Akten | Bestand
Deutsche Nansen-Gesellschaft München e.V. (Bestand)
Vorwort: 1. Vereinsgeschichte:
Im Februar 1955 wurde in München die Idee zur Nansen-Gesellschaft geboren. Damals erhielt der Istanbuler Universitätsprofessor Dr. Fahrettin Kerim Gökay den Dr. h.c. der Ludwig-Maximilians-Universität. Ihr Rektor war damals Prof. Dr. Alfred Marchionini und man wollte mit der Ehrung den Dank für das zwischen 1933 und 1945 so vielen deutschen Professoren gewährte türkische Asyl abstatten. Im März erteilte die Familie Nansen die Zustimmung zur Namensgebung. Laut Satzung fühlte sich der neue Verein verpflichtet, "im wahren Geiste Fridtjof Nansens zu wirken und ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken zu dienen."
Der norwegische Polarforscher und Diplomat Fridtjof Nansen (10.10.1861 - 13.05.1930) hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg für die Repatriierung von 450.000 Kriegsgefangenen in 26 Ländern eingesetzt. Als Hochkommissar des Völkerbundes (seit August 1921) wurde ihm die gewaltige Aufgabe auferlegt, den mehreren Millionen Flüchtlingen zu helfen, die der Erste Weltkrieg, die Revolutionen und die Bürgerkriege aus ihrer Heimat vertrieben hatte. 1922 erhielt er den Friedens-Nobelpreis für seine Flüchtlingsarbeit.
Die Deutsche Nansen-Gesellschaft wurde offiziell bei der Gründungsversammlung am 14.07.1957 ins Leben gerufen. Für die ersten fünf Jahre (1957 - 1962) stand Walter Stain, der bayerische Staatsminister für Arbeit und soziale Fürsorge, als Präsident an der Spitze des Vereins. Vizepräsident war Dr. Martin Kornrumpf (seit 1959 Professor), der eigentliche Initiator der Vereinsgründung.
"Ziel der Deutschen Nansen-Gesellschaft ist" - laut § 2 der Satzung von 1957 - "die Forschung über die Massenzwangswanderungen und die Integration der davon Betroffenen. Sie führt eigene Untersuchungen durch und publiziert diese. Sie pflegt Kontakt mit anderen wissenschaftlichen Institutionen, die sich ausschließlich oder teilweise mit ähnlichen Aufgaben befassen, und fördert diese. Sie bemüht sich, ausländische Forscher nach Deutschland einzuladen und ausländische Publikationen wissenschaftlichen Instituten in Deutschland zugänglich zu machen und umgekehrt."
Die Deutsche Nansen-Gesellschaft trat erstmals 1961 an die Öffentlichkeit mit einer großen Feier zum 100. Geburtstag von Fridtjof Nansen, die unter dem Protektorat von Ministerpräsident Dr. Hans Ehard stand.
Im selben Jahr stiftete der ehemalige türkische Innenminister Prof. Dr. Gökay den goldenen Nansen-Ring. Präsident des Verleihungskomitees wurde Prof. Dr. Martin Kornrumpf, Preisträger des sechsten Nansen-Ringes. Über das "Internationale Collegium Fridtjof Nansen", den Zusammenschluss der Träger des Nansen-Ringes (auf 24 limitiert), pflegte er internationale Kontakte.
Die Deutsche Nansen-Gesellschaft hielt in der Bundesrepublik Deutschland folgende Konferenzen ab:
- 1. Asyl-Colloquium Heilsbronn bei Ansbach (1963)
- 2. Asyl-Colloquium Garmisch-Partenkirchen (1964)
- 3. Asyl-Colloquium Bochum (1965)
- Traunreut-Colloquium (1965)
- Regensburg-Colloquium (1966)
- Sindelfingen-Colloquium
Für prämierte Dissertationen zum Asylrecht und zur Flüchtlingsproblematik verlieh die Gesellschaft seit 1960 den Nansen-Preis.
Auf der Generalversammlung am 02.06.1962 löste Prof. Dr. Dr. Hans Harmsen aus Hamburg Staatsminister Walter Stain als Präsident ab. Geschäftsführender Vizepräsident blieb Prof. Dr. Martin Kornrumpf, der auf der Generalversammlung am 24.06.1965 zum Ehrenpräsidenten gewählt wurde. Prof. Harmsen konnte nicht die vorgeschriebenen fünf Jahre Präsident bleiben und trat am 03.01.1966 zurück. Bei der Generalversammlung am 10.06.1966 in Regensburg wurde Prof. Dr. Otto Kimminich aus Bochum für die restliche Amtszeit als Nachfolger gewählt und bei der Generalversammlung am 29.06.1967 in Sindelfingen bestätigt für die dritte Amtsperiode (1967 - 1972); geschäftsführender Vizepräsident wurde damals Dr. Karl Friedrich Zink aus Ansbach. Jedoch schon bei der letzten Generalversammlung am 04.11.1971 beschlossen die anwesenden Mitglieder die Auflösung des Vereins, die aber erst mit dem Eintrag ins Vereinsregister des Amtsgerichts München am 09.11.1973 rechtskräftig wurde.
2. Überlieferung und Bestandbildung:
Der Bestand "Deutsche Nansen-Gesellschaft, München e.V." setzt sich aus zwei unterschiedlichen Provenienzen zusammen: zum einen (Nr. 25 bis 30) aus dem Teilnachlass von Prof. Dr. Martin Kornrumpf, den er am 12.12.1979 dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv übergeben hat [Bereits am 21.03.1979 und am 29.10.1979 hatte Prof. Kornrumpf 8 bzw. 2 Kartons mit reichem Dokumentationsmaterial zum Flüchtlingswesen dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv übergeben. Aus diesem Material, das überwiegend aus Broschüren, Monographien, Zeitschriften, aber auch Umdrucken zum Flüchtlingsproblem in Bayern, in der BRD und im internationalen Bereich besteht, wurde in der Abt. V zusammen mit der analogen Sammlung von Ministerialrat a.D. Dr. Walter Kumpert (s. Verzeichnis von1980/1981) die sachthematische Sammlung "Flüchtlingswesen" gebildet.].
Diese Schriftstücke beziehen sich nur zum Teil auf die Deutsche Nansen-Gesellschaft, deren Gründungsmitglied er war; sie dokumentieren auch die wissenschaftliche und berufliche Tätigkeit von Prof. Kornrumpf, der seit 1945 als statistischer Berater des bayerischen Staatskommissars für das Flüchtlingswesen Wolfgang Jaenicke tätig war, von 1952 bis 1957 als Generalsekretär der Europäischen Forschungsgruppe für Flüchtlingsfragen und von 1954 bis 1961 als Chefredakteur der Zeitschrift "Integration". Die enge Verknüpfung von Prof. Kornrumpf mit der Deutschen Nansen-Gesellschaft seit 1957 rechtfertigen aber eine Zusammenfassung in einem Bestand; die Provenienz als privater Nachlass wurde bei der Gliederung des Bestandes deutlich gemacht.
Den zweiten Teil des Bestandes (Nr. 1 - 23), die eigentlichen Vereinsakten, übergab am 09.11. 1981 - mit Zustimmung von Prof. Kornrumpf - der Landrat des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen Dr. Karl Friedrich Zink (zuletzt geschäftsführender Vizepräsident der Deutschen Nansen-Gesellschaft) an das Bayerische Hauptstaatsarchiv. In der Abt. V (Nachlässe und Sammlungen) wurden diese Akten mit dem Nachlass Kornrumpf zum Bestand "Deutsche Nansen-Gesellschaft" vereinigt.
Hinweis: Siehe auch Nachlass Kornrumpf Nr. 1 - 11 (Abgabe 1997)
Juli 1990
Dr. Michael Stephan
- Reference number of holding
-
Dt. Nansen-Gesellschaft Deutsche Nansen-Gesellschaft München e.V.
- Extent
-
69
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Bayerischen Hauptstaatsarchivs >> 5 Abteilung V: Nachlässe und Sammlungen >> 5.2 Verbandsschriftgut >> 5.2.4 Schul- und Bildungswesen, Hochschule und Forschung, Erwachsenenbildung
- Date of creation of holding
-
1935-1987
- Other object pages
- Last update
-
03.04.2025, 11:04 AM CEST
Data provider
Bayerisches Hauptstaatsarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
- Akten
Time of origin
- 1935-1987