Bestand
160 - Dalbergische Hospitalstiftung Heßloch (Dep.) (Bestand)
Verwaltungsgeschichte/biografische Angaben:
Übernahme/Abholung mit Abschluss Depositalvertrag
24.06.2021
Vorwort: Abt. 160
- Dalbergische Hospitalstiftung Heßloch (Dep.)
Umfang: 66 Archivkartons, 4 Archivboxen, 1
Überformat (davon 31 AK mit 252 VE [Nr. X1 - X252]
mit kontaminiertem Schriftgut), dazu 265 VE = zus.
515 VE (12 lfm)
Laufzeit: 1577 -
1998
Zur Stiftung Hospital Heßloch
An dieser Stelle kann keine wissenschaftlich
fundierte Abhandlung zur Geschichte der Stiftung
vorgelegt werden. Diese Aufgabe kann durch berufene
Kräfte auf der Grundlage der vorliegenden
Verzeichnungsarbeit zukünftig aufgegriffen werden,
auch unter Hinzuziehung weiterer Quellen in anderen
Archiven (z.B. Hess. Staatsarchiv Darmstadt,
Landesarchiv Speyer, Stadtarchiv Worms). Es soll
hier vielmehr ein kurzer Überblick auf Basis der von
Herrn Gustav Josef Kotheimer, Lehrer a. D., in
verschiedenen Beiträgen, so auch im Anhang der
derzeit gültigen Fassung der Satzung der Stiftung
Hospital Heßloch aus dem Jahr 1993, dokumentierten
Erkenntnisse gegeben werden. Auch die Homepage der
Stiftung Stiftung Hospital | Dittelsheim-Heßloch
(dittelsheim-hessloch.de) gibt kurze Auskünfte und
aktuelle Hinweise.
Die derzeitige
Stiftung "Hospital Heßloch" geht auf die Stiftung
der Familie von Dalberg im 14. Jahrhundert, erneuert
im 17. Jahrhundert, zurück. Wurden die ersten
Stiftungen (1326, 1336) zugunsten des Marienaltars
in der Kapelle der Pfarrei Heßloch eingerichtet,
erfolgte am 5. August 1377 die Stiftung eines
Hospitals in der Gemarkung von Heßloch durch Ritter
Wolf Kämmerer von Worms, das ebenfalls mit Gütern
und Gefällen ausgestattet wurde (StadtA Wo Abt.
159-U Nr. 15). Die Wallfahrtskapelle auf dem
Liebfrauenberg, die nach schweren Zeiten immer
wieder aufgebaut wurde, und das Hospital, das nicht
nur in Not geratene Pilger auf dem Pilgerpfad
versorgte, sondern auch alte und kranke ehemalige
Angestellte der seit 1375 als Ortsherren
fungierenden Familie Kämmerer von Worms (gen.) von
Dalberg aufnahm, wurden fortan durch zahlreiche
Schenkungen begünstigt. Diese ermöglichten es der
Stiftung, ihre mildtätigen Aufgaben wahrzunehmen und
darüber hinaus Darlehen zu einem günstigen Zinssatz
zu gewähren. Während die Kapelle nach Fertigstellung
der neuen Pfarrkirche im Jahr 1817 niedergelegt
wurde, ging der Gutshof mit Gebäuden erst Jahrzehnte
nach der Säkularisation in private Hände über
(1848). Mit Erträgnissen aus Grundbesitz (aktuell in
den Gemarkungen Heßloch, Dittelsheim, Monzernheim,
Bechtheim) und sonstigen Vermögenswerten verfolgt
die Stiftung auch heute noch unter Aufsicht der
Kreisverwaltung ausschließlich und unmittelbar
mildtätige Zwecke, deren Verwendung in §2 Abs. 3 der
Satzung, deren Änderung zurzeit in Bearbeitung ist,
festgelegt wird. Die Stiftung wird durch den
Stiftungsvorstand verwaltet, bestehend aus dem/der
Vorsitzenden, dem/der stellvertretenden Vorsitzenden
und dem Verwaltungsausschuss (Näheres vgl. §§
10ff).
Zum Archiv am Standort
Im Frühjahr 1996 wurde der Umzug des
Stiftungsarchivs aus dem ehemaligen Rathaus in
Heßloch in das Dorfgemeinschaftshaus in
Dittelsheim-Heßloch, Bahnhofstr. 57, durch Herrn
Gustav Josef Kotheimer, unterstützt von Herrn
Heinrich Scholl, Justizamtsrat a. D., organisiert
(Abt. 160 Nr. 252). Dort wurden die Unterlagen -
Amtsbücher, Aktenordner und Aktenbündel (16.-19.Jh.)
- in (zuletzt) drei Stahlschränken in einer gewissen
Ordnung aufgestellt. In einem Abschlussbericht vom
30. Dezember 1996 legte G. J. Kotheimer gegenüber
der Kommission der Stiftung Hospital Heßloch
Rechenschaft über seine Arbeit im Archiv ab, mit der
man ihn bei seinem Ausscheiden aus der Kommission
betraut hatte. Demnach hatte er die einzelnen
Jahrgänge - wohl der Amtsbücher und Register -
geordnet. In seinen Ausführungen weist er darauf
hin, dass auch die zunächst vermissten Jahre 1810
bis 1820, die weder geordnet noch gebunden waren,
aufgefunden wurden. Diese habe er in Deckeln aus
Graupappe geordnet abgelegt. Durch unsachgemäße
Lagerung in früheren Jahren weise das
Archivschriftgut in größerem Umfang Schäden durch
Regen und Pilzbefall bzw. Schimmel auf. Da nach
Rücksprache mit dem Landesarchiv Speyer eine
Sanierung des Materials zu kostspielig gewesen wäre,
bemühte Kotheimer sich mit einfachen Mitteln um eine
gewisse Schadensbehebung. Er säuberte die
schadhaften Stücke Blatt für Blatt mit Lappen,
Bürsten und Staubsauger und verstärkte Einbände mit
erheblichen Wasserschäden mit Graupappe und starken
Tapeten unter Verwendung von Holzleim. Die
Restaurierungsmaßnahmen waren - wie Kotheimer selbst
anmerkt - zwar nicht fachmännisch, dürften aber die
weitere Schadensausbreitung gehemmt und bestehende
Substanz gesichert haben. Im Zuge seiner Arbeiten
wertete Kotheimer gleichzeitig zahlreiche Quellen
aus, vorwiegend Urkundenbände zwischen 1780 und
1920. Dabei legte er vor allem Wert auf
Personennennungen, Berufe, Ämter,
Kostenerstattungen, Gewährung von Unterstützungen,
Lebensmittelpreise und Gehälter. Die Ergebnisse
klebte er in die Amtsbücher ein.
Zur Übernahme
Erste Gespräche über
eine Hinterlegung und archivfachliche Betreuung des
Stiftungsarchivs in einem öffentlichen Archiv wurden
im Jahr 2017 zunächst zwischen Herrn Dr. Walter
Rummel, damaliger Leiter des Landesarchivs Speyer,
und Frau Elisabeth Kolb-Noack, Bürgermeisterin von
Dittelsheim-Heßloch, geführt. Auf Anregung Herrn Dr.
Rummels und auf Empfehlung des Historikers Herrn Dr.
Franz Stephan Pelgen,
Johannes-Gutenberg-Universität, wurde der Kontakt zu
Herrn Dr. Gerold Bönnen, Leiter des Instituts für
Stadtgeschichte Worms, aufgenommen, in Erwägung
einer möglichen Abgabe in das Stadtarchiv Worms.
Nicht nur die ortsnahe Unterbringung des
Schriftgutes, sondern vor allem auch die enge
Verbindung zu den in Worms aufbewahrten Beständen
der Familie von Dalberg (Herrnsheimer Dalberg-Archiv
mit den Teilbeständen Abt. 159, Abt. 159-U und
159-P) sprachen für eine Verbringung in die Obhut
des Stadtarchivs Worms. Herr Dr. Pelgen,
ausgewiesener Kenner der Familie von Dalberg,
stellte die Bearbeitung in Aussicht und entwarf dazu
eine Konzeption.
Durch verschiedene
Umstände konnte das von allen Seiten befürwortete
Vorhaben zunächst nicht umgesetzt werden. Anfang
2021 wurde daraufhin umso zügiger das Projekt erneut
aufgegriffen. Herr Dr. Pelgen, Herr Dr. Bönnen und
Herr Thomas Schuler von Seiten der Stiftung Hospital
Heßloch kamen in Gesprächen überein, dass das
Stiftungsarchiv nach Abschluss eines
Depositalvertrags durch das Stadtarchiv Worms
archivfachlich verzeichnet und in die
Archivdatenbank Augias eingepflegt werden sollte.
Als zeitliches Stichjahr für das zu übernehmende
Schriftgut bzw. der vor Ort verbleibenden
Registratur der Stiftung vereinbarte man das Jahr
1950. Am 24. Juni 2021 wurde nach vorheriger
Vor-Ort-Sichtung des Materials (Gesamtumfang von ca.
12 lfm.) die Umlagerung von dem
Dorfgemeinschaftshaus in Dittelsheim-Heßloch nach
Worms durchgeführt. Zugleich kam es zur
Unterzeichnung des Depositalvertrags für den neuen
Archivbestand im Stadtarchiv Worms "Abt. 160
Dalbergische Hospitalstiftung Heßloch (Dep.)".
Zur Verzeichnung
Mit der
Verzeichnung des Bestandes Abt. 160 wurde im
September 2021 begonnen. Ihren Abschluss fand sie im
Dezember 2021. Vor Beginn der Arbeiten musste eine
Möglichkeit gefunden werden, auch das kontaminierte
Schriftgut zu erfassen und gleichzeitig eine
Separierung von dem "gesunden" Material zu
realisieren, ohne eine Verzögerung der
Datenerfassung zu verursachen. Die Bearbeiterin
entschied sich für zwei parallele Signaturstränge
(Abt. 160 Nr. 1ff. als normale Serie; Abt. 160 Nr.
X1ff. für die schadhaften Stücke); so war ein
schneller Arbeitsablauf gewährleistet. Während das
gut erhaltene Schriftgut in säurefreie fachgerechte
Mappen und Archivkartons verpackt wurde, kamen die
mit Schimmel befallenen Unterlagen (mit 252
Verzeichnungseinheiten knapp 50 % des Bestandes)
zunächst bis zu ihrer Sanierung, mit der möglichst
zeitnah ein Fachunternehmen beauftragt werden soll,
in ältere Archivkartons. Dieses Material wird nach
der Schadensbehebung ebenfalls archivgerecht
umgebettet. Ob es im Anschluss komplett nummerisch
umsigniert und an die erste Serie angefügt werden
soll oder beide Signaturfolgen auf Dauer
nebeneinander bestehen bleiben, kann zu einem
späteren Zeitpunkt entschieden werden. Zwingend
notwendig ist dieser Schritt nicht, sollte aber dann
durch eine Verknüpfung mittels Signaturkonkordanz
durchgeführt werden, da schon während der
Verzeichnung Stücke aus den schadhaften Quellen für
eine wissenschaftliche Arbeit unter Verwendung der
"X"-Signaturen ausgewertet wurden.
Die
Titelaufnahmen wurden in die Archivdatenbank Augias
eingegeben. Den größten Teil des Stiftungsarchivs
machen die Amtsbücher (Rechnungs- und
Urkundenserien, sonstige Register, Hand- und
Tagebücher der Hospitalverwaltung) von etwa 1780 bis
Mitte des 19. Jh. aus. In Aktenordnern hatte Herr
Kotheimer einzelne ältere schadhafte Dokumente aus
Akten herausgezogen und in Klarsichthüllen oder
direkt gelocht eingeheftet. Diese aus
konservatorischen Gesichtspunkten bedenkliche
Aufbewahrung wurde aufgehoben, dabei jedoch der
Inhalt in dem zuletzt vorgefundenen
Gesamtzusammenhang belassen, wie es archivfachlich
gefordert wird. Fünf voluminöse Schriftgutbündel,
die in Registraturschürzen der frühen hessischen
Verwaltung um 1900 zusammengefasst waren, wurden im
Zuge der Bearbeitung ebenfalls aufgelöst und in
kleinere handlichere Verzeichnungseinheiten gefasst.
Auch hier blieb die Reihenfolge der Unterlagen
erhalten und gleichzeitig durch entsprechende
Vermerke in den Titelaufnahmen die Verknüpfung des
jeweiligen früheren Bündels nachvollziehbar gemacht.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass diese
in der hessischen Zeit geschaffenen Schriftgutbündel
anscheinend bis zur jetzigen Übernahme unverändert
geblieben sind. Diese Vermutung lässt das von Prof.
Dr. Wilhelm Martin Becker im Jahr 1937 bearbeitete
Verzeichnis "Inventare der Gemeindearchive des
Kreises Worms", hg. vom Staatsarchiv Darmstadt
(hier: S. 414) zu. Becker führt Inhalte von in vier
Konvoluten befindlichen Akten des Hospitals Heßloch
innerhalb des Gemeindearchivs Heßloch auf, die im
Wesentlichen 2021 so vorgefunden wurden. Aus einem
Konvolut hatte Kotheimer Unterlagen zum Kirchenbau
herausgezogen, dies jedoch dokumentiert. Ob die oben
erwähnten schadhaften Stücke ursprünglich ebenfalls
in den Bündeln waren, kann angenommen werden - muss
aber wegen fehlender Dokumentation offen
bleiben.
Nachfolgend kurze Hinweise zu
Details der Verzeichnungsmaßnahmen:
-
Ortsnamen wurden in die heutige Schreibweise
übertragen (z. B. Dorndürkheim >
Dorn-Dürkheim)
- Personennamen wurden in
den diversen Schreibweisen übernommen, da es bei
genealogischen Recherchen Usus ist, verschiedene
Schreibvarianten zu berücksichtigen (z. B. Degünther
/ Deginter / Deginther oder Werle / Werlé)
- Die eingeklebten Auswertungsergebnisse
Kotheimers wurden herausgetrennt und in den VE Abt.
160 Nr. 263 (1780-1849) und Nr. 264 (1850 - 1920,
1937) zusammengeführt, da sie nicht ursprünglich in
der Registratur erwachsen sind. Sonstige
schriftliche Eintragungen in Akten von seiner Hand
wurden bei der Titelaufnahme vermerkt, ebenso
nachträgliche eigenmächtige Ordnungsmaßnahmen.
- Ausnahmsweise wurden Rechnungsduplikate, wenn
sie in unmittelbarer Folge bei der Verzeichnung
auftauchten, in einer Nummer verzeichnet. Im
"Enthält-Feld" wurden feststellbare Unterschiede
jedoch erläutert. In der Regel lässt sich bei der
Einsichtnahme das Revisionsexemplar, erkennbar an
den "Revisionskontrollhäkchen" klar von dem anderen
Exemplar unterscheiden. Oftmals finden sich auch
eindeutige Beschriftungen auf den Titeletiketten der
Registratur.
- Einzelne nachgebrachte
Unterlagen aus dem Stiftungsarchiv in Heßloch
überspringen das festgelegte Überlieferungsjahr 1950
für die Aktenübernahme, wurden nach Absprache jedoch
im Bestand belassen.
Zum Inhalt
Nach Abschluss der Verzeichnungsarbeiten konnte
eine Klassifikation zu der "Abt. 160 Dalbergische
Hospitalstiftung Heßloch (Dep.)" erstellt werden,
die im Wesentlichen den Inhalt des Bestandes
widerspiegelt. Wie oben erwähnt bilden die der
Finanzverwaltung dienenden diversen Manual- und
Registerserien, vor allem aber die Rechnungen mit
den zugehörigen Urkundenbänden, den größten Teil des
Bestandes. Die Aussagekraft dieser Quellen sollte
nicht unterschätzt werden. Nicht umsonst hat auch
Kotheimer sich intensiv mit deren Auswertung befasst
(s.o.). Die Arbeitsfelder der Stiftung mit den
vielseitigen Unterstützungen in allen Lebenslagen
bis hin zur medizinischen Versorgung, die
Unterhaltung von Gebäuden und Einrichtungen wie
Kirche, Schulen, Klein-Kinderschule und Wohnhäusern,
Darlehensgeschäfte usw. lassen sich lückenlos seit
1780 verfolgen. Gerade für die Zeit unter
dalbergischer Herrschaft finden sich hierin auch
zahlreiche Kellereiberichte der jeweiligen
Hospitalverwalter in Heßloch und die dazu
getroffenen herrschaftlichen Entscheidungen
(Resoluta) verschiedenste Anliegen betreffend (i. d.
R. F[riedrich] F[ranz] C[arl] Frhr. von und zu
Dalberg [1751-1811]).
Grundstücks- und
Hypothekenangelegenheiten des Hospitals,
Immobilienbesitz in verschiedenen Gemeinden (u. a.
Hillesheim, Gabsheim, Gau-Heppenheim, Dittelsheim,
Bechtheim) und Versteigerungen (Pacht, Arbeiten und
Lieferungen) werden nicht zuletzt durch zahlreiche
notarielle Urkunden dokumentiert. Bis in das 16. Jh.
gehen Unterlagen zu Pachtverhältnissen zurück,
werden Abschriften und teilweise Originalauszüge aus
Renovationen in Akten vorgehalten, die vermutlich
auch zum Nachweis der Vermögensverhältnisse der
Stiftung erbracht werden mussten. Die oftmals
verzweifelte Suche nach den verschiedenen Belegen
für Besitz- und Vermögensansprüche wurde erschwert
durch Flüchtung der dalbergischen Archivunterlagen
nach Hanau und durch vorherrschende Unordnung sowohl
dort als auch in den Rechnungen des Hauskellers
Müntzenberger zu Mainz.
Exkurs zur
älteren Geschichte des Hospitalarchivs:
An dieser Stelle sei ein kurzer Exkurs erlaubt,
um einen vagen Einblick in die vorherrschenden
Verhältnisse des Hospitals und seines Archivs nach
der Säkularisation und nach Änderung der politischen
Verhältnisse auf dem linken Rheinufer zu gewähren.
So erstattete der Präsident der
Hospitalverwaltungskommission (1806 eingerichtet)
1818 der Großherzoglich Hessischen Regierung in
Mainz einen anschaulichen Bericht über den Zustand
des Hospitalarchivs (Abt. 160 Nr. 3), in dem er
gleichzeitig zur Arbeitsentlastung die Ernennung des
Bürgermeistereischreibers Peter Hahn als Sekretär in
Vorschlag brachte. Bei der Übernahme seiner
Geschäfte habe er selbst "eine so große Unordnung in
allen Papieren und der ganzen Geschäftsführung des
Hospiziums vorgefunden, dass nicht ohne großen
Zeitverlust und Mühe die nöthigen Papiere gesucht
werden konnten, ja manche oft gar nicht auf der
Stelle zu finden waren. Die Kommission wußte von
nichts was das Hospitzium betrift, konnte über
nichts Antwort und Auskunft geben und kannte nicht
einmal die Lage und den Zustand der ihr anvertrauten
Anstalt, - sie besaß außer einigen ganz alten nicht
einmal Rechnungen über dieselben, kurz es bestand
kein eigenes Archiv oder Depot ihrer Papiere; solche
befanden sich zwar auf dem Gemeindehauß, aber so
verwirrt, daß man Papiere von den ältesten Jahren
bey ganz neuen und dergleichen von einander ganz
fremden Gegenständen zusammen fand." Er habe bei
Amtsantritt beim Hospizium die an ihn gestellten
Aufträge erfüllt und jeweils im Anschluss die
Papiere zurückgegeben ohne "sich darum zu bekümmern,
wie man solche aufbewahrte". Nach Übernahme des
Vorsitzes in der Verwaltungskommission habe er sich
um die Ordnung der Papiere bemüht und schon Einiges
erreicht, ein Sekretär könne sich aber ganz der
Geschäftsführung widmen. In derselben
Verzeichnungseinheit befindet sich ein detailliertes
Verzeichnis über die Hospitalrechnungen und Papiere
(Schuldurkunden [57], Heberegister aller Gefälle
[18], Akten verschiedenen Inhalts), die die Familie
des verstorbenen Notars Schad [vermutl. nach 1820]
an den Präsidenten der Hospitalverwaltung übergeben
hat und auf inzwischen geordnete Verhältnisse
schließen lassen, zumal die seinerzeit
nachbearbeiteten Rechnungen (s. o.), jetzt doppelt
vorhanden - also zwischenzeitlich wieder aufgefunden
worden waren . Am Ende der Liste werden drei Pakete
aufgeführt beschriftet wie folgt: ein Paket
"Allerhand Gegenstände die das Hospital angehen",
ein Paket "Heberegister und Tagebücher, ein Paket
"acta verschiedenen Inhalts das Hospital
betreffend". Die im ersten Viertel des 19. Jh.
vorherrschenden Archivverhältnisse werden auch in
Zusammenhang mit einem anderen Problem offenbar, mit
dem sich der Bürgermeister Conrad Egid Heinrichs
1820 auseinandersetzen musste, als er von Notar
Schad ein Verzeichnis der Hypotheken "und deren
Conservation" [Bewahrung] anforderte. Offensichtlich
konnte nur der im März 1806 übergebene sehr kleine
Teil der Hypotheken aufgefunden werden, die seitdem
nicht mehr ausgetragen - folglich nicht mehr auf
neuestem Stand - waren. Der weitaus größte Teil der
Hypothekenaktne befand sich anscheinend zu diesem
Zeitpunkt noch bei der dalbergischen Familie, die in
dem früheren Hypothekenbuch nicht einmal konserviert
d. h. gesichert waren "was fast unerhört ist."
Heinrichs wollte sich in dieser Angelegenheit an die
Regierung wenden, "um die dalbergische Familie zur
Auslieferung zu vermögen". Auch die nach 1806 neuen
Hypotheken waren nicht im Archiv und Heinrichs fragt
sich "wo mögen diese aufbewahrt sein?" Er stellte
verschiedene Vermutungen über deren Verbleib an (als
Beilagen in Rechnungen, bei Schad selbst oder im
Büro in Mainz). "So zerstreut und in solchem Zustand
sind die Hospital-Papiere." Heinrichs beabsichtigte
die zentrale Aufbewahrung und Verwaltung aller
Papiere in seiner Hand. "Da nun doch alle das
Hospital betreffende Dokumenten, Rechnungen p.p. in
einem Archiv versammelt seyn sollten, überdies auch
alle Auskünfte und Nachrichten selbst auch alte
Dokumenten an mich gefordert werden so ergeht mein
höfliches Ersuchen an Sie mir gef[älligst] die noch
in Händen habende Hypothecken so wie die ältere
Rechnungen und allenfallsige Papiere die Ihnen von
der Freyhe[rrlich] von dalberg[ischen] Familie oder
H[errn] Münzenberger in Mainz seit die Ablieferung
an H[errn] Emonds zugestellt worden sind, zukommen
zu lassen, damit die für die Verwaltung
vorgeschriebene Ordnung immer mehr hergestellt
werde". (Abt. 160 Nr. 32). Die nachfolgende
Korrespondenz zwischen Schad und Heinrichs lässt auf
eine Zusammenarbeit in diesem Sinne schließen.
Aus dem 18. Jh. bis Anfang 19. Jh. liegen
Unterlagen zum Hofgut vor, über die Übernahmen
dessen Verwaltung (Sebastian Brauer, Wilhelm
Dotzauer, Hermann Kotheimer), ferner zu Baumaßnahmen
der Hospitalkirche, Hofgut mit Nebengebäuden und
Hospitalspeicher (18. Jh.).
Besonders
hervorzuheben sind aus dem 16. Jh. Rezesszettel der
Spitalmeister Remmann Benffer (1577-1697) und Hans
Baum (1598/99) in Abt. 160 Nr. 64, die in einem
Aktenordner vorgefunden wurden und deren vorheriger
Aktenkontext leider nicht dokumentiert ist; sie
tragen lediglich aus dalbergischer Zeit alte
Repositurangaben. Die Abhörung der Rechenzettel
erfolgte in der Regel im Beisein des Philipp
Kämmerer von Worms gen. von Dalberg, auch im Namen
seiner Vettern. Frühe Vorgänge (1600 - 1612) über
die Aufnahme von Pfründnern in das Hospital Heßloch
befinden sich in Abt. 160 Nr. 8. Weitere zahlreiche
Belege zu Unterstützungsmaßnahmen für in Not
geratene Personen und bedürftige Kinder liegen ab
Mitte des 18. Jh vor. Gerade die Mildtätigkeit und
Fürsorge für Kinder findet in den Quellen an vielen
Stellen Niederschlag und bezeugt dieses besondere
Anliegen der Stiftung (u. a. Versorgung und
Ausstattung mit Kleidung, Unterbringung und
Verpflegung außerhalb des häuslichen Umfeldes,
Schulgeldzahlungen, Vermittlung und Abschluss von
Lehrverträgen, auch Übernahme von Impfgebühren).
Hierzu passen auch die Beitragszahlungen zu den
verschiedenen Rettungshäusern (Arnsburg, Hähnlein,
Jugenheim) als sozialpädagogische
Einrichtungen.
Als wichtige Unterlagen
sind nicht zuletzt noch die Protokollbücher der
Verwaltungskommission der Stiftung zu erwähnen, die
mit den Laufzeiten 1827 - 1842 (Nr. 237), 1872 -
1899 (Abt. 160 Nr. 123) und 1899 - 1927 (Abt. 160
Nr. 124) erhalten sind. Offensichtlich ist
mindestens ein Exemplar (Zeitraum 1843 - 1871)
verloren oder es könnte in den Bestand des
Gemeindearchivs Heßloch gelangt sein, wie auch
einzelne Stücke der Gemeinde im Hospitalarchiv
aufgefunden und in der Klassifikation unter "6.
Sonstiges (Auswertungen Herr Kotheimer; fremdes
Schriftgut)" nachgewiesen werden.
Die
Bearbeiterin könnte hier noch auf weitere einzelne
Quellen eingehen um der Vielfalt des vorliegenden
Bestandes Rechnung zu tragen. Da erfahrungsgemäß
Vorworte jedoch nur überflogen werden, ist für die
Benutzer*innen die online-Recherche über Stadtarchiv
Worms (findbuch.net) die bequemere Art sich über die
Mannigfaltigkeit des Bestandes zu informieren, die
Kotheimer in seinem oben erwähnten Bericht wie folgt
zusammenfasst: "Zum Schluß sei noch einmal darauf
hingewiesen, daß das Archiv der Stiftung Hospital
Heßloch eine für die oertsgeschichte wertvolle
Einrichtung ist, die über Hospitalangelegenheiten
wie Hof, Kirche, Äcker und Weinberge und deren
Pächter wie über alle Veränderungen in der Gemeinde,
sei es Personal in der Gemeinde- und
Hospitalverwaltung, der Schule, im Gesundheitswesen
und Gewerbe oder über bauliche Maßnahmen wie
Straßenbau, Um- und Neubau des Schulhauses an der
Kirche und des Gemeindehauses, Maßnahmen, die durch
das Hospital finanziert wurde, Auskunft gibt".
Margit Rinker-Olbrisch
Stadtarchiv Worms
Worms, im Dezember
2021
Literatur
Margit
Rinker-Olbrisch, Neuzugang im Stadtarchiv Worms -
Schriftgut der Dalbergischen Hospitalstiftung
Heßloch Neue Quellen zur Familie der Kämmerer von
Worms (gen.) von Dalberg, in: Der Wormsgau 38,
2022/23, S. 103-114
- Meine Heimat
Dittelsheim-Hessloch. Eine Sammlung geschichtlicher
Beiträge aus Archiven, Büchern, Zeitschriften und
Zeitungen über die Vergangenheit der Doppelgemeinde,
gesammelt, zusammengestellt und durch eigene
Beiträge ergänzt von Gustav Kotheimer und Heinrich
Scholl mit echten Fotos von Peter Gaedigk. Zweite
Auflage, Dittelsheim-Heßloch, 1996 (gebundener
Computerausdruck mit eingeklebten Originalfotos;
hier: Exemplar Stadtbibliothek Worms)
-
140 Jahre (1698 - 1838) Dittelsheimer Untertanen -
Bürger - Einwohner, zusammengestellt von Heinrich
Scholl, Dittelsheim-Heßloch, 1996
-
Hessloch und die Kämmerer von Worms, genannt von
Dalberg. Aufsätze und Berichte, zweite, erweiterte
Auflage gesammelt, zusammengestellt, gedruckt und
gebunden von Gustav J. Kotheimer und Heinrich
Scholl, Dittelsheim-Heßloch, 1992 [Stadtbibliothek
Worms, Kopie im Stadtarchiv Worms Abt. 204]
- Heßlocher Rauchhaber und August Beeth 17.
Dezember 1655. Archiv Heßloch IX-5 abgeschrieben,
aufbereitet, übertragen gedruckt und gebunden von
Gustav J. Kotheimer, Dittelsheim-Heßloch, 1993.
[Stadtbibliothek Worms]
- Gustav J.
Kotheimer, Die Mariensäule auf dem Liebfrauenberg in
Heßloch : von ihrer Bedeutung und von den
geschichtlichen Zusammenhängen, Dittelsheim-
Heßloch, 1989
Festschrift zur
1200-Jahr-Feier der Gemeinde Dittelsheim-Heßloch :
13. Sept. - 16. Sept. 1974.; Dittelsheim 774 - 1974;
Heßloch 766 - 1974, Dittelsheim-Heßloch -
Obertshausen, 1974
- Battenberg,
Friedrich, Dalberger Urkunden. Regesten zu den
Urkunden der Kämmerer von Worms gen. von Dalberg und
der Freiherren von Dalberg 1165 - 1843, Bd. 1:
Urkunden und Kopieare des Staatsarchivs Damstadt
(Abt. B 15 und O 1 B), des Pfarrarchivs Herrnsheim
und des freiherrlich-Franckensteinischen Archivs in
Ullstadt, Darmstadt 1981 // Bd. 2: Urkunden des
Stadtarchivs Worms, der Bayerischen Staatsbibliothek
München und des Kunsthauses Heylshof in Worms,
Nachträge und verlorene Dalberger Urkunden im
Staatsarchiv Darmstadt (Regesten Nr. 1666-3385),
bearbeitet von Friedrich Battenberg unter Mitarbeit
von Margit Rinker-Olbrisch, Darmstadt 1986 // Bd. 3:
Corrigenda, Indices und Strammtafeln (v. Dalberg und
Ulner v. Dieburg), Darmstadt 1987 (= Repertorien des
Hessischen Staatsarchivs Darmstadt 14/1, 14/2,
14/3)
Zitierhinweis:
Abt. 160
Erschließungszustand, Umfang: Verzeichnung bis
12/2021 abgeschlossen
- Bestandssignatur
-
Stadtarchiv Worms, 160
- Kontext
-
Stadtarchiv Worms (Archivtektonik) >> Herrnsheimer Dalberg-Archiv
- Bestandslaufzeit
-
1577 - 1998
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
-
15.12.2023, 14:57 MEZ
Datenpartner
Stadtarchiv Worms. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1577 - 1998