Bestand
Nachlass Oesterle-Schwerin, Jutta (Bestand)
Vorwort: Jutta Schwerin, am 25.
Februar 1941 in Jerusalem geboren, ist die Tochter des im Spätsommer
1935 aus Deutschland ausgewanderten jüdischen Kommunisten Heinz
Schwerin (1910-1948) und dessen Ehefrau Ricarda geb. Meltzer
(1912-1999). Schwerin verbrachte ihre Kindheit in Israel. Im Alter
von etwa 10 Jahren wurde sie Mitglied der Jugendorganisation
Haschomer Hatzair. Später trat sie der kommunistischen Jugend bei.
Als sie den Militärdienst ableisten sollte, protestierte sie
grundsätzlich - sie sei keine vollwertige Israelin, da ihre Mutter
keine Jüdin sei. Ben Gurion versuchte sie in einem persönlichen
Gespräch umzustimmen - vergeblich. In den 60er Jahren kam in den zum
Studium der Architektur nach Deutschland, wo sie mit dem
Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) in Kontakt kam. 1969
schloss sie ihr Studium als Innenarchitektin ab. Nach der Trennung
von ihrem Mann war sie von 1978 bis 1987 als selbständige
Innenarchitektin in Ulm tätig. 1974 wurde sie Mitglied der SPD, aus
der sie aber 1980 aus Protest gegen den NATO-Doppelbeschluss
austrat. 1983 wurde sie Mitglied der Grünen. Von 1975 bis 1980 war
sie für die SPD, von 1984 bis 1987 für die Grünen Mitglied im Ulmer
Stadtrat.
1987 wurde sie über die Landesliste in den
Deutschen Bundestag gewählt und war 1989/90 neben Helmut Lippelt und
Antje Vollmer eine der drei Fraktionssprecher der Grünen. Im
Bundestag erregte sie als grüne Bundestagsabgeordnete Aufsehen, als
sie sich als erste Frau - (und Mutter) öffentlich dazu bekannte,
lesbisch zu sein. Als wohnungspolitische Sprecherin der Grünen von
1987 bis 1990 engagierte sie sich schon früh gegen die Wohnungsnot
in Deutschland. Nachdem die Grünen bei der Bundestagswahl 1990 an
der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert waren, schied sie aus dem
Bundestag aus und wurde Mitarbeiterin der Abgeordneten Christina
Schenk von der Bundestagsgruppe Bündnis 90/Die Grünen. 1990 wurde
sie Sprecherin des LesbenRing e.V. und engagierte sich in den
folgenden Jahren u. a. für die Einbeziehung lesbischer Lebensweisen
in die Frauenpolitik. Vor der Bundestagswahl 1994 scheiterte sie
beim Versuch einer Wiederaufstellung bei den Grünen. Im Februar 1994
trat sie aus der Partei aus und kandidierte in Bonn für die
"Feministische Partei Die Frauen". Bis 2008 arbeitete Jutta Schwerin
als freie Architektin in Berlin.
2012 erschien bei
Spector Books Leipzig ihre autobiografische Erzählung "Ricardas
Tochter - Leben zwischen Deutschland und Israel".
Die Unterlagen wurden im Jahr 2020 übernommen; der Umfang
beträgt 2 laufende Meter mit 50 Verzeichnungseinheiten.
- Bestandssignatur
-
H Oesterle-Schwerin, Jutta
- Kontext
-
>> Handschriften und Nachlässe
- Bestandslaufzeit
-
1963/2019
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
-
03.04.2025, 12:43 MESZ
Datenpartner
Haus der Stadtgeschichte - Stadtarchiv Ulm. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1963/2019