Einfamilienhaus | Wohnhaus
Haus Freudenberg; Berlin, Steglitz-Zehlendorf
Das (...) Haus Freudenberg, Potsdamer Chaussee 48 , wurde 1907-08 für den Kaufmann Hermann Freudenberg nach Entwurf von Hermann Muthesius ausgeführt; es stellt eines der bekanntesten und bemerkenswertesten Einfamilienhäusern im Werk des Architekten dar. (1) Das in seiner Form als zweiflügelige Anlage mit mächtigem Dach und zentralem Fachwerkgiebel charakteristische Gebäude wurde zum Inbegriff des anspruchsvollen großbürgerlichen Wohnhauses im englischen Landhausstil. Trotz seiner enormen Größe und einer ehemals reichen und kunstvollen Innenausstattung war Haus Freudenberg nicht auf Repräsentation angelegt - vielmehr war es im Sinne einer neuen Wohnkultur für das Leben einer großen Familie geschaffen. 1974-75 wurde es zum Mehrfamilienhaus umgebaut und im Garten wurden Neubauzeilen errichtet. (2)° Bequemlichkeit, schlichte Schönheit, direkter Bezug zu Garten und Landschaft waren die Prämissen, unter denen Muthesius die beiden Wohnhäuser für Hermann und Julius Freudenberg geplant hatte. Die beiden Bauten sollten - architektonisch aufeinander bezogen und durch einen Laubengang verbunden - wie sein eigenes Haus nebenan in Platzierung und Bauform von der Ausrichtung zur Sonne und vom Ausblick über die Rehwiese bestimmt sein. Das zweite Haus wurde nicht ausgeführt. Von der einstigen Gartengestaltung mit Terrassen, Tiefgarten, Beeten, Tennisplatz und Teehaus ist nur die Eingangsallee von der Potsdamer Chaussee erhalten.° Die Winkelform des zweigeschossigen Backsteingebäudes mit hohem Giebel und tief heruntergezogenem Walmdach hatte zwar ein konkretes Vorbild (3); laut Muthesius war die durch zwei Achsen bestimmte Form aber die logische Konsequenz aus der räumlichen Situation: dem Zugang von der Straße und der im 45-Grad-Winkel abknickenden Rehwiese. "Diese Achsenkreuzung hat zu der eigentümlichen Grundrißanordnung des Hauses geführt, bei der sich das Gebäude in rechtwinklig geknickter Form um die Hauptachse legt, ein Grundrißtypus, dem man nicht selten begegnet, der sich jedoch hier als die natürliche Lösung gewissermaßen von selbst ergab." (4) Der Haupteingang lag in der Zugangsachse, die das Haus gleichsam in zwei Teile teilte: Rechts waren im Erdgeschoss die Wirtschaftsräume und das Speisezimmer, außerdem hier und in den beiden oberen Geschossen sämtliche Räume für die Kinder und das Personal angeordnet. Die zentrale ovale Treppenhalle vermittelte als Gelenk zum linken Bauteil, wo ebenerdig die Wohn- und Gesellschaftsräume und in den beiden Obergeschossen Schlafräume für die Eltern und die stets zahlreichen Gäste untergebracht waren. Schlaf- und Kinderzimmer sowie der Wintergarten wurden von Süden belichtet, Speise- und Herrenzimmer sowie die große Veranda an der Rückseite des Hauses ermöglichten den besten Ausblick auf die Rehwiese. Die verlorene Innenausstattung war einst von der erlesenen Kostbarkeit der Materialien - edle Hölzer wie Mahagoni, Rotbuche, Zitronenholz oder Ahorn für Fußböden und Holzvertäfelungen, Glas- und Keramikfliesen an Kaminen, Marmor im Wintergarten - und von höchster handwerklicher Qualität geprägt. Das Äußere des Hauses bestimmten ursprünglich dunkelrote Rathenower Handstrichziegel in Blockverband mit weißen Fugen, graue holländische Dachpfannen, weiß gerahmte, bündig in der Fassade sitzende Sprossenfenster, der Fachwerkgiebel und die mit Schablonenmustern verzierten Holzteile. Sie belegten den besonderen gestalterischen Anspruch des Architekten, der ein eindrucksvolles Anwesen schuf, ohne auf konventionelle Repräsentationselemente zurückzugreifen. Muthesius konnte hier für einen wohlhabenden Bauherrn, der vier Kinder und einen auf Geselligkeit ausgelegten Lebensstil hatte, seine in England entwickelten Prinzipien für ein Landhaus in ebenso idealer Weise umsetzen wie in seinem eigenen Haus.° _________________° 1) Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 23 (1910), S. 5 f., Taf. 10-12, 67; Dekorative Kunst 19 (1910/11), S. 1-7; Muthesius 1912, 149 ff.; Muthesius 1922, S. 57 f.; BusB IV C, S. 131 ff. (mit weiteren Angaben); Posener 1979, S. 130, 142 ff.; Finger 2009, S. 10, 70 f., 128.° 2) Bereits 1937-38 war das Haus zur Kurklinik umgebaut worden. Im Krieg leicht beschädigt, wurde es danach zunächst wiederhergestellt. 1971 stellten die Besitzer einen Abrissantrag. 1975 unterteilten sie jedoch das Innere in elf Wohnungen und bebauten das Grundstück mit drei Hauszeilen für Eigentumswohnungen ("Nikolashof", Besitzer und Architekt: A. Hunnecke). Die äußere Wirkung ist heute u.a. durch den Verlust der originalen Sprossenfenster beeinträchtigt.° 3) Das Haus "The Barn" von Edward Prior in Exmouth, das Muthesius in seinem Buch "Das Englische Haus" behandelt. Vgl. Posener 1979, S. 142 ff.° 4) Dekorative Kunst 13 (1910), S. 1; Muthesius 1912, 149-164; Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 23 (1910), S. 5 f., 27 f., T. 10-12, 67.°
- Standort
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Potsdamer Chaussee 48, Nikolassee, Steglitz-Zehlendorf, Berlin
- Klassifikation
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Baudenkmal
- Ereignis
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Herstellung
- (wer)
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Entwurf: Muthesius, Hermann
Ausführung: Joseph Fraenkel
Bauherr: Freudenberg, Hermann
- (wann)
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1907-1908
- Ereignis
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Umbau
- (wann)
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1928
- Letzte Aktualisierung
-
04.06.2025, 11:55 MESZ
Datenpartner
Landesdenkmalamt Berlin. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Wohnhaus; Einfamilienhaus
Beteiligte
- Entwurf: Muthesius, Hermann
- Ausführung: Joseph Fraenkel
- Bauherr: Freudenberg, Hermann
Entstanden
- 1907-1908
- 1928