Akten
Schreiben von Luise (Lilly) Stallmann geb. Meier aus Minden an Oswald Stallmann, den Bruder ihres Mannes Paul Hans Hugo Stallmann, und von Paul Hans Hugo Stallmann von der Ostfront an seinen Bruder Oswald Stallmann
Enthält u.a.: Lilly: "Jochen liegt mal wieder gerne. Er hat sich, wir waren Sonntag mal alle wieder in Schnathorst nasse Füße geholt und muß nun dafür büßen. Na nun hat er wenigstens Zeit in die Bücher zu gucken das tut auch not. […] Es ist heute wirklich nicht leicht Schule zu halten für beide nicht Lehrer und Kinder denn die Zeit ist so unruhig. Sie fangen schon um 7 Uhr an aber oft haben wir schon um 9 oder 10 Alarm dann kommen die Kleineren zu nichts mehr. Doch wir trösten uns damit: "es geht ja alles vorüber.", 7. Mai 1944; Lilly: endlich Feldpostnummer von Paul erhalten, "Im allgemeinen aber geht es uns allen noch gut. Gewiß, es gibt Tage da fühlt man so recht die eigene Ohnmacht, wenn der Tommy, schlimmer ist noch der Amer[ikaner] über uns daher braust und seine Spaziergänge bis weit ins Land ausdehnt, aber wir hoffen ja daß dem bald ein Ende geboten wird. Doch sag mal lieber Oswald willst Du garnicht [!] mal in Urlaub kommen? es [!] ist trotz allem jetzt sehr schön, die Sonnentage locken!", 12. Mai 1944; Paul: "Aus dem Osten sende ich Dir recht herzliche Grüße. Wie Du wohl von Haus schon gehört hast bin ich am 6. März von Münster abgestellt zum Osten. Nachdem unser Transport von 13 Mann einmal hier, und einmal dort festgehalten wurde, kamen wir nach 10 Wochen an unsern eigentlichen Bestimmungstruppenteil an. Ja wer hätte daran gedacht, daß man mich auch noch einmal zum Osten verfrachten würde. Doch es ist Wirklichkeit. Das Schlimmste war ja, daß man in Ermangelung einer Anschrift volle 10 Wochen ohne jede Nachricht aus der Heimat war. Seit einigen Tagen habe ich nun Post aus der Heimat. […] Hoffentlich ist nun unser Bleiben bei diesem Haufen von längerer Dauer. Wir sind hier bei irgenteinem [!] Korpsstab.", 20. Mai 1944; Lilly: "Urlaub? Ja auch dies herrliche Wort erwähnt er [Paul] doch muß er erst 8 Mon. Soldat sein dann darf er vielleicht daran denken. Es wär so schön wenn Ihr beide zur gleichen Zeit hier sein könntet doch ich glaube die augenblicklichen Ereignisse haben diesen Gedanken schon längst umgeworfen. Alles sieht jetzt gespannt zum Westen aber auch zum Osten hin denn dort wird sich das gleiche Schicksal vollziehen.", sowie Luftangriff auf Osnabrück mit kleinen Schäden am Haus, in dem Liesbeth Stallmann wohnt: "Nur gut daß dort die Bunker stehen, ich wollt auch hier fänd man diese vor und könnte hingehen, es beruhigt", 7. Juni 1944; Paul: "Ich bin seit einigen Tagen als Zeichner für einen Zeichner, der den in Bombenurlaub gefahrenen Uffz. vertritt, vertretungsweise tätig. Es ist ja alles neu, und man muß sich doch erst so recht hineinfinden. Doch mit viel Freudigkeit u. gutem Willen läßt sich vieles machen. Jedenfalls ist die Arbeit interessant und grenzt doch in unser Fach. […] Wie Du ja auch gehört, sind im Augenblick alle Augen nach dem Westen gerichtet. Was wird die Invasion bringen. Ich bin immer noch der Überzeugung, daß der Endsieg doch auf unserer Seite sein wird.", 12. Juni 1944; Paul: "Der Krieg im Westen geht ja auch weiter. Die Vergeltung bekommt der Tommy auch schwer zu spüren. Hoffentlich werden sie ihn bald ganz fertig machen, damit er sich nicht mehr rühren kann. Dann wird auch der Friede nicht mehr fern sein.", 1. Juli 1944; Paul: "Ich bin seit dem 5.7.44 versetzt. Also wieder weiter. Ich bin jetzt zu einem Divisionsstab versetzt, und zwar als Zeichner. Ich bin hier auf der Kartenstelle. Nun muß man erst einmal sehen, was wird. Überall muß man sich neu einleben u. eingewöhnen. Überall ist die Arbeit wieder anders doch zum Lernen bin ich gern bereit. Ich freue mich über jeden Fortschritt, der auf dem Gebiet gemacht wird, denn nur wenn man die Materie ganz beherrscht, kann man auch was leisten. Ich gebe mir viel Mühe, um alle Lücken durch Fleiß u. Mühe auszugleichen. Wie geht es Dir lieber Oswald? Ist es mit Deinen Verwundungen schon besser geworden? Sieh bloß zu, daß alles wieder recht wird. […] Der Krieg schlägt oft harte Wunden. Wir wollen hoffen, daß dieser Krieg bald sein Ende finden wird. Von Minden bekomme ich auch fleißig Post. Ich bin auch sehr dankbar dafür; denn hier in dem elenden Osten ist es doch nichts. Ich würde gern zu Fuß nach Haus gehen, wenn es möglich wäre.", 16. Juli 1944; Lilly: "In herzlichem Gedenken senden wir Dir viel herzlich frohe Grüße. Wir alle hier sind so sehr sehr froh, daß Du jetzt in der Heimat bist, der Kampf im Osten muß furchtbar sein und Du wärst da ganz sicherlich dabei. Und doch werden Deine Gedanken immer dort sein bei diesem Geschehen und Du sehnst Dich zurück denn so tatenlos zusehen das liegt Dir nicht. Doch Oswald wenn Du mutlos wirst denk dann daran daß es auch anders kommen konnte [!]. Von Paul, du hörtest schon darüber, bekam ich gestern wieder Post, er ist inzwischen versetzt zum Divisionsstab als Zeichner und hat eine andere Feldpostn. bekommen 20186. Ich kann wohl sagen es war furchtbar dies Warten und nur das Eine das [!] alle Frauen hier keine Post bekamen, (die meisten Frauen warten schon 4-6 Wochen) war ein wenig Trost. Ach wie bescheiden wird man doch in dieser Zeit.", 23. Juli 1944; Paul: "Ich hatte von Haus schon gehört, daß Du in Deutschland bist. Ich freue mich mit Dir, denn was es hier im Osten war, weiß, was Deutschland ist. Ich glaube, daß Du wieder zu Deiner Einheit gern wieder [!] gingest, doch wenn Du kannst, bleibe ruhig noch im Reich; denn Du hast doch lange genug den Osten durchstreift. Ich bin jetzt als Zeichner bei einer Divisionskartenstelle. Die Arbeit ist interessant, und man kann sich mit gutem Willen auch darin zurecht finden, wenn man es ja auch nicht so rasch schafft wie ein jüngerer Mensch. Ich bin hier bei der Einheit der Älteste von den Lanzern [!] und Unteroffizieren. Unsere Einheit liegt im Süden der Ostfront. Ich habe jedenfalls von der ganzen Gegen die Nase voll. Ich kann dem Osten keine Reize abgewinnen. […] [Foto geschickt:] Ja man wird hier ja nicht dicker, zumal man sich ja auch immer Gedanken über die Familie macht. Na ja es wird schon wieder werden. […] Mit Urlaub ist es ja nun vorläufig aus, und es sieht noch nicht danach aus, daß es bald anders wird. Man sehnt sich doch allmählich nach Haus. In Gedanken ist man doch immer dabei. […] Doch man fällt dann immer in die Wirklichkeit zurück. […] Die Opperationen [!] an den Fronten gehen jetzt ja rasch voran. Man könnte bange werden. Doch hoffen wir auf den Führer. Möge der treue Gott seine Anordnungen lenken und segnen, dann wird schon das Rechte heraus [!] herauskommen. Hoffentlich wird uns ein baldiger, siegreicher Friede bescheret.", 8. Aug. 1944
- Reference number
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Stadt Minden WN 27 Nachlass Oswald Stallmann, Nr. 17
- Context
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Nachlass Oswald Stallmann
- Holding
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Stadt Minden WN 27 Nachlass Oswald Stallmann Nachlass Oswald Stallmann
- Date of creation
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1944
- Other object pages
- Delivered via
- Last update
-
24.06.2025, 1:13 PM CEST
Data provider
Kommunalarchiv Minden - Archiv der Stadt Minden und des Kreises Minden-Lübbecke. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Sachakte
Time of origin
- 1944