Artikel

Die Rolle der Banken in der Geldpolitik

Die Rolle der Banken in der Geldpolitik Die Entwicklung der Geldmenge entspricht in großen Zügen dem Bilanzwachstum des gesamten Bankensystems; darauf muß die Notenbank Einfluß nehmen, um geldpolitische Wirkungen zu erzielen. Das Bilanzwachstum aller Banken läßt sich nur aus den Dispositionen der einzelnen Banken über ihre Aktiva erklären. Wenn sich eine Bank liquider fühlt, als sie für nötig hält, versucht sie, ihre Aktiva zugunsten ertragreicherer, aber weniger liquider Aktiva umzuschichten. Dabei werden dann andere Banken liquider, als sie sein möchten, und reagieren entsprechend; ein einmal gegebener Anstoß pflanzt sich so im Bankensystem fort, bis bei keiner Bank mehr die tatsächliche von der gewünschten Liquiditätslage abweicht. Auf eine dieser beiden Größen muß die Geldpolitik Einfluß nehmen, um das Bilanzwachstum zu beeinflussen; in der Regel wird dies die tatsächliche Liquiditätslage sein. Dabei geht es um die einzelwirtschaftliche Liquiditätslage der Banken, und nicht etwa um ihre Ausstattung mit freien Liquiditätsreserven im Sinne zentralbankfähiger Aktiva. Das deckt sich nur insoweit, wie einige Banken diese Aktiva in einem Mindestumfang im Rahmen ihrer Liquiditätsvorsorge halten wollen. Das war lange Zeit tatsächlich der Fall und ermöglichte der Notenbank, die Liquiditätslage der Banken durch Variation der freien Liquiditätsreserven zu beeinflussen. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so kann die Notenbank die Liquiditätslage der Banken nur über die Steuerung der Zentralbankgeldmenge beeinflussen. Freie Liquiditätsreserven in dem oben genannten Sinne darf es dann aber nicht mehr geben, weil sonst die Steuerung der Zentralbankgeldmenge nicht funktionieren kann. Das Fehlen von freien Liquiditätsreserven ist unter diesen Umständen keineswegs identisch mit einer scharfen Restriktionspolitik. Wie die Geldpolitik wirkt, hängt ganz von dem Ausmaß ab, in dem die Notenbank Zentralbankgeld bereitstellt. Den Banken kann auch ohne freie Liquiditätsreserven ihre Liquiditätsausstattung sehr reichlich vorkommen, wenn die Notenbank eine entsprechende Politik betreibt. Das Problem der Zentralbankgeldsteuerung liegt im wesentlichen darin, daß die Notenbank zwar ihren eigenen Vorstellungen über die bereitzustellende Zentralbankgeldmenge Geltung verschaffen muß, aber dies nicht ohne Rücksicht auf saisonale und andere Schwankungen des Zentralbankgeldbedarfs tun kann. Sie kann sich des engen Zusammenhangs zwischen Zentralbankgeld und monetärer Entwicklung nicht sozusagen mechanisch 'bedienen. Sie muß ihr Monopol der Zentralbankgeldschaffung dazu benutzen, Bedingungen zu schaffen, unter denen die Banken sich so verhalten, daß die von der Notenbank angestrebte monetäre Entwicklung eintritt. Dabei kommen Zins- und Risikomomente zusammen. Wenn es schon vom Zins her fast attraktiver ist, disponible Gelder liquide am Geldmarkt auszuleihen, läßt der Drang der Banken, ihre Aktiva zugunsten weniger liquider Aktiva umzuschichten, - und damit global gesehen das Bilanzwachstum - sehr stark nach. Davon abgesehen wird es den Banken auch geraten erscheinen, sich liquide zu halten, wenn sie beobachten, wie schwierig es geworden ist, Fehlbeträge am Geldmarkt zu decken. Hohe Geldmarktsätze haben deshalb einen starken kontraktiven Effekt, besonders solange die Banken ihre Zinssätze ım Aktivgeschäft noch nicht den gestiegenen Geldbeschaffungskosten angepaßt haben. Nach dieser Anpassung muß die Restriktionswirkung vor allem von der abschreckenden Wirkung des erreichten Zinsniveaus auf die Kreditnachfrage kommen. Kurzfristig sind die Reaktionsmöglichkeiten der Banken auf eine Veränderung ihrer Lage, die von der Geldpolitik herbeigeführt wird, begrenzt, wobei den Kreditzusagen besondere Bedeutung zukommt. Doch müßte den Banken selbst an dem Nachweis liegen, daß der Notenbank eine wirksame Geldpolitik möglich ist. Eine Kontrolle der Geldschöpfung ist ein Grunderfordernis der arbeitsteiligen Wirtschaftsordnung.

Sprache
Deutsch

Erschienen in
Journal: Kredit und Kapital ; ISSN: 0023-4591 ; Volume: 7 ; Year: 1974 ; Issue: 2 ; Pages: 145-165

Klassifikation
Wirtschaft

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Bockelmann, Horst
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Duncker & Humblot
(wo)
Berlin
(wann)
1974

DOI
doi:10.3790/ccm.7.2.145
Letzte Aktualisierung
10.03.2025, 11:42 MEZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
ZBW - Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Artikel

Beteiligte

  • Bockelmann, Horst
  • Duncker & Humblot

Entstanden

  • 1974

Ähnliche Objekte (12)