Architektur

Schloss-Ansicht von Südwesten-Neubau um 1879 (auf Frühgotischem Vorgänger) in historisierendem Stil für Richard Freiherr von Reischach (Oberhofmeister der Königin Olga von Württenberg)

Beschreibung des Oberamts Vaihingen (1856); Nußdorf; Gemeinde III. Kl. mit 992 Einw., wor. 1 Kath. Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Hohen-Asberg eingepfarrt. Zwischen den Thälern des Kreuzbaches und des Strudelbaches liegt hoch (1247,5 w. F. über dem Meere) der weithin sichtbare große Ort, der mit seinen beiden Kirchen und dem am südlichen Ortsende gelegenen Schloß eine malerische Ansicht darbietet. Vermöge dieser hohen freien Lage ist das Klima etwas rauher als in den tieferen Gegenden des Bezirks, daher auch die Ernte um etwa acht Tage später eintritt, als in dem nur 5/4 Stunden nordöstlich gelegenen Vaihingen; dagegen zeigt auf dieser den Frühlingsfrösten und kalten Nebeln weniger ausgesetzten Höhe das Obst ein besseres Gedeihen als in den Thälern, überhaupt ist die Umgegend sehr fruchtbar, und außer den gewöhnlichen Culturgewächsen kommen feinere Obstsorten, Welschkorn, Gurken, Bohnen und die Rebe noch fort. Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten, indem nicht nur der Ort selbst, sondern auch die östlich gelegene Hochschaid, Wetterscheiden bilden. Das freundliche, ziemlich regelmäßig angelegte Dorf ist an einen leicht geneigten nördlichen Abhang hingebaut, und nur das Schloß wie die Gottesackerkirche zum heil. Kreuz stehen ganz auf der Anhöhe; die Ortsstraßen sind gekandelt und reinlich gehalten, wie überhaupt in neuerer Zeit unter der Verwaltung des dermaligen Schultheißen Vieles für die Verschönerung des Dorfs gethan wird, namentlich wurden im Jahr 1853 mehrere vor der Pfarrkirche stehende Holzschöpfe und die hohe Kirchhofmauer abgebrochen, so daß nun die Kirche frei und etwas erhöht an der Hauptstraße steht. Die Pfarrkirche zum heil. Martin wurde im Jahr 1643 von den Franzosen beinahe ganz abgebrannt und im Jahr 1670 wieder neu, aber styllos aufgebaut, nachdem zu deren Erbauung 309 fl. 51 kr. eingesammelt worden waren. Der Chor, welcher noch von der früheren Kirche übrig geblieben zu sein scheint, schließt mit einem halben Achteck und trägt noch mit seinen Strebepfeilern und seinen spitzbogigen, gefüllten Fenstern das Gepräge des spät germanischen Baustils. Das weißgetünchte Innere hat nichts Ansprechendes, und wurde in den Jahren 1834/35, um mehr Raum zu erhalten, verändert, namentlich ward der Triumphbogen, der von dem Langhause zu dem mit einem Netzgewölbe versehenen Chor führte, weiter ausgebrochen und die an demselben angebrachte Kanzel abgenommen, die neue Kanzel dagegen auf eine Säule frei in den Chor gestellt, was gerade nicht sehr kirchlich aussieht. Der an der Westseite stehende, 84’ hohe, viereckige Thurm, ist noch alt und trägt ein einfaches Zeltdach. Von dem Thurme genießt man eine sehr schöne und ausgebreitete Aussicht nicht nur über das Flachland, aus dem sich der Asberg erhebt, sondern auch in das Enz-Thal und an den Stromberg. Von den drei Glocken ist die größte 1782 und die mittlere 1650 gegossen worden; die kleinste ist sehr alt und trägt weder Schrift noch Zeichen. Die Baulast der Kirche hat die Stiftungspflege. Die schon gedachte, am südlichen Ende des Orts hochgelegene Kirche zum heil. Kreuz ziert ein im rein germanischen Styl gehaltener Chor, der mit einem halben Achteck schließt und über den First des styllos veränderten Langhauses emporragt; der nicht hohe Thurm ist in seinem unteren Theile viereckig und geht gegen oben in ein Achteck über, das ein schlankes Zeltdach deckt. Das Innere des Langhauses hat außer einem Wandgemälde und zwei zu beiden Seiten des Triumphbogens angebrachten Baldachinen nichts Bemerkenswerthes; dagegen enthält der mit einem schönen Netzgewölbe gedeckte Chor einen seltenen Reichthum von Decke und Wandmalereien etwa aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, von denen sich an dem Gewölbe das Schweißtuch mit einem ausdrucksvollen Christuskopf, die vier Evangelisten, die Kreuzerhöhung etc. besonders auszeichnen; über dem Chorbogen ist das jüngste Gericht, und an der südlichen Wand die Lebensgeschichte Jesu in 26 Feldern gemalt. Diese der Erhaltung würdigen Reste älterer Kunst gehen ihrem Untergange täglich mehr entgegen, wenn dem bereits eingetretenen Verfall der Kirche nicht vorgebeugt wird. Unter dem [202] | Chor befindet sich die Gruft der gräflichen (vergl. Rieth) und freiherrlichen Familien v. Reischach; von den auf dem Boden angebrachten Grabdenkmalen ist das eines Hans, Jacob v. Reischach, † 1591 (einen Ritter, der auf einem Löwen kniet, vorstellend) besonders bemerkenswerth. Um diese Kirche liegt der Begräbnißplatz, welcher gegenwärtig auf Kosten der Gemeinde mit einer neuen Mauer und einem im germanischen Geschmack gehaltenen Eingang versehen wird. Zunächst der vorbeschriebenen Pfarrkirche stehen das von Seiten des Staats gut erhaltene Pfarrhaus, das 1808 von der Gemeinde erbaute und 1834 verbesserte Schulhaus und das Rathhaus. ANMERKUNG: Nußdorf wurde im April 1945 schwer bombardiert; dabei wurden - außer der Kirche heilig Kreuz, Ortskern und Ortskirche schwer verwüstet - Wiederaufbau bis 1958 unter Verwendung verbliebener Bausubatanz. HINWEIS. Der externe Link #3 führt zur Online-Resource der Oberamtsbeschreibungen mit weiteren Informationen

Standort
Nussdorf (Eberdingen)
Sammlung
Städte und Dörfer

Bezug (was)
Architektur

Ereignis
Herstellung
(wann)
19 Jh
(Beschreibung)
Neuzeitlich (auf Frühgotischem Vorgänger)

Letzte Aktualisierung
06.03.2023, 10:27 MEZ

Objekttyp


  • Architektur

Entstanden


  • 19 Jh

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