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Kritische Theorie der Gleichheit: von den sozialen Unterschieden über die unsoziale Ungleichheit zur sozialen Ungleichheit

"Zunächst versucht der Vortrag kurz zu erläutern, in welchem Sinn hier 'kritisch' als Bezeichnung von Theorie in Anspruch genommen wird. Sie soll die gesellschaftliche Selbstwahrnehmung einer langfristig krisenhaften Transformation der Gesellschaft betonen, die auch ihre Sozialtheorien 'kritisch' werden lässt. Das zwingt diese zu genaueren Unterscheidungen der Systemreferenzen und deutlicheren, an der Differenz von Sache und Begriff orientierten, präskriptiven Optionen, - beides Kennzeichen 'kritischer' Theorien. Danach setzt die Argumentation am Spannungsverhältnis zwischen Gleichheits- und Ungleichheitsdiskursen in der gesellschaftlichen Kommunikation an. Es irritiert, dass die sozialwissenschaftlichen Überlegungen zur 'Sozialen Ungleichheit' in den letzten Jahrzehnten ein paradoxes Verhältnis zu den entsprechenden empirischen Daten und Beschreibungen entwickelt haben. Während die Verbreitungsmedien von weltweit gewachsenen sozialen Ungleichheiten berichten, fällt eine gleichzeitige Dethematisierung und Entdramatisierung des Themas in Politik und Wissenschaft auf. Der Vortrag nimmt jene theoriepolitische Situation auf, in der man die moderne Gesellschaftsentwicklung rekonstruieren kann als unendliche Geschichte von der gesellschaftsinternen Erzeugung und Entdeckung immer mehr und immer neuer, ökonomischer, politischer, ideologischer, sozialer und kultureller Disparitäten. In dem Maß, wie Gesellschaft als homogener Zusammenhang gedacht wird, wie generalisierende Inklusionsformeln wie 'Gattung', 'Kultur' etc. ins allgemeine Bewusstseintreten und sich die Individuen als prinzipiell gleichgeltende behaupten und beschreiben, werden bloße Unterschiede als Ungleichheiten wahrnehmbar. Eine schließlich global generalisierte Vergleichbarkeit, die alle(s) mit allen/m ins Verhältnis setzt und damit ständig neue Ungleichheiten erzeugt, würde eigentlich eine Abstimmung der Politiken der Gleichheit mit denen der Ungleichheit nahelegen. Dabei wäre zu unterscheiden zwischen sozialen Gleichheiten, die, wie z.B. 'Chancengleichheit', bewusst als Voraussetzung zur organisierten Herstellung gesellschaftlich notwendiger sozialer Ungleichheit institutionalisiert sind und sozialen Gleichheiten, die, wie z.B. solche der politischen Teilhabe eher als Eigenwert angelegt sind. Damit erinnert der Vortrag auch an den gesellschaftlichen Kontext, innerhalb dessen die Strategie der Umdeutung von Unterschieden zu sozialen Ungleichheiten eine politisch progressive Funktion gehabt hat. Zunächst war ihre gesellschaftliche Hergestelltheit sichtbar geworden, danach wurde ihre Veränderbarkeit zum Thema. Wo die politische Einwirkung auf (Un)gleichheitsverhältnisse an Grenzen kommt, müsste 'Kultur' die Wiedereinübung des Umgangs der sozial Ungleichen mit faktischer und kontrafaktischer sozialer Gleichheit übernehmen. Das kulturelle Gedächtnis ist die einzige Instanz, die in der Lage wäre, an die entsprechenden Anfänge bürgerlicher Zivilitätzu erinnern und deren Geltungsanspruch zu begründen." (Autorenreferat)

Kritische Theorie der Gleichheit: von den sozialen Unterschieden über die unsoziale Ungleichheit zur sozialen Ungleichheit

Urheber*in: Koenen, Elmar J.

Rechte vorbehalten - Freier Zugang

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Weitere Titel
Critical theory of equality: from social differences and unsocial inequality to social inequality
ISBN
3-593-37887-6
Umfang
Seite(n): 2277-2282
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet
32. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Soziale Ungleichheit - kulturelle Unterschiede". München, 2004

Erschienen in
Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2

Thema
Sozialwissenschaften, Soziologie
Soziologie, Anthropologie
Generelle Theorien der Sozialwissenschaften
Allgemeine Soziologie, Makrosoziologie, spezielle Theorien und Schulen, Entwicklung und Geschichte der Soziologie
Wissenschaft
Politik
Moderne
Chancengleichheit
Kritische Theorie
Transformation
Gesellschaft
Diskurs
Gleichheit
Kultur
soziale Ungleichheit
Grundlagenforschung

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Koenen, Elmar J.
Ereignis
Herstellung
(wer)
Rehberg, Karl-Siegbert
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Campus Verl.
(wo)
Deutschland, Frankfurt am Main
(wann)
2006

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-143856
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:27 MESZ

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Objekttyp

  • Sammelwerksbeitrag
  • Konferenzbeitrag

Beteiligte

  • Koenen, Elmar J.
  • Rehberg, Karl-Siegbert
  • Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
  • Campus Verl.

Entstanden

  • 2006

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