Bestand
Kulturbund der DDR (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Gründung am 8.8.1945; Umwandlung in Kulturbund e.V. am
22./23.3.1990
Der Kulturbund der DDR, gegründet
am 03. Juli 1945 als "Kulturbund zur demokratischen Erneuerung
Deutschlands", war gedacht als überparteiliche und interzonale
Organisation, deren Ziel es war, "alle deutschen Männer und Frauen zu
vereinen, die des ehrlichen, unbeugsamen Willens sind, zur geistigen,
kulturellen Erneuerung Deutschlands mit Einsatz ihrer ganzen Kraft
beizutragen" und somit an einer demokratischen und antifaschistischen
Kulturentwicklung mitzuwirken. Im amerikanischen und britischen Sektor
Berlins wurde der Kulturbund im November 1947 verboten.
Der Kulturbund war nach dem Prinzip des
demokratischen Zentralismus aufgebaut. Das höchste Organ war der
Bundestag bzw. Bundeskongress. Bereits 1946 beteiligte sich der
Kulturbund mit einer eigenen Liste an den Landtagswahlen in Sachsen.
Am 15. Oktober 1950 nahm der Kulturbund gemeinsam mit den
Blockparteien und anderen Massenorganisationen auf einer Einheitsliste
an den Wahlen zur Volkskammer, zu den Landtagen, Kreistagen,
Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen teil. Er zog
mit einer Fraktion von 36 Abgeordneten in die Volkskammer ein. Bis
1990 war er dort und mit Abgeordneten in den örtlichen
Volksvertretungen vertreten. Der Kulturbund war Sammelbecken für
Vertreter von unterschiedlichsten kulturellen, philosophischen und
moralischen Ansichten. Seine Zielgruppe waren die Angehörigen der
Intelligenz, Kulturschaffende und Künstler, die eine neue geistige
Heimat suchten. Seit 1949 wurde ihm auch die Aufgabe zugewiesen, bis
dahin verbotene bzw. noch nicht wieder zugelassene Vereinigungen,
Gruppen oder Gesellschaften zu integrieren und zu kontrollieren, die
sich im weitesten Sinne mit Kultur befassten, etwa Philatelisten- und
Fotografiegruppen, Heimat- und Naturschutzgruppen, aber auch die
renommierte Goethe-Gesellschaft und ihre Ortsvereinigungen. Der
Kulturbund versuchte seine immer wieder von ihm selbst betonte
Überparteilichkeit und Unabhängigkeit zu bewahren, folgte aber bald
den kulturpolitischen Vorgaben der SED. 1958 wurde die Umbenennung in
"Deutscher Kulturbund" beschlossen. Die vom 7. Bundeskongress 1968
beschlossenen Grundaufgaben des Deutschen Kulturbundes gingen
ausdrücklich von der Anerkennung der führenden Rolle der SED aus. 1972
erfolgte auf dem VIII. Bundeskongress die Umbenennung der Organisation
in "Kulturbund der DDR". Der Kulturbund war fortan eine sozialistische
Massenorganisation kulturell Tätiger und Interessierter, die aktiv für
die Erfüllung der Kulturpolitik der SED eintrat. Im März 1990
beschloss der außerordentliche Bundeskongress die Umbenennung in
"Kulturbund e.V." und verabschiedete neue Leitsätze und ein neues
Programm.
Bestandsbeschreibung: Aufgaben
und Organisation:
Der "Kulturbund zur
demokratischen Erneuerung Deutschlands" wurde am 03.07.1945 in Berlin
gegründet. Initiator war der Dichter Johannes R. Becher, dem ein
Gründungskomitee mit prominenten Mitgliedern wie Paul Wegener, Eduard
Spranger und Gustav Dahrendorf zur Seite stand. Die Konstituierung des
Präsidialrates als zunächst höchstes Organ des Kulturbundes und die
Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten fand am 8. 8. 1945 statt.
Zum Präsidenten wurde Johannes R. Becher gewählt, Vizepräsidenten
wurden Bernhard Kellermann, Carl Hofer und Johannes Stroux. Der
Kulturbund stellte sich in seinem Gründungsaufruf die Aufgabe,
"...alle deutschen Männer und Frauen zu vereinen, die des ehrlichen,
unbeugsamen Willens sind, zur geistigen, kulturellen Erneuerung
Deutschlands mit Einsatz ihrer ganzen Kraft beizutragen. Die besten
Deutschen aller Berufe und Schichten gilt es in dieser schweren
Notzeit deutscher Geschichte zu sammeln, um eine deutsche
Erneuerungsbewegung zu schaffen, die auf allen Lebens- und
Wissensgebieten die Ueberreste des Faschismus und der Reaktion zu
vernichten gewillt ist und dadurch auch auf geistig kulturellem Gebiet
ein neues, sauberes, anständiges Leben aufbaut." Die Gründung der
Landesverbände, Wirkungs- und Ortsgruppen vollzog sich im Laufe des
Jahres 1945 und war etwa Mitte 1946 abgeschlossen. Der
organisationseigene Aufbau-Verlag wurde am 16.08.1945 als Gesellschaft
mit beschränkter Haftung gegründet. Die Gesellschafteranteile hielten
je zwei Vertreter des Kulturbundes und des Verlages. Zum Verlagsleiter
wurde Kurt Wilhelm bestellt. Im Sept. 1945 erschien das erste Heft der
Monatszeitschrift "Aufbau", ab Juli 1946 gab der Kulturbund die
Wochenzeitung "Sonntag" heraus. Die Rundfunksender der SBZ übertrugen
die Sendereihe "Stimme des Kulturbundes". Der Kulturbund agierte
zunächst in allen Besatzungszonen Berlins bis zu seinem Verbot in den
drei westlichen Zonen Ende des Jahres 1947. In Westdeutschland
existierten Landesverbände und Kulturbünde, die jedoch nach dem
KPD-Verbot 1956 ebenfalls bald verboten wurden. Auf dem V. Bundestag
1958, der die Umbenennung in "Deutscher Kulturbund" beschloss, wurden
Grundaufgaben verabschiedet, in denen die Auseinandersetzung mit der
bürgerlichen Ideologie der Kampf für den Frieden und die bewusste
Teilnahme am Aufbau der sozialistischen Gesellschaft als vorrangige
Aufgaben genannt wurden. 1972 erfolgte dann auf dem VIII.
Bundeskongress die Umbenennung in "Kulturbund der DDR", und der
Kulturbund galt fortan als eine sozialistische Massenorganisation
kulturell Tätiger und Interessierter, die aktiv für die Erfüllung der
Kulturpolitik der SED durch die Herausbildung sozialistischer
Persönlichkeiten und der Ausprägung der sozialistischen Lebensweise
wirkten sollte. Das Bündnis zwischen Arbeiterklasse und Intelligenz zu
festigen und zur Annäherung der Klassen und Schichten in der DDR
beizutragen war eine weitere Aufgabe, die dem Kulturbund in den 70er
Jahren gestellt wurde. Kennzeichnend für den Kulturbund waren seine
zahlreichen Arbeits- und Interessengemeinschaften, Arbeits- und
Freundeskreise und Fachgruppen, in denen ein reges Vereinsleben
entfaltet werden konnte. Diese boten vielfältige Möglichkeiten der
Freizeitgestaltung, Hobbyforschung, Traditions- und Erbepflege, der
Beschäftigung mit Sammelgebieten und künstlerischer Betätigung. Der
Kulturbund unterhielt rund 450 Galerien. Eine wichtige Rolle spielten
die Klubs des Kulturbundes/Klubs der Intelligenz, die in fast allen
Bezirks- und Kreisstädten bestanden. Deren Hauptaufgaben als
Treffpunkte der Angehörigen der Intelligenz waren vor allem die
Organisierung des interdisziplinären Gespräches, die Durchführung von
kulturellen Veranstaltungen und die Herausbildung eines regen
geselligen Lebens. In ähnlicher Weise wirkten die Hochschulgruppen des
Kulturbundes, deren Zielgruppe die Hochschullehrer und Studenten
bildeten.
Der Kulturbund war nach dem Prinzip
des demokratischen Zentralismus aufgebaut. Das höchste Organ war der
Bundestag/Bundeskongress, der den Präsidenten, den Präsidialrat und
die Zentrale Revisionskommission wählte. Der Präsidialrat wählte das
Präsidium, den 1. Bundessekretär und weitere Bundessekretäre sowie den
Bundesgeschäftsführer, die das Sekretariat des Präsidiums bildeten.
Beschlussfähig waren der Präsidialrat, das Präsidium und das
Sekretariat des Präsidiums. Auf Bezirks- und Kreisebene waren
Bezirksdelegiertenkonferenzen bzw. Kreisdelegiertenkonferenzen die
höchsten Organe, die die entsprechenden Leitungen wählten. Die
Gesellschaften und Verbände im Kulturbund wählten auf
Delegiertenkonferenzen Zentral-, Bezirks- und Kreisvorstände.
Grundorganisationen waren die Ortsgruppen, Klubs, Hoch- und
Fachschulgruppen, deren Leitungen auf Mitgliederhauptversammlungen
gewählt wurden. 1987 hatte der Kulturbund rund 271000 Mitglieder. Im
Mai 1990 beschloss der außerordentliche Bundeskongress die Umbenennung
in "Kulturbund e. V." und verabschiedete ein neues Programm und neue
Leitsätze. Der Kulturbund e. V. war nunmehr ein Dachverband, der
verschiedenartige Kulturprojekte förderte. In den neuen Ländern
formierten sich die Landesverbände mit zum Teil sehr unterschiedlicher
Struktur, deren Ziel es war, die kulturelle Eigenständigkeit der
Regionen und Kommunen zu bewahren und zu fördern und die
Freizeitinteressen ihrer Mitglieder zu befriedigen. Präsidenten des
Kulturbundes waren Johannes R. Becher (1945-1958), Max Burghardt
(1958-1977) und Hans Pischner (1977-1990),seit 1990 ist Marianne Piehl
Präsidentin.Bestandsbeschreibung: Die im Bestand überlieferten
Unterlagen der zentralen Leitung des Kulturbundes (Zentralleitung,
Bundesleitung, Bundessekretariat) dokumentieren die Entstehung und
Entwicklung des Kulturbundes und seiner Gesellschaften, seine
Tätigkeit, Aufgaben und Funktionen, darüber hinaus seine Stellung
innerhalb des Kulturbetriebes der DDR und seine Abhängigkeit von der
Kulturpolitik der SED. Die überlieferten Unterlagen der Fraktion des
Kulturbundes in der Volkskammer der DDR gewähren Einblicke in die
Wahrnehmung staatlicher Aufgaben durch den Kulturbund. Der
zeitgeschichtliche Wert der Überlieferung wird nicht zuletzt durch die
im Kulturbund organisierten und/oder mit ihm eng verbundenen
Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Wissenschaft der DDR bestimmt.
Einige Dokumente belegen die Tätigkeit des von Emigranten 1939
gegründeten Freien Deutschen Kulturbundes in England sowie des Freien
Deutschen Kulturbundes in Schweden. Mengenmäßige und inhaltliche
Schwerpunkte der Überlieferung bilden die Unterlagen der Zentralen
Kommissionen, Gesellschaften und Verbände, die Unterlagen der
Abteilungen des Bundessekretariates, die Unterlagen aus dem Büro des
1. Bundessekretärs und aus dem Büro des Sekretariates. Hier ist
besonders die fast lückenlose Überlieferung der Sitzungen und der
Beschlüsse des Sekretariates zu nennen. Bundeskongresse,
Präsidialratstagungen und Sitzungen des Präsidiums sind ebenfalls fast
lückenlos vorhanden. Die zahlreichen Freundeskreise, Arbeitskreise und
-gemeinschaften, Fachgruppen und Kommissionen und deren Tätigkeit auf
den Gebieten Natur und Heimat/Umwelt, Kunst und Literatur, Fotografie,
Philatelie und Esperanto werden umfangreich dokumentiert, ebenso die
Tätigkeit der Klubs des Kulturbundes/Klubs der Intelligenz und der
Hochschulgruppen. Die Aktivitäten der Bezirks- und Kreisorganisationen
sind u. a. aus den Unterlagen über Berichterstattung und Statistik,
aus Wettbewerbs- und Aktionsprogrammen, Arbeitsplänen und
Rundschreiben erschließbar, Anzahl und soziale Zusammensetzung der
Mitglieder lassen sich anhand der Statistiken ab etwa 1946 ermitteln.
Ebenfalls überliefert sind Unterlagen über den Feriendienst, die
Immobilien und die Finanzen. Internationale Verbindungen auf allen
Ebenen, etwa auf den Gebieten Philatelie, Fotografie, Natur und Umwelt
und Esperanto werden ebenso widergespiegelt wie die innerdeutsche
Zusammenarbeit in der Goethe-Gesellschaft, der Deutschen Begegnung
oder im Schwelmer Kreis. In geringerem Umfang sind Unterlagen zum
organisationseigenen Aufbau-Verlag, der Wochenzeitung "Sonntag" und
dem Mitteilungsblatt des Kulturbundes vorhanden, die zusammen mit den
Unterlagen der Publikationsabt. und der Abteilungen Programme und
Materialien und Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse Einblicke in
die Publikationstätigkeit und Verlagsarbeit ermöglichen. Weitere
Quellen über den Kulturbund befinden sich in den Beständen SED, hier
insbesondere Abt. Kultur, Sekretariat Meier, Büro Kurella und Büro
Hager, FDGB und Nationalrat der Nationalen Front, aber auch in den
Unterlagen anderer Massenorganisationen wie URANIA, und
FDJ.
Erschließungszustand:
Kartei
Zitierweise: BArch DY
27/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch DY 27
- Umfang
-
11690 Aufbewahrungseinheiten; 441,0 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Organisationen und Verbände >> Organisationen
- Provenienz
-
Kulturbund der DDR (KB), 1945-1990
- Bestandslaufzeit
-
1939-1994
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
Bundesarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Kulturbund der DDR (KB), 1945-1990
Entstanden
- 1939-1994