Archivbestand

Kirchengemeinde Bockum-Hövel (Bestand)

1. Gemeindegeschichte (Auszug aus: Jens Murken: Die Evangelischen Gemeinden in Westfalen. Band 1. Ahaus bis Hüsten)Hövel besitzt durchaus eine Reformationsgeschichte. Nachdem der Besitzer von Haus Ermelinghof, Gert von Galen, 1534 zur Lehre Luthers übergetreten war, waren die Pfarrer von Mitte des 16. bis Mitte des 17. Jahrhunderts lutherischen Bekenntnisses. Aus der St. Stephanus-Kirche wurden damals sämtliche Zeichen des katholischen Kultus entfernt, bis Alexander von Galen mit seiner Familie auf Haus Ermelinghof im Jahr 1652, beeinflusst durch Fürstbischof Christian Bernhard von Galen (1650-1678), zur katholischen Kirche zurückkehrte. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts blieben Bockum und Hövel im Kreis Lüdinghausen unweit von Hamm typische münsterländische, katholisch geprägte Bauerndörfer. Einige unter den um 1900 rund 460 Evangelischen hielten sich zur 1861 gegründeten Kirchengemeinde Ahlen, die meisten allerdings zur Kirchengemeinde Hamm [Arthur Schauerte: Heimatbriefe (1940er Jahre); www.ev-kirchengemeinde-bockum-hoevel.de; W 2251, 63; Kirchen der Neuzeit in Hamm, 2002 (W 11889), 101].Seit 1905/06 legte die Bergwerksgesellschaft Trier in der Landgemeinde Hövel mit der Abteufung von Schacht I eine Kohlenzeche an, die den Namen des friesischen Fürsten Radbod (679-719) erhielt, der dem iroschottischen Mönch und späteren Utrechter Erzbischof Willibrord (um 658-739) bei seinen Bekehrungsversuchen großen Widerstand entgegengesetzt hatte. In Radbod wie auch in der benachbarten Landgemeinde Bockum errichtete die Bergwerksgesellschaft in mehreren Etappen ausgedehnte Arbeitersiedlungen, erstmals für eine Bergwerkssiedlung auch zum Eigenheimerwerb. Nunmehr zogen in großer Zahl evangelische Arbeiter in die beiden nördlich der Lippe gelegenen Gemeinden Bockum und Hövel. Waren die bis dahin wenigen Evangelischen, die zur Diasporagemeinde Lüdinghausen gehörten, von Ahlen und Hamm aus betreut worden, so machte der Zuzug eine veränderte kirchliche Versorgung notwendig. Bereits 1907 stellte die Zechenleitung ein Wohnhaus für Gottesdienste zur Verfügung, und die benachbarte Kirchenge-meinde Hamm erklärte sich zur seelsorgerlichen Betreuung der Evangelischen unter den neuen Bewohnern der Kolonie bereit. In dem am 1.12.1907 eingeweihten Betsaal hielt der Hilfsprediger Karl Niemann aus Hamm alle vierzehn Tage Gottesdienst sowie evangelischen Religionsunterricht [LkA EKvW A 6-02; JWKG 81/1988, 78-80; W 10050, 171; JKWG 100/2005, 369-396].Am 12.11.1908 ereignete sich unter Tage eine Schlagwetterexplosion, die als bis dahin größtes Gru-benunglück in Deutschland fast 350 Todesopfer forderte. Nachdem die Grube gesümpft worden war, konnte im Spätsommer 1909 die Förderung auf Radbod wieder aufgenommen werden [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. Hilfsprediger Niemann war angesichts der äußerlichen und innerlichen Not nach dem Grubenunglück noch Ende 1908 nach Radbod in eine von der Bergwerksgesellschaft bereitgestellte Wohnung übergesiedelt. Bereits im Spätsommer 1908 hatte sich die Bergwerks-gesellschaft gegenüber der Kirchengemeinde notariell verpflichtet, das so genannte "Häusergeld" zu zahlen, womit der Bau von Privathäusern sowie der notwendig werdende Kirchbau finanziell unterstützt wurden. Der Gemeindeaufbau hatte für Niemann dennoch gleichsam bei Null zu beginnen, da erhebliche soziale, politische und konfessionelle Schwierigkeiten bestanden. Trotz Fluktuation und unterschiedlicher Herkunft der Bergleute begann aber, insbesondere unter Niemanns Nachfolger Wiehe, ein reges Gemeindeleben. Da der Lohn ein wenig über dem anderer Zechen lag, waren bald Arbeiter aus ganz Deutschland, Ost- und Westpreußen, aus Italien, Ungarn und Polen zugezogen [LkA EKvW A 6-02; JWKG 81/1988, 78-82; W 10050, 171].Im Herbst 1910 beschlossen die selbständigen Evangelischen in der Zechenkolonie Radbod die Bil-dung einer eigenen Kirchen- und Pfarrgemeinde. Aus dem Provinzialkirchen- und Pfarrstellengrün-dungsfonds wurde das notwendige Dotationskapital bewilligt und die Errichtung einer evangeli-schen Kirchengemeinde nebst einer Pfarrstelle oberbehördlich genehmigt. Die Errichtung der evangelischen Kirchengemeinde Radbod trat zum 1.7.1911 in Kraft [KA 1911, 54] (seit 3.9.1940 Kir-chengemeinde Bockum-Hövel [KA 1940, 88]). Bis dahin hatte eine provisorische Gemeindevertre-tung die Belange der quasi unabhängigen Gemeinde Radbod verwaltet [W 10050, 171]. Am 17.11.1912 konnte, nach dem Abschied aus der Notkirche, die neuerbaute, neoromanische Kirche ("Kreuzkirche") eingeweiht werden [B 302, 12; Kirchen der Neuzeit in Hamm, 2002, 101-105]. In den ersten Jahren der Gemeindeexistenz war nicht nur das Verhältnis zur Sozialdemokratie gespannt, sondern auch jenes der evangelischen Gemeinde zur katholischen Pfarrei. Die klassischen Streitpunkte Friedhof, Schule und Mischehen führten wiederkehrend zu Konflikten [JWKG 81/1988, 88].Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem hundert Gemeindeglieder als Soldaten ihr Leben verloren [B 302, 15], machte sich die allgemeine Kirchenaustrittsbewegung auch in Radbod bemerkbar (1919: 39 Kirchenaustritte bei nur zwei Wiedereintritten). Die Bewegung verebbte aber nicht nur bald, auch wuchs die Gemeinde durch Zuzüge in diesen Jahren kontinuierlich an [JWKG 81/1988, 92]. Am 9.5.1922 wurde die Gemeinde Herbern von Lüdinghausen nach Radbod umgepfarrt [W 1394, 40]. Im Frühjahr 1922 beschloss die Gemeinde daher die Errichtung einer 2. Pfarrstelle; das Konsisto-rium entsandte allerdings zum 1.6.1923 angesichts der damaligen Inflation zunächst nur einen ordinierten Hilfsprediger. Die Hilfsprediger wechselten in der Folgezeit häufig. Das Gemeindeleben war in den 1920er Jahren gleichwohl zunehmend aufgeblüht. Die entstehende Vereinsarbeit erlebte einen großen Zulauf. Im Herbst 1925 konnte gar ein großes Gemeindehaus unter reger Mitarbeit der Gemeinde gebaut werden, das 1931 wegen der großzügigen finanziellen Unterstützung des Gustav-Adolf-Vereins beim Bau den Namen "Gustav-Adolf-Haus" erhielt (2009 abgerissen). Jäh traf jedoch im Februar 1926 ein neuer Schlag die Gemeinde, als ein Grubenbrand die gesamte Belegschaft zeitweise arbeitslos machte und viele Familien in die Not trieb [JWKG 81/1988, 93]. Erst 1927 griff der EOK einen schon 1925 gestellten Antrag des Konsistoriums auf Schaffung einer 2. Pfarrstelle auf. Infolgedessen verpflichtete sich die Kirchengemeinde zur Beteiligung an der Besoldung des künftigen Pfarrstelleninhabers und der Provinzialkirchenrat be-willigte zur Errichtung der Pfarrstelle weitere Mittel aus dem Pfarrstellen- und Gemeindegrün-dungsfonds. Zur Deckung weiterer Fehlbeträge erklärte sich nunmehr auch der EOK bereit und genehmigte die Errichtung der 2. Pfarrstelle, die zum 1.4.1931 in Kraft trat [KA 1931, 63; LkA EKvW A 6-02]. Dem 1. Pfarrer Lorentz wurde nun der Pfarrbezirk Hövel mit den Evangelischen der Bau-erschaft Walstedde zugeteilt, dem 2. Pfarrer Hugo Echternkamp der Pfarrbezirk Bockum mit den Evangelischen der Bauerschaft Herbern [B 302, 19].Mit den Wahlen im Herbst 1932 hielt ein DC Einzug ins Presbyterium. Da bei den anschließenden Kirchenwahlen 1933 nur eine einzige Liste (Deutsche Christen) eingereicht worden war, wurde das gesamte Presbyterium und die gesamte kirchliche Gemeindevertretung mit DC besetzt. Nur die beiden Pfarrer schlossen sich nicht den DC an. Es kam zu schweren Konflikten und im Oktober 1934 zum völligen Bruch mit den Pfarrern, die keine Presbytersitzungen mehr einberiefen. Zeitgleich geschah die Begründung einer Ortsgruppe der "bekennenden Gemeinde", die bald die Mehrheit gegenüber den zahlenmäßig doch geringen Deutschen Christen erhielt. Die gespaltene Gemeinde lebte seit Herbst 1935, nachdem das Konsistorium einen Finanzbevollmächtigten für die Kirchenge-meinde eingesetzt hatte, meist "schiedlich-friedlich" (Pfarrer Lorentz) nebeneinander [B 302, 20f.]. Ende 1938 löste sich der Bruderrat auf, ohne dass eine Neubildung erfolgt wäre. Die Bekenntnisversammlungen ließen nach. Im Juli 1940 wurde Pfarrer Echternkamp zum Kriegsdienst einberufen. Am 26.9.1944 traf ein Bombenvolltreffer das Gustav-Adolf-Haus, in dem sechzehn Frauen, darunter eine Gemeindeschwester, starben und der das Gebäude weitgehend zerstörte. Auch die Kirche war nicht mehr benutzbar. Am 25.10.1944 trafen weitere Bomben die kirchlichen Gebäude; erneut starben zahlreiche Menschen, darunter die Küsterin. Viele Gemeindeglieder verließen Bockum-Hövel, kirchlicher Unterricht fiel aus und die Amtshandlungen wurden häuslich improvisiert [B 303, 35-38].Anfang März 1946 kehrte Pfarrer Echternkamp aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück. Bevor er in die Gemeinde zurückkehrte, versuchte er, sich um die freie Pfarrstelle in Hiltrup zu be-werben, da er "gern mal allein in einer Gemeinde" tätig sein wollte und die Rücksichtnahme auf einen Kollegen, wie in Bockum-Hövel mit seinen zwei Pfarrstellen notwendig, "manchmal auch hemmend auf die rechte Entwicklung des Gemeindelebens wirken" konnte [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. Die wiederhergestellte Kirche konnte am 31.10.1948 durch Pfarrer Echternkamp eingeweiht werden. Zum 1.4.1950 richtete die Kirchengemeinde ein Gemeindeamt ein, da die kirchliche Verwaltungsarbeit stark angewachsen war. Die vollständige Erneuerung des Gemeindehauses, in dessen Restflügel nach dem Krieg eine bescheidene Schwesternwohnung, ein kleiner Versammlungsraum und ein Jugendraum untergebracht waren, zog sich letztlich bis 1958 hin [B 303, 39f.; LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. II]. Auch in den 1950er Jahren waren Bockum und Hövel offenbar noch "Dörfer für sich". Dazwischen lag die Kolonie der Bergleute ("Radpotter"). Zugezogene wurden als "Herkömmlinge" tituliert, die gesellschaftliche Fragmentierung glich teilweise einem Klassensystem [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. 1956 wurde Bockum-Hövel Stadt [B 303, 42]. Die evangelische Gemeinde in Walstedde war auch während des Krieges von Pfarrer Lorentz ver-waltet worden. Als dann nach dem Kriege Flüchtlinge einströmten, konnte am 4.8.1946 der erste evangelische Gottesdienst in Walstedde abgehalten werden. Zwischen 1946 und 1959 wurde der Gemeindebezirk Walstedde von dem mit seinen Landsleuten aus Schlesien vertriebenen Pfarrer Wilhelm Bufe seelsorgerlich versorgt. In Herbern, im Zimmer einer evangelischen Lehrerin, hatte Pfarrer Echternkamp bereits kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erstmals einen Got-tesdienst gefeiert. Nach dem Kriege kamen etwas über 600 evangelische Flüchtlinge in die Diaspo-ragemeinde Herbern: 250 Wolgadeutsche und Ukrainer (sog. "Josefstaler"), etwa 200 Schlesier, hundert Brandenburger, meist aus der Niederlausitz, und etwa fünfzig weitere Ostdeutsche. Pfar-rer Echternkamp setzte sich mit großer Tatkraft für die neu entstandene Diaspora-Flüchtlingsge-meinde ein. Neben ihm betreuten Missionare und Diakone die Gemeinde. Pfarrer Dr. Otto Klein wurde dort dann zum 1.8.1950 mit der Verwaltung beauftragt und 1955 zum 3. Pfarrer gewählt, nachdem zum 1.10.1954 eine weitere, 3. Pfarrstelle mit dem Pfarrsitz in Herbern errichtet worden war [KA 1954, 95]. Der geplante Kapellenbau in Herbern war 1951 wegen des Erwerbs eines neuen Grundstücks vom Ausschuss für "Diasporahilfe" kurzzeitig zurückgestellt worden; am 21.12.1952 konnte dann aber die weit ins Land schauende "Auferstehungskirche" eingeweiht werden [B 303, 46-48; LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. I].Ende 1960 wurden in Bockum-Hövel die Pfarrbezirke neu eingeteilt und zum 1.7.1961 eine weitere, 4. Pfarrstelle mit dem Pfarrsitz in Bockum-Hövel errichtet [KA 1961, 117]. Bockum-Hövel besaß, im Ortsteil Bockum, nur eine Predigtstätte. Ein Kirchenneubau sollte angesichts der hohen Gemeinde-gliederzahl daher im Ortsteil Hövel errichtet werden. Das neue Gemeindezentrum "Auferstehungskirche" am Uphof, im Norden von Bockum-Hövel, konnte am 6.10.1963 eingeweiht werden [LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. III; Kirchen der Neuzeit in Hamm, 2002, 107-109]. 1973 wurde es um einen Kindergarten erweitert [LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. IV]. Zum 1.10.1981 wurde eine weitere, 5. Pfarrstelle errichtet [KA 1981, 261]. Deren Besetzung machte an-fangs Schwierigkeiten. Die Verwalterin des 5. Pfarrbezirks wurde im Mai 1983 nicht zur Pastorin ge-wählt, weil offenbar eine Mehrheit der Presbyter "der so engagiert für den Frieden eintretenden Pastorin den Kampf angesagt" hatte [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. Nachdem am 20.10.1985 die Gottes-dienststätte in Walstedde ("Paul-Gerhardt-Haus") eingeweiht worden war, konnte nach über dreißigjährigen Vorplanungen 1988 mit dem "Katharina-Luther-Centrum" an der Südgeist ein bezirklicher Mittelpunkt für die weitgestreuten Ansiedlungen im Westen und Südwesten der Kir-chengemeinde, also im 2. Pfarrbezirk (Bockum), geschaffen werden. Die seelsorgerische Arbeit im sog. Wittekindsblock im Südosten des Ortsteils Bockum hatte bereits 1939 unter Pfarrer Echternkamp begonnen. In Privatwohnungen hatten seit 1951, insbesondere aber seit Anfang der 1960er Jahre auch Gottesdienste gefeiert werden können, bis man die "Bockumer-Südener-Wohnungskirche" 1970 aufgab und ein sog. Kirchentaxi verkehren ließ. Nach der Inbetriebnahme eines Kindergartens im Sommer 1988 erfolgte die Einweihung des nach der "Lutherin" benannten Gemeindezentrums am 5.2.1989 [Kirchen der Neuzeit in Hamm, 2002, 111; W 7148; LkA EKvW 3.37 Nr. 41; LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. V]. 1990 schloss die Ruhrkohle AG, anders als noch Anfang der 1980er Jahre angekündigt, das Bergwerk Radbod, wo damals 2.300 Bergleute arbeiteten [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. Nach mehrjähriger Vakanz wurde die 1. Pfarrstelle zum 1.11.2006 aufgehoben [KA 2006, 211f.]; die 4. Pfarrstelle wurde zum 1.6.2007 aufgehoben [KA 2007, 147]. Der Drensteinfurter Ortsteil Walstedde wurde zum 1.9.2007 von der Kirchengemeinde Bockum-Hövel der Kirchengemeinde Ahlen zugeordnet, der Ascheberger Ortsteil Herbern kam von Bockum-Hövel zur Kirchengemeinde Werne [KA 2007, 201].Literatur:Ulrich Althöfer: Der Architekt Karl Siebold (1854-1937), Bielefeld 1998 (W 10050)Ulrich Althöfer: "Wie gewachsen". Die Kolonie Radbod, die evangelische Kreuzkirche und deren "Vater", der Architekt Karl Siebold, in: JKWG 100/2005, 369-396Wilhelmine Effenberger: Festschrift zum 75jährigen Jubiläum der Evangelischen Kirchengemeinde Bockum-Hövel, Bockum-Hövel 1986Erwin Lorentz: 30 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Radbod, Essen 1938 (B 302)E. Lorentz: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde Bockum-Hövel, Essen 1960 (B 303)Wilhelm H. Neuser: Die Entstehung einer westfälischen Industriegemeinde. Die Kirchengemeinde Bockum-Hövel 1911-1945, in: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte (JWKG) 81/1988, 77-94Julius Schwieters: Geschichtliche Nachrichten über den östlichen Theil des Kreises Lüdinghausen, die Pfarrgemeinden Werne, Herbern, Bockum, Hövel, Walstedde, Drensteinfurt, Ascheberg, Nordkirchen, Südkirchen und (Filiale) Kapelle umfassend. Unveränd., fotomech. Nachdr. d. Ausg. v. 1886, Münster 1974 (B 2817)Fritz Schumacher/Hartmut Greilich: Bockum-Hövel - Aus Geschichte und Heimatkunde, Münster 1956Katharina-Luther-Centrum: Südgeist, Bockum, Evangelische Kirchengemeinde Bockum-Hövel, 1988 (W 7148)Ein Stadtteil stellt sich vor: Bockum-Hövel, Bockum-Hövel 1975 (B 3539)2. Bearbeitung und Benutzung des BestandesDas Archiv der Ev. Kirchengemeinde Bockum-Hövel (Kirchenkreis Hamm) wurde 1999 im Landeskirchlichen Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen verzeichnet und in den Jahren 2003 bis 2016 um Nachträge ergänzt. Es besteht aus 320 Verzeichnungseinheiten - davon 2 VE Karten und Pläne sowie 10 VE Fotos -, die den Zeitraum von 1885 bis 2013 umfassen.Einen besonderen Schwerpunkt der Überlieferung bilden die Akten, die den Bau der Kreuzkirche und des Gustav-Adolf-Hauses an der Hammer Straße dokumentieren (siehe S. 31-38). Zudem sind auch zum Kirchenkampf beachtenswerte Vorgänge vorhanden. Neben der gemeindlichen Überlieferung befinden sich im Archiv der Kirchengemeinde auch Akten des Bezirksverbandes der Frauenhilfe des Kirchenkreises Hamm (Nr. 294-299, siehe S. 25f.).Ein Teil der 1999 verzeichneten Schriftstücke war nicht in zusammenhängenden Akten sondern als Einzelblätter überliefert. Diese einzelnen Schriftstücke wurden bei der Bearbeitung chronologisch geordnet und unter dem Titel "Allgemeine Verwaltung" verzeichnet. Bei der Verzeichnung erhielten die Akten fortlaufende Nummern, die als gültige Archivsignaturen im Findbuch ganz links neben dem jeweiligen Aktentitel aufgeführt sind. Der Titel der Akte, der den Inhalt beschreibt, wird je nach Bedarf durch Enthält- und Darin-Vermerke erweitert oder näher erläutert. Ganz rechts im Findbuch ist jeweils die Laufzeit der Akte angegeben. Runde Klammern (...) verweisen bei Abschriften auf das Datum des Originals, eckige Klammern [...] kennzeichnen erschlossene Jahresangaben undatierter Schriftstücke. Karten, Pläne und Fotos die in den Akten vorgefunden wurden, wurden dort belassen und sind im Darin-Vermerk aufgeführt. Nach den Erschließungsvermerken folgt das Registraturzeichen, falls es auf der Akte vermerkt war.Sofern die Benutzung nicht zu Verwaltungszwecken erfolgt, unterliegen gemäß Kirchengesetz zur Sicherung und Nutzung von kirchlichem Archivgut in der Evangelischen Kirche der Union vom 6. Mai 2000 (ArchG) sämtliche Archivalien einer 30-jährigen Sperrfrist (gerechnet nach Ende ihrer Laufzeit). Außerdem gilt für alle personenbezogenen Archivalien zusätzliche Sperrfristen gemäß ᄃ 7 ArchG. Diese Archivalien dürfen auch nach Ablauf der allgemeinen Sperrfrist erst 10 Jahre nach dem Tod der betreffenden Person eingesehen werden. Ist das Todesdatum nicht feststellbar, bemisst sich diese Frist auf 90 Jahre nach der Geburt.Kassiert wurde nicht archivwürdiges Schriftgut im Rahmen der Aufbewahrungs- und Kassationsordnung der EKvW vom 19.12.1989 und vom 20.02.2003.Bei der Zitierung des Archivbestandes ist anzugeben: LkA EKvW 4.110 Nr. ... (hier folgt die Archivsignatur der entsprechenden Archivalie).

Form und Inhalt: 1. Gemeindegeschichte (Auszug aus: Jens Murken: Die Evangelischen Gemeinden in Westfalen. Band 1. Ahaus bis Hüsten)
Hövel besitzt durchaus eine Reformationsgeschichte. Nachdem der Besitzer von Haus Ermelinghof, Gert von Galen, 1534 zur Lehre Luthers übergetreten war, waren die Pfarrer von Mitte des 16. bis Mitte des 17. Jahrhunderts lutherischen Bekenntnisses. Aus der St. Stephanus-Kirche wurden damals sämtliche Zeichen des katholischen Kultus entfernt, bis Alexander von Galen mit seiner Familie auf Haus Ermelinghof im Jahr 1652, beeinflusst durch Fürstbischof Christian Bernhard von Galen (1650-1678), zur katholischen Kirche zurückkehrte. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts blieben Bockum und Hövel im Kreis Lüdinghausen unweit von Hamm typische münsterländische, katholisch geprägte Bauerndörfer. Einige unter den um 1900 rund 460 Evangelischen hielten sich zur 1861 gegründeten Kirchengemeinde Ahlen, die meisten allerdings zur Kirchengemeinde Hamm [Arthur Schauerte: Heimatbriefe (1940er Jahre); www.ev-kirchengemeinde-bockum-hoevel.de; W 2251, 63; Kirchen der Neuzeit in Hamm, 2002 (W 11889), 101].
Seit 1905/06 legte die Bergwerksgesellschaft Trier in der Landgemeinde Hövel mit der Abteufung von Schacht I eine Kohlenzeche an, die den Namen des friesischen Fürsten Radbod (679-719) erhielt, der dem iroschottischen Mönch und späteren Utrechter Erzbischof Willibrord (um 658-739) bei seinen Bekehrungsversuchen großen Widerstand entgegengesetzt hatte. In Radbod wie auch in der benachbarten Landgemeinde Bockum errichtete die Bergwerksgesellschaft in mehreren Etappen ausgedehnte Arbeitersiedlungen, erstmals für eine Bergwerkssiedlung auch zum Eigenheimerwerb. Nunmehr zogen in großer Zahl evangelische Arbeiter in die beiden nördlich der Lippe gelegenen Gemeinden Bockum und Hövel. Waren die bis dahin wenigen Evangelischen, die zur Diasporagemeinde Lüdinghausen gehörten, von Ahlen und Hamm aus betreut worden, so machte der Zuzug eine veränderte kirchliche Versorgung notwendig. Bereits 1907 stellte die Zechenleitung ein Wohnhaus für Gottesdienste zur Verfügung, und die benachbarte Kirchenge-meinde Hamm erklärte sich zur seelsorgerlichen Betreuung der Evangelischen unter den neuen Bewohnern der Kolonie bereit. In dem am 1.12.1907 eingeweihten Betsaal hielt der Hilfsprediger Karl Niemann aus Hamm alle vierzehn Tage Gottesdienst sowie evangelischen Religionsunterricht [LkA EKvW A 6-02; JWKG 81/1988, 78-80; W 10050, 171; JKWG 100/2005, 369-396].
Am 12.11.1908 ereignete sich unter Tage eine Schlagwetterexplosion, die als bis dahin größtes Gru-benunglück in Deutschland fast 350 Todesopfer forderte. Nachdem die Grube gesümpft worden war, konnte im Spätsommer 1909 die Förderung auf Radbod wieder aufgenommen werden [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. Hilfsprediger Niemann war angesichts der äußerlichen und innerlichen Not nach dem Grubenunglück noch Ende 1908 nach Radbod in eine von der Bergwerksgesellschaft bereitgestellte Wohnung übergesiedelt. Bereits im Spätsommer 1908 hatte sich die Bergwerks-gesellschaft gegenüber der Kirchengemeinde notariell verpflichtet, das so genannte "Häusergeld" zu zahlen, womit der Bau von Privathäusern sowie der notwendig werdende Kirchbau finanziell unterstützt wurden. Der Gemeindeaufbau hatte für Niemann dennoch gleichsam bei Null zu beginnen, da erhebliche soziale, politische und konfessionelle Schwierigkeiten bestanden. Trotz Fluktuation und unterschiedlicher Herkunft der Bergleute begann aber, insbesondere unter Niemanns Nachfolger Wiehe, ein reges Gemeindeleben. Da der Lohn ein wenig über dem anderer Zechen lag, waren bald Arbeiter aus ganz Deutschland, Ost- und Westpreußen, aus Italien, Ungarn und Polen zugezogen [LkA EKvW A 6-02; JWKG 81/1988, 78-82; W 10050, 171].
Im Herbst 1910 beschlossen die selbständigen Evangelischen in der Zechenkolonie Radbod die Bil-dung einer eigenen Kirchen- und Pfarrgemeinde. Aus dem Provinzialkirchen- und Pfarrstellengrün-dungsfonds wurde das notwendige Dotationskapital bewilligt und die Errichtung einer evangeli-schen Kirchengemeinde nebst einer Pfarrstelle oberbehördlich genehmigt. Die Errichtung der evangelischen Kirchengemeinde Radbod trat zum 1.7.1911 in Kraft [KA 1911, 54] (seit 3.9.1940 Kir-chengemeinde Bockum-Hövel [KA 1940, 88]). Bis dahin hatte eine provisorische Gemeindevertre-tung die Belange der quasi unabhängigen Gemeinde Radbod verwaltet [W 10050, 171]. Am 17.11.1912 konnte, nach dem Abschied aus der Notkirche, die neuerbaute, neoromanische Kirche ("Kreuzkirche") eingeweiht werden [B 302, 12; Kirchen der Neuzeit in Hamm, 2002, 101-105]. In den ersten Jahren der Gemeindeexistenz war nicht nur das Verhältnis zur Sozialdemokratie gespannt, sondern auch jenes der evangelischen Gemeinde zur katholischen Pfarrei. Die klassischen Streitpunkte Friedhof, Schule und Mischehen führten wiederkehrend zu Konflikten [JWKG 81/1988, 88].
Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem hundert Gemeindeglieder als Soldaten ihr Leben verloren [B 302, 15], machte sich die allgemeine Kirchenaustrittsbewegung auch in Radbod bemerkbar (1919: 39 Kirchenaustritte bei nur zwei Wiedereintritten). Die Bewegung verebbte aber nicht nur bald, auch wuchs die Gemeinde durch Zuzüge in diesen Jahren kontinuierlich an [JWKG 81/1988, 92]. Am 9.5.1922 wurde die Gemeinde Herbern von Lüdinghausen nach Radbod umgepfarrt [W 1394, 40]. Im Frühjahr 1922 beschloss die Gemeinde daher die Errichtung einer 2. Pfarrstelle; das Konsisto-rium entsandte allerdings zum 1.6.1923 angesichts der damaligen Inflation zunächst nur einen ordinierten Hilfsprediger. Die Hilfsprediger wechselten in der Folgezeit häufig. Das Gemeindeleben war in den 1920er Jahren gleichwohl zunehmend aufgeblüht. Die entstehende Vereinsarbeit erlebte einen großen Zulauf. Im Herbst 1925 konnte gar ein großes Gemeindehaus unter reger Mitarbeit der Gemeinde gebaut werden, das 1931 wegen der großzügigen finanziellen Unterstützung des Gustav-Adolf-Vereins beim Bau den Namen "Gustav-Adolf-Haus" erhielt (2009 abgerissen). Jäh traf jedoch im Februar 1926 ein neuer Schlag die Gemeinde, als ein Grubenbrand die gesamte Belegschaft zeitweise arbeitslos machte und viele Familien in die Not trieb [JWKG 81/1988, 93]. Erst 1927 griff der EOK einen schon 1925 gestellten Antrag des Konsistoriums auf Schaffung einer 2. Pfarrstelle auf. Infolgedessen verpflichtete sich die Kirchengemeinde zur Beteiligung an der Besoldung des künftigen Pfarrstelleninhabers und der Provinzialkirchenrat be-willigte zur Errichtung der Pfarrstelle weitere Mittel aus dem Pfarrstellen- und Gemeindegrün-dungsfonds. Zur Deckung weiterer Fehlbeträge erklärte sich nunmehr auch der EOK bereit und genehmigte die Errichtung der 2. Pfarrstelle, die zum 1.4.1931 in Kraft trat [KA 1931, 63; LkA EKvW A 6-02]. Dem 1. Pfarrer Lorentz wurde nun der Pfarrbezirk Hövel mit den Evangelischen der Bau-erschaft Walstedde zugeteilt, dem 2. Pfarrer Hugo Echternkamp der Pfarrbezirk Bockum mit den Evangelischen der Bauerschaft Herbern [B 302, 19].
Mit den Wahlen im Herbst 1932 hielt ein DC Einzug ins Presbyterium. Da bei den anschließenden Kirchenwahlen 1933 nur eine einzige Liste (Deutsche Christen) eingereicht worden war, wurde das gesamte Presbyterium und die gesamte kirchliche Gemeindevertretung mit DC besetzt. Nur die beiden Pfarrer schlossen sich nicht den DC an. Es kam zu schweren Konflikten und im Oktober 1934 zum völligen Bruch mit den Pfarrern, die keine Presbytersitzungen mehr einberiefen. Zeitgleich geschah die Begründung einer Ortsgruppe der "bekennenden Gemeinde", die bald die Mehrheit gegenüber den zahlenmäßig doch geringen Deutschen Christen erhielt. Die gespaltene Gemeinde lebte seit Herbst 1935, nachdem das Konsistorium einen Finanzbevollmächtigten für die Kirchenge-meinde eingesetzt hatte, meist "schiedlich-friedlich" (Pfarrer Lorentz) nebeneinander [B 302, 20f.]. Ende 1938 löste sich der Bruderrat auf, ohne dass eine Neubildung erfolgt wäre. Die Bekenntnisversammlungen ließen nach. Im Juli 1940 wurde Pfarrer Echternkamp zum Kriegsdienst einberufen. Am 26.9.1944 traf ein Bombenvolltreffer das Gustav-Adolf-Haus, in dem sechzehn Frauen, darunter eine Gemeindeschwester, starben und der das Gebäude weitgehend zerstörte. Auch die Kirche war nicht mehr benutzbar. Am 25.10.1944 trafen weitere Bomben die kirchlichen Gebäude; erneut starben zahlreiche Menschen, darunter die Küsterin. Viele Gemeindeglieder verließen Bockum-Hövel, kirchlicher Unterricht fiel aus und die Amtshandlungen wurden häuslich improvisiert [B 303, 35-38].
Anfang März 1946 kehrte Pfarrer Echternkamp aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück. Bevor er in die Gemeinde zurückkehrte, versuchte er, sich um die freie Pfarrstelle in Hiltrup zu be-werben, da er "gern mal allein in einer Gemeinde" tätig sein wollte und die Rücksichtnahme auf einen Kollegen, wie in Bockum-Hövel mit seinen zwei Pfarrstellen notwendig, "manchmal auch hemmend auf die rechte Entwicklung des Gemeindelebens wirken" konnte [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. Die wiederhergestellte Kirche konnte am 31.10.1948 durch Pfarrer Echternkamp eingeweiht werden. Zum 1.4.1950 richtete die Kirchengemeinde ein Gemeindeamt ein, da die kirchliche Verwaltungsarbeit stark angewachsen war. Die vollständige Erneuerung des Gemeindehauses, in dessen Restflügel nach dem Krieg eine bescheidene Schwesternwohnung, ein kleiner Versammlungsraum und ein Jugendraum untergebracht waren, zog sich letztlich bis 1958 hin [B 303, 39f.; LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. II]. Auch in den 1950er Jahren waren Bockum und Hövel offenbar noch "Dörfer für sich". Dazwischen lag die Kolonie der Bergleute ("Radpotter"). Zugezogene wurden als "Herkömmlinge" tituliert, die gesellschaftliche Fragmentierung glich teilweise einem Klassensystem [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. 1956 wurde Bockum-Hövel Stadt [B 303, 42].
Die evangelische Gemeinde in Walstedde war auch während des Krieges von Pfarrer Lorentz ver-waltet worden. Als dann nach dem Kriege Flüchtlinge einströmten, konnte am 4.8.1946 der erste evangelische Gottesdienst in Walstedde abgehalten werden. Zwischen 1946 und 1959 wurde der Gemeindebezirk Walstedde von dem mit seinen Landsleuten aus Schlesien vertriebenen Pfarrer Wilhelm Bufe seelsorgerlich versorgt. In Herbern, im Zimmer einer evangelischen Lehrerin, hatte Pfarrer Echternkamp bereits kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erstmals einen Got-tesdienst gefeiert. Nach dem Kriege kamen etwas über 600 evangelische Flüchtlinge in die Diaspo-ragemeinde Herbern: 250 Wolgadeutsche und Ukrainer (sog. "Josefstaler"), etwa 200 Schlesier, hundert Brandenburger, meist aus der Niederlausitz, und etwa fünfzig weitere Ostdeutsche. Pfar-rer Echternkamp setzte sich mit großer Tatkraft für die neu entstandene Diaspora-Flüchtlingsge-meinde ein. Neben ihm betreuten Missionare und Diakone die Gemeinde. Pfarrer Dr. Otto Klein wurde dort dann zum 1.8.1950 mit der Verwaltung beauftragt und 1955 zum 3. Pfarrer gewählt, nachdem zum 1.10.1954 eine weitere, 3. Pfarrstelle mit dem Pfarrsitz in Herbern errichtet worden war [KA 1954, 95]. Der geplante Kapellenbau in Herbern war 1951 wegen des Erwerbs eines neuen Grundstücks vom Ausschuss für "Diasporahilfe" kurzzeitig zurückgestellt worden; am 21.12.1952 konnte dann aber die weit ins Land schauende "Auferstehungskirche" eingeweiht werden [B 303, 46-48; LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. I].
Ende 1960 wurden in Bockum-Hövel die Pfarrbezirke neu eingeteilt und zum 1.7.1961 eine weitere, 4. Pfarrstelle mit dem Pfarrsitz in Bockum-Hövel errichtet [KA 1961, 117]. Bockum-Hövel besaß, im Ortsteil Bockum, nur eine Predigtstätte. Ein Kirchenneubau sollte angesichts der hohen Gemeinde-gliederzahl daher im Ortsteil Hövel errichtet werden. Das neue Gemeindezentrum "Auferstehungskirche" am Uphof, im Norden von Bockum-Hövel, konnte am 6.10.1963 eingeweiht werden [LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. III; Kirchen der Neuzeit in Hamm, 2002, 107-109]. 1973 wurde es um einen Kindergarten erweitert [LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. IV]. Zum 1.10.1981 wurde eine weitere, 5. Pfarrstelle errichtet [KA 1981, 261]. Deren Besetzung machte an-fangs Schwierigkeiten. Die Verwalterin des 5. Pfarrbezirks wurde im Mai 1983 nicht zur Pastorin ge-wählt, weil offenbar eine Mehrheit der Presbyter "der so engagiert für den Frieden eintretenden Pastorin den Kampf angesagt" hatte [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. Nachdem am 20.10.1985 die Gottes-dienststätte in Walstedde ("Paul-Gerhardt-Haus") eingeweiht worden war, konnte nach über dreißigjährigen Vorplanungen 1988 mit dem "Katharina-Luther-Centrum" an der Südgeist ein bezirklicher Mittelpunkt für die weitgestreuten Ansiedlungen im Westen und Südwesten der Kir-chengemeinde, also im 2. Pfarrbezirk (Bockum), geschaffen werden. Die seelsorgerische Arbeit im sog. Wittekindsblock im Südosten des Ortsteils Bockum hatte bereits 1939 unter Pfarrer Echternkamp begonnen. In Privatwohnungen hatten seit 1951, insbesondere aber seit Anfang der 1960er Jahre auch Gottesdienste gefeiert werden können, bis man die "Bockumer-Südener-Wohnungskirche" 1970 aufgab und ein sog. Kirchentaxi verkehren ließ. Nach der Inbetriebnahme eines Kindergartens im Sommer 1988 erfolgte die Einweihung des nach der "Lutherin" benannten Gemeindezentrums am 5.2.1989 [Kirchen der Neuzeit in Hamm, 2002, 111; W 7148; LkA EKvW 3.37 Nr. 41; LkA EKvW 2 neu/Bockum-Hövel 4, Bd. V]. 1990 schloss die Ruhrkohle AG, anders als noch Anfang der 1980er Jahre angekündigt, das Bergwerk Radbod, wo damals 2.300 Bergleute arbeiteten [LkA EKvW 3.37 Nr. 41]. Nach mehrjähriger Vakanz wurde die 1. Pfarrstelle zum 1.11.2006 aufgehoben [KA 2006, 211f.]; die 4. Pfarrstelle wurde zum 1.6.2007 aufgehoben [KA 2007, 147]. Der Drensteinfurter Ortsteil Walstedde wurde zum 1.9.2007 von der Kirchengemeinde Bockum-Hövel der Kirchengemeinde Ahlen zugeordnet, der Ascheberger Ortsteil Herbern kam von Bockum-Hövel zur Kirchengemeinde Werne [KA 2007, 201].
Literatur:
Ulrich Althöfer: Der Architekt Karl Siebold (1854-1937), Bielefeld 1998 (W 10050)
Ulrich Althöfer: "Wie gewachsen". Die Kolonie Radbod, die evangelische Kreuzkirche und deren "Vater", der Architekt Karl Siebold, in: JKWG 100/2005, 369-396
Wilhelmine Effenberger: Festschrift zum 75jährigen Jubiläum der Evangelischen Kirchengemeinde Bockum-Hövel, Bockum-Hövel 1986
Erwin Lorentz: 30 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Radbod, Essen 1938 (B 302)
E. Lorentz: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde Bockum-Hövel, Essen 1960 (B 303)
Wilhelm H. Neuser: Die Entstehung einer westfälischen Industriegemeinde. Die Kirchengemeinde Bockum-Hövel 1911-1945, in: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte (JWKG) 81/1988, 77-94
Julius Schwieters: Geschichtliche Nachrichten über den östlichen Theil des Kreises Lüdinghausen, die Pfarrgemeinden Werne, Herbern, Bockum, Hövel, Walstedde, Drensteinfurt, Ascheberg, Nordkirchen, Südkirchen und (Filiale) Kapelle umfassend. Unveränd., fotomech. Nachdr. d. Ausg. v. 1886, Münster 1974 (B 2817)
Fritz Schumacher/Hartmut Greilich: Bockum-Hövel - Aus Geschichte und Heimatkunde, Münster 1956
Katharina-Luther-Centrum: Südgeist, Bockum, Evangelische Kirchengemeinde Bockum-Hövel, 1988 (W 7148)
Ein Stadtteil stellt sich vor: Bockum-Hövel, Bockum-Hövel 1975 (B 3539)
2. Bearbeitung und Benutzung des Bestandes
Das Archiv der Ev. Kirchengemeinde Bockum-Hövel (Kirchenkreis Hamm) wurde 1999 im Landeskirchlichen Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen verzeichnet und in den Jahren 2003 bis 2016 um Nachträge ergänzt. Es besteht aus 320 Verzeichnungseinheiten - davon 2 VE Karten und Pläne sowie 10 VE Fotos -, die den Zeitraum von 1885 bis 2013 umfassen.
Einen besonderen Schwerpunkt der Überlieferung bilden die Akten, die den Bau der Kreuzkirche und des Gustav-Adolf-Hauses an der Hammer Straße dokumentieren (siehe S. 31-38). Zudem sind auch zum Kirchenkampf beachtenswerte Vorgänge vorhanden. Neben der gemeindlichen Überlieferung befinden sich im Archiv der Kirchengemeinde auch Akten des Bezirksverbandes der Frauenhilfe des Kirchenkreises Hamm (Nr. 294-299, siehe S. 25f.).
Ein Teil der 1999 verzeichneten Schriftstücke war nicht in zusammenhängenden Akten sondern als Einzelblätter überliefert. Diese einzelnen Schriftstücke wurden bei der Bearbeitung chronologisch geordnet und unter dem Titel "Allgemeine Verwaltung" verzeichnet.
Bei der Verzeichnung erhielten die Akten fortlaufende Nummern, die als gültige Archivsignaturen im Findbuch ganz links neben dem jeweiligen Aktentitel aufgeführt sind. Der Titel der Akte, der den Inhalt beschreibt, wird je nach Bedarf durch Enthält- und Darin-Vermerke erweitert oder näher erläutert. Ganz rechts im Findbuch ist jeweils die Laufzeit der Akte angegeben. Runde Klammern (...) verweisen bei Abschriften auf das Datum des Originals, eckige Klammern [...] kennzeichnen erschlossene Jahresangaben undatierter Schriftstücke. Karten, Pläne und Fotos die in den Akten vorgefunden wurden, wurden dort belassen und sind im Darin-Vermerk aufgeführt. Nach den Erschließungsvermerken folgt das Registraturzeichen, falls es auf der Akte vermerkt war.
Sofern die Benutzung nicht zu Verwaltungszwecken erfolgt, unterliegen gemäß Kirchengesetz zur Sicherung und Nutzung von kirchlichem Archivgut in der Evangelischen Kirche der Union vom 6. Mai 2000 (ArchG) sämtliche Archivalien einer 30-jährigen Sperrfrist (gerechnet nach Ende ihrer Laufzeit). Außerdem gilt für alle personenbezogenen Archivalien zusätzliche Sperrfristen gemäß ᄃ 7 ArchG. Diese Archivalien dürfen auch nach Ablauf der allgemeinen Sperrfrist erst 10 Jahre nach dem Tod der betreffenden Person eingesehen werden. Ist das Todesdatum nicht feststellbar, bemisst sich diese Frist auf 90 Jahre nach der Geburt.
Kassiert wurde nicht archivwürdiges Schriftgut im Rahmen der Aufbewahrungs- und Kassationsordnung der EKvW vom 19.12.1989 und vom 20.02.2003.
Bei der Zitierung des Archivbestandes ist anzugeben: LkA EKvW 4.110 Nr. ... (hier folgt die Archivsignatur der entsprechenden Archivalie).

Reference number of holding
4.110

Context
Landeskirchliches Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen (Archivtektonik) >> 04. Deposita von Kirchenkreisen und Kirchengemeinden >> 04.2. KG Kirchengemeinden >> 04.2.09. Kirchenkreis Hamm

Date of creation of holding
1885 - 2008

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05.11.20252025, 1:26 PM CET

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  • Bestand

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  • 1885 - 2008

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