Forschungsbericht | Research report

Variationen der Fragenreihenfolge als Instrument der Kausalitätsprüfung: eine Untersuchung zur Neutralisationstheorie devianten Verhaltens

'Fragenreihenfolgeeffekte werden in der empirischen Sozialforschung meist als unerwünschte Störvariablen betrachtet. Kognitionspsychologische Überlegungen (Schwarz, 1987; Schwarz und Strack, 1981) zeigen jedoch, daß gezielte Variationen der Fragenreihenfolge zur Prüfung substantieller Kausalhypothesen eingesetzt werden können. Dies wird am Beispiel der Neutralisationstheorie von Sykes und Matza vorgeführt. Gemäß dieser Theorie sind Personen um so eher bereit, ein Delikt zu begehen, je mehr sie über 'neutralisierende' Kognitionen verfügen, die das Delikt rechtfertigen. Da jedoch neutralisierende Kognitionen häufig als Rationalisierung bereits begangener Delikte gebildet werden, sind die verfügbaren Daten auch mit der einfacheren Hypothese kompatibel, daß Personen, die bereits ein Delikt begangen haben, mit höherer Wahrscheinlichkeit auch weitere Delikte begehen. Zur Prüfung des vermuteten kausalen Einflusses neutralisierender Kognitionen auf die Deliktbereitschaft wurde die kognitive Zugänglichkeit neutralisierender Kognitionen experimentell variiert. Die Hälfte der Vpn las zunächst die Beschreibung eines spezifischen Deliktes (Warenhausdiebstahl) und beurteilte eine Reihe neutralisierender Kognitionen, die für die Begehung dieses Deliktes angeboten wurden. Anschliessend berichteten sie für mehrere unterschiedliche Dekte die Wahrscheinlichkeit, daß sie sie selbst begehen könnten. Andere Vpn beurteilten die Wahrscheinlichkeit eigenen Deliktverhaltens vor der Beschäftigung mit neutralisierenden Kognitionen. Wie erwartet führte eine erhöhte kognitive Verfügbarkeit neutralisierender Kognitionen zum Bericht höherer Deliktwahrscheinlichkeit: Vpn, die zuvor über neutralisierende Kognitionen nachgedacht hatten, hielten es für wahrscheinlicher, daß sie selbst eine Reihe von Delikten begehen könnten als Vpn, denen neutralisierende Kognitionen weniger zugänglich waren. Theoretische und methodologische Implikationen werden diskutiert.' (Autorenreferat)

Variationen der Fragenreihenfolge als Instrument der Kausalitätsprüfung: eine Untersuchung zur Neutralisationstheorie devianten Verhaltens

Urheber*in: Schwarz, Norbert; Bayer, Andreas

Rechte vorbehalten - Freier Zugang

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Weitere Titel
Variations in the question sequence as an instrument of causality testing: a study on the neutrality theory of deviant behavior
Umfang
Seite(n): 23
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet

Erschienen in
ZUMA-Arbeitsbericht (1989/23)

Thema
Sozialwissenschaften, Soziologie
Psychologie
Erhebungstechniken und Analysetechniken der Sozialwissenschaften
Sozialpsychologie
kognitive Faktoren
Interdependenz
Problem
Befragung
Erhebungsmethode
Grundlagenforschung
Methodenentwicklung

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Schwarz, Norbert
Bayer, Andreas
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen -ZUMA-
(wo)
Deutschland, Mannheim
(wann)
1989

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-67061
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:27 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Forschungsbericht

Beteiligte

  • Schwarz, Norbert
  • Bayer, Andreas
  • Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen -ZUMA-

Entstanden

  • 1989

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