Bestand

A Rep. 003-04-15 Städtisches Krankenhaus am Urban (Bestand)

Vorwort: A Rep. 003-04-15 Krankenhaus am Urban

1. Krankenhausgeschichte

Die Rentiere Eleonore Wilhelmine Ottilie Beschort, die ältere Tochter des Schauspielers Friedrich Jonas Beschort, (* 07.08.1812 Berlin, † 14.04.1881 Berlin) beschloss am 14. Februar 1862, dass ihr gesamtes Vermögen von damals 400 000 Mark der Stadtgemeinde Berlin zur Gründung einer Krankenheilanstalt zufallen sollte, untersagte jedoch, in dieser zu errichtenden Anstalt Syphilis-Kranke unterzubringen. 1878 beschloss der Magistrat mit dieser Stiftung, ein drittes städtisches Krankenhaus zu errichten. Nach dem Tod am 14. April 1881 wurde die durch Verzinsung auf 600 000 Mark angewachsene Summe zum Bau des neuen Krankenhauses Am Urban verwendet. 20 % der Baukosten konnten damit gedeckt werden. Nachdem die Magistratsvorlage am 12. Mai 1887 für die Errichtung des dritten städtischen Krankenhauses beraten wurde, konnte der Bau in drei Jahren 1890 abgeschlossen werden.
Zu den ersten beiden ärztlichen Direktoren des neuen Städtischen Krankenhaus am Urban wurden 1889 Werner Körte und Albert Fraenkel bestellt. Am 10. Juni 1890 nahm man den ersten Patienten auf, die Gesamtbettenzahl betrug 574. Davon standen den inneren Abteilungen 192 Männer- und 166 Frauenbetten und für die chirurgischen Abteilungen 120 Männer- und 96 Frauenbetten zur Verfügung. Zur Pflege konnten 18 ausgebildete Viktoria-Krankenschwestern vom Krankenhaus im Friedrichshain übernommen werden. Bereits 1895 wurden die Röntgenstrahlen im Krankenhaus Am Urban zur Diagnostik angewendet. Seit dem 12. März 1902 übernahm das Krankenhaus Am Urban die Verwaltung über das ehemalige Erziehungshaus in der Urbanstraße 23, welches in der Weimarer Republik als Gesundheitshaus mit sozialmedizinischen Einrichtungen und von 1933-45 als SA-Sanitätsschule diente. 1910 nahm ein Zahnarzt seinen Dienst im Krankenhaus auf. Alfred Döblin war von 1908 bis 1912 im Krankenhaus beschäftigt und wegen seiner Heirat seine Assistenzarztstelle aufgeben, da das Krankenhaus festlegte, das Assistenzärzte im Krankenhaus wohnen und unverheiratet bleiben mussten. Durch die 1912 errichteten Zwischenbauten der Häuser 3/5 (Apotheke) und 5/7 (Ärztehaus) erweiterte sich die Raumkapazität. Für Verletzte des Krieges nutzte die Militärbehörde seit 1914 240 Betten. Da sich viele Assistenzärzte freiwillig zum Kriegsdienst meldeten, mussten sie z.T. durch niedergelassene Ärzte ersetzt werden. Auf Grund der Diphtherie-Epidemie in Berlin 1915 wurde die Einrichtung einer Diphtheriestation notwendig. Nach dem Rückgang der Diphtherie-Epidemie nutzte man die Betten seit 1917 für Infektionskrankheiten (wie z.B. Malaria).
Seit dem 27. März 1920 stellte man im Krankenhaus für die soziale Krankenfürsorge Mittel und Räume zur Verfügung. Um den Bedarf an Krankenschwestern zu decken, wurde am 1. Oktober 1923 die erste Krankenpflegeleiterin bestellt und am 1. November 1924 eine eigene Krankenpflegeschule eingerichtet. Die Erweiterung des Krankenhauses durch fünf Baracken auf dem Gelände Urbanstraße 23 sowie die Einrichtung einer HNO-Abteilung erfolgte 1929.
Am 10. März 1933 wurde das Krankenhaus durch SA-Leute besetzt. Die beiden jüdischen Ärztlichen Direktoren Hermann Zondek und Franz Schück sowie mehrere jüdische Ober- und Assistenzärzte wurden aus dem Amt getrieben sowie weitere jüdische Mitarbeiter verhaftet und vertrieben. Else Petri übernahm den Posten eines der jüdischen Chefärzte und hatte damit als erste Ärztin eine leitende Stellung im Krankenhaus inne. 1933 wurde eine gynäkologische Abteilung im Krankenhaus eingerichtet, die dann nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses ab 1933 Zwangssterilisationen und Schwangerschaftsabbrüche durchführte. Zur Bekämpfung der Infektionskrankheiten trugen die 1938 errichtete Baracke für Klein- und Schulkinder auf dem Grundstück Urbanstraße 10/11 und das am 11. Dezember 1938 eröffnete Infektionskrankenhaus Graefestraße bei. Am 1. April 1940 übernahm das Krankenhaus die Zuständigkeit für die 1906 erbaute Entbindungsanstalt Möllendorffstraße. Dem Krankenhaus stand 1941 die planmäßige Bettenzahl von 691 Betten zur Verfügung. Die Leitung hatten die Ärztlichen Direktoren Dr. Teitge und Prof. Dr. Krause sowie der Verwaltungsdirektor Gebert inne. Das Krankenhaus verfügte über die Innere Abteilung Äußere Abteilung, Hals-Nasen-Ohren-Abtielung, Röntgenabteilung, Bakteriologische und Patholgisch-anatomnische Abteilung, eine Apotheke, Chemische Abteilung und eine Gynäkologische und geburtshilfliche Abteilung (mit 58 Betten) sowie der Blutspendernachweis. Im Chirurgischen Ambulatorium und der Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Kranke konnten die Patienten nicht staionär versorgt werden. In der Staatlich anerkannten Krankenpflegeschule wurden 65 Lernschwestern ausgebildet.
Als weitere Hilfskrankenhäuser wurden am 22. September 1941 das Hilfskrankenhaus Bergmannstraße 60/65 mit 116 Betten für Infektionskrankheiten eröffnet und 1942 das Hilfskrankenhaus Graefestraße mit Haus a (Berufsschule) mit 25 Betten für Scharlachkranke und das Haus b (Volksschule) für Diphtheriekranke sowie das Hilfskrankenhaus Bergmannstraße 60/65 für Kranke mit ungeklärter Diagnose und Mischinfektionen übernommen. 1943 beeinträchtigten Luftangriffe auf Berlin das Krankenhaus Am Urban. 20 Mitarbeiter und 29 Patienten fanden den Tod und ca. 30 Prozent der Gebäude wurden zerstört. Ein weiteres Hilfskrankenhauss Görlitzer Ufer wurde übernommen. Am 28. April 1945 besetzte die Rote Armee vorübergehend das Krankenhaus.
Nach Kriegsende übernahm das Krankenhaus am Urban seine Versorgungsaufgaben für den Verwaltungsbezirk Kreuzberg weiter.


Im Oktober/November 2009 erhielt das Landesarchiv Berlin von der VIVANTES-Krankenhaus Am Friedrichshain, Bereich Pathologie die Sektionsbücher aus der Prosektur des Krankenhauses Am Urban. 2015 wurden dem Landesarchiv vom VIVANTES-Krankenhaus Am Urban weitere Unterlagen des Krankenhauses am Urban, die sich anlässlich der Herstellung der Jubiläumsschrift anfanden, übergeben.


2. Bestandsgeschichte

Der Bestand umfasst 295 Akten (14,40 lfm) mit der Laufzeit 1887-1946. Es sind vor allem Unterlagen der Pathologie (Sektionsbefunde, Histologische Befunde, Sterberegister), einige Akten der Leitung und allgemeine Personalunterlagen zu den Krankenschwestern überliefert.

Zahlreiche Akten sind auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen bzw. der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Benutzung befristet gesperrt. Eine Verkürzung der Schutzfristen kann auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs.

Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, A Rep. 003-04-15 Nr. ... .


3. Korrespondierende Bestände

A Pr.Br.Rep. 057 - Der Stadtpräsident der Reichshauptstadt Berlin
A Rep. 000-02-01 - Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin
A Rep. 001-02 - Magistrat der Stadt Berlin, Generalbüro
A Rep. 001-06 - Magistrat der Stadt Berlin, Personalbüro
A Rep. 003-03 - Magistrat der Stadt Berlin, Deputation für das Gesundheitswesen / Hauptgesund-heitsamt
A Rep. 007 - Magistrat der Stadt Berlin, Deputation für die städtischen Park-, Garten- und Baumanlagen
A Rep. 013-04-05 - Magistrat der Stadt Berlin, Kriegsversorgungsstellen - Abteilung für Seifenversorgung
F Rep. 250-01 - Ansichtensammlung von Gesamt- und Teilansichten Berlins, Gebäude, Denkmale und Ereignisdarstellungen
F Rep. 251-02 - Postkartensammlung Landesarchiv bis 1990
F Rep. 270 - Allgemeine Kartensammlung
F Rep. 290 - Allgemeine Fotosammlung


4. Literatur- und Quellenverzeichnis

Bolk, Reinhard: Das Krankenhaus Am Urban medizingeschichtliche Untersuchung eines Krankenhauses der Stadt Berlin von seiner Gründung <1887> bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges <1945>. - Berlin 1984
Hagemeyer, Adolf: Das neue Krankenhaus der Stadt Berlin am Urban seine Einrichtung und Verwaltung. - Berlin 1894
Heisig, Matthias: 125 Jahre Klinikum Am Urban, 1890–2015. Hrsg. vom Vivantes Klinikum Am Urban, Berlin 2015.
Krankenhaus "Am Urban" Berlin-Kreuzberg. - Selbstverlag Berlin 1970



Berlin, Juni 2017 Kerstin Bötticher

Reference number of holding
A Rep. 003-04-15

Context
Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> A Bestände vor 1945 >> A 2 Magistrat der Stadt Berlin >> A 2.4 Nachgeordnete städtische Behörden und Einrichtungen >> A Rep. 003-04-ff. Städtische Krankenhäuser sowie Heil- und Pflegeanstalten
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A Rep. 007 Magistrat der Stadt Berlin, Deputation für die städtischen Park-, Garten- und Baumanlagen
A Rep. 013-04-05 Magistrat der Stadt Berlin, Kriegsversorgungsstellen - Abteilung für Seifenversorgung
F Rep. 250-01 Ansichtensammlung von Gesamt- und Teilansichten Berlins, Gebäude, Denkmale und Ereignisdarstellungen
F Rep. 251-02 Postkartensammlung Landesarchiv bis 1990
F Rep. 270 Allgemeine Kartensammlung
F Rep. 290 Allgemeine Fotosammlung

Date of creation of holding
1887 - 1946

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Last update
28.02.2025, 2:13 PM CET

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1887 - 1946

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