dem Konfirmandenraum durch die Orgelempore und auf der westlichen Längsseite durch eine durchgehende, auf längsrechteckigen Betonpfeilern ruhende weitere Empore aus, die den Kirchenraum optisch - zusätzlich der zweiteiligen Reihung der Kirchenbänke - in zwei Raumteile gliederte. Der Blick wurde entlang dieser Empore in die rechteckige Chornische geführt, die durch drei hochrechteckige Fenster der Stuttgarter Glaswerkstätte Saile mit Buntglasfenstern beleuchtet und mit einem dreiseitigen steinernen Altar ausgestattet war. Im östlichen Winkel zwischen Chornische und Kirchensaal, vor der Sakristei und nahezu gegenüber der südwestlich ansetzenden Empore, befand sich die über eine steinerne Treppe zugängliche Kanzel. Sie war mit einem rechteckigen, wiederum steinernen Kanzelkorb mit zwei Bronzeplatten mit Reliefs ausgestattet, die auf der Front- und der Westseite einen Sämann und einen Schnitter zeigten. Es muss offen bleiben, ob sich die Darstellungen auf Johannes 4, 37 oder aber auf den Sinn der Predigt selbst bezogen, da über die Deutung der Bronzeplatten keine Äußerungen seitens des Künstlers R. Knechtmehr vorhanden sind. Östlich der Kanzel befand sich die Taufnische mit dem achtseitigen Taufstein. Der Rahmen der Nische schloss korbbogenförmig und ihre Rückwand war mit einem ornamentalen, an einen Baum erinnernden Muster versehen, dessen spiralförmig gewundene Äste sich um ein Ochsenauge rankten, unter dem sich eine aufgemalte Tafel mit dem Vers aus Markus 10, 14 befand:" Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes". Altar, Kanzel, Taufstein und Nischenrahmung der Taufnische waren aus Schilfsandstein gefertigt, einem feinkörnigen hellen Sandstein aus der südlichen Weinstraße, der die Prinzipalstücke des Kirchenraumes hell, klar und einheitlich wirken ließ. Der ausgenommen der Prinzipalstücke nüchtern wirkende Gottesdienstraum erzeugte bei einigen Kirchengemeindemitgliedern den Wunsch nach Bildschmuck in und auch an der Kirche. Es sollten Fresken christlichen Inhalts geschaffen werden, wovon noch heute zwei Entwürfe aus der Hand von Käte Härlin (später Käte Schaller-Härlin, 1877-1973) mit Darstellung der Kreuzigung und von Jesus auf dem Weg nach Emmaus zeugen, die jedoch niemals zur Ausführung gelangten.
Unter Architekt Rudolf Lempp kam es zu einer Umgestaltung des Kircheninneren, die den Kirchenraum gänzlich verändern sollte. Dieser wurde nach Osten hin verbreitert, um zusätzlich ein Seitenschiff zu schaffen, das durch sechs Rundbogenarkaden mit kurzen breiten Pfeilern gegenüber dem Hauptschiff geöffnet war. Die neue Ostseite wurde durch kleine quadratische Obergadenfenster beleuchtet, die indes den Kirchenraum nur unzureichend zu beleuchten imstande waren. An die Stelle der rechteckigen Chornische trat eine im Verhältnis zum Seitenschiff mittig positionierte halbrunde gewölbte Chorapsis, wofür die bisherige Taufnische gänzlich aufgegeben und abgebrochen werden musste. Die neue Apsis, welche die halbe Seite der Südseite einnahm, wurde mit drei neuen, radial angeordneten Rundbogenfenstern mit Buntglasfenstern des Künstlers Walter Kohler (1903-1945) ausgestattet. Die Sakristei wurde in einen gänzlich neuen Anbau verlegt, der die einstige Symmetrie des Außenbaues maßgeblich veränderte. Man beseitige auch die einstigen Prinzipalstücke. Der neue Altar bestand aus einem Stipes aus Ziegelsteinen mit aufliegender Mensa aus Holz, die Kanzel, ein mehrseitiger Kanzelkorb mit Treppe, wurde ebenfalls aus Holz ausgeführt und der ehemalige Taufstein durch einen achtseitigen Schaft aus Ziegelstein ersetzt, der nun rechts vor die Apsis gestellt wurde. Die ehemalige Stuckdecke wurde durch eine Kassettendecke aus dunklem Holz und die beiden ursprünglich den Kirchenraum erhellenden achtseitigen Kronleuchter wurden durch gewölbte, mattierte Wandleuchter ersetzt.
Bei der abermaligen Erneuerung des Inneren 1973 kehrte man zur einstigen Saalkirche zurück und mauerte die Rundbogenarkaden zwischen Haupt- und Seitenschiff wieder zu. Die halbrunde gewölbte Apsis wurde durch einen halbzylinderförmigen Chorraum mit wiederum flacher Decke ersetzt, wobei die Buntglasfenster Kohlers in der Chorwand in neuer Reihenfolge, enger beieinander gerückt und weiter oben eingesetzt wurden. Die Fenster des Kirchenschiffes wurden mit transparenten, bleigefassten Industrieglasfenstern nach Entwürfen von Karl-Heinz Schenk versehen, die graphische, streng geometrische Muster ohne jegliche Farbigkeit zeigen. Altar und Kanzel wurden aus Eichenholz ausgeführt und von der Esslinger Firma Schniepp & Albrecht hergestellt. Die bisher den Kirchenraum zierenden Kirchenbänke wurden durch Holzstühle ersetzt.
Die letzte Kirchenrenovierung von 1992 war vornehmlich der Verbesserung der Lichtverhältnisse im Kircheninneren geschuldet. Nun wurden Lichtinstallationen mit besten Leuchten und Lichtflutern eingebaut und die Kassettendecke mit lichtreflektierenden Streifen versehen, die zusätzlich der monochrom-weißen Wände und der Fenster den Kirchenraum erstrahlen. Die Buntglasfenster des Chores heben diesen durch das farbige Licht zusätzlich hervor und ziehen auf diese Weise den Blick des Betrachters scheinbar unmerklich zum Chor und zum Altar hin vor.
Die historische Überlieferung der Johanneskirche in Esslingen gliedert sich in die Hauptgattungen Amtsbücher, Akten Rechnungen und Drucksachen. Da die Überlieferung der Esslinger Johanneskirche erst mit dem Bau der Kirche 1909 einsetzt, wurde auf den zeitlichen Schnitt der Überlieferung im Jahr 1966, wie sonst üblich, verzichtet, da das Schriftgut nach 1966 im Einheitsplan von 1967 enthalten ist. Dementsprechend orientiert sich die Klassifikation und damit die Ordnung des Pfarrarchivs sowohl am Registraturplan für die Pfarrämter von 1901 als auch dem Einheitsaktenplan von 1967. Auf die Unterscheidung zwischen älteren und jüngeren Akten wurde bewusst verzichtet, um den Archivbestand nicht zu zerpflücken. Der Bestand umfasst insgesamt 246 Bestellnummern, was ca. 5 laufenden Regalmetern entspricht.
Aufgrund eines Kirchengemeinderatsbeschlusses wurde das Pfarrarchiv der Esslinger Johanneskirche zur Verwahrung und Verwaltung an das Landeskirchliche Archiv am 22.07.2010 nach Stuttgart abgegeben. Der gesamte Bestand wurde von Frau Margot Leonberger aus Esslingen im Landeskirchlichen Archiv verzeichnet und elektronisch erfasst. Die Abschlussredaktion, welche die Klassifikation des gesamten Bestandes und die Vergabe der Bestell- und Ordnungsnummern beinhaltet, erfolgte schließlich im Januar 2012 durch Dr. Anette Pelizaeus.
Die Archivalien können während der Öffnungszeiten des Landeskirchlichen Archivs im Lesesaal eingesehen und erforscht werden. In Bezug auf die jüngsten Akten müssen dabei Sperrfristen beachtet werden.
Interessante Einblicke in die Kirchengeschichte der Esslinger Johanneskirche bilden zunächst einmal die ortskirchengeschichtlichen Archivalien zur Kirchengründung im Jahre 1909 aus der Hauptgattung der Akten, unter denen vornehmlich diejenigen des Vereins Ost-Kirche heraustreten. Zudem ist der Aktenbestand der einzelnen Jubiläen zu nennen, der seit dem 50. Jubiläum die Vorbereitungen zu den einzelnen Festtagen deutlich nachempfinden lässt und gleichsam das kirchliche Leben in seiner Lebendigkeit vor Augen führt. In diesem Zusammenhang ist auch der reiche Bestand zu den einzelnen zur Johanneskirche zählenden Kindergärten zu nennen, der Einblick in die Organisation derselben gibt, weshalb dieser auch weitgehend als Einheit behandelt worden ist. Zur Baugeschichte der Johanneskirche sind einige Archivalien zur Kirchengründung, zur Restaurierung der 70er Jahre und aus neuester Zeit erhalten, während die Überlieferung zu den Umbaumaßnahmen 1938 und den 50er Jahren eher spärlich ausfällt. In Bezug auf die Hauptgattung der Rechnungen ist das Kassenbuch des Vereins Ost-Kirche als das älteste Rechnungsbuch der Johanneskirche in Esslingen zu erwähnen, die jüngeren Archivalien dieser Gattung beziehen sich vornehmlich auf die 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, in denen das Rechnungswesen der Kirche auch sehr genau geführt worden ist. Hinsichtlich der Amtsbücher gliedert sich der Bestand in Register, Protokolle und die Organisation der Amts- und Geschäftsführung, der jedoch im Vergleich zu den Akten und Rechnungen erheblich geringer ausfällt. Die Esslinger Johanneskirche besitzt aufgrund ihres jungen Datums nur zwei Register, nämlich ein Familienregister aus dem Jahre 1909 und ein Kirchenregister aus wiederum den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, das insofern sehr interessant ist, als es auch über die Kirchenein- und Austritte in diesem Zeitraum berichtet.
Zu dem Pfarrarchiv gehören auch noch ca. 100 einzelne Fotos, die ebenfalls im Findbuch mit verzeichnet sind. Die Aufnahmen zeigen den ehemaligen Bauplatz der Kirche, Ansichten des Innenraums und den Außenbaus, es finden sich aber auch Bilder zu Jubiläumsfeiern und Gemeindefesten, Portraits von einigen an der Kirche früher tätigen Pfarrer, von Kirchengemeinderatsmitgliedern und Gemeindemitgliedern, von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den ehemaligen Schwestern der zur Kirche gehörigen Kindergärten. Die Fotografien sind also in zweierlei Hinsicht von besonderem Stellenwert: Zum einen vermitteln sie Eindrücke vom Entstehen des Kirchenbaus, von dessen ursprünglicher Gestalt und dessen durch die Umbaumaßnahmen bedingten Veränderungen, sie dokumentieren aber auch, und zwar aus unterschiedlichen Blickwinkeln, das kirchliche Leben der Gemeinde, das gerade anhand von Fotos eindrucksvoll nachempfunden werden kann.
A 29, Best.-Nr. 1182: Ost- und Südkirche u.a. Besoldung, 1809-1923
A 29, Best.-Nr.1192: Pfarrberichte und Pfarrbeschreibungen 1828-1913
A 129: Best.-Nr. 569: Vermögensverwaltung, 1952-1960
A 129, Best.- Nr. 570: Neubau des Gemeindezentrums, 1965

Bestandssignatur
G 222
Umfang
5 lfd. m

Kontext
Landeskirchliches Archiv Stuttgart (Archivtektonik) >> G - Pfarrarchive >> Orte mit E
Verwandte Bestände und Literatur
1909-2009. 100 Jahre Johanneskirche am Charlottenplatz in Esslingen. Geschichte - Gegenwart - Zukunft einer evangelischen Kirchengemeinde in der Stadt. [Festschrift zum 100jährigen Jubiläum]. Hrsg. v. Evangelische Johanneskirchengemeinde Esslingen. Esslingen a.N. 2009.

Johanneskirche Esslingen/Neckar, 1909-1959. [Festschrift zum 50jährigen Jubiläum]. Hrsg. v. Evangelische Johanneskirchengemeinde Esslingen. Esslingen a.N. 1959.

Bittel, Christoph: Religion, Sozialfürsorge und Kultur, in: Der Landkreis Esslingen. Bd. 1: A. Der Landkreis Esslingen. B. Die Gemeinden. Bearb. v. der Abt. Fachprogramme und Bildungsarbeit des Landesarchivs Baden-Württemberg. Hrsg. v. Landesarchiv Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Esslingen. Ostfildern 2009, S. 507-508.

Ottersbach, Christian/ Ziehr, Claudius (Hrsg.): Esslingen am Neckar. Kunsthistorischer Stadtführer. Esslingen a.N. 2001.

Seng, Eva-Maria: Kirchenbau zwischen Politik, Kunst und Liturgie. Theorie und Wirklichkeiten im Evangelischen Kirchenbau des 19. Jahrhunderts. Tübingen, Berlin 1995.

Indexbegriff Ort
Esslingen am Neckar, Landkreis Esslingen

Provenienz
Evangelisches Pfarramt Esslingen Johanneskirche
Bestandslaufzeit
1895-2009

Weitere Objektseiten
Letzte Aktualisierung
27.03.2025, 11:46 MEZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Landeskirchliches Archiv Stuttgart. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Bestand

Beteiligte

  • Evangelisches Pfarramt Esslingen Johanneskirche

Entstanden

  • 1895-2009

Ähnliche Objekte (12)