Bestand

Dekanatsakten des Bischöflichen Ordinariats 1821–1945 (Bestand)

Der Bestand „Dekanatsakten des Bischöflichen Ordinariats 1821–1945“ stellt eine Teilüberlieferung des Bischöflichen Ordinariats Würzburg dar. Er umfasst diejenigen Akten, die das Bischöfliche Ordinariat in der betreffenden Zeit zu einem Dekanat in alphabetischer Ordnung angelegt hat. Der Archivbestand wurde im Zuge der Provenienzbereinigung der früheren „Dekanatsakten“ 2009 neu formiert.

1. Behördengeschichte
Die Rechtsgrundlage für die Neuorganisation des Verhältnisses von Staat und Kirche nach der Säkularisation bildete das 19 Artikel umfassende bayerische Konkordat von 1817. Für die innere Organisation und Verwaltung der neuen Bistümer sind dabei insbesondere die Bestimmungen über die Aufgaben der neuen Domkapitel von Bedeutung. Auch die neuen Domkapitel waren eigenständige geistliche Korporationen, doch einen Sonderstatus im Diözesangefüge und eine vom Bischof rechtlich unabhängige Stellung besaßen sie nun nicht mehr. Mit der konkordatären Festlegung, dass die Domkapitel neben ihren liturgischen Aufgaben und Funktionen in den Kathedralkirchen in ihrer Gesamtheit die Bischöfe als Räte und Mitarbeiterstab in der Diözesanverwaltung zu unterstützen hatten, wuchs ihnen eine völlig neue Aufgabe zu. Die Domkapitel bildeten in den neuen bayerischen Bistümern nun den Kern der diözesanen Zentralverwaltung.
Voraussetzung für eine dauerhafte organisatorische Erneuerung des Bistums in der schwierigen Ausgangslage des Neubeginns 1821 war eine geordnete und effizient arbeitende kirchliche Zentralverwaltung. Als erste Amtshandlung nach seiner Inthronisation am 23. Dezember 1821 versammelte der neue Bischof Adam Friedrich von Groß zu Trockau (amt. 1821–1840) daher bereits am darauffolgenden Tag alle Domkapitulare zu einer gemeinsamen Sitzung in das Bischofshaus. Dort legte er mit der Neukonstituierung des Generalvikariats die künftigen Strukturen der zentralen Diözesanverwaltung fest, ernannte alle Domkanoniker zu Räten des Generalvikariats und bestellte den Domkapitular Kaspar Beck zum neuen Generalvikar des Bistums Würzburg. Die oberste diözesane Verwaltungsbehörde, deren Leitung Beck als Generalvikar übernahm, führte zunächst noch die seit 1808 gängige Bezeichnung Generalvikariat, erst 1823 erhielt sie offiziell den Titel Bischöfliches Ordinariat. 1823 setzte Bischof Groß zu Trockau eine neue Geschäftsordnung für die Ordinariatskanzlei in Kraft und verfügte 1838 eine Ordnung über die Abfassung und Vorlegung der Ordinariatsprotokolle (vgl. Bischöfliche Manualakten 1821–1898, Nr. 38).
Da in den einzelnen bayerischen Diözesen in den 1820er Jahren für die neu geschaffenen Zentralverwaltungen sehr unterschiedliche Benennungen existierten (Generalvikariat, Geistliches Ratskollegium) und dies oftmals zu Missverständnissen im Geschäftsgang und in der Korrespondenz zwischen den staatlichen Behörden und den diözesanen Verwaltungsstellen geführt hatte, wurde 1826 den Diözesen durch königliche Verordnung die einheitliche Bezeichnung Bischöfliches Ordinariat für deren Zentralverwaltungen vorgeschrieben. Eine Untergliederung des Bischöflichen Ordinariats in Generalvikariat und Allgemeiner Geistlicher Rat stand den Bischöfen frei. Im Bistum Würzburg wurde eine solche Untergliederung jedoch nicht vorgenommen.
An der Spitze des Bischöflichen Ordinariats stand der Bischof als Präsident, der bei den Sitzungen den Vorsitz innehatte und dem die letzte Entscheidung zukam (vgl. Bischöfliche Manualakten 1821–1898, Nr. 10). Weiterhin gehörten ihm an der Generalvikar als Direktor und Stellvertreter des Bischofs, dem die Leitung des Ordinariats und die Führung der Amtsgeschäfte oblag, sowie die Mitglieder des Domkapitels (Dompropst, -dekan, -kapitulare) als Ordinariatsräte, wobei ein Domkapitular zugleich als Sekretär des Bischofs fungierte. Zeitweilig wurde auch der Regens des Bischöflichen Priesterseminars als Ordinariatsrat ernannt. Hinzu kam ein Aktuar, der das Protokoll zu führen hatte und aus dem Kreis der Domvikare berufen wurde. Nicht zum Ratskollegium gehörten hingegen die übrigen Mitarbeiter der Ordinariatskanzlei.
Das Ordinariatskollegium tagte zweimal wöchentlich, um aktuelle Angelegenheiten des Bistums zu besprechen und zumeist sofort darüber zu entscheiden. Seine Mitglieder – auch der Bischof – waren dabei als Referenten für die ihnen zugeteilten Themen verantwortlich. Nach welchem Prinzip die Themenvergabe erfolgte, ist bislang nicht geklärt. Vermutlich wurden die Aufgaben nach Eignung der Referenten durch den Generalvikar verteilt. In den Zuständigkeitsbereich des Ordinariats fielen neben allgemeinen Verwaltungsgegenständen beispielsweise die Bepfründung von Priestern, sämtliche Amtsangelegenheiten der Dekanate, Pfarreien und sonstigen Seelsorgestellen, Bestätigungen von Kirchen-, Pfründen- und Gottesdienststiftungen, kirchliches Bauwesen, katholische Vereine und Verbände, Christenlehre, Schulangelegenheiten, Pastoralkonferenzen oder Approbationen.
Nach dem Tod Bischof Groß zu Trockaus 1840 gab es keine längere Unterbrechung der Ordinariatssitzungen zu verzeichnen. Die letzte Sitzung mit dem Bischof fand am 21. Februar statt, am 16. Oktober nahm schließlich der wenige Tage zuvor konsekrierte neue Bischof Georg Anton Stahl (amt. 1840–1870) zum ersten Mal an den Sitzungen teil. Ab dem 26. Oktober des genannten Jahres sind dann auch die Reinschriften der Protokolle erhalten, während für die Monate zuvor lediglich Konzepte überliefert sind. Formal kam es während der gesamten Überlieferungszeit der Protokolle zu keinen gravierenden Veränderungen in der Praxis der Sitzungen.
In der Regierungszeit Bischof Stahls wurden die Verwaltungsabläufe im Bischöflichen Ordinariat offenbar weiter optimiert. So ist beispielsweise ein Entwurf zur Reorganisation des Geschäftsgangs im Bischöflichen Ordinariat aus den 1840er Jahren überliefert (vgl. Bischöfliche Manualakten 1821–1998, Nr. 38). Das Ordinariat bestand als eigentliche Verwaltungsbehörde bis zum Jahr 1919, als Bischof Ferdinand Schlör (amt. 1898–1920/24) eine Verwaltungsreform verfügte. Dabei errichtete man zwei neue Behörden, den Allgemeinen Geistlichen Rat und das Bischöfliche Generalvikariat. Dem Allgemeinen Geistlichen Rat, dem ein Direktor vorstand und der sich aus den bisherigen Ordinariatsräten (Dignitäre und Domkapitulare) zusammensetzte, wurde als Aufgabenbereich die Behandlung der Verwaltungssachen (Temporalia) zugewiesen. Das Bischöfliche Generalvikariat, in dessen Zuständigkeitsbereich die geistlichen (Spiritualia) und personellen (Personalia) Angelegenheiten fielen, stand naturgemäß unter der Leitung des Generalvikars. Der ihm zur Aufgabenerfüllung beigeordnete Rat war personell identisch mit den Räten des Allgemeinen Geistlichen Rats (Domkapitulare). Sowohl die Schriftgutverwaltung des Generalvikariats als auch des Allgemeinen Geistlichen Rats wurde in einer gemeinsamen Kanzlei geführt, die organisatorisch beim Allgemeinen Geistlichen Rat angegliedert war, ebenso wie die Registratur und das Archiv. Der Allgemeine Geistliche Rat war aber nicht nur Verwaltungsbehörde an sich, sondern fungierte gleichzeitig auch als ständiges Beratungsgremium für den Bischof in wichtigen diözesanen Fragen.
Die im Sprachgebrauch und in den Diözesanschematismen verwendete Bezeichnung Bischöfliches Ordinariat steht seit 1919 für die Gesamtheit des zentralen bischöflichen Verwaltungsapparats (Diözesanverwaltung) und nicht mehr für eine eigene Behörde. Das Bischöfliche Ordinariat hatte seinen Sitz ab 1821 bis zu dessen Zerstörung im Jahre 1945 im Bruderhof.

2. Überlieferung
Der Bestand umfasst 52 Verzeichnungseinheiten in drei Archivkartons (0,45 lfd. Meter). Er verwahrt sämtliches Archivgut, das aus der Verwaltungstätigkeit des Bischöflichen Ordinariats mit den einzelnen Dekanaten im genannten Zeitraum entstanden ist. Die Benennung „Dekanatsakten“ verweist dabei auf den Bestandsbildner einer zentralen kirchlichen Behörde im Bistum Würzburg, während die Bestandsüberlieferungen, die in den jeweiligen Dekanaten entstanden sind als „Dekanatsarchive“ bezeichnet werden.
Der Schwerpunkt der Überlieferung liegt in der Zeit der Neuorganisation des Bistums in den 1820er Jahren und beinhaltet vor allem die dem Bischöflichen Ordinariat vorzulegenden Berichte der Dekane über deren Pfarreivisitationen bzw. die vom Bischöflichen Ordinariat mit Erlass vom 20. September 1822 von den Dekanen geforderten Erhebungen zu den ehemaligen respektive noch bestehenden Pfarreibenefizien (Name des Benefiziums, Stifter, jährlicher Ertrag, Obliegenheiten, Vergebungsrecht, Verwaltung und Verwendung). Daneben finden sich aus späteren Jahren Unterlagen zu Pastoralkonferenzen, Schulverhältnissen, Christenlehre sowie zu Pfarrhäusern mit staatlicher Baulast in den einzelnen Dekanaten.
Insgesamt scheinen die im Bischöflichen Ordinariat verwahrten Unterlagen bis zur Bombardierung Würzburgs am 16. März 1945, bei der ein Großteil des Bestands verloren gegangen ist, unverändert aufbewahrt worden zu sein. Ältere eventuell vorhandene Bestandsrepertorien gingen spätestens 1945 verloren. Zu welchem Zeitpunkt die Akten aus der Ordinariatsregistratur in das Ordinariatsarchiv transferiert wurden, ist nicht bekannt.

3. Bestandsbearbeitung
Der Neuformierung und -verzeichnung des Bestands „Dekanatsakten des Bischöflichen Ordinariats 1821–1945“ ab dem Jahr 2009 gingen Einzelverzeichnisse aus den 1990er Jahren zu den Landkapiteln/Dekanaten Alzenau, Arnstein, Aschaffenburg, Bischofsheim, Brückenau, Buchen, Bühlertann/Crailsheim, Bütthard/Bütthard-Röttingen, Dettelbach, Ebern, Eltmann, Gemünden und Geisa voraus, die einer sehr detaillierten Erschließung auf Einzelschriftstückebene folgten. Die als „Dekanatsakten“ bezeichneten Bestände enthielten das gesamte Schriftgut aus dem Zeitraum vom Arbeitsbeginn der Geistlichen Regierung (ca. 1570) als bestandsbildender Behörde bis in die 1970er Jahre und somit Schriftgut aus dem alten und neuen Bistum ohne zeitliche Binnengliederung.
Mit der Neuverzeichnung 2009 wurde die Überlieferung aus den „Dekanatsakten“ bis 1821 in den neu formierten Bestand „Landkapitelsakten der Geistlichen Regierung bis 1803 (1821)“ überführt. Die Unterlagen seit der Neuorganisation des Bistums Würzburg wurden im Bestand „Dekanatsakten des Bischöflichen Ordinariats 1821–1945“ zusammengefasst. In der Folgezeit wurde bis 2018 einerseits provenienzfremdes Material ausgesondert, andererseits dem Bestand aus Provenienzgründen die ursprünglich im Pertinenzbestand „Stiftungen (Generalia)“ aufbewahrten Unterlagen zu den genannten Pfarreibenefizien zugegliedert.
Nach der Neuordnung wurden die Titel nach den heutigen archivischen Standards neu gebildet. Der Umfang der Einheiten wurde dabei grundsätzlich in Folio oder Blatt angegeben. Eine darüber hinaus gehende Anzahl an losen, gehefteten oder gefalteten Dokumenten wurde entweder als Faszikel (mehrere Einzelblätter) oder, bei einer umfangreicheren Einheit, als Konvolut (Aktenpaket) bezeichnet. Aktenpakete besitzen mit der badischen bzw. preußischen Fadenheftung meist eine feste Bindung. Zudem kann der Umfang – abhängig von der Bindungs-/Verpackungsart – in Band, Heft oder Mappe angegeben werden. Prinzipiell erschließt sich die tatsächliche Materialmenge über die Rückenstärke (Aktendicke/-breite in Zentimeter) der Einheit. Diese sind in runden Klammern ( ) festgehalten. Wurden bei der Verzeichnung Angaben wie Datierung, Orte oder Personen von den Bearbeitern über inhaltliche Hinweise in den Akten oder über weiterführende Hilfsmittel und Literatur erschlossen, so sind diese mit eckigen Klammern [ ] gekennzeichnet.

4. Benutzung
Der Bestand ist uneingeschränkt zugänglich.

5. Sachverwandte Bestände
- Landkapitelsakten der Geistlichen Regierung bis 1803 (1821)
- Pfarreiakten des Bischöflichen Ordinariats 1821–1945
- Protokolle des Bischöflichen Ordinariats 1823–1858
- Sammlung Mandate und amtliche Rundschreiben

6. Zitierempfehlung
Diözesanarchiv Würzburg (DAW), Dekanatsakten des Bischöflichen Ordinariats 1821–1945, Nr. ...

7. Literatur und Quellen (in Auswahl)
- August Amrhein (Bearb.), Realschematismus der Diözese Würzburg, Würzburg 1897.
- Josef Aurich, Statistisches Amtshandbuch für den Regierungsbezirk Unterfranken und Aschaffenburg, Würzburg 1902.
- A[lois] B[arthelme] (Bearb.), Beschreibung der Pfarreien, Kuratien und Benefizien im königlich bayerischen Untermainkreise, mit Angabe des Patronatsrechts und der Erträge, Würzburg 1836.
- Joseph Beez (Bearb.), Topographische und statistische Beschreibung aller zur jetzigen Würzburger Diözese gehörigen Pfarreyen, Kaplaneyen, Curatien und Benefizien, [Würzburg] 1820.
- Hanns Hubert Hofmann, Unterfranken. Geschichte seiner Verwaltungsstrukturen seit dem Ende des Alten Reiches 1814–1980, Würzburg 1981.
- Joseph Müller, Die bischöflichen Diözesanbehörden, insbesondere das bischöfliche Ordinariat (Kirchenrechtliche Abhandlungen 15), Stuttgart 1905.
- Thomas Wehner, Das Bistum Würzburg im Spannungsfeld zwischen Säkularisation, Konkordat und Neuorganisation, in: Hans Ammerich (Hg.), Das Bayerische Konkordat 1817, Weißenhorn 2000, S. 231–244.
- Thomas Wehner (Bearb.), Realschematismus der Diözese Würzburg, Würzburg 1991 ff. Bisher erschienen: Dekanat Alzenau (1991), Dekanat Ebern (1994), Dekanat Karlstadt (2003), Dekanat Kitzingen (1997), Dekanat Lohr a. Main (1996), Dekanat Miltenberg (1994), Dekanat Obernburg (1998), Dekanat Ochsenfurt (Bearb. Roland Huth, 1991), Dekanat Rhön-Grabfeld (1993), Dekanat Schweinfurt-Stadt (2000), Dekanat Würzburg links des Mains (2000), Dekanat Würzburg rechts des Mains (1999), Dekanat Würzburg-Stadt (1992).
- Thomas Wehner/Wolfgang Weiß, 1821 – Bruch, Beginn, Wandel. 200 Jahre neues Bistum Würzburg, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter Bd. 84 (2021), Würzburg 2021, S. 13–125.

Stand: Dezember 2021

Bestandssignatur
Diözesanarchiv Würzburg, Dekanatsakten des Bischöflichen Ordinariats 1821–1945

Kontext
Diözesanarchiv Würzburg (Archivtektonik) >> 03. Bistum Würzburg seit 1821 >> 03.03 Bischöfliches Ordinariat

Bestandslaufzeit
1821–1945

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Letzte Aktualisierung
28.09.2023, 11:31 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1821–1945

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