Bestand
Eulenburg-Hertefeld, Philipp Fürst zu (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Aus 50 Jahren. Erinnerungen, Tagebücher und Briefe aus dem Nachlaß des
Fürsten Philipp zu Eulenburg-Hertefeld, hrsg. von Johannes Haller,
Berlin 1923.- Philipp Eulenburgs politische Korrespondenz, hrsg. von
John Röhl, Bd. 1 Von der Reichsgründung bis zum Neuen Kurs 1866-1891,
Boppard 1976 NDB 4, S. 681 ff. Botschafter in Wien (1894-1903)
Lebensdaten
des Fürsten
Philipp zu Eulenburg und Hertefeld, Graf von Sandels
12.2.1847 geboren zu Königsberg i. Pr. als Sohn des Grafen
Philipp zu Eulenburg und Hertefeld (gest. 1889) und der Alexandrine
Freiin von Rothkirch und Panthen (gest. 1902); Neffe des preußischen
Innenministers Graf Friedrich zu Eulenburg (gest. 1881)
Juli 1866 Eintritt in die Armee
Okt. 1866 Fähnrich bei der Garde du Corps
Nov.1868 Leutnant; bald krankheitsbedingt beurlaubt
Aug. 1870 Abiturientenexamen in Weilburg
1870/1871 Teilnahme am Krieg gegen Frankreich
Adjudant des Gouvernements Straßburg
Herbst 1871 Abschied von der Armee
1871-1872 Reisen im Orient
1872-1875
Studium in Leipzig und Straßburg
Juli 1875
Referendar und Dr. jur.
Juli 1875 Verlobung mit
der schwedischen Gräfin Augusta Sandels (gest. 1941)
Nov. 1875 Vermählung
1876-1877 Referendar
am Kriegsgericht Ruppin
Herbst 1877 als
Kammergerichtsreferendar dem Auswärtigen Amt attachiert (Abt. II:
Handel)
Herbst 1878 diplomatisches Examen
1.1.1879 3. Sekretär an der Deutschen Botschaft in
Paris
1.7.1881 Legationssekretär an der
Preußischen Gesandtschaft in München
28.12.1887
Legationsrat
31.10.1888 Preußischer Gesandter
in Oldenburg und Braunschweig
7.3.1890
Preußischer Gesandter in Stuttgart
Feb. 1891
Preußischer Gesandter in München
Mai 1894-
Deutscher Botschafter in Wien
Nov. 1902
1.1.1901 Erhebung in den Fürstenstand
erblicher Sitz im Preußischen Herrenhause
27.8.1902 Abschiedsgesuch wegen schwerer
Krankheit
11.11.1902 zur Disposition
gestellt
2.5.1906 Eulenburg fordert Holstein,
der revoziert
27.4.1907 Schärfste Angriffe
gegen Eulenburg in Hardens „Zukunft"
31.5.1907
Der Kaiser bricht mit Eulenburg, fordert sofortiges
Pensionierungsgesuch und (bedingt) Rückgabe des
Schwarzen-Adler-Ordens
28.7.1907 Einstellungen
der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Eulenburg betreffend §
175
21.4.1908 Prozess Harden gegen Städele in
München: Eulenburgs Eid
7.5.1908 Verhaftung
Eulenburgs
5.6.1908 Anklage wegen
Meineids
17.6.1908 gesundheitlicher
Zusammenbruch Eulenburgs in der Hauptverhandlung
25.9.1908 Aufhebung des Haftbefehls wegen Krankheit
7.7.1909 letzte Verhandlung gegen Eulenburg: völliger
gesundheitlicher Zusammenbruch des Fürsten
1909-1921 krank in Liebenberg
17.9.1921
gestorben in Liebenberg
Bestandsbeschreibung:
Familiengeschichtliche Unterlagen; Abschriften aus dem diplomatischen
und politischen Schriftwechsel, u.a. mit Wilhelm II., Herbert
Bismarck, Bülow und Holstein, dazu Kopien von Korrespondenzen;
politische wie literarische Manuskripte und Aufzeichnungen Eulenburgs
aus dem Besitz des Rechtsanwalts Conrad Haupmann, insbesondere zu den
Hintergründen des sog. Eulenburg-Prozesses (1908/09). (Stand:
1977)
Inhaltliche Charakterisierung:
Der Originalnachlass
Der politische Nachlass
des Fürsten Philipp Eulenburg füllte nach dessen eigenen Angaben „6
bis zum Rande gefüllte Kästen von 50 cm Länge und entsprechender Höhe
und Breite. Hinzu kam noch das Volumen von 112 starken blauen
„Schulheften" in quart. Diese Papiere waren, nachdem sie im Jahre 1908
schon einmal kurzfristig beschlagnahmt worden waren (Helmut Rogge,
Hostein und Harden, München 1959, S. 289, 293) und deren erneute und
endgültige Wegnahme befürchtet wurde, in dem Eulenburgschen Schloss in
Liebenberg in der Mark Brandenburg oder andernorts versteckt und sind
allen weiteren Nachforschungen der Polizei, die in den Jahren nach
1908 ein nicht seltener Gast im Hause Liebenberg gewesen ist,
entgangen. Nach seiner eigenen Darlegung hat der Fürst zeitweise mit
dem Gedanken gespielt, die ursprünglich in völliger Unordnung (anders
R.C. Muschler, Philipp zu Eulenburg, Leipzig 1930, s. 605)
befindlichen Papiere zu vernichten, doch habe der Einspruch seiner
Frau und eines Freundes dieses verhindert. Beide konnten auf den
erheblichen historischen Wert dieser Papiere hinweisen. Nicht minder
stark war der Gesichtspunkt der Rechtfertigung des politischen Wirkens
des Fürsten, der ja nicht nur kriminellen Anklagen ausgesetzt gewesen
war, sondern auch wegen seines angeblich schlechten Einflusses auf den
Kaiser und die gesamte deutsche Politik in schärfster Form angegriffen
wurde. Da der schwer kranke und arbeitsunfähige Fürst nicht dazu
imstande gewesen wäre, die Akten zu ordnen, habe schließlich die
Fürstin unter sehr erschwerten Umständen - jederzeit war ein
neuerlicher Besuch der Kriminalpolizei möglich - die Papiere in
jahrelanger Arbeit aufbereitet und Abschriften aus ihnen erstellt,
über die unten noch mehr zu sagen sein wird.
Es
ist anzunehmen, dass sich der Nachlass seit mindestens 1918 bis 1945
im Fürstlich-Eulenburgischen Archiv in Liebenberg befand. Nach dem
Sturze der Monarchie war die Gefahr einer Beschlagnahme der Papiere
behoben. Als die Russen im Jahre 1945 in die Mark Brandenburg
einbrachen, fiel Schloss Liebenberg und mit ihm das für die preußische
und deutsche Geschichte höchst wichtige Archiv der Plünderung und dem
Brande zum Opfer. Akten und Briefe aus dem gesondert stehenden
Archivgebäude haben 1945 in den Ruinen des Schlosses und dessen
Umgebung offen herumgelegen. Gerettet wurden einige Relikte, die,
angeblich im Straßengraben gefunden, in den Autographenhandel
gelangten. Einige dieser der Vernichtung entgangenen Papiere - teils
angebrannt und mit Feuchtigkeitsspuren - wurden vom Bundesarchiv mit
den Zugängen 0385/55, 7/55, 16/55, 180/55, 14/56, 129/56 und I 46/59
in den Jahren 1955-1959 angekauft. Möglicherweise sind noch weitere
Relikte dem Feuer und dem Wasser entgangen, die eines Tages im
Autographenhandel auftauchen werden; das Bundesarchiv sollte sich dann
um deren möglichst geschlossene Erwerbung bemühen. Angesichts des
Zustandes, in dem sich die vom Bundesarchiv erworbene Relikte
befinden, kann jedoch kaum ein Zweifel daran bestehen, dass das
Eulenburgsche Archiv und der Nachlass des Fürsten Philipp Eulenburg
zum allergrößten Teil vernichtet sind.
Die im
Handel erworbenen Relikte der Originalpapiere sind unten in
Hauptabteilung II verzeichnet. Die Zugangsnummern sind jeweils auf der
linken unteren Ecke der Einzelstücke vermerkt. Undatierte und
mangelhaft datierte Stücke wurden an Hand der „Lebenserinnerungen"
(s.u.) mit dem Datum versehen.
Die sog.
„Familiengeschichte" (1886-1902)
Da die
Originalpapiere so gut wie vollständig vernichtet sind, ist es als
großes Glück zu bezeichnen, dass sehr wesentliche Teile des
politischen Nachlasses des Fürsten Eulenburg wenigstens abschriftlich
in einer Familienchronik betitelt „Eine preußische Familiengeschichte.
Haus Liebenberg. Meinen Kindern und Kindeskindern aus dem Leben ihrer
Vorfahren. Von Philipp Fürst zu Eulenburg-Hertefeld" erhalten
geblieben sind (siehe unten Hauptabteilung I). Dieses etwa über 8.000
Blatt umfassende, streng chronologisch angeordnete Werk erstreckt sich
über die Jahre 1886-1902, die Jahre also, in denen Eulenburg
Legationssekretär, Gesandter und Botschafter an den Höfen in
Oldenburg, Stuttgart, München und Wien war, in denen er dem Kaiser,
Herbert Bismarck, Bernhard Bülow und Friedrich von Holstein besonders
nahe stand. Inhalt des Werkes sind fast durchwegs private und
insbesondere Privatdienst-Briefe von und an den Fürsten Eulenburg und
Aufzeichnungen des Letzteren.
Über die näheren
Umstände, unter denen diese „Familiengeschichte" entstanden ist,
wissen wir nur weniges aus dem Vorwort zum ersten Bande. Es scheint,
dass die Fürstin Eulenburg die Zusammenstellung und die Auswahl nicht
nur veranlasste, sondern auch die Fertigung der Abschriften mit
eigener Hand durchgeführt hat. Sie wurden dann durch sie oder jemand
Dritten in chronologischer Folge mit der Schreibmaschine
vervielfältigt.
Das die Abschriften den
Ansprüchen des Historikers nicht immer genüge tun, ist
selbstverständlich. Hin und wieder begegnen offenbare Verlesungen.
Fürst Eulenburg hat sicher seine Gründe gehabt, wenn er in dem oben
genannten Vorwort auf die Schwierigkeiten hingewiesen hat, die seine
Gattin mit der Entzifferung seiner schwer lesbaren Schrift hatte. Hier
und da ist in den Wiedergaben wohl auch gekürzt oder der Stil
„verbessert" worden, und es darf auch angenommen werden, dass solche
Briefe, die ein ungünstiges Licht auf den Fürsten werfen konnten,
einfach weggelassen worden sind. Der Historiker, der Unterlagen aus
der „Familiengeschichte" benutzt, muss dies ständig berücksichtigen. -
Fürst Eulenburg scheint an der Gestaltung des Werkes nur insofern
beteiligt gewesen zu sein, als er die Abschriften durchsah, seinen
Kommentardazu gab und Änderungsanordnungen traf. Ein eingehendes
Studium des unter Nr. 60 verzeichneten Bändchens - eine Art Notizbuch
der Fürstin über die von ihr in die „Familiengeschichte" aufgenommenen
Dokumente - dürfte noch manche weiteren Aufschlüsse über die
Entstehung dieser „Familiengeschichte" geben.
Die Zusammenstellung der „Familiengeschichte" hat sicher Jahre
erfordert. Sie entstand offenbar nicht erst auf Betreiben Johannes
Hallers, dem sie zusammen mit einigen Aufzeichnungen Eulenburgs, über
die unten noch zu sprechen sein wird, Hauptunterlage für seine beiden
Werke „Aus 50 Jahren. Erinnerungen, Tagebücher und Briefe aus dem
Nachlass des Fürsten Philipp zu Eulenburg-Hertefeld" (Berlin 1923) und
„Aus dem Leben des Fürsten Philipp zu Eulenburg-Hertefeld" (Berlin
1924) wurde. Es spricht vielmehr vieles dafür, dass diese Chronik bei
Beginn des ersten Weltkrieges zu mindestens in der handschriftlichen
Fassung bereits vorlag oder doch schon weit gefördert war. Hauptgrund
für Herstellung der Abschriften ist vielleicht der gewesen, dass man
den Inhalt der Unterlagen, selbst wenn die Originale von der Polizei
gefunden und beschlagnahmt worden wäre, für die Nachwelt und für
Rettung des Ansehens des Fürsten Eulenburg erhalten sehen wollte.
Deshalb sind von der Familiengeschichte auch mehrere vom Fürsten
beglaubigte Abschriften hergestellt worden, die bei treuen Freunden
hinterlegt wurden. Das Liebenberger Exemplar ist zusammen mit dem
Originalnachlass vernichtet worden. Andere Abschriften mögen anderorts
in den Wirren bei Ende des 2. Weltkrieges verloren gegangen sein.
Gerettet hingegen wurde das Stück, das Konrad Haussmann zur Verfügung
gestellt worden ist, der im Jahre 1915 Prof. Johannes Haller für eine
Bearbeitung in Buchform heranzog. Haller hat sein Exemplar noch vor
Ende des 2. Weltkrieges an Prof. Helmut Göring übergeben, der es an
Baron Gösta v. Uexküll weiterleitete, dessen Familie mit dem Fürsten
Philipp befreundet war. V. Uexküll überließ es dem Fürsten Friedrich
Wend (Büdi) Eulenburg in Hertefeld, einem Sohn des Fürsten Philipp.
Vom Fürsten Friedrich Wend schließlich erhielt das Bundesarchiv die
Genehmigung, Fotokopien herzustellen. Diese 60 Bändchen Fotokopien
sind in Abt. I im Folgenden verzeichnet (Zugang I 25/59).
Andere Abschriften (vor 1886, nach 1902)
In den beiden Werken Johannes Hallers und Muschlers
sind für die Jahre vor 1886 und nach 1902 Briefe und andere Unterlagen
aus dem Nachlass veröffentlicht worden, die weder der
„Familiengeschichte" noch den unten behandelten Aufzeichnungen
entnommen sind. Diese Nachlassteile sind offenbar völlig verloren
gegangen und damit auch die Unterlagen zum eigentlichen
Eulenburg-Komplex, die Akten also betr. Die gegen Eulenburg in den
Jahren seit etwa 1902 erhobenen Anklagen. Es ist anzunehmen, dass auch
von diesem Teil Abschriften - wenn auch nur handschriftliche der
Fürstin Eulenburg - vorhanden gewesen sind, denn die Witwe Hallers,
der ja Papiere Eulenburgs von dessen Anfängen bis zu dessen Tode
benutzt hat, hat dem Unterzeichneten im Jahre 1956 die erstaunliche
Tatsache berichtet, dass Johannes Haller immer wieder darüber geklagt
habe, dass ihm nur Abschriften zur Verfügung gestellt worden seien,
Abschriften, an denen Eulenburg zudem noch nachträglich
herumkorrigiert habe, und dass er niemals den Zugang zu dem
Originalnachlass gewonnen habe.
Aufzeichnungen
des Fürsten Eulenburg
Neben der
„Familiengeschichte", die wie gesagt fast durchwegs aus Briefen und
Tagebuchaufzeichnungen besteht, hat Fürst Eulenburg eine Reihe von
meist ungedruckten darstellenden Aufzeichnungen hinterlassen, die
offensichtlich in den Jahren nach 1909 entstanden sind. Wahrscheinlich
hat er geplant, ein großes Erinnerungswerk zu schreiben, in das diese
Teilstücke irgendwie eingegliedert werden sollten. Abgeschlossen
worden ist dieses Werk aber nicht; die körperlichen Kräfte des an
schwerer Herzkrankheit leidenden Fürsten waren erschöpft, und
vielleicht auch reichten die seelischen Kräfte nur noch aus, um die
Schatten der Vergangenheit wieder lebendig werden zu lassen, nicht
jedoch dazu, sie abschließend literarisch zu gestalten. Ein Gesamtwerk
Eulenburgs liegt also nicht vor. Immerhin haben diese literarischen
Entwürfe in Schreibmaschinenabschrift noch einen Umfang von mindestens
1500 bis 2000 Blatt. Bemerkenswert darunter sind mehr oder minder
ausgeführte biographische Skizzen über den Kaiser, Herbert Bismarck,
den Grafen Richard Dohna-Schlobitten und den Generalintendanten der
kgl. Schauspiele zu Berlin Graf Bolko Hochberg. In den Manuskripten
„Pathologische Politik" und „Aufzeichnungen des Fürsten zu Eulenburg
und Hertefeld" wird besonders das Wirken Holsteins behandelt.
Relikte der Originalaufzeichnungen entgingen dem
Brande in Liebenberg und wurden vom Bundesarchiv erworben (s. Nr. 65
u. 66). Im Übrigen sind auch von diesen Manuskripten offenbar mehrere
Abschriften hergestellt worden, von denen ein Exemplar an Konrad
Haussmann gegeben wurde, das sich heute in den Händen seines Sohnes
Robert befindet.
Wert des Nachlasses
Johannes Haller hat die „Familiengeschichte" und die
genannten Aufzeichnungen für seine beiden Werke benutzt und
wesentliches daraus mitgeteilt. Aber er hat den Kaiser und andere noch
lebende Personen schützen wollen und wohl auch schützen müssen. Die
Tagespolitik und Hallers private Einstellung dazu ließen ihn manches
Heiße Eisen nicht anfassen, und schließlich war es von vornherein
überhaupt nicht möglich, die Vielfalt des in der „Familiengeschichte"
Dargestellten in zwei knappen Bänden wiederzugeben. Daher ist die
„Familiengeschichte", wenn sie auch wie oben dargelegt nur mit
Vorsicht und ständiger Kritik benutzt werden darf, nicht nur für das
historische Kleingeschehen sondern auch für die „große Geschichte"
immer noch eine in wesentlichen Teilen unausgeschöpfte historische
Quelle von erheblicher Bedeutung. Fürst Eulenburg nannte sich Freund
des Kaisers, und er ist es auch gewesen, insoweit Wilhelm II.
überhaupt fähig war, einen Freund zu haben. Über ein volles Jahrzehnt
hinweg war Fürst Eulenburg jedenfalls derjenige, der dem Kaiser am
nächsten stand, der ihn am besten zu nehmen wusste, und die im
folgenden verzeichneten Papiere weisen aus, dass Eulenburg bei aller
Kenntnis der Schwächen des von ihm bewunderten Kaisers, Wilhelm II. zu
lenken, vielleicht zu erziehen versucht hat. Reichskanzler, leitende
Diplomaten und andere Beamte in Spitzenstellungen des Staates haben
Eulenburgs Einfluss auf den Kaiser zu nutzen gewusst. Wenn daher
irgendeine innere oder äußere Krise drohte, wenn der Kaiser wichtige
innen oder außenpolitische Entschlüsse zu fassen hatte, ist, wie die
Familiengeschichte ausweist, Eulenburg wohl immer irgendwie
eingeschaltet worden. Abgesehen von den in der Familiengeschichte
aufgenommenen Familien-korrespondenzen, abgesehen auch von den
gelegentlich etwas geschwätzigen Aufzeichnungen des Fürsten führen die
Briefwechsel, etwa diejenigen mit dem Kaiser, mit Herbert Bismarck,
Bernhard Bülow, Chlodwig Hohenlohe, Holstein, Marschall, Kiderlen und
manchen anderen in Sphären höchster politischer Entscheidung. Was hier
geboten wird, steht in seiner historisch-politischen Höhenlage eine
volle Stufe über der ministeriellen Ebene, eine volle Stufe auch über
der des Auswärtigen Amtes, wie sie etwa in der Großen Politik gedruckt
ist. Mehr noch als wie die neuerdings veröffentlichen Tagebücher des
Admirals v. Müller an den resignierenden Kaiser der Kriegsjahre
heranführen, vermitteln die Schriftwechsel der „Familiengeschichte"
den Zugang zu dem jungen, an seiner Macht Gefallen findenden
Monarchen.
Erschließung und Indizierung
In den 59 Bänden der „Familiengeschichte" folgen sich
die Briefe wie schon gesagt in streng chronologischer Reihenfolge. Nur
innerhalb der Monate finden sich gelegentlich Überschneidungen (z.B.
Voranstellung der Familienkorrespondenzen). Der archivalischen
Erschließung boten sich daher wie immer bei rein chronologisch
geordneten Briefen und Akten große Schwierigkeiten. In etwa überwunden
werden konnten diese nur durch ein alphabetisches Register. Auch diese
Form der Erschließung aber hat ihre Grenzen, denn es ist nicht
möglich, etwa 8.000 Blatt Korrespondenzen nach ihrem Inhalt zu
indizieren; die Voraussetzung wäre gewesen, dass der Bearbeiter diese
Blatt für Blatt hätte lesen müssen. Daher konnte das Register nur ein
Korrespondentenregister sein; d.h. nur die Namen der Briefabsender und
Empfänger wurden darin aufgenommen und nur ganz gelegentlich einmal,
wenn der Bearbeiter zufälligerweise bei der Durchsicht besonders
wichtige Sachinhalte oder besonders wichtige Hinweise auf Personen
feststellte, auch diese Betreffe oder Namen.
Der Inhalt der „Familiengeschichte" wie auch der in Teil II
verzeichneten Relikte aus dem Originalnachlass ist durch die Register
natürlich in keiner Weise erschöpfend erschlossen; aber mit den Namen
ist immerhin doch etwa ausgesagt, denn stets liegt schon in den Namen
einer Persönlichkeit auch ein Hinweis auf deren Tätigkeit.
Benutzung des Nachlasses
Über
Benutzungsgenehmigungen entscheidet das Bundesarchiv, das hinsichtlich
der in Hauptabteilung I verzeichneten Akten im Übrigen bis zum
1.1.1971 verpflichtet ist, dem Fürsten Friedrich Wend zu Eulenburg und
Hertefeld in Weeze / Niederrhein und nach dessen Ableben dessen Erben
Mitteilung über alle vom Archiv genehmigten Benutzungsanträge zu
machen. (Laut Schreiben vom 12.12.1963 sollen künftig nur solche
Interessierten namentlich genannt werden, die sich direkt auf die
Person „Eulenburgs" beziehen) Das Bundesarchiv hat ferner Benutzer
schriftlich auf die Verpflichtung hinzuweisen, dass sie die von ihnen
an Hand der Familiengeschichte erarbeiteten Manuskripte bzw.
Manuskriptteile dem Fürsten oder nach dessen Ableben dessen Erben vor
einer Veröffentlichung zur Kenntnis zu bringen haben.
Vgl. Az: 4211/Eulenburg, Fürst Philipp
Koblenz, im März 1960
Im
Oktober 1974 konnten aus privater Hand zwei weitere Bände aus dem
Nachlass Eulenburg angekauft werden. Diese enthalten Unterlagen zu
Reisen Philipp Eulenburgs mit dem Kaiser sowie einigen während dieser
Zeit angefallenen Telegramwechsel des Kaisers. Die Bände wurden dem
Nachlass als Nr. 69 und Nr.70 zugeordnet.
Vgl.:
Az: 4211/Eulenburg, Vermerk vom 15. Nov. 1974
Zug.Nr. I 65/74
Im Juni 1975 wurden von
Herrn Rechtsanwalt Robert Haußmann in Stuttgart weitere Unterlagen aus
dem Nachlass Eulenburg angekauft. Es handelt sich um Unterlagen zum
Eulenburg-Prozess, Ausarbeitungen über die Familie Eulenburg und
Schloss Liebenberg sowie literarische Arbeiten Eulenburgs. Die Bände
wurden als Nr. 71-90 dem Nachlass hinzugefügt.
Vgl. Az.: 4211/Eulenburg, Vermerke vom 20.5. und 8.12.1975
Zug.Nr.: I 90/75
Im November
1976 wurde über die Galerie Bassenge Berlin das Original-Fragment
eines Briefes Holsteins an Eulenburg vom 19.3.1892 erworben und im
Nachlass Eulenburg/64 eingearbeitet.
Vgl. Az.:
4211/Eulenburg, 4311/Bassenge
Zug.Nr.: I
96/76
Zitierweise: BArch N
1029/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch N 1029
- Extent
-
90 Aufbewahrungseinheiten; 2,1 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Nachlässe und Sammlungen >> Nachlässe >> E
- Provenance
-
Eulenburg-Hertefeld, Philipp Fürst zu, 1847-1921
- Date of creation of holding
-
1886-1920
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
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Object type
- Bestand
Associated
- Eulenburg-Hertefeld, Philipp Fürst zu, 1847-1921
Time of origin
- 1886-1920