Bestand

Georg Esslinger, Landprokurator (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Der Bestand ist Teil eines altwürttembergischen Membrums zurück, welches im 19. Jahrhundert durch einkommende Akten angereichert wurde.
Inhalt und Bewertung
Die enthaltenen Unterlagen betreffen unter anderem den gegen den württembergischen Rat Georg Esslinger geführten Prozess, sie bieten Informationen über seine ehemalige Tätigkeit als Landprokurator sowie seinen Streit mit dem Maulbronner Prälaten Felix Bidembach. Neben Fragmenten der Prozessakten enthält der Bestand vor allem Gutachten sowie Korrespondenzen.

Der Prozess gegen Landprokurator Georg Esslinger (1560-1622): Aus dem reichsritterschaftlichen Ort Kochendorf bei Bad Friedrichshall stammend, wandte sich Georg Esslinger im Anschluss an den Besuch der Wimpfener Lateinschule nach Heidelberg, wo er sich 1584 an der Universität immatrikulierte. Nach einigen kürzeren Dienstverhältnissen für den ritterschaftlichen Adel, wurde der landfremde Esslinger 1597 in die Dienste Herzog Friedrichs I. von Württemberg berufen. Von diesem wurde er mit dem neu etablierten Amt des Landprokurators betraut, einer der zentralen Schaltstellen für die auf eine Zurückdrängung der Landschaft zielende Politik des Landesherrn. Esslinger war in dieser Funktion für die Überprüfung der Amtsführung der herzoglichen Beamten zuständig, ebenso für Gerichtsvisitationen und vor allem die Steuerprüfung. Aufgrund seiner Nähe zum Landsherrn und indem sich Esslinger mit Nachdruck und Erfolg um die Mehrung des württembergischen Kammerguts bemühte, waren Konflikte mit der Ehrbarkeit vorprogrammiert. Dementsprechend folgte sein Fall bald nach dem Tod des Herzogs. Von dessen Nachfolger Johann Friedrich wurde Esslinger zunächst nach Neuenstadt versetzt, dann entlassen und wenig später in Stuttgart unter Hausarrest gestellt. Seine Gegner aus den Reihen der Landschaft strengten schließlich einen Prozess gegen den ehemaligen Landprokurator an, wobei dessen frühere heftige Auseinandersetzung mit dem Maulbronner Prälaten Felix Bidembach offenbar eine maßgebliche Rolle spielte. Esslingers Verteidigungsstrategie zielte erfolgreich darauf ab, seine Angelegenheit vor dem Reichskammergericht in Speyer anhängig zu machen. Von dort ergingen mehrere Entscheidungen zu seinen Gunsten, so dass er im Januar 1615 unter der Auflage aus dem württembergischen Arrest entlassen wurde, am Reichskammergericht keine weiteren Schritte zu unternehmen. Der ehemalige württembergische Rat wurde anschließend unter Verlust allen Besitzes des Landes verwiesen und ließ sich in der Reichsstadt Wimpfen nieder. Im Zuge der auf die Schlacht bei Wimpfen folgenden Kriegswirren kam er dort im Jahr 1622 gewaltsam ums Leben.

Inhalt und Geschichte des Bestands: Der Bestand A 48/03 ist Teil eines altwürttembergischen Membrums. Der größere Teil besteht aus Verwaltungsschriftgut wie etwa Prozessunterlagen oder Gutachten, den kleineren Teil machen Korrespondenzen in Form von Anbringen, Supplikationen und herzoglichen Befehlschreiben aus. Wohl um 1800 erfolgte durch Carl Friedrich Pfaff eine erste Verzeichnung der Unterlagen, welche jedoch oberflächlich blieb. 1824 wurde der Bestand durch eine Reihe zusätzlicher Unterlagen aus dem ehemals herzoglichen Archiv angereichert. Bedeutende Zuwächse erfolgten zudem im Jahr 1853, als die zugehörigen Akten aus der Registratur des ehemaligen Reichskammergerichts an das königlich württembergische Staatsarchiv gelangten. Im Rahmen der provenienzgerechten Erschließung der Reichskammergerichtsakten wurden diese dem Bestand Anfang der 1990er Jahren wieder entnommen und finden sich heute im Bestand C 3. Inhaltlich bietet der Bestand Einblick in den gegen Georg Esslinger vor dem Stuttgarter Stadtgericht geführten Prozess. Es finden sich unter anderem einige Prozessakten sowie einzelne Prozessprotokolle, dabei handelt es sich jedoch vornehmlich um Konzepte und Abschriften. Einige Stücke betreffen auch den in Speyer geführten Reichskammergerichtsprozess, allerdings sind die in A 48/03 erhaltenen Prozessunterlagen insgesamt als unvollständig zu bezeichnen. Die zu den Prozessakten entstandenen Beiakten bieten unter anderem Informationen über Esslingers Tätigkeit als Landprokurator, darüber hinaus dokumentiert der Bestand seine Haftbedingungen und die Bemühungen um seine Freilassung. Zu nennen bleiben schließlich die aus der Auseinandersetzung mit Felix Bidembach entstandenen Unterlagen. Hieraus geht klar hervor, dass Esslinger dem theologisch und rhetorisch geschulten Prälaten von Maulbronn nur wenig entgegenzusetzen hatte.

Zur Verzeichnung des Bestands: Im Zuge der Neuverzeichnung des Bestands im November 2009 ergab sich die Erfordernis, einen Teil des Bestands neu zu formieren. Dabei wurden unter inhaltlichen Gesichtspunkten einzelne Unterlagen aus bestehenden Büscheln entnommen und zu neuen Verzeichnungseinheiten zusammengefasst. Dies war etwa bei den nun in Büschel 4 befindlichen Akten der Fall, welche zuvor in Büschel 5 abgelegt waren. Zudem wurden zwei im Rahmen früherer Ordnungsarbeiten entstandene Faszikel in einem neuen Büschel 7 zusammengefasst. Durch die Neuformierung des Bestands erhöhte sich die Anzahl der Verzeichnungseinheiten von sieben auf zehn. Abschließend ist im Hinblick auf die Laufzeiten der einzelnen Verzeichnungseinheiten darauf hinzuweisen, dass sich diese zum Teil auch auf solche Aktenstücke beziehen, welche als Abschriften in den Bestand gelangt sind. Darüber hinaus ist zu beachten, dass nur bei den tagesgenau datierten Aktenstücken eine Doppeldatierung nach dem Julianischen und dem Gregorianischen Kalender erfolgt. Alle nicht näher gekennzeichneten Datierungen folgen ausschließlich dem Julianischen Kalender. Der Bestand umfasst nunmehr 10 Büschel (entsprechend 0,5 lfd. m).

Korrespondierende Bestände und Literatur: C 3 Reichskammergericht, Bü 1008-1014 Bernhardt, Walter: Die Zentralbehörden des Herzogtums Württemberg und ihre Beamten, 1520-1629, Band 1, S. 33-36, 275-277. Hantsch, Lothar (Hg.): Bad Friedrichshall 1933-1983, Band 1, Bad Friedrichshall 1983, S. 208-210. Kümmerle, Julian: Luthertum, humanistische Bildung und württembergischer Territorialstaat. Die Gelehrtenfamilie Bidembach vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Stuttgart 2008, S. 255-262. Stuttgart, im November 2009 Andreas Neuburger und Bernhard Theil

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 48/03
Extent
10 Büschel (0,5 lfd. m)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Altwürttembergisches Archiv >> Auslesebestände über die Landesverwaltung, Kabinett und Hofbehörden >> Rechtsprechung und Polizei >> Politische Kriminalprozesse

Indexentry person

Date of creation of holding
1608-1619

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Rights
Last update
20.01.2023, 3:09 PM CET

Data provider

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1608-1619

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