Bestand Akten
Reichsstadt Nürnberg, Landmarschkommissariat (Bestand)
Vorwort: Kurzinhalt: Fourage-, Verpflegungs-, Quartierkosten, Werbungen, Rekrutierungen, Marschrouten. Die folgenden inhaltlichen Bemerkungen stammen freundlicherweise von Herrn Klaus Roider, Nürnberg (Nachricht vom 02.06.2022): Wichtigste Aufgabe des Landmarschkommissariats (eigentlich nur aus dem Kommissar bestehend, der wohl vom Landpflegamt abhing, nicht vom Kriegsamt!) war die Verwaltung der Märsche eigener und fremder Truppen, die Nürnberger Gebiet berührten, und Koordianation mit den benachbarten Kreisständen. Dazu waren gemeinsam Marschrouten zu erstellen, die von allen beteiligten Kommissaren gezeichnet werden mußten. Etwaige Durchzüge waren vom jeweiligen Bedarfsträger mittels Requisition anzumelden, wilde Märsche oder Einquartierungen ohne Absprache führten zu ernsten Schwierigkeiten für alle Beteiligten. Dabei war zu beachten, dass die Stände möglichst gleichmäßig belastet wurden, denn jeder Stand versuchte natürlich, Märsche in eigenem Gebiet zu vermeiden. Klassische Streitfälle für Nürnberg sind Gräfenberg gegen Weissenohe, das grundsätzlich jede Hilfe verweigerte und die kurbayerische Pflege Schnaittach in der Person des Herrn von Velhorn (hier wurde sogleich mit Militär von der Festung Rothenberg gedroht). Besonders schwierig war die Lage natürlich in gemischtherrigen Orten. Auch waren reichsritterschaftliche Untertanen von Quartierlasten ausgenommen, genau so wie ummauerte Städte (anscheinend Reichsrecht). Nicht direkt von Märschen oder Quartieren betroffene Orte hatten durch sog. Konkurrenz Beiträge zu leisten (auch dies ein Streitgegenstand). Untertanen zeigten sich gelegentlich rabiat, insbesondere, wenn Lazarette unterwegs waren. Es kam dabei durchaus zu größeren Zusammenrottungen und Androhung von Gewalt, mitunter durch den örtlichen Beamten unterstützt. Besagte Lasten umfassten zunächst für die Übernachtung „Dach und Fach“, was in der Regel durch den Untertanen gratis zu gewähren war. Problematisch war dies vor allem, wenn man zur Erntezeit eigentlich aus dem Haus mußte, dieses aber nicht den Einquartierten unbeaufsichtigt überlassen mochte. Dazu kam die Verpflegung, sei es Hausmannskost oder Brot- und Pferdrationen. Diese hatten bezahlt zu werden, was in der Regel durch Ausgabe von Quittungen erfolgte, die gesammelt der Obrigkeit übergeben wurden, die wiederum abrechnete und die Quartierträger auszahlte. Idealerweise konnte auch gleich bar bezahlt werden, das kam aber anscheinend selten vor. Bei längeren Aufenthalten, also Winter- oder Kantonnierungsquartieren wurde eine Verpflegung (die auch Soldvorschüsse umfassen konnte) durch Lieferanten („Admodiateure“) angestrebt. Weiter war Vorspann zu leisten, meist bis zur nächsten Station. Zu Streitigkeiten konnten Forderungen von Offizieren nach Geldzahlungen als Service oder Douceur führen; ein kaiserlicher Kürassieroffizier verlangte gar einmal neue Bekleidung für sich, weil seine schon so abgerissen war. Geregelt wurden die Ansprüche beider Seiten in Quartierordonnanzen (z.B. Nr. 147). Betont sei, dass Märsche militärischer Einheiten nicht nur zu Kriegszeiten erfolgten. Auch im Frieden gab es Rekruten-, Remonte- oder Requisitentransporte, zu nennen sind insbesondere die Verlegungen kaiserlicher Regimenter von und nach den Niederlanden. Inhaltlich verwundern Akten zur Rekrutenwerbung (evtl. wegen der Transportierung der Geworbenen) und vor allem zu den Salvegarden. Letztere waren in der Regel aktive Soldaten oder Invalide, die in kleinere Orten als eine Art Polizeisoldat kommandiert wurden, anscheinend sich ab und an aber auch aus der dortigen Einwohnerschaft rekrutierten. Die Gemeinde mußte in der Regel den Salvegarden selbst oder das Kriegsamt dafür bezahlen. Teile des Bestands sind unverzeichnet (275 AE, 2,6 lfm), sie enthalten auch Unterlagen des 17. Jh., aber im wesentlichen ergänzende Akten des vorliegenden Bestandes. Der Bestand umfasst 811 AE (Nr. 1-745, mit etlichen Unternummern, die hier meist als "ad" bezeichnet sind). Das handschriftliche Findbuch aus der Zeit um 1800 (2 Bde., 832 Seiten zzgl. Register; die letzten Eintragungen der ersten Hand betreffen das Jahr 1797) wurde 2022 im Rahmen der archivinternen Retrokonversion durch Archivar Florian Schmidt in das Archivfachinformationssystem (2022: ACTApro) eingegeben. Die Register des historischen Findbuchs sind noch nicht in das AFIS überführt bzw. Orts- und Personenregister müssen neu angelegt werden. Nürnberg, im Juni 2022 Dr. Daniel Burger
- Reference number of holding
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Staatsarchiv Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Landmarschkommissariat
- Extent
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811
- Language of the material
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ger
- Context
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Staatsarchiv Nürnberg (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Staatsarchivs Nürnberg >> I. Altbestände (Territorien und Institutionen des Alten Reichs) >> Reichsstadt Nürnberg >> Reichsstädtische Zentral- und Mittelbehörden >> Landmarschkommissariat
- Related materials
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Ergänzende Hinweise: in EDV komplett erfasst
- Provenance
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Reichsstadt Nürnberg, Landmarschkommissariat
- Date of creation of holding
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1700-1806
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
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18.10.2023, 9:31 AM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand; Akten
Associated
- Reichsstadt Nürnberg, Landmarschkommissariat
Time of origin
- 1700-1806