Archivalie

lola kam unverrichteter sache von berlin zurück...

Transkription: Dessau 18.12.28 Lola kam unverrichteter Sache von Berlin zurück, ihr Vater kam nicht, Lonja kam nicht, wie verabredet, zum Aquarium. Sie hat dich nicht gesehen. - was sind das für neue Geschichte? Warum schreibt Lonja nicht mehr? Sicher unterlässt er das nicht von sich aus. Die Kinder fragen öfters nach ihm, es war beabsichtigt, ihn über Weihnachten kommen zu lassen. Da ich aber sehr viel zu arbeiten habe und Casca kommt, um mir zu helfen, kann es diesmal nicht sein. - aber: würdest du es überhaupt "erlauben"? Was ist das für eine Politik der entfremdung, die da getrieben wird? Ich halte diese in Lonjas Interesse für Verhängnisvoll. Ich kenne die wahren Gründe nicht, die zu der Entfremdung oder viel- mehr Verstossung Lolas geführt haben. Die, die du mir in Berlin nann- test, können es nicht sein, denn das sind Lapalien. Lola hat ihre Lau- nen und Eigenheiten, auch hier, aber sie ist willig und verständig und schlechte Absichten liegen ihr fern. Wenn sie dir auf die Nerven fiel durch das dauernde Zusammenwohnen, so kann ich das nicht als Grund ansehen, sie, noch minderjährig, fort- zuschicken. Ich danke, es war alles in bester Ordnung, als beschlossen wurde, Lola nach Dessau zu nehmen, um dich zu entlasten und ihr das Studium zu er- möglichen. Weshalb folgt daraus eine Verschlechterung der Beziehungen du hast in Berlin kein Wort davon gesagt, dass du dagegen bist, dass Lola hierherkommt. Ich weiss es auch heute nicht, muss es aber nach allem, was geschieht, annehmen. Wenn das nun nicht recht ist, was denn dann? Wo soll denn Lola sonst hin? Wenn das hiersein von Lola auf Kosten Lonja geht, wenn infolgedessen eine Feindseligkeit konstruiert wird, so muss der Zustand entweder ge- ändert oder gebessert werden. Lonja sei traurig und fühle sich nicht wol in Berlin, wenn er das sagt, so ist das wol zu begreifen, weil es ihn einfach schmerzt, dass wol Lola, nicht aber er in Dessau sein kann. Denn natürlich hat es ihm im Sommer hier so sehr gefallen, dass er am liebsten gleich ganz hier geblieben wäre. Das ist wol eine Tatsache, die nicht verdreht werden kann? Lonja wird aber auch so klug sein, einzusehen, dass die jetzige Situa- tion eine Notwendigkeit ist, wenigstens, solange Lola am Bauhaus ist. Ich würde es unbedingt verdammen, wenn Lonja verhetzt würde, diese jetz- ige Situation anders anzusehen, als sie es tatsächlich ist. Ich muss es hier auch einmal deutlich sagen, dass TUT sich immer be- müht hat, das Verhältnis zum guten zu leiten. Sie hat dir geschrieben in der besten Absicht und du hast ihr bis heute nie geantwortet. Sie war bereit die Hand zu reichen, statt dessen von deiner Seite nur Beschimpfungen. Weshalb? - TUT hatte in Belvedere (in Weimar) ein- mal alles für Lonja gerichtet, Bett und Wäsche, und es hätte ihm sehr gut getan, eine Weile dort in schönster Gegend zu sein. TUT hat ihn der schweren Weimarer Zeit bei ganz geringem Gehalt es ermöglicht, dass die Zuwendungen nach Eisenach geleistet werden konnten. Jetzt erst ist das eisenacher Krankenhaus abbezahlt und dass Lola hier seh kann, ist nur möglich, weil sich die Verhältnisse langsam etwas bessern. Ich könnte ja auch nichts haben wie heute Tausende von Malern, was denn dann? TUT wollte auch Lonja zu Weihnachten kommen lassen. Aber ich bin da- gegen, weil ich jetzt keine Zeit für ihn hätte undzu viele Menschen im Haus wären. Ich bitte dich, Lonja nicht daran zu hindern, wenn er schreiben will. Er hat es seither getan und wird es auch in Zukunft tun wollen. Ferner bitte ich dich, durch eine gänzlich, falsche Taktik Lonja nicht den Weg hierher zu verrammeln, den er aus innerem, natürlichem Antrieb immer suchen wird. Es liegt ganz bei dir, da er bei seiner schwachen Konstitution keinen eigenen Willen aufbringen wird. Denke an später und an eine Zukunft, von der neimand wissen kann, wie sie aussieht. Unterdessen passierten 2 Geschichten, die ich absolut nicht akzeptie- ren kann. Sicher will ich alles tun, um

Sammlung
Archiv Oskar Schlemmer
Inventarnummer
AOS 2013/1,170
Material/Technik
Papier; maschinenschriftlich

Ereignis
Herstellung
(wer)
Oskar Schlemmer (04.09.1888 - 13.04.1943)
Dora Yekimovsky (1890 - 1972)

Rechteinformation
Staatsgalerie Stuttgart
Letzte Aktualisierung
28.03.2025, 12:10 MEZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Staatsgalerie Stuttgart. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Archivalie

Beteiligte

Ähnliche Objekte (12)