Bestand
Senior (Lübeck) (Bestand)
Bestandsbeschreibung: 1.Geschichte des Seniorats
Die Amtsbezeichnung "senior ministerii" ist seit 1550 in Lübeck aktenkundig. Der erste Inhaber dieses Amtes wurde dem Superintendenten als 'Adjutor' (Helfer) zur Seite gestellt. Seine Aufgaben bestanden u.a. in der Verwaltung der Bibliothek, sowie der Durchführung von Schulvisitationen und der Abhaltung von Lateinunterricht. Neben seinen Pflichten als Senior hatte er auch eine eigene Pfarrstelle zu betreuen, für den Mehraufwand erhielt dieser keine weiteren finanziellen Zuwendungen.
Bis 1796 wirkten die Senioren neben den Superintendenten, so dass bis zu diesem Zeitpunkt zwei Ämter mit verschiedenen Aufgabenbereichen nebeneinander vorhanden waren.
Gab es bis zum Tode des Superintendenten Schinmeier 1796 bereits des öfteren längere Vakanzen in der Superintendentur, so führte diese Vakanz letztlich dazu, dass das Amt trotz mehrfacher dringlicher Eingaben seitens des Ministeriums nicht wieder besetzt wurde. Offiziell wurde die Superintendentur vom Rat zwar nicht als aufgehoben erklärt, jedoch war sie praktisch obsolet und wurde durch das Amt des Seniors ersetzt. Die rechtliche Situation des Seniors blieb allerdings unbefriedigend, denn er fungierte ja lediglich als Verwalter einer vakanten Superintendentur für einige Aufgabenbereiche, besaß aber nicht die vollen Kompetenzen als geistlicher Leiter der Kirche.
Die Verhandlungen zwischen Rat und Ministerium über die Stellung des Seniors verliefen über Jahrzehnte; erst 1871 wurde die Superintendentur offiziell aufgelöst und alle amtlichen Befugnisse auf den Senior des Ministeriums übertragen. In den "Bestimmungen über das Seniorat" vom 28.10./ 1.11.1871 wurden dem Amtsinhaber u.a. folgende Aufgaben und Funktionen zugeschrieben: Vorsitz in Versammlungen des Ministeriums, Führung der kirchlichen Chronik, Oberaufsicht über alle Geistlichen des Lübecker Freistaates, Inspektion der Gemeinden, Vorschläge zur Predigerwahl einbringen und die Wahlhandlung leiten, Ordinationen vornehmen, Prüfung und Beaufsichtigung der Kandidaten des Geistlichen Ministeriums, Unterstützung der Amtsbrüder hinsichtlich der Amtsführung.
Mit diesen festgelegten Amtshandlungsbereichen war der Senior zum Leiter der gesamten Kirche aufgestiegen; es wurden ihm mit Visitation und Ordination grundlegende bischöfliche Aufgaben übertragen.
1921 erfährt das bislang in Nebentätigkeit ausgeübte Seniorat eine Änderung mit Erlass der 3. Kirchenverfassung vom 17.12.1921 der ev.-luth. Kirche zu Lübeck. Festgelegt wird, dass der nunmehr aus dem Kreis aller evangelischen Geistlichen der Stadt und Vorstädte gewählte Senior hauptamtlich tätig sein soll.
Ihm wird keine eigene Pfarrstelle zugewiesen, er ist aber gehalten, in der Gemeinde, in der seine Dienstwohnung liegt, auch eine Predigttätigkeit zu verrichten.
Die in der 3. Kirchenverfassung verfügten Aufgabenbereiche des Seniors lehnen sich an die o.a. "Bestimmungen über das Seniorat" von 1871 an.
Während der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland erlischt das Seniorat gänzlich mit der 5. Kirchenverfassung vom Jahre 1934. In ihr wird verfügt, dass dem neueingerichteten Amt des Propstes alle senioratlichen Funktionen überschrieben werden.
Erneut aus der Taufe gehoben wurde das Amt des Seniors mit der 6. Kirchenverfassung von 1948; durch sie wird der Senior zum ständigen Vertreter des Bischofs im Amt der geistlichen Leitung und im Vorsitz der Kirchenleitung bestimmt, er soll auf sechs Jahre gewählt werden und versieht sein Amt im Nebenamt.
2.Liste der Senioren
Peter Christian von Friemersheimab 1574
M. Georg Barth1574-1595
M. Gerhard Schröder1596-1601
M. Joachim Dobbin1602-1614
Hinrich Menne1614-1621
M. Hermann Wolf1622-1625
M. Adam Helms1625-1653
M. Gerhard Winter1653-1661
M. Daniel Lipstorf1661-1679
M. Hinrich Engenhagen1679-1685
M. Johann Reich1685-1688
Georg Ritter1687-1707
Johann Peter Stein1689-1706
M. Thomas Honstede1700-1704
Christoph Wend(t)1710-1719
M. Balthasar Gerhard Hanneken1743-1751
M. Hinrich Scharbau1752-1759
Adde Bernhard Burghardi1756-1787
Georg Hermann Richertz1759-1767
M. Peter Hermann Becke1787-1788
Johann Hinrich Carstens1795-1829
Hermann Friedrich Behn1834-1846
D. Leopold Friedrich Ranke1892-1909
Heinrich Wilhelm Lindenberg1909-1914
Johannes Becker1914-1919
D. Johannes Evers1919-1933
Bruno Meyer1948-1960
Ernst Theodor Jansen1960-1970
Karlheinz Rudolf Stoll1970-1976
Einleitung: Die Amtsbezeichnung "senior ministerii" ist seit 1550 in Lübeck aktenkundig und der Senior wirkte bis 1796 neben dem Superintendenten als 'Adjutor' (Helfer). 1871 wurde die Superintendentur offiziell aufgelöst und alle amtlichen Befugnisse auf den Senior übertragen. In den "Bestimmungen über das Seniorat" vom 28.10./ 1.11.1871 wurden Amtshandlungsbereiche festgelegt, so dass der Senior zum Leiter der gesamten Kirche aufstieg.
Mit Erlass der 3. Kirchenverfassung vom 17.12.1921 wurde festgelegt, dass der Senior hauptamtlich tätig sein soll. Ihm wird keine eigene Pfarrstelle zugewiesen, er ist aber gehalten, in der Gemeinde, in der seine Dienstwohnung liegt, auch eine Predigttätigkeit zu verrichten.
Die Aufgabenbereiche sind in der Kirchenverfassung und der Bestimmungen über das Seniorat von 1871 und 1915 festgelegt und umfassen folgende Rechte, Pflichten und Aufgaben: Vorsitz in Versammlungen des Ministeriums und Leitung der Beratungen, Leitung des Kolloquiums, Instandhaltung des Archivs, Führung der kirchlichen Chronik, Aufsicht und Beratung über das Leben und der Lehre aller Geistlichen, Beobachtung des kirchlichen und sittlich-religiösen Lebens in den Gemeinden, Einführung von neugewählten Geistlichen in ihr Amt, Vermittler bei Missstimmigkeiten zwischen den Geistlichen und den Gemeinden, Entscheidung über die Zulassung von Studierenden der Theologie, Beaufsichtigung des Religionsunterrichts, Erteilung von Gutachten auf Anforderung des Kirchenrats, Vorlegen von Vorschlägen zur Abschaffung von liturgischen Vordrucken, Gebeten und kirchlichen Handbüchern, Erstellung von Jahresberichten für den Kirchenrat, Wahlvorschläge für den Kirchengemeindevorstand, Ordinationen vornehmen, Prüfung und Beaufsichtigung der Kandidaten des Geistlichen Ministeriums.
Während der nationalsozialistischen Herrschaft wird 1934 das Bischofsamt in Lübeck wieder eingeführt und übernimmt einen Großteil der Aufgaben des Seniorats. Das Seniorat selbst erlischt mit der 5. Kirchenverfassung vom Jahre 1934 zugunsten des neueingerichteten Propstensamts.
Eine Rückkehr des Amtes erfolgte mit der 6. Kirchenverfassung von 1948, in der der Senior als Nebenamt zum ständigen Vertreter des Bischofs im Amt der geistlichen Leitung und im Vorsitz der Kirchenleitung bestimmt wurde.
Senior Stoll war von 1973 bis zum Inkrafttreten der Nordelbischen Verfassung 1977 zusätzlich mit der kommissarischen Verwaltung des Bischofsamtes betraut, da infolge der Gründungsverhandlungen der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche nach dem Ausscheiden von Bischof Dr. Heinrich Meyer auf eine kurzzeitige Neubesetzung des Bischofsamtes verzichtet wurde.
Liste der Senioren während der Zeit der selbstständigen Kirche in Lübeck
D. Johannes Evers1919-1933
Bruno Meyer1948-1960
Ernst Theodor Jansen1960-1970
Karlheinz Rudolf Stoll1970-1976
- Reference number of holding
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13.02 Senior (Lübeck)
- Extent
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1,2 lfd. Meter
- Context
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Landeskirchliches Archiv der Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland (Archivtektonik) >> 1 Landeskirchen vor 2012 >> 13 Ev.-Luth. Kirche in Lübeck (1895-1976) >> 13.0 Kirchenleitende Organe
- Related materials
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Literatur: Hauschild, Wolf-Dieter: Kirchengeschichte Lübecks. Christentum und Bürgertum in neun Jahrhunderten, Lübeck 1981.
Weimann, Horst: Das Lübeckische Seniorat (1532-1948). In: Die Gemeinde. Evangelisch-lutherisches Sonntagsblatt, Jg. 22 (1970) Nr. 10-12.
- Indexentry place
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Kiel
- Provenance
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Senior der Ev.-Luth. Landeskirche Lübeck
- Date of creation of holding
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1949 - 1978
- Other object pages
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- Last update
-
07.04.2025, 12:26 PM CEST
Data provider
Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Associated
- Senior der Ev.-Luth. Landeskirche Lübeck
Time of origin
- 1949 - 1978