Bestand

160 - Dalbergische Hospitalstiftung Heßloch (Dep.) (Bestand)

Verwaltungsgeschichte/biografische Angaben: Übernahme/Abholung mit Abschluss Depositalvertrag 24.06.2021

Vorwort: Abt. 160 - Dalbergische Hospitalstiftung Heßloch (Dep.)
Umfang: 66 Archivkartons, 4 Archivboxen, 1 Überformat (davon 31 AK mit 252 VE [Nr. X1 - X252] mit kontaminiertem Schriftgut), dazu 265 VE = zus. 515 VE (12 lfm)
Laufzeit: 1577 - 1998
Zur Stiftung Hospital Heßloch
An dieser Stelle kann keine wissenschaftlich fundierte Abhandlung zur Geschichte der Stiftung vorgelegt werden. Diese Aufgabe kann durch berufene Kräfte auf der Grundlage der vorliegenden Verzeichnungsarbeit zukünftig aufgegriffen werden, auch unter Hinzuziehung weiterer Quellen in anderen Archiven (z.B. Hess. Staatsarchiv Darmstadt, Landesarchiv Speyer, Stadtarchiv Worms). Es soll hier vielmehr ein kurzer Überblick auf Basis der von Herrn Gustav Josef Kotheimer, Lehrer a. D., in verschiedenen Beiträgen, so auch im Anhang der derzeit gültigen Fassung der Satzung der Stiftung Hospital Heßloch aus dem Jahr 1993, dokumentierten Erkenntnisse gegeben werden. Auch die Homepage der Stiftung Stiftung Hospital | Dittelsheim-Heßloch (dittelsheim-hessloch.de) gibt kurze Auskünfte und aktuelle Hinweise.
Die derzeitige Stiftung "Hospital Heßloch" geht auf die Stiftung der Familie von Dalberg im 14. Jahrhundert, erneuert im 17. Jahrhundert, zurück. Wurden die ersten Stiftungen (1326, 1336) zugunsten des Marienaltars in der Kapelle der Pfarrei Heßloch eingerichtet, erfolgte am 5. August 1377 die Stiftung eines Hospitals in der Gemarkung von Heßloch durch Ritter Wolf Kämmerer von Worms, das ebenfalls mit Gütern und Gefällen ausgestattet wurde (StadtA Wo Abt. 159-U Nr. 15). Die Wallfahrtskapelle auf dem Liebfrauenberg, die nach schweren Zeiten immer wieder aufgebaut wurde, und das Hospital, das nicht nur in Not geratene Pilger auf dem Pilgerpfad versorgte, sondern auch alte und kranke ehemalige Angestellte der seit 1375 als Ortsherren fungierenden Familie Kämmerer von Worms (gen.) von Dalberg aufnahm, wurden fortan durch zahlreiche Schenkungen begünstigt. Diese ermöglichten es der Stiftung, ihre mildtätigen Aufgaben wahrzunehmen und darüber hinaus Darlehen zu einem günstigen Zinssatz zu gewähren. Während die Kapelle nach Fertigstellung der neuen Pfarrkirche im Jahr 1817 niedergelegt wurde, ging der Gutshof mit Gebäuden erst Jahrzehnte nach der Säkularisation in private Hände über (1848). Mit Erträgnissen aus Grundbesitz (aktuell in den Gemarkungen Heßloch, Dittelsheim, Monzernheim, Bechtheim) und sonstigen Vermögenswerten verfolgt die Stiftung auch heute noch unter Aufsicht der Kreisverwaltung ausschließlich und unmittelbar mildtätige Zwecke, deren Verwendung in §2 Abs. 3 der Satzung, deren Änderung zurzeit in Bearbeitung ist, festgelegt wird. Die Stiftung wird durch den Stiftungsvorstand verwaltet, bestehend aus dem/der Vorsitzenden, dem/der stellvertretenden Vorsitzenden und dem Verwaltungsausschuss (Näheres vgl. §§ 10ff).
Zum Archiv am Standort
Im Frühjahr 1996 wurde der Umzug des Stiftungsarchivs aus dem ehemaligen Rathaus in Heßloch in das Dorfgemeinschaftshaus in Dittelsheim-Heßloch, Bahnhofstr. 57, durch Herrn Gustav Josef Kotheimer, unterstützt von Herrn Heinrich Scholl, Justizamtsrat a. D., organisiert (Abt. 160 Nr. 252). Dort wurden die Unterlagen - Amtsbücher, Aktenordner und Aktenbündel (16.-19.Jh.) - in (zuletzt) drei Stahlschränken in einer gewissen Ordnung aufgestellt. In einem Abschlussbericht vom 30. Dezember 1996 legte G. J. Kotheimer gegenüber der Kommission der Stiftung Hospital Heßloch Rechenschaft über seine Arbeit im Archiv ab, mit der man ihn bei seinem Ausscheiden aus der Kommission betraut hatte. Demnach hatte er die einzelnen Jahrgänge - wohl der Amtsbücher und Register - geordnet. In seinen Ausführungen weist er darauf hin, dass auch die zunächst vermissten Jahre 1810 bis 1820, die weder geordnet noch gebunden waren, aufgefunden wurden. Diese habe er in Deckeln aus Graupappe geordnet abgelegt. Durch unsachgemäße Lagerung in früheren Jahren weise das Archivschriftgut in größerem Umfang Schäden durch Regen und Pilzbefall bzw. Schimmel auf. Da nach Rücksprache mit dem Landesarchiv Speyer eine Sanierung des Materials zu kostspielig gewesen wäre, bemühte Kotheimer sich mit einfachen Mitteln um eine gewisse Schadensbehebung. Er säuberte die schadhaften Stücke Blatt für Blatt mit Lappen, Bürsten und Staubsauger und verstärkte Einbände mit erheblichen Wasserschäden mit Graupappe und starken Tapeten unter Verwendung von Holzleim. Die Restaurierungsmaßnahmen waren - wie Kotheimer selbst anmerkt - zwar nicht fachmännisch, dürften aber die weitere Schadensausbreitung gehemmt und bestehende Substanz gesichert haben. Im Zuge seiner Arbeiten wertete Kotheimer gleichzeitig zahlreiche Quellen aus, vorwiegend Urkundenbände zwischen 1780 und 1920. Dabei legte er vor allem Wert auf Personennennungen, Berufe, Ämter, Kostenerstattungen, Gewährung von Unterstützungen, Lebensmittelpreise und Gehälter. Die Ergebnisse klebte er in die Amtsbücher ein.

Zur Übernahme
Erste Gespräche über eine Hinterlegung und archivfachliche Betreuung des Stiftungsarchivs in einem öffentlichen Archiv wurden im Jahr 2017 zunächst zwischen Herrn Dr. Walter Rummel, damaliger Leiter des Landesarchivs Speyer, und Frau Elisabeth Kolb-Noack, Bürgermeisterin von Dittelsheim-Heßloch, geführt. Auf Anregung Herrn Dr. Rummels und auf Empfehlung des Historikers Herrn Dr. Franz Stephan Pelgen, Johannes-Gutenberg-Universität, wurde der Kontakt zu Herrn Dr. Gerold Bönnen, Leiter des Instituts für Stadtgeschichte Worms, aufgenommen, in Erwägung einer möglichen Abgabe in das Stadtarchiv Worms. Nicht nur die ortsnahe Unterbringung des Schriftgutes, sondern vor allem auch die enge Verbindung zu den in Worms aufbewahrten Beständen der Familie von Dalberg (Herrnsheimer Dalberg-Archiv mit den Teilbeständen Abt. 159, Abt. 159-U und 159-P) sprachen für eine Verbringung in die Obhut des Stadtarchivs Worms. Herr Dr. Pelgen, ausgewiesener Kenner der Familie von Dalberg, stellte die Bearbeitung in Aussicht und entwarf dazu eine Konzeption.
Durch verschiedene Umstände konnte das von allen Seiten befürwortete Vorhaben zunächst nicht umgesetzt werden. Anfang 2021 wurde daraufhin umso zügiger das Projekt erneut aufgegriffen. Herr Dr. Pelgen, Herr Dr. Bönnen und Herr Thomas Schuler von Seiten der Stiftung Hospital Heßloch kamen in Gesprächen überein, dass das Stiftungsarchiv nach Abschluss eines Depositalvertrags durch das Stadtarchiv Worms archivfachlich verzeichnet und in die Archivdatenbank Augias eingepflegt werden sollte. Als zeitliches Stichjahr für das zu übernehmende Schriftgut bzw. der vor Ort verbleibenden Registratur der Stiftung vereinbarte man das Jahr 1950. Am 24. Juni 2021 wurde nach vorheriger Vor-Ort-Sichtung des Materials (Gesamtumfang von ca. 12 lfm.) die Umlagerung von dem Dorfgemeinschaftshaus in Dittelsheim-Heßloch nach Worms durchgeführt. Zugleich kam es zur Unterzeichnung des Depositalvertrags für den neuen Archivbestand im Stadtarchiv Worms "Abt. 160 Dalbergische Hospitalstiftung Heßloch (Dep.)".
Zur Verzeichnung
Mit der Verzeichnung des Bestandes Abt. 160 wurde im September 2021 begonnen. Ihren Abschluss fand sie im Dezember 2021. Vor Beginn der Arbeiten musste eine Möglichkeit gefunden werden, auch das kontaminierte Schriftgut zu erfassen und gleichzeitig eine Separierung von dem "gesunden" Material zu realisieren, ohne eine Verzögerung der Datenerfassung zu verursachen. Die Bearbeiterin entschied sich für zwei parallele Signaturstränge (Abt. 160 Nr. 1ff. als normale Serie; Abt. 160 Nr. X1ff. für die schadhaften Stücke); so war ein schneller Arbeitsablauf gewährleistet. Während das gut erhaltene Schriftgut in säurefreie fachgerechte Mappen und Archivkartons verpackt wurde, kamen die mit Schimmel befallenen Unterlagen (mit 252 Verzeichnungseinheiten knapp 50 % des Bestandes) zunächst bis zu ihrer Sanierung, mit der möglichst zeitnah ein Fachunternehmen beauftragt werden soll, in ältere Archivkartons. Dieses Material wird nach der Schadensbehebung ebenfalls archivgerecht umgebettet. Ob es im Anschluss komplett nummerisch umsigniert und an die erste Serie angefügt werden soll oder beide Signaturfolgen auf Dauer nebeneinander bestehen bleiben, kann zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Zwingend notwendig ist dieser Schritt nicht, sollte aber dann durch eine Verknüpfung mittels Signaturkonkordanz durchgeführt werden, da schon während der Verzeichnung Stücke aus den schadhaften Quellen für eine wissenschaftliche Arbeit unter Verwendung der "X"-Signaturen ausgewertet wurden.
Die Titelaufnahmen wurden in die Archivdatenbank Augias eingegeben. Den größten Teil des Stiftungsarchivs machen die Amtsbücher (Rechnungs- und Urkundenserien, sonstige Register, Hand- und Tagebücher der Hospitalverwaltung) von etwa 1780 bis Mitte des 19. Jh. aus. In Aktenordnern hatte Herr Kotheimer einzelne ältere schadhafte Dokumente aus Akten herausgezogen und in Klarsichthüllen oder direkt gelocht eingeheftet. Diese aus konservatorischen Gesichtspunkten bedenkliche Aufbewahrung wurde aufgehoben, dabei jedoch der Inhalt in dem zuletzt vorgefundenen Gesamtzusammenhang belassen, wie es archivfachlich gefordert wird. Fünf voluminöse Schriftgutbündel, die in Registraturschürzen der frühen hessischen Verwaltung um 1900 zusammengefasst waren, wurden im Zuge der Bearbeitung ebenfalls aufgelöst und in kleinere handlichere Verzeichnungseinheiten gefasst. Auch hier blieb die Reihenfolge der Unterlagen erhalten und gleichzeitig durch entsprechende Vermerke in den Titelaufnahmen die Verknüpfung des jeweiligen früheren Bündels nachvollziehbar gemacht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass diese in der hessischen Zeit geschaffenen Schriftgutbündel anscheinend bis zur jetzigen Übernahme unverändert geblieben sind. Diese Vermutung lässt das von Prof. Dr. Wilhelm Martin Becker im Jahr 1937 bearbeitete Verzeichnis "Inventare der Gemeindearchive des Kreises Worms", hg. vom Staatsarchiv Darmstadt (hier: S. 414) zu. Becker führt Inhalte von in vier Konvoluten befindlichen Akten des Hospitals Heßloch innerhalb des Gemeindearchivs Heßloch auf, die im Wesentlichen 2021 so vorgefunden wurden. Aus einem Konvolut hatte Kotheimer Unterlagen zum Kirchenbau herausgezogen, dies jedoch dokumentiert. Ob die oben erwähnten schadhaften Stücke ursprünglich ebenfalls in den Bündeln waren, kann angenommen werden - muss aber wegen fehlender Dokumentation offen bleiben.
Nachfolgend kurze Hinweise zu Details der Verzeichnungsmaßnahmen:
- Ortsnamen wurden in die heutige Schreibweise übertragen (z. B. Dorndürkheim > Dorn-Dürkheim)
- Personennamen wurden in den diversen Schreibweisen übernommen, da es bei genealogischen Recherchen Usus ist, verschiedene Schreibvarianten zu berücksichtigen (z. B. Degünther / Deginter / Deginther oder Werle / Werlé)
- Die eingeklebten Auswertungsergebnisse Kotheimers wurden herausgetrennt und in den VE Abt. 160 Nr. 263 (1780-1849) und Nr. 264 (1850 - 1920, 1937) zusammengeführt, da sie nicht ursprünglich in der Registratur erwachsen sind. Sonstige schriftliche Eintragungen in Akten von seiner Hand wurden bei der Titelaufnahme vermerkt, ebenso nachträgliche eigenmächtige Ordnungsmaßnahmen.
- Ausnahmsweise wurden Rechnungsduplikate, wenn sie in unmittelbarer Folge bei der Verzeichnung auftauchten, in einer Nummer verzeichnet. Im "Enthält-Feld" wurden feststellbare Unterschiede jedoch erläutert. In der Regel lässt sich bei der Einsichtnahme das Revisionsexemplar, erkennbar an den "Revisionskontrollhäkchen" klar von dem anderen Exemplar unterscheiden. Oftmals finden sich auch eindeutige Beschriftungen auf den Titeletiketten der Registratur.
- Einzelne nachgebrachte Unterlagen aus dem Stiftungsarchiv in Heßloch überspringen das festgelegte Überlieferungsjahr 1950 für die Aktenübernahme, wurden nach Absprache jedoch im Bestand belassen.
Zum Inhalt
Nach Abschluss der Verzeichnungsarbeiten konnte eine Klassifikation zu der "Abt. 160 Dalbergische Hospitalstiftung Heßloch (Dep.)" erstellt werden, die im Wesentlichen den Inhalt des Bestandes widerspiegelt. Wie oben erwähnt bilden die der Finanzverwaltung dienenden diversen Manual- und Registerserien, vor allem aber die Rechnungen mit den zugehörigen Urkundenbänden, den größten Teil des Bestandes. Die Aussagekraft dieser Quellen sollte nicht unterschätzt werden. Nicht umsonst hat auch Kotheimer sich intensiv mit deren Auswertung befasst (s.o.). Die Arbeitsfelder der Stiftung mit den vielseitigen Unterstützungen in allen Lebenslagen bis hin zur medizinischen Versorgung, die Unterhaltung von Gebäuden und Einrichtungen wie Kirche, Schulen, Klein-Kinderschule und Wohnhäusern, Darlehensgeschäfte usw. lassen sich lückenlos seit 1780 verfolgen. Gerade für die Zeit unter dalbergischer Herrschaft finden sich hierin auch zahlreiche Kellereiberichte der jeweiligen Hospitalverwalter in Heßloch und die dazu getroffenen herrschaftlichen Entscheidungen (Resoluta) verschiedenste Anliegen betreffend (i. d. R. F[riedrich] F[ranz] C[arl] Frhr. von und zu Dalberg [1751-1811]).
Grundstücks- und Hypothekenangelegenheiten des Hospitals, Immobilienbesitz in verschiedenen Gemeinden (u. a. Hillesheim, Gabsheim, Gau-Heppenheim, Dittelsheim, Bechtheim) und Versteigerungen (Pacht, Arbeiten und Lieferungen) werden nicht zuletzt durch zahlreiche notarielle Urkunden dokumentiert. Bis in das 16. Jh. gehen Unterlagen zu Pachtverhältnissen zurück, werden Abschriften und teilweise Originalauszüge aus Renovationen in Akten vorgehalten, die vermutlich auch zum Nachweis der Vermögensverhältnisse der Stiftung erbracht werden mussten. Die oftmals verzweifelte Suche nach den verschiedenen Belegen für Besitz- und Vermögensansprüche wurde erschwert durch Flüchtung der dalbergischen Archivunterlagen nach Hanau und durch vorherrschende Unordnung sowohl dort als auch in den Rechnungen des Hauskellers Müntzenberger zu Mainz.
Exkurs zur älteren Geschichte des Hospitalarchivs:
An dieser Stelle sei ein kurzer Exkurs erlaubt, um einen vagen Einblick in die vorherrschenden Verhältnisse des Hospitals und seines Archivs nach der Säkularisation und nach Änderung der politischen Verhältnisse auf dem linken Rheinufer zu gewähren. So erstattete der Präsident der Hospitalverwaltungskommission (1806 eingerichtet) 1818 der Großherzoglich Hessischen Regierung in Mainz einen anschaulichen Bericht über den Zustand des Hospitalarchivs (Abt. 160 Nr. 3), in dem er gleichzeitig zur Arbeitsentlastung die Ernennung des Bürgermeistereischreibers Peter Hahn als Sekretär in Vorschlag brachte. Bei der Übernahme seiner Geschäfte habe er selbst "eine so große Unordnung in allen Papieren und der ganzen Geschäftsführung des Hospiziums vorgefunden, dass nicht ohne großen Zeitverlust und Mühe die nöthigen Papiere gesucht werden konnten, ja manche oft gar nicht auf der Stelle zu finden waren. Die Kommission wußte von nichts was das Hospitzium betrift, konnte über nichts Antwort und Auskunft geben und kannte nicht einmal die Lage und den Zustand der ihr anvertrauten Anstalt, - sie besaß außer einigen ganz alten nicht einmal Rechnungen über dieselben, kurz es bestand kein eigenes Archiv oder Depot ihrer Papiere; solche befanden sich zwar auf dem Gemeindehauß, aber so verwirrt, daß man Papiere von den ältesten Jahren bey ganz neuen und dergleichen von einander ganz fremden Gegenständen zusammen fand." Er habe bei Amtsantritt beim Hospizium die an ihn gestellten Aufträge erfüllt und jeweils im Anschluss die Papiere zurückgegeben ohne "sich darum zu bekümmern, wie man solche aufbewahrte". Nach Übernahme des Vorsitzes in der Verwaltungskommission habe er sich um die Ordnung der Papiere bemüht und schon Einiges erreicht, ein Sekretär könne sich aber ganz der Geschäftsführung widmen. In derselben Verzeichnungseinheit befindet sich ein detailliertes Verzeichnis über die Hospitalrechnungen und Papiere (Schuldurkunden [57], Heberegister aller Gefälle [18], Akten verschiedenen Inhalts), die die Familie des verstorbenen Notars Schad [vermutl. nach 1820] an den Präsidenten der Hospitalverwaltung übergeben hat und auf inzwischen geordnete Verhältnisse schließen lassen, zumal die seinerzeit nachbearbeiteten Rechnungen (s. o.), jetzt doppelt vorhanden - also zwischenzeitlich wieder aufgefunden worden waren . Am Ende der Liste werden drei Pakete aufgeführt beschriftet wie folgt: ein Paket "Allerhand Gegenstände die das Hospital angehen", ein Paket "Heberegister und Tagebücher, ein Paket "acta verschiedenen Inhalts das Hospital betreffend". Die im ersten Viertel des 19. Jh. vorherrschenden Archivverhältnisse werden auch in Zusammenhang mit einem anderen Problem offenbar, mit dem sich der Bürgermeister Conrad Egid Heinrichs 1820 auseinandersetzen musste, als er von Notar Schad ein Verzeichnis der Hypotheken "und deren Conservation" [Bewahrung] anforderte. Offensichtlich konnte nur der im März 1806 übergebene sehr kleine Teil der Hypotheken aufgefunden werden, die seitdem nicht mehr ausgetragen - folglich nicht mehr auf neuestem Stand - waren. Der weitaus größte Teil der Hypothekenaktne befand sich anscheinend zu diesem Zeitpunkt noch bei der dalbergischen Familie, die in dem früheren Hypothekenbuch nicht einmal konserviert d. h. gesichert waren "was fast unerhört ist." Heinrichs wollte sich in dieser Angelegenheit an die Regierung wenden, "um die dalbergische Familie zur Auslieferung zu vermögen". Auch die nach 1806 neuen Hypotheken waren nicht im Archiv und Heinrichs fragt sich "wo mögen diese aufbewahrt sein?" Er stellte verschiedene Vermutungen über deren Verbleib an (als Beilagen in Rechnungen, bei Schad selbst oder im Büro in Mainz). "So zerstreut und in solchem Zustand sind die Hospital-Papiere." Heinrichs beabsichtigte die zentrale Aufbewahrung und Verwaltung aller Papiere in seiner Hand. "Da nun doch alle das Hospital betreffende Dokumenten, Rechnungen p.p. in einem Archiv versammelt seyn sollten, überdies auch alle Auskünfte und Nachrichten selbst auch alte Dokumenten an mich gefordert werden so ergeht mein höfliches Ersuchen an Sie mir gef[älligst] die noch in Händen habende Hypothecken so wie die ältere Rechnungen und allenfallsige Papiere die Ihnen von der Freyhe[rrlich] von dalberg[ischen] Familie oder H[errn] Münzenberger in Mainz seit die Ablieferung an H[errn] Emonds zugestellt worden sind, zukommen zu lassen, damit die für die Verwaltung vorgeschriebene Ordnung immer mehr hergestellt werde". (Abt. 160 Nr. 32). Die nachfolgende Korrespondenz zwischen Schad und Heinrichs lässt auf eine Zusammenarbeit in diesem Sinne schließen.
Aus dem 18. Jh. bis Anfang 19. Jh. liegen Unterlagen zum Hofgut vor, über die Übernahmen dessen Verwaltung (Sebastian Brauer, Wilhelm Dotzauer, Hermann Kotheimer), ferner zu Baumaßnahmen der Hospitalkirche, Hofgut mit Nebengebäuden und Hospitalspeicher (18. Jh.).
Besonders hervorzuheben sind aus dem 16. Jh. Rezesszettel der Spitalmeister Remmann Benffer (1577-1697) und Hans Baum (1598/99) in Abt. 160 Nr. 64, die in einem Aktenordner vorgefunden wurden und deren vorheriger Aktenkontext leider nicht dokumentiert ist; sie tragen lediglich aus dalbergischer Zeit alte Repositurangaben. Die Abhörung der Rechenzettel erfolgte in der Regel im Beisein des Philipp Kämmerer von Worms gen. von Dalberg, auch im Namen seiner Vettern. Frühe Vorgänge (1600 - 1612) über die Aufnahme von Pfründnern in das Hospital Heßloch befinden sich in Abt. 160 Nr. 8. Weitere zahlreiche Belege zu Unterstützungsmaßnahmen für in Not geratene Personen und bedürftige Kinder liegen ab Mitte des 18. Jh vor. Gerade die Mildtätigkeit und Fürsorge für Kinder findet in den Quellen an vielen Stellen Niederschlag und bezeugt dieses besondere Anliegen der Stiftung (u. a. Versorgung und Ausstattung mit Kleidung, Unterbringung und Verpflegung außerhalb des häuslichen Umfeldes, Schulgeldzahlungen, Vermittlung und Abschluss von Lehrverträgen, auch Übernahme von Impfgebühren). Hierzu passen auch die Beitragszahlungen zu den verschiedenen Rettungshäusern (Arnsburg, Hähnlein, Jugenheim) als sozialpädagogische Einrichtungen.
Als wichtige Unterlagen sind nicht zuletzt noch die Protokollbücher der Verwaltungskommission der Stiftung zu erwähnen, die mit den Laufzeiten 1827 - 1842 (Nr. 237), 1872 - 1899 (Abt. 160 Nr. 123) und 1899 - 1927 (Abt. 160 Nr. 124) erhalten sind. Offensichtlich ist mindestens ein Exemplar (Zeitraum 1843 - 1871) verloren oder es könnte in den Bestand des Gemeindearchivs Heßloch gelangt sein, wie auch einzelne Stücke der Gemeinde im Hospitalarchiv aufgefunden und in der Klassifikation unter "6. Sonstiges (Auswertungen Herr Kotheimer; fremdes Schriftgut)" nachgewiesen werden.
Die Bearbeiterin könnte hier noch auf weitere einzelne Quellen eingehen um der Vielfalt des vorliegenden Bestandes Rechnung zu tragen. Da erfahrungsgemäß Vorworte jedoch nur überflogen werden, ist für die Benutzer*innen die online-Recherche über Stadtarchiv Worms (findbuch.net) die bequemere Art sich über die Mannigfaltigkeit des Bestandes zu informieren, die Kotheimer in seinem oben erwähnten Bericht wie folgt zusammenfasst: "Zum Schluß sei noch einmal darauf hingewiesen, daß das Archiv der Stiftung Hospital Heßloch eine für die oertsgeschichte wertvolle Einrichtung ist, die über Hospitalangelegenheiten wie Hof, Kirche, Äcker und Weinberge und deren Pächter wie über alle Veränderungen in der Gemeinde, sei es Personal in der Gemeinde- und Hospitalverwaltung, der Schule, im Gesundheitswesen und Gewerbe oder über bauliche Maßnahmen wie Straßenbau, Um- und Neubau des Schulhauses an der Kirche und des Gemeindehauses, Maßnahmen, die durch das Hospital finanziert wurde, Auskunft gibt".

Margit Rinker-Olbrisch
Stadtarchiv Worms
Worms, im Dezember 2021
Literatur
Margit Rinker-Olbrisch, Neuzugang im Stadtarchiv Worms - Schriftgut der Dalbergischen Hospitalstiftung Heßloch Neue Quellen zur Familie der Kämmerer von Worms (gen.) von Dalberg, in: Der Wormsgau 38, 2022/23, S. 103-114
- Meine Heimat Dittelsheim-Hessloch. Eine Sammlung geschichtlicher Beiträge aus Archiven, Büchern, Zeitschriften und Zeitungen über die Vergangenheit der Doppelgemeinde, gesammelt, zusammengestellt und durch eigene Beiträge ergänzt von Gustav Kotheimer und Heinrich Scholl mit echten Fotos von Peter Gaedigk. Zweite Auflage, Dittelsheim-Heßloch, 1996 (gebundener Computerausdruck mit eingeklebten Originalfotos; hier: Exemplar Stadtbibliothek Worms)
- 140 Jahre (1698 - 1838) Dittelsheimer Untertanen - Bürger - Einwohner, zusammengestellt von Heinrich Scholl, Dittelsheim-Heßloch, 1996
- Hessloch und die Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg. Aufsätze und Berichte, zweite, erweiterte Auflage gesammelt, zusammengestellt, gedruckt und gebunden von Gustav J. Kotheimer und Heinrich Scholl, Dittelsheim-Heßloch, 1992 [Stadtbibliothek Worms, Kopie im Stadtarchiv Worms Abt. 204]
- Heßlocher Rauchhaber und August Beeth 17. Dezember 1655. Archiv Heßloch IX-5 abgeschrieben, aufbereitet, übertragen gedruckt und gebunden von Gustav J. Kotheimer, Dittelsheim-Heßloch, 1993. [Stadtbibliothek Worms]
- Gustav J. Kotheimer, Die Mariensäule auf dem Liebfrauenberg in Heßloch : von ihrer Bedeutung und von den geschichtlichen Zusammenhängen, Dittelsheim- Heßloch, 1989
Festschrift zur 1200-Jahr-Feier der Gemeinde Dittelsheim-Heßloch : 13. Sept. - 16. Sept. 1974.; Dittelsheim 774 - 1974; Heßloch 766 - 1974, Dittelsheim-Heßloch - Obertshausen, 1974
- Battenberg, Friedrich, Dalberger Urkunden. Regesten zu den Urkunden der Kämmerer von Worms gen. von Dalberg und der Freiherren von Dalberg 1165 - 1843, Bd. 1: Urkunden und Kopieare des Staatsarchivs Damstadt (Abt. B 15 und O 1 B), des Pfarrarchivs Herrnsheim und des freiherrlich-Franckensteinischen Archivs in Ullstadt, Darmstadt 1981 // Bd. 2: Urkunden des Stadtarchivs Worms, der Bayerischen Staatsbibliothek München und des Kunsthauses Heylshof in Worms, Nachträge und verlorene Dalberger Urkunden im Staatsarchiv Darmstadt (Regesten Nr. 1666-3385), bearbeitet von Friedrich Battenberg unter Mitarbeit von Margit Rinker-Olbrisch, Darmstadt 1986 // Bd. 3: Corrigenda, Indices und Strammtafeln (v. Dalberg und Ulner v. Dieburg), Darmstadt 1987 (= Repertorien des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt 14/1, 14/2, 14/3)

Zitierhinweis: Abt. 160

Erschließungszustand, Umfang: Verzeichnung bis 12/2021 abgeschlossen

Bestandssignatur
Stadtarchiv Worms, 160

Kontext
Stadtarchiv Worms (Archivtektonik) >> Herrnsheimer Dalberg-Archiv

Bestandslaufzeit
1577 - 1998

Weitere Objektseiten
Letzte Aktualisierung
15.12.2023, 14:57 MEZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Stadtarchiv Worms. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1577 - 1998

Ähnliche Objekte (12)