Archivale
Inquisition und Examination über Hans Ulrich Faßnacht, Sohn des vor 4 Wochen justifizierten (= hingerichteten) Ulrich Faßnacht
Regest: 1665 August 10
Anwesend:
Herr Johann Bihler,
Herr Stefan Grieninger,
Herr Schultheiß Johann Zendel,
Herr Zunftmeister Peter Bihler,
Ratschreiber Johann Heß.
Dieser ist graviert:
1) Wie er selbst bekennt, ist er mit seinem Vater zu dessen Lebzeiten auf der Hexenzusammenkunft gewesen, wo ihn sein Vater mit seinem eignen Blut verschrieben hat.
2) Er habe Sodomiterei (= widernatürliche Unzucht) mit Geißlein zu treiben ins Werk gesetzt.
3) Gleich nachdem er dem Teufel verschrieben war, sei er bis dato fast alle Wochen ausgefahren und habe der Hexenzusammenkunft beigewohnt und Unzucht getrieben.
4) Er ist von seinem Vater, der Kindtsvatterin, Johann alt Faßnacht, Johann Hauser, Ludwig Derrers Weib, dem Weib des Thomas Zeib, der Teufels-Grethe, die alle justifiziert sind, angegeben und von neuem von Eva, der verhafteten Hausfrau des Georg Maurhan graviert, welches alles er gesteht.
5) Er ist von verschiedenen hingerichteten Personen angegeben worden, daß er die Hexenzusammenkunft vielfach besucht hat.
1665 August 11
Anwesend die oben genannten Herren Commissare.
Gütliche Examination.
Er sei 17 Jahr alt. Ungefähr vor 8 Jahren habe sein hingerichteter Vater, mit dem er auf den Galgenberg gefahren war, ihn dem Teufel verschrieben. Die Kindtsvatterin und ihr Mädle seien mit draußen gewesen. Dem Teufel, dem König, welcher im Sessel saß, habe er die Händ geboten. Sein Vater habe den Galgen umhauen wollen. Sein Buhl (= Liebchen) sei des Kindtsvatters Mädle, die Anna Maria, gewesen. Bisher sei er alle Wochen ausgefahren. Er habe gemeint, er sei mit ganzem Leib hinausgekommen. Man habe getanzt, gegessen und getrunken. Das Weib des Derren-Michel (Michael Derrer (?) und das Aferle seien auch draußen gewesen, ebenso die Englerin (Engel). Seit 6 Jahren habe er mit dem Mädle der Kindtsvatterin keine Unzucht getrieben. Auf der Hexenzusammenkunft rede man nichts, der Teufel spiele auf. Er habe gemeint, der Kindtsvatterin Mädle sei mit ganzem Leib draußen. Er wisse nicht, wie es ihm gehe. Wenn er auf die Hexenzusammenkunft komme, sei er im Schlaf. Denn er lege seine Kleider nicht an. Wenn er draußen sei, sei er doch angetan (= angezogen). Sodomiterei habe er mit jungen Geißlein getrieben. Sein Vater hab's ihn geheißen. Es sei bei Tag geschehen. Vor 6 Jahren habe er mit dem Mädle der Kindtsvatterin Unzucht getrieben.
1665 August 14
Anwesend die vorgenannten Herren Commissare.
Was er vorher sagte, sei wahr. Er sei aber nicht getauft worden. Die Cron habe er oft auf dem Galgenberg bei den Hexen gesehen. Man esse, trinke und tanze, dann verschwinde man. Als sein Vater ihn vor 6 Jahren hinausnahm, sei er bei dem Mädle der Kindtsvatterin gelegen. Daß er bei seiner Mutter in ihrem Bett gelegen, sei geschehen, weil man sagte, wenn einer ausfahre, solle man ihn umkehren (= ?), daß der Geist nicht hineinkomme. Auf der Hexenzusammenkunft seien auch Kutschen gewesen.
1665 August 15
Der Mann, der ihn zum Ausfahren abhole, sei der Hans Schill. Er müsse immer hinter ihm sitzen. Er habe ihm geboten, nichts zu sagen. Seit sein Vater justifiziert worden, hole der Schill-Hans ihn ab. Meistens am Mittwoch nachts müsse er ausfahren.
1665 August 28
Anwesend:
Herr Amtsbürgermeister und die vorgenannten Herren Commissare.
Vor 2 Jahren, als er in seiner Scheuer Holz spaltete, sei der böse Geist in Gestalt eines Rappen zu ihm hineingekommen, habe sich aber aufgerichtet und sei als ein Mann dagestanden. Er habe Geißfüß gehabt und habe ihm zugemutet, Pulver von ihm zu nehmen und den Leuten damit zu vergeben. Er hab's nicht annehmen wollen, sondern gesagt, daß er auf den Namen Jesus getauft worden sei. Darauf sei dieser Mann verschwunden. Er habe das gleich seiner Mutter geoffenbart. Sie habe es dem Herrn Mr. Bantlen gesagt. Er sei nicht mehr als einmal zu ihm gekommen. Mit der Kindtsvatterin Mädle habe er bisher auf der Hexenzusammenkunft immer nach dem Tanzen Unzucht getrieben. Andere treiben es auch. Man lästere Gott, fluche auf die heil. Dreifaltigkeit und besonders wider das heil. Abendmahl. Wenn er den Leib Christi empfangen habe, habe ihm der Teufel das verwiesen, ihn auch deswegen geschlagen.
Auf den Hexenzusammenkünften haben sie Hagel, Sakrament und anderes fluchen müssen. Der Teufel habe es vorgesprochen. (Hagel ist ein Fluchwort wie Donnerwetter).
1665 September 8
Anwesend die Herren Commissare.
Auf der Hexenzusammenkunft habe er gesehen:
1) Die Bertschen-Lis (Lis Bertsch). Sie habe mit dem Mauls-Michel getanzt.
2) Die Schmehr-Ursul. Sie habe mit einem getanzt, dem der Kopf mit Flor verbunden war.
3) Die Adler-Wirtin.
4) Jacob Weinmans Grethle. Sie habe mit dem Georg Gailer getanzt. Es kommen Kutschen von Tübingen auf den Hexenplatz.
5) Die Trauben-Wirtin habe mit dem Hans Jacob Engel, wie er meine, auf dem Galgenberg getanzt.
6) Der Schill-Hans (Hans Schill) habe auch mit der Bertschin getanzt.
7) Das Weib des Jacob Zeilin, die Fitzlerin. Der Urban Ammer habe mit ihr getanzt.
8) Das Weib des Greilin sei auch immer auf dem Galgenberg gewesen, habe mit einem Reichen, der verbunden (= verhüllt) war, getanzt.
Wie ihn der Schill-Hans das erstemal geholt hatte, sei er vom Teufel getauft worden. Bei der Tauf sei der Hans Jacob Engel sein Gevattermann (= Taufpate), des Greilins Weib und die Schmehr-Ursul (Ursula Schmehr) seine Gevatterinnen gewesen. Ihn habe man ins Teufels Namen getauft und Hans genannt. Er habe der heil. Dreifaltigkeit abgesagt und sich dem Teufel und denen, die draußen waren, ergeben.
1665 September 20
Anwesend:
der Herr Syndicus,
Herr Stefan Grieninger,
Herr Schultheiß Johann Zendel,
Ratschreiber Johann Heß.
Nach der Tauf habe ihm der Teufel schwarz Pulver gegeben und ihm befohlen, seiner Mutter, Abraham Gerstlins Weib und seiner Schwester damit zu vergeben. Aber er hab's nicht getan, sondern es von sich geworfen, weshalb ihn der Teufel jämmerlich geschlagen habe.
1665 September 22
Anwesend:
Herr Stefan Grieninger,
Herr Schultheiß Johann Zendel,
Ratschreiber Johann Heß.
Er sagt gütlich, daß er das Knorren-Mariele (Marie Knorr) und die Procuratorin auch auf der Hexenzusammenkunft auf dem Galgenberg gesehen habe.
Ohne des Kindtsvatters Mädle wolle er nicht hinaus. Das Mädle sei wie er. Er habe Unzucht mit ihr getrieben. Ob sie aber getauft wurde, darüber könne er nichts sagen.
Das Weib des Georg Meulen sei auch ausgefahren. Der Heinrich Scherer habe mit ihr getanzt.
Die Hausfrau des Mathes Göbel, das Hamer-Agnesle, habe er auch auf der Hexenzusammenkunft gesehen. Ulrich ... Faßnacht habe mit ihr getanzt.
1666 Januar 20
Anwesend:
Herr Lt. Jung,
Herr Schultheiß Johann Zendel,
Herr Schultheiß Josua Hohloch.
Seine frühere Aussag hat er wieder bejaht. Er sagt, daß er mit einem Geißlein Sodomiterei nur einmal bei Tag getrieben habe. Er sei kaum 7 Jahr alt gewesen. Sein Vater habe ihn dazu gezwungen im Stall. Sein membrum virile habe er dem Geißlein beigebracht. Es habe nicht lang gewährt. Sein Vater habe ihm gezeigt, wie er tun müsse. Er sei dabei gestanden.
Mit dem Mädle N. N. habe er sowohl vor als nach seines Vaters Tod recht Unzucht getrieben. Der habe er sein männlich Glied in den Leib gebracht. Nie sei Samen von ihm gekommen. Es sei immer gleich aus gewesen ...
1666 Februar 12
Anwesend:
Herr Syndicus,
Herr Johann Bihler,
Herr Schultheiß Johann Zendel.
Weil das wegen des Hans Ulrich Faßnacht eingeholte Consilium dahin ging, daß derselbe zu besserer Erläuterung seiner Aussag mit scharfer Frag angehalten werden solle, ist er zuerst in Güte erinnert worden, weil er bereits bekannt hat, daß er vom Teufel getauft wurde und von ihm Pulver bekam, aber damit nie jemand Schaden getan habe, ob er nicht Menschen und Vieh Schaden getan und besonders ob er wirkliche Sodomiterei verübt habe.
Antwort: Er habe niemand mit dem vom Teufel empfangenen Pulver Schaden getan, sondern es, als er in seinen Wingert ging, in den Graben geworfen. So lang er in Haft sei, sei er vom bösen Geist nicht angefochten worden. Auf der Hexenzusammenkunft habe er mit der Kindtsvatterin Mädle Unzucht getrieben.
Der Schill-Hans habe immer mit der Bertschen-Lisnach dem Tanzen Unzucht getrieben.
Dabei gewesen seien auch: des Weinmans Grethle, Georg Gailer, Urban Ammer, Hans Jacob Ammer, das Weib des Greilin.
Sodomiterei habe er mit Geißlein getrieben. Sein Vater habe mit seinen Händen ihm sein männlich Glied an den Ort gebracht. Er wisse von keinem Samen, der von ihm gegangen. Das Geißle habe sein Vater unter der Metzig ausgehauen und verkauft.
Hierauf wurde ihm der Scharfrichter an die Seite gestellt. Der Verhaftete sagte, wenn er etwas sage, müsse er's aus Pein tun. Er bittet, ihm die Pein zu erlassen.
Der Teufel habe ihn mit Gewalt zwingen wollen, seiner Mutter, seinen Schwestern und dem Weib des Abraham Gerstlen zu vergeben.
David Weinmans Büble und das Töchterle des Metzgers Ludwig Bientz seien in den Armen-Wiesen aufeinander gelegen. Das Mädle sei entblößt gewesen und habe das Häs (= Kleid) über den Kopf gehabt. Er sei dabei gestanden. Damals haben sie Habermauche (= Wiesenbocksbart) gebrochen (= gepflückt?).
Wie der Teufel das erstemal, im Frühling an einem Samstag, nach der Taufe ihm das Pulver gegeben, habe er seiner Mutter auf einer Fleischsuppe davon vergeben. Der Schill-Hans und seine Doten (= Taufpatinnen), des Greilins Weib und die Schmer-Ursel, haben ihn dazu angehalten. Ein bißle habe er darauf getan. Seine Mutter habe davon gegessen, sei etwas krank worden und umgegangen (= umhergegangen?). Das Pulver habe er auf seiner Mutter Ort (= Platz) getan, als die Mutter in der Küche anrichtete und er allein in der Stube war. In einem Papier habe er das schwarze Pulver in seiner Kammer in einem Trögle (= Kästchen) gehabt. Seine Mutter habe, wie sie das Pulver bekommen habe, sich übergeben müssen und sei oft eine Viertelstunde ob dem Gießbecken (= Handwaschbecken) gesessen. Sie sei einen Tag oder zwei umgegangen.
Die Mutter ist vorbeschieden und hierüber vernommen worden. Sie hat bekannt, daß sie sich übergeben und diese Zeit über täglich von ihren leiblichen Kräften abgenommen habe.
Abraham Gerstlens Weib habe er hernach, als er ihr drosch, an einem Montag oder Dienstag, nachts mit seinem Löffel die Supp, worin er Pulver hatte, unter sich getunkt (= umgerührt). Davon habe des Gerstlens Weib sich übel befunden. Seither seien es in diesem Winter 2 Jahr gewesen.
Diese ist vorbeschieden und vernommen worden. Sie sagte, es sei ihr damals weh geworden. Ob es aber daher kam, wisse sie nicht. Vorher habe sie von Mosi Lamparter einen Trunk bekommen, wovon sie durmelig (= taumelig) wurde.
Später habe er seinen 2 Schwestern, als ihnen eine Erbsensuppe besonders angerichtet wurde, auch Pulver darein getan, wovon sie sich auch übel befunden haben. Seine Doten haben ihn dazu gezwungen.
Er habe also das erste vom Teufel empfangene Pulver mit diesen Personen verbraucht. Das andere Pulver habe er von sich geworfen.
Mit dem andern Pulver habe er dem Johannes Weinmann und seinem Mädle vergeben sollen, es aber nicht getan.
Dem Weib des Georg Faßnacht, der Deckher-Anna (Anna Deckher) habe er auch vergeben sollen. Die Schmehr-Ursel habe es mit Gewalt haben wollen. Der Agatha, dem Weib des Lorenz jung Lamparter, habe er auch vergeben sollen.
Der Hans Jacob Engel sei der Buhle der Schmehr-Ursel.
Seine Dote habe sich beim Teufel auf dem Galgenberg gerühmt, daß sie ihn zu solcher Vergebung (= Vergiftung) gezwungen habe.
Mit 2 Geißlein habe er zu tun gehabt. Das eine habe er von Pfullingen bei einer Witfrau oben im Dorf, das andere zu Glems von einem namens Bussen gekauft. Das letzte habe er im Alter von 10 Jahren an der Fasnacht selbst geholt. Mit diesem habe er auch zu tun gehabt in seinem Roß-Stall, mit dem ersten in der Scheuer. Sie seien angebunden gewesen. Sein Vater habe ihn dazu gezwungen. Der Vater habe mit der einen Hand das Geißlein gehalten, mit der andern Hand sein Glied dem Geißlein beigebracht. Über 1/4 Stund habe es gewährt. 4mal habe er solches verübt, mit dem ersten aber 3mal. Sein Vater habe immer sein Glied beigebracht, ihn gekitzelt, bei dem letzten Geißlein um das Herz.
Er sei nicht auf, sondern neben der Kindtsvatterin Mädle gelegen, wie er Unzucht mit ihr trieb.
1666 Februar 14
Im Beisein der vorgenannten Herren Commissare.
In der Besiebnung (= Überführung durch 7 Aussagen) bejaht er alle seine vorherigen Aussagen. Aber er habe noch weitere Personen gesehen, die er vorgestern vergessen habe:
1) Heinrich Scherer, Buhle des Weibs des Meule.
2) Ulrich Faßnacht.
3) Das Hamer-Agnesle.
4) Das Weib des Georg Meule.
5) Die Cron.
6) Das Weib des Jacob Zeilin, die Fitzlerin. Urban Ammer sei ihr Buhle.
7) Das Knorr-Mareile: Diese seien beieinander gesessen.
8) Die Procuratorin: Diese seien beieinander gesessen.
Es seien viel Kinder und besonders von Tübingen auf die Hexenzusammenkunft in Kutschen gekommen.
9) Das Weib des Michel Derrer.
10) Michel Kalbfehl.
Wie der Teufel ihm das Pulver gegeben hatte, seien der Schill-Hans, die Schmehr-Ursel und des Greilins Weib dabeigewesen und haben ihm befohlen, solches den Leuten in das Essen zu tun, wovon sie den Tod essen werden.
1666 Juni 25
Anwesend:
Herr Lt. Georg Friedrich Jung, Syndicus,
Herr Bürgermeister Conrad Felchlen,
Herr Schultheiß Johann Zendel,
Herr Schultheiß Josua Hohloch.
Er bejaht alle seine vorigen Aussagen und sagt, wenn man dem Kindtsvatter-Mädle nicht tue wie ihm, so tue man ihm Gewalt und Unrecht. Er wolle das kaiserliche Recht anschreien.
Er sei niemals auf dem Mädle der Kindtsvatterin, sondern immer neben ihr gelegen. Sie haben die Füße übereinandergeschränkt. Er gehe ohne der Kindtsvatterin Mädle nicht hinaus. Sie sei ärger als er.
1666 August 1
Anwesend:
Herr Lt. Georg Friedrich Jung, Syndicus.
Herr Johann Bihler,
Herr Schultheiß Josua Hohloch,
Herr Schultheiß Johann Baur.
Weil das bei der Juristen-Fakultät zu Straßburg eingeholte Consilium (= Gutachten) dahin ging, da der Hans Ulrich Faßnacht in seinem Bekenntnis variiert (= wechselnde Angaben macht), solle er nochmals gütlich examiniert und eine klare und beständige Aussag von ihm vernommen und er darauf peinlich examiniert werden, hat der Rat beschlossen, daß nach Anleitung des Consiliums die Commissare verfahren sollen. Der Verhaftete wird gütlich erinnert, daß er gerad herausgehen und es nicht zur scharfen Frag kommen lassen solle.
1) Er wird gefragt, ob und mit wieviel jungen Geißlein er zu tun gehabt habe.
Mit 2 Geißlein. Er sei 7 oder 8 Jahr alt gewesen. Sein Vater habe ihn dazu gezwungen.
2) Ob er nicht auch mit anderem Vieh zu tun gehabt.
Nein.
3) Wie oft er mit den 2 Geißlein zu tun gehabt.
Mit jedem nicht mehr als einmal.
4) Ob er das erste Geißlein zu Pfullingen geholt hatte.
Nein. Als er mit diesem zu tun hatte, sei er 7 oder 8 Jahr alt gewesen. Daß er sagte, er habe mit mehr Geißlein zu tun gehabt, sei aus Pein geschehen.
Wie er das erstemal mit dem Geißlein zu tun hatte, habe ihn sein Vater dazu gezwungen, ihm sein membrum virile aus dem Latz gezogen und dem Geißlein beigebracht. Er habe keine Wollust dabei gehabt und geweint. Es habe keine 1/4 Stund gewährt. Es sei in seinem Roß-Stall geschehen.
Das andere Geißlein habe er mit 10 Jahren zu Pfullingen geholt. In der Scheuer habe er mit ihm Unzucht getrieben an der Fasnacht. Sein Vater habe ihn dazu gezwungen und geschlagen. Es habe ihm nicht wohlgetan und keine 1/4 Stund gewährt.
In puncto veneficii (= Giftmischerei).
Sein Vater habe ihn das erstemal auf die Hexenzusammenkunft hinausgenommen und mit seinem eigenen Blut auf dem Galgenberg verschrieben.
Nach seines Vaters Tod habe ihn Hans Schill hinausgenommen. Er sei vom Teufel, einem schwarzen Mann mit Geißfüßen, der in einem Sessel saß, getauft worden. Damals sei der Hans Jacob Engel sein Gevattermann, des Greilins Weib und die Schmehr-Ursel seine Gevatterinnen gewesen. Bei der Tauf habe er Gott nicht abgesagt und sich dem Teufel ergeben, aber später, wenn die Hexenleut gegessen und getrunken hatten und über die heil. Dreifaltigkeit fluchten, eben auch mitgeschrien und Gott verschworen (= verflucht).
Wie sein Vater ihn das erstemal hinausgenommen, sei des Kindtsvatters Mädle schon draußen gewesen und sein Buhle worden. Vor und nach seines Vaters Tod habe er mit der Kindtsvatterin Mädle Unzucht getrieben. Die Kindstvatterin habe ihr Mädle wie ihn sein Vater gezwungen.
Er habe zwar 2mal vom Teufel Pulver empfangen, das erstemal wie er umgetauft wurde, das andremal in seiner Scheuer Mittwochs an einem Jahrmarkt. Er habe aber niemand Schaden damit getan, sondern es in einen Graben geworfen, wie er in Wernsperg ging. Daß er's aber sagte, sei aus Pein geschehen. Er wolle gern sterben, und wenn es anstünde bis zum letzten Tag, so müsse er doch sagen, daß er niemand vergeben habe.
Hierauf wurde ihm der Scharfrichter an die Seite gestellt und er bekannte
1) und 2) Er gesteht den Giftanschlag gegen seine Mutter und seine Schwestern (genau wie am 12. Februar).
3) Wie er dem Weib des Abraham Gerstlin Emer (= Sommerdinkel) drosch, habe er ihr von dem Pulver auf die Suppe getan.
4) Der Deckher-Anna habe er im Brei vergeben vor 2 Jahr, als sie im Heuet (= Heuernte) in seinem Haus aßen.
Die Deckher-Anna sagt, daß sie vielfältig Brei und andres aus des Hans Ulrichs eigner Schüssel gegessen, aber niemals das geringste gespürt habe.
5) Der Tochter des Johannes Weinmann habe er auch vergeben in weißem Wein vor 2 Jahren.
Diese bekennt, daß er ihr vor 2 Jahren, als sie in den Karz (= Zusammenkunft in der Spinnstube), zu trinken gab, worauf sie sich gleich übergeben habe. Sie sei aufgeloffen (= angeschwollen) wie ein Leitfaß (= Transportfaß). Sie spüre es noch.
6) Der Agatha, Hausfrau des Lorenz jung Lamparter, auch im Wein an seiner Schwester Nachhochzeit in seinem Haus.
Die Agatha sagt, sie habe zwar von dem Hans Ulrich getrunken, sich aber davon nicht übel befunden und nichts gespürt.
7) Hans Mayers Weib auf der Kromerstub habe er, ehe er verhaftet wurde und seine Schwester sich verheiratete, in rotem Wein in seinem Haus Pulver gegeben. Sie habe sich darauf übel befunden und am folgenden Morgen im Bett liegen müssen.
Die Mayerin bekennt, daß sie zwar damals in seinem Haus roten Wein getrunken und sich übel befunden habe. Weil aber der justifizierte Urbele ihr vorher Würst, von welchen sie krank und nicht ganz restituiert (= wieder hergestellt) wurde, geschickt hatte, habe sie eben gemeint, solcher Zustand rege sich. Ihr Mann habe, wie er mit dem Ulrich im Eninger schaffte, ein Stechen geklagt.
8) Dem Lorenz jung Lamparter habe er vor seiner Verhaftung im letzten Falgen (= Auflockern des Bodens, Hacken) geschafft. Da habe er ihm, als sie das Abendbrot aßen, von seinem Pulver im Wasser gegeben. Er habe sich darauf übel befunden.
Der Lamparter wurde vorbeschieden und vernommen. Er sagt, auf seiner Mutter Ansprechen habe er (Faßnacht) ihm gefalgt und das Abendbrot mit ihm gegessen. Darauf habe er (Lamparter) sich 14 Tag lang übel befunden.
9) Dem Johannes jung Weinmann habe er, als er ihm Heu führte, von seinem Pulver in weißem Wein gegeben vor 2 Jahren.
Weinmann sagt, er habe zwar mit ihm getrunken, aber nichts gespürt. Doch sei ihm allebott (= immer wieder) weh und so lang, daß er oft einen Tag nicht schaffen könne, seit 6 oder 7 Jahren. Woher es komme, wisse er nicht.
10) Dem Johannes Bientz, als er ihm baute (= Feldarbeit leistete), habe er vor 5 Jahren von seinem Pulver gegeben im Wernsperg im Abendbrot. Er habe sich darauf übel befunden.
Hat sich befunden (= Ist bestätigt).
Das Pulver, wenn es in Wein oder Wasser getan werde, zerschmelze.
11) Als er mit Hans Mayer in des Altingers Wingert im Eninger schaffte, habe er ihm nach seiner Haftentlassung von seinem Pulver im Brot gegeben. Der habe am Morgen über ein Stechen geklagt.
Mayer weiß nichts von dem Stechen noch, daß er ihm etwas gegeben habe.
12) Seinem Schwestermann habe er im neuen weißen Wein, wie er den Hausrat abholte, von seinem Pulver gegeben. Er sei gleich fortgereist (= weggegangen).
Beide vom Teufel empfangene Pulver habe er mit diesen Leuten verbraucht und davon nichts weggeworfen.
1) Bei der Hexenzusammenkunft auf dem Galgenberg sei die Apothekerin auch gewesen. Sie habe mit dem Hans Jacob Tochtermann getanzt und Unzucht getrieben.
2) Bastin Banttlin.
3) Ulrich M. Faßnacht und sein Weib.
4) Das Mädle der Witib des Georg Hummel habe mit Michel Maul getanzt.
5) Heinrich Scherer. Seine Buhl sei des Meulins Weib.
6) Das Hamer-Agnesle.
7) Jacob Weinmans Grethle.
8) Georg Gailer.
9) Cron.
10) Das Weib des Michel Derrer.
11) Schmer-Ursel: seien Buhlen, haben draußen miteinander Unzucht getrieben.
12) Hans Jacob Engel: seien Buhlen, haben draußen miteinander Unzucht getrieben.
13) Das Weib des Jacob Zeilin.
14) Urban Amer, dessen Buhle Zeilins Weib sei.
15) Das Weib des Simon Lang: Ihre Buhlen seien mit Flor verhüllt.
16) Das Weib des Johann GreilinIhre Buhlen seien mit Flor verhüllt.
17) Das Weib des Johann Dengeler.
18) Die Prokuratorin.
19) Bertschen-Lis. Der Schill-Hans sei ihr Buhl gewesen.
20) Michel Kalbfehl.
21) Kindtvatters Mädle.
Dem Johannes alt Weinmann habe er, als er mit ihm drosch, in seinem Haus nachts Pulver auf die Suppe getan.
22) Das Knorren-Mareile (Mareile Knorr) sei bei der Prokuratorin gesessen an der Tafel auf dem Galgenberg.
Wie die Cron in Haft war, sei der böse Geist in Gestalt eines Manns gekommen und habe gesagt, er werde nicht sterben, er wolle ihn retten. Die Schmer-Ursel werde man bald holen. Aber er solle die Apothekerin nicht anzeigen. Er hätte auch die Traubenwirtin und des Greilins Weib nicht anzeigen sollen. Darnach sei er verschwunden und in ihn hineingefahren, damit er nichts bekennen könne.
Vor 8 Wochen sei der böse Geist in Gestalt eines kleinen Vogels gekommen. Er habe gefragt, wann die Commissare bei ihm waren. Wenn sie kommen, solle er beständig bleiben. Er habe ihm (dem bösen Geist) versprochen, wenn er ihn beim Leben erhalte, wolle er, wenn er los werde, auch wieder auf die Hexenzusammenkunft kommen.
Daß ihm bereits so schwindelig wurde, davon sei die Ursach: der Teufel sei wie eine Mücke ihm zum Mund hineingefahren und habe gesagt, er hätte die vornehmen Leut nicht anzeigen sollen.
Am vergangenen Freitag nachts sei der böse Geist wie eine große Spinne gekommen und habe gesagt, es werde bald zu einem End kommen, und weil er keinen Schaden getan habe, wovon jemand gestorben wäre, so werde man ihm das Leben schenken. Der böse Geist sei ihm in das Maul hinein- und immer zum Hintern hinausgefahren.
Am Freitag vor dem Bürgermeister-Tag sei der böse Geist in Gestalt einer Spinne gekommen, habe ihn geroffen (= gerauft) und geschlagen, weil er die Wirtinnen, die vornehmen Leut, anzeigte.
Vor 10 Wochen sei er in Gestalt einer Sau gekommen, in ihn gefahren und habe ihn aufgeblasen. Er sei auch in Gestalt einer Katz gekommen, habe geschrien und auf den Boden gebockelt (= geklopft).
Vor 15 Wochen sei er in Gestalt einer Grille gekommen und ihm in den Leib gefahren.
1666 August 3
Anwesend die vorgenannten Herren Commissare.
Hans Ulrich Faßnacht bejaht sein Bekenntnis in der Besiebnung und sagt weiter, Mr. Bantlin habe ihn auf der Hexenzusammenkunft getauft und Hans genannt. Dieser sei neben dem Teufel in einem Sessel gesessen und habe einen silbernen Becher in der Hand gehabt. Man habe ihn (Faßnacht) auf den Boden und zwar auf den Rücken gelegt. Da habe der Bantlin das Wasser auf ihn gegossen und gesagt: "Ich taufe dich in Teufels Namen." Der Engel, Schmer-Ursel und des Greilins Weib, seine Gevatterleute, seien dabeigestanden und haben nachgesprochen. Der Bantlin habe gegessen und getrunken. Die Dr. Wuchererin sei seine Buhl gewesen, mit der er tanzte.
Johannes Herzog habe mit dem Knorrle getanzt.
Jacob Spannagel und seine Buhle, die Witib des Jacob Eiselin.
Den alt Heinrich Efferen, den Apotheker, habe er auch bei der Hexenzusammenkunft auf dem Galgenberg gesehen. Er habe mit seinem eignen Weib getanzt.
An der Tafel auf der Hexenzusammenkunft seien der Banttlen (Bantlin), der Apotheker, oben darnach der Herzog und Schmer-Reutter, auch die Wirtinnen gesessen. Vor dem Essen haben die Hexenleut auf Geheiß des Teufels geflucht und geschworen. Der Bantlin habe sein Barett und seinen Kirchenrock an- und aufgehabt.
Wie er vor diesem in das Haus gesprochen worden sei (= Hausarrest hatte), sei der Bantlin, doch nur einmal, zu ihm gekommen, habe aber nicht viel mit ihm gebetet, sei auch nicht lang geblieben, habe ihm 3 Psalmen vorgegeben (= aufgegeben).
1666 August 25
In Beisein der vorgenannten Herrn Commissare.
Der verhaftete Faßnacht wird aufgefordert, wenn er jemand Unrecht getan habe, es zu widerrufen. Weil vorgekommen (= angezeigt worden) war, er habe mit seiner Mutter Unzucht treiben wollen, wurde er hierüber gütlich vernommen.
Er sagte, der Teufel habe ihm befohlen, mit seiner Mutter Unzucht zu treiben. Daher habe er nach seiner Mutter, als er ein Jahr lang in ihrem Bett lag, 3mal gegriffen und sie bei der Scham erwischt. Aber sie habe es nicht gelitten, sondern ihn jedesmal geschlagen. Das letztemal sei er zornig worden, habe ein Licht genommen und in der Scheuer das Stroh angezündet. Es sei aber gleich wieder gedämpft (= gelöscht) worden. In der Folge habe seine Mutter ihn nicht mehr in ihrem Bett liegen lassen. Es sei nichts geschehen. Seine Mutter habe es nicht zugelassen.
Die hierüber vernommene Mutter gibt an, er habe nach ihr, und zwar oberhalb herum, gegriffen. Weiter sei nichts geschehen. In der Folge habe er absonderlich (= von ihr getrennt) liegen müssen.
Lucia, die Hausfrau des Johann Greilen.
Gleich andern vorgestellten Personen hat man ihr die Aussag des Fallnacht vorgehalten und sie hierüber vernommen. Sie erschrak sehr und sah ganz roticht aus.
Sie sagte, Gott wolle sie behüten. Der leichtfertige Dieb tue ihr Gewalt und Unrecht. Man solle sie ihm vorführen. Sie wisse nichts von diesem Wesen. Sie sei ihr Lebtag nicht vor Gericht und Rat gestanden.
1666 August 28
Weil die von Faßnacht angegebenen Doten und Döten wegen der Umtaufe und des Hexenwerks nichts wissen wollen, wurde Faßnacht erinnert (= aufgefordert), niemand Unrecht zu tun, sondern die Wahrheit zu sagen.
Er sagt, wenn er den Leuten, die er angab, Unrecht getan habe, so geschehe ihm auch Unrecht.
Daß der Engel ihn nicht kennen wolle, nehme ihn wunder, da er ihm doch etlichemal Öhmd heimgeführt habe.
Gegen des Greilins Weib habe er gar keine Feindschaft. Er habe die Wahrheit gesagt.
Wenn die Schmehr-Ursel zum Tor aus- und einging, habe sie beim Haus des Jauch über sich gesehen, darnach nicht mehr. Sie sei nicht mehr wert, als daß man sie auf den Galgenberg führe. Sie stelle sich eben auch wie andere dergleichen Leut.
Die von ihm angezeigten Personen habe er gewiß auf der Hexenzusammenkunft auf dem Galgenberg gesehen.
Der Hans Jacob Engel sei immer im Haus der Schmehr-Ursel gesteckt.
Urteil
Am 29. August hat der Rat befunden, daß Faßnacht beständig beharrt, und beschlossen, daß nach Anleitung des Consiliums ihm noch heut das Leben abgekündet, er am folgenden Freitag vom Turm herab auf den öffentlichen Markt und nach Verlesung der Urgicht durch den Scharfrichter auf die Walstatt geführt und daselbst mit dem Schwert vom Leben zum Tod gerichtet, sein toter Körper aber zu Pulver und Asche verbrannt werden soll.
Urgicht und Peinurteil des Hans Ulrich Faßnacht.
Bürgermeister und Rat der Reichsstadt Reutlingen haben mit höchster Bekümmernis erfahren müssen, daß dieser arme Sünder Hans Ulrich Faßnacht, Sohn des vor 6 Jahren hingerichteten Urban Faßnacht, von seinem Vater in seiner blühenden Jugend, als er noch nicht wußte, was rechts oder links ist, auf Anreizung des leidigen Teufels nicht allein zu dem abscheulichen Laster der Sodomiterei, sondern auch zu dem verdammlichen Laster der Hexerei angehalten und dem Teufel in seine Stricke und Bande gegeben wurde. Der Rat hat ihn vor genannten 6 Jahren, als sein Vater in Haft war, gefänglich eingezogen und auf seines Vater Bekenntnis gütlich examiniert. Er hat zwar die Verführung gestanden, aber nicht im geringsten bekennen wollen, daß er irgend einen Schaden getan, viel weniger wirklich Sodomiterei getrieben habe. Der Rat hat in Ansehung seiner Jugend und daß er vielleicht durch geistlichen Zuspruch wieder auf den rechten Weg gebracht werden könnte, ihn aus dem Gefängnis entlassen. Faßnacht hat auch eine Zeit lang äußerlichem Schein nach einen christlichen Wandel geführt, die Predigten des göttlichen Worts fleißig besucht und sich sonst in seinem Lebenswandel ehrbar verhalten, so daß man meinte, er habe sich bekehrt und sich wieder in die christliche Gemeinschaft begeben. Der Rat aber sah, daß er allein einen Scheinchristen führte und den teuflischen Werken unausgesetzt nachhing, die Hexenzusammenkünfte fleißiger als vorher besuchte und sonst dahin trachtete, wie er dem einen und andern Menschen Schaden zufügen könnte. Da inzwischen verschiedene neueste Indicia einkamen, so wurde er vor einem Jahr wieder in Haft genommen und gütlich sowie durch Territion (= Schreckung mit den Folterinstrumenten) peinlich examiniert. Da hat er dann folgendes bekannt und beharrt auch darauf:
1) Er hat bekannt, daß sein hingerichteter Vater Urban Faßnacht zu seinen Lebzeiten, als er, Hans Ulrich, ganz jung war und gleichsam keinen Verstand hatte, ihn auf die Hexenzusammenkünft genommen und daselbst Unzucht zu treiben angehalten habe.
2) Als sein Vater mit dem Beil 3mal in die Justiz (= Galgen) gehauen habe, sei er dabei gewesen. Er habe gemeint, die Justiz werde zu Boden gefallen sein.
3) Als er nun seines Wissens 7 oder 8 Jahr gewesen sei, habe sein Vater ihn zu dem abscheulichen Laster der Sodomiterei angehalten und ihn gezwungen, dieses abscheuliche Wesen ins Werk zu setzen und mit jungen Geißlein Sodomiterei zu treiben.
4) Im Alter von 8 Jahren habe er mit dem einen von 2 Geißlein in seinem Roß-Stall 3mal, mit dem andern, das er von Pfullingen geholt hatte, im 10. Jahr seines Alters 4mal vor seinem Roß-Stall durch Vermittlung seines Vaters wirkliche Sodomiterei getrieben. Er habe es nicht gern getan, sondern bitterlich darüber geweint.
5) Als sein Vater justifiziert worden war, habe ihn der Schill-Hans abgeholt und kontinuierlich (= dauernd) auf die Hexenzusammenkunft mitgenommen. Gleich das erstemal sei er vom Teufel getauft und Hans genannt worden. Bei der Tauf habe er der heil. Dreifaltigkeit nicht abgesagt, aber so oft er hinausgefahren sei, habe er, wenn die Hexenleut gegessen und getrunken hatten und der heil. Dreifaltigkeit fluchten, auch mitgeschrien und Gott verschworen. Weil er dem Teufel von seinem Vater bei dessen Lebzeiten mit seinem eignen Blut verschrieben worden war, sei keine weitere Verschreibung vorgenommen worden.
6) Von dem Teufel habe er 2mal Pulver empfangen, das erstemal, wie er umgetauft wurde, das zweitemal in seiner Scheuer Mittwochs an einem Jahrmarkt. Auf inständiges Zumuten des Teufels habe er das Pulver folgenden Personen beigebracht:
7) Seiner leiblichen Mutter, als sie vor 2 Jahren eine Fleischsuppe anrichtete und sie in der Küche, er allein in der Stube war, habe er auf die auf den Tisch gestellte Suppe vor seiner Mutter Ort (= Platz) von seinem Pulver getan, solches unter sich getunkt (= eingetaucht). Nachdem seine Mutter gegessen, habe sie sich übel empfunden und sich erbrechen müssen.
8) Als hernachmals seine Mutter seinen Schwestern, welche in der Gasse wirkten (= arbeiteten), eine Erbsensuppe anrichtete und auf das Lotterbett unter ein Kissen stellte, habe er von seinem Pulver etwas darauf getan. Sie haben die Suppe auch gegessen.
9) Wie er vor 2 Jahren dem Weib des Abraham Gerstlen Emer (= Sommerdinkel) drosch, habe er ihr von seinem Pulver auch auf die Suppe getan.
10) Als vor 2 Jahren die Deckher-Anna im Heuet in seinem Haus half, habe er ihr auf einem Brei Pulver beigebracht.
11) Johannes Weinmanns Tochter, dem sogenannten Wein-Annele, habe er vor 2 Jahren in weißem Wein von seinem Pulver gegeben.
12) Vor seiner letzten Verhaftung habe er dem Lorenz jung Lamparter im letzten Falget (= Lockern des Bodens, Hacken) geholfen und als sie das Abendbrot aßen, ihm im Wasser von seinem Pulver beigebracht, worauf er sich übel befand.
13) Lamparters Hausfrau, als sie bei der Nachhochzeit seiner Schwester war, habe er von seinem Teufels-Pulver im Wein zu trinken gegeben.
14) Wie seine Schwester sich mit einem von Tübingen verehelichte, sei Hans Mayers Weib auf der Kromerstub in seinem Haus gewesen. Der habe er gegen Abend im roten Wein von seinem Pulver beigebracht. Sie habe sich darauf übel befunden und am folgenden Morgen sich legen müssen.
15) Als er dem Johannes jung Weinmann vor 2 Jahren Heu heimführte, habe er ihm im weißen Wein von seinem Pulver gegeben.
16) Vor 5 Jahren, als Johannes Bientz ihm baute (= Feldarbeit machte), habe er im Wernsperg in das ihm gebrachte Abendbrot von seinem Pulver getan, wovon er sich übel befunden habe.
17) Als er nach seiner ersten Haftentlassung mit Hans Mayer im Wingert des Altinger im Eninger schaffte, habe er ihm gleichfalls in das Abendbrot Pulver getan. Der habe am Morgen über ein Stechen geklagt.
18) Wie sein Schwestermann von Tübingen den Hausrat abholte, habe er ihm im neuen weißen Wein von seinem Pulver gegeben.
19) Als er mit Johannes alt Weinmann in seinem Haus drosch, habe er ihm während des Nachtessens auf der Suppe von seinem Pulver gegeben.
20) Als der böse Geist vor 10 Wochen in Gestalt eines Vogels zu ihm ins Gefängnis gekommen sei, habe er ihm versprochen, wenn er ihn am Leben erhalte und mache, daß er heimgelassen werde, wieder auf die Hexenzusammenkunft wie vorher zu kommen.
Da dieses ganz erschröckliche Greuel und himmelschreiende Sünden, die in keiner christlichen Gemein (= Gemeinschaft) zu dulden sind, sondern dergleichen Personen nach Inhalt sowohl göttlichen und weltlichen Rechts als auch der Peinlichen Halsgerichtsordnung mit der äußersten Todesstraf anzusehen und aus dem Mittel (= der Mitte) zu räumen sind, so hat der Rat doch in gegenwärtigem Fall aus besonderen Beweggründen mit Urteil zu Recht erkannt, daß dieser arme Sünder dem Scharfrichter in seine Hände und Bande geliefert, von ihm auf die gewöhnliche Richtstatt hinausgeführt und dort, ihm zu wohlverdienster Straf, andern aber zu einem abscheulichen (= abschreckenden) Exempel, mit dem Schwert vom Leben zum Tod hingerichtet und dann der Leichnam auf den Scheiterhaufen geworfen und daselbst zu Asche verbrannt werden soll.
Dorsal-/Marginalvermerke: Nota. Diese Urgicht von Punkt zu Punkt abzulesen ist um gewisser Ursachen willen für unnötig erachtet und dafür gehalten worden, daß sie mit Weglassung der Sodomiterei um der Jugend willen summariter verfaßt und abgelesen werden soll.
Diese summarische Zusammenfassung des Urteils ist auf besonderem Blatt eingelegt. Darunter steht: Exequiert den letzten August 1666.
- Reference number
-
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7863
- Extent
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46 S.
- Formal description
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Beschreibstoff: Pap.
- Further information
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Genetisches Stadium: Or.
- Context
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Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 25 Hexenprozesse
- Holding
-
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)
- Date of creation
-
1665 August 10 - 1666 August 28
- Other object pages
- Last update
-
20.03.2025, 11:14 AM CET
Data provider
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Object type
- Archivale
Time of origin
- 1665 August 10 - 1666 August 28