Archivale

Peinliche Urgichten der Catharina Rentz von Ohmenhausen und der Anna, Theis Groners Witib, von Ohmenhausen

Regest: Diese armen Sünderinnen sind angegegen worden, daß sie als Hexen und Zauberinnen etliche Personen angegriffen und ihnen Gift zu essen gegeben haben, wodurch diese plötzlich niedergefallen und krank geworden sind. Deswegen sind sie verhaftet worden. Obwohl sie wegen etlicher Übeltaten und beigebrachten Gifts durch Zeugenaussagen überführt wurden, haben sie anfangs in Güte dessen nicht geständig sein wollen. Weil die Indicia und Vermutungen der Zauberei ganz stark waren, ist die Tortur beschlossen und vollstreckt worden. Ihre Aussage unter der Tortur ist ihnen an verschiedenen Tagen umständlich vorgelesen und von ihnen allerdings (= ganz und gar) gutwillig gestanden und bejachzet (= bejaht) worden. Bürgermeister und Rat der Reichsstadt Reithlingen haben daher den bereits angestellten Executions-Process vorgenommen und stellen die Hexenstücke, Morde und andere Übeltaten jedermann vor Augen.
Catharina Rentz bekennt,
1) daß sie in ihrer zarten Jugend vor 10 Jahren vom Weib des Jacob Schaal, das man Anna-Mädlin nannte, leider verführt worden sei, mit ihr auf die Alb und den Heuberg auf Katzen zu einem Tanz zu fahren.
2) Das Weib habe ihr gleich einen Teufel in Gestalt eines grün bekleideten jungen Gesellen, der sich Hänslin nannte, als Buhlen zugeführt, der mit ihr tanzte.
3) Dieser Geist habe sie und das Anna-Mädlin nach dem Tanz in des Anna-Mädlins Haus begleitet, welche sie gezwungen habe, mit dem Teufel Unzucht zu treiben.
4) In der Zeit der Buhlschaft habe sie mit ihm über 25 mal zugehalten (= Umgang gehabt).
5) Sie habe Gott und der heil. Dreifaltigkeit absagen und versprechen müssen, ihr nicht mehr, sondern dem Teufel zu dienen.
6) Der erste Geist Hänslin habe sie vor 2 Jahren verlassen. An seiner Statt habe sie einen anderen Buhlen bekommen, der sich Grässlin nenne, ganz schwarz gehe (= gekleidet sei) und Geißfüß habe.
7) Mit diesem habe sie oft und erst vor 3 Wochen zum letztenmal im Weingart Unzucht getrieben.
8) Diese ihre Buhlen hätten ihr nicht allein weißes Pulver, das sie stets bei sich in dem Säckel trug, und Salben zugestellt, mitdenen sie Menschen und Vieh vergeben (= vergiften) und lähmen solle,
9) sondern ihr auch ein Büchslein mit Salbe gegeben, womit sie Menschen und Vieh, die sie beschädigte, wieder helfen konnte, wenn sie darum gebeten wurde.
10) Sie sei mit ihren Buhlen zu verschiedenen Malen auf den Heuberg, auf die Alb, in die Rohrhalde bei Rottenburg, wohin auch viel Mönche und Pfaffen gekommen seien, auch einmal bei Betzingen auf den Auchtert zu Hexentänzen gefahren.
11) Wenn der Tanz aus war, habe sie der Teufel jedesmal wieder heimgeführt und Unzucht mit ihr getrieben.
12) Vor 10 Jahren habe sie einem Bettelmann, der in ihres Vaters Haus über Nacht lag, Pulver, welches ihr das Anna-Mädlin gegeben habe, in einem Brei zugebracht. Der habe sie dessen auch öffentlich geziehen und in das Geschrei gebracht, daß sie eine Unholdin sei.
13) Im vergangenen Winter habe sie der Tochter des Georg Groner in einem Lichtkarz von ihrem Pulver in einer Cibebe (= Rosine) zu essen gegeben, daß sie alsbald krank wurde.
14) Am vergangenen Pfingsten habe die Krämerin von Kilperg (= Kilchberg), Agnes, Weib des Peter Mackh, im Haus des Vaters der Catharina zwei Teige zum Backen von Schnitten, Salbei und Holder angemacht. Da habe sie (die Rentzin) dann in die Milch des einen Teigs von ihrem Pulver getan. Davon seien die Krämerin, ihre beiden Töchter und des Scheffer (Schäfer ?)- Martins Tochter von Kusterdingen sehr krank geworden.
15) Diesen Frühling habe ihr das Weib des Georg Kocher mit einem Krätten (= Korb) voll Gras aufgeholfen. Der habe sie von ihrem Pulver, das sie im Maul verbissen gehabt, unter das Angesicht geblasen und mit der Hand, welche mit Gift angeschmiert gewesen, an die Seite gestrichen, daß sie gleich sehr krank geworden sei. Davon habe ihr wie auch des Krämers Gesind und Groners Tochter der Hirt von Mairingen (Mähringen) wieder geholfen.
16) Ihres Bruders, des Schneiders, Weib zu Ohmenhausen habe sie gleichfalls in einem Kuchen vergeben (= Gift geben) wollen, den sie aber nicht gegessen habe.
17) So habe sie auch einmal in der Ernte zu Kleinengstingen geschnitten und von ihrem Pulver einer Magd, die neben ihr schnitt, in einem Brot beibringen wollen, das diese aber nicht gegessen, sondern einem Hund dargeworfen habe, der es wieder gespien habe.
18) Einmal sei sie hier auf dem Wochenmarkt gewesen, habe ein Halbes in einem Haus bei der Kirche mit andern Weibern getrunken und einem Weib aus dem Uracher Tal von dem Pulver in ihr Gläslein mit Wein getan.
19) Ebenso habe sie einem Bauernknecht von Dusslingen, als sie nach einem Tanz in Bläsibad einen Trunk taten, im Wein von ihrem Pulver zu trinken gegeben.
20) Vor 4 Jahren habe ein Dragoner, der zu Ohmenhausen im Quartier lag, einen Apfel von ihr begehrt, den sie ihm gegeben, aber zuvor von dem Pulver in den Butzen (= das Kernhaus) getan habe.
Die genannten Personen hätten zwar den vergifteten Wein getrunken und den Apfel gegessen. Weil sie aber jedesmal sogleich sich erbrochen und das Gift von sich gegeben haben, sei es ihnen unschädlich gewesen.
21) Vor 4 Jahren habe sie einem Soldaten, der im Quartier zu Ohmenhausen lag, von ihrem Pulver auf den Kopf gestreut. Davon habe er einen bösen Kopf bekommen.
22) Dem Corporal Niclaus, weil er ihr so oft vor das Haus ritt und zu den Fenstern hineinsah, habe sie einmal von ihrem Pulver unter das Angesicht geblasen, daß ihm weh wurde.
23) Als sie im verstrichenen Februar 5 schwedische Soldaten im Haus liegen hatten, habe sie ihnen eine Weinsuppe gemacht und von ihrem Pulver darein getan. Weil sie's aber nicht recht kochen konnte und große Knollen zusammenfuhren, hätten die Soldaten sie nicht essen wollen und zum Laden hinausgeschüttet.
24) Einmal habe sie eines Kriegers Kind in ihres Vaters Haus Gift zugebracht. Aber weil sie ihm zu helfen gebeten worden, habe sie dem Kind mit der guten Salbe geholfen.
25) Dem Töchterlein Barbara ihrer leiblichen Schwester zu Betzingen, des Weibs des Hans Schmid, das über 4 Jahr alt war, habe sie vor 2 Jahren von ihrer Salbe an einen Apfel geschmiert, welchen das Kind gegessen habe und in 3 Tagen davon gestorben sei.
26) Michel Krumm, der Heckenmichel genannt, habe eine Stieftochter, die ein unehelich Kind geboren habe. Diesem habe sie mit ihrer geschmierten Hand auf den Kopf gegriffen und gestrichen, daß es davon starb.
27) Dem Kühhirten zu Ohmenhausen, Jacob Brielmayer, habe sie an Ostern einen Fladen gebracht. Weil sie gesehen, daß man das Kind nicht fleißig niedergesegnet (= mit Segenswünschen niedergelegt) habe, habe sie ihm ihre Salbe auf den Kopf gestrichen, daß es davon lang gesochet (gekränkelt) habe und schließlich starb.
28) Vor 6 Jahren habe zu Stockach ein Bauernknecht, von Bernloch gebürtig, welchen man den krummen Michel nannte, gedient. Den habe sie mit ihrer geschmierten Hand gestrichen, daß er davon zu sochen (= kränkeln) begann und hernach zu Bernloch starb.
29) Zu Ohmenhausen habe sie einmal mit ihrem geschmierten Stekken eine Gans geschlagen, daß sie alsbald umfiel und starb.
30) Dem Hans Kembler daselbst habe sie im vergangenen Winter 3 Kühe mit ihrem vergifteten Stecken geschlagen, daß er sie dennentun (= wegtun?) mußte.
31) Dem Michael Krumm zu Ohmenhausen habe sie vor 3 Jahren von ihrem Pulver auf ein Milchkalb gestreut. Davon sei es nachher gestorben.
32) Vor 3 Jahren habe ein Dragoner im Haus des Michel Krumm Quartier gehabt. Dem habe sie ein Pferd mit Salbe gestrichen, daß es lahm wurde und starb.
33) Im Stall des Betzen-Jörg zu Ohmenhausen habe sie auch ein Soldatenroß mit ihrem Stecken, den sie naß gemacht und ihr Pulver darauf geschmiert, geschlagen, daß es lahm und dürr wurde und davon starb.
34) Im vergangenen Frühling sei sie zu Pfullingen durchgegangen und habe ein Roß, das an dem Brunnen trank, mit der Hand gestrichen, daß es lahm wurde und starb.
35) Im vergangenen Mai sei ihr Buhle Grässlin in den Keller des Hans Jacob Gerlach hier gefahren und habe Wein darin geholt, den sie miteinander austranken.
36) Sie sei auch vor kurzer Zeit mit ihrem Buhlen in den Keller des Donatus Reinhart gefahren. Der Teufelhabe ein Imi Wein und sie einen Käs herausgeführt.
37) Den Tag, als man sie beifangen (= verhaften) wollte, habe der Teufel ihr das zu wissen getan. Deswegen habe sie ihr Pulver und Salbe zu Betzingen in die Echaz geworfen.
38) Eben als die verordneten Commissarii, um sie peinlich zu befragen, dem Turm zu gingen, sei der Teufel von ihr aus dem Gefängnis gefahren und habe zuvor ihr ernstlich verboten, etwas zu bekennen.
Anna, Witib des Theis Groner, hat bekannt:
... (Ihre Urgicht stimmt völlig überein mit der Niederschrift vom 7. August 1633. Siehe das Regest dieses Datums).

Obwohl Bürgermeister und Rat der Reichsstadt Reithlingen genug Ursache gehabt hätten, gegen Catharina Rentz und Anna Gruener ganz scharf zu verfahren, sie mit glühenden Zangen pfetzen zu lassen, haben sie wegen verschiedener Fürsprachen und Fürbitten die Gnade der Strenge vorziehen wollen und mit Urteil und Recht erkannt, daß sie dem Scharfrichter übergeben, zum Tor hinaus gegen das Hochgericht geführt und daselbst mit dem Feuer vom Leben zum Tod gerichtet und ihre Körper zu Pulver (= Staub) und Asche verbrannt werden sollen, ihnen zu wohlverdienter Straf, andern aber zum abscheulichen (= abschreckenden) Exempel. Alles nach kaiserlichem und des Reichs Recht wie auch der peinlichen Halsgerichtsordnung.

Archivaliensignatur
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7758
Umfang
11 S.
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pap.
Sonstige Erschließungsangaben
Genetisches Stadium: Or.; Reinschrift

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 23 Hexenprozesse
Bestand
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)

Laufzeit
1633 August 16

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Letzte Aktualisierung
20.03.2025, 11:14 MEZ

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  • Archivale

Entstanden

  • 1633 August 16

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