Bestand
Obergericht (Bestand)
Erschließungszustand, Umfang: Verzeichnis "Gerichte" (1950 ff); Protokolle: Kanzlei
28 lfm
Verwandte Verzeichnungseinheiten: Kanzlei, Obergerichtsprotokolle; ASA Interna Gerichtswesen E 15-17; ASA Interna Appellationen (von Städten mit lübischem Recht)
Literaturhinweis: M.S. Funk (siehe 32-111 und 32-112); Wilhelm Ebel, Lübecker Ratsurteile, 1297-1550, Bd.1-4. Göttingen 1955-1967
Vorwort: Die erst 1987 und 1990 rückgeführten Obergerichtsprotokolle sind beim Bestand Kanzlei verzeichnet.
Das AHL verwahrt drei Gruppen von Senatsdekreten, die im Magazin im Block separat aufgestellt sind, aber bisher nicht eigenständig in der Tektonik auftauchten und nicht in Augias recherchierbar waren.
03.01-2/2-1 Senatsdekrete (= Allgemeine Verwaltungsangelegenheiten des Senats 1643-1932)
Dagegen müssen die gleichfalls unter dem Label "Senatsdekrete" aufgestellten folgenden zwei Teile später über die Systematik von 03.02-1.2/1 Obergericht abgebildet werden, nämlich als Senatsdekrete "Nachmittagswort" und Senatsdekrete "Freiwillige Gerichtsbarkeit".
Lokers, Februar 2014
Eingrenzung und Inhalt: Obergerichtsprotokolle 1563-1811 (15,2 lfm); Senatsdekrete (sogenanntes Nachmittagswort, d.h. 1. Instanz) 1619-1811 (6,7 lfm);
Senatsdekrete (freiwillige Gerichtsbarkeit) 1813-1850 (1 lfm); Proklamationsprozesse (Aufgebotsverfahren) 1774 ff, Subhastationsprozesse (Versteigerungen) 1780 ff, Appellationen 1651-1807 (1 lfm), Nachlassinventare 1611-1810 (0,5 lfm); Prozessakten
Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben: a. Da die Akten ungeachtet der Verwaltungsänderungen 1813/14 und 1864 weitergeführt worden zu sein scheinen, werden hier das alte Obergericht (bis 1810), das nach Ende der französischen Herrschaft 1813/14 wieder errichtete Obergericht und das durch die Gerichtsreform 1864 nur noch aus Berufsjuristen gebildete Obergericht, das seine Tätigkeit mit den Reichsjustizgesetzen 1879 beendete, als eine Einheit in drei Abschnitten behandelt.
1. bis 1810: Das Obergericht bildeten sämtliche Mitglieder des Rates. Als Gericht 1. Instanz saß ihm der 2. wortführende Bürgermeister vor. Die Sitzungen fanden nachmittags statt und hießen Audienzen. Zuständig war es vor allem für Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit: Verlassungen; Verpfändungen; Erklärungen zur Mündigkeit, zum Bürger, zur Kauffrau; Bestätigungen von Testamenten, Nächstzeugnissen usw. und konnte in zivilen Streitsachen konkurrierend zum Niedergericht angerufen werden, wenn es nicht um Fälle der Strafgerichtsbarkeit, Injurien, Konkurse, Pfänder, Renten, Räumungen, Versteigerungen und Proklamationen ging, die allein vor das Niedergericht gehörten. Das Obergericht nahm auch die Publikation der Urteile aus vor dem Niedergericht geführten Prozessen vor. Als Gericht 2. Instanz saß dem Obergericht der 1. wortführende Bürgermeister vor; die Sitzungen waren vormittags. Appellationen unter 50 Mark Streitwert waren unzulässig. Vom Urteil des Obergerichts als 2. Instanz waren bei einem Mindeststreitwert (40 Gulden 1504; 200 Gulden 1544; 500 Goldgulden 1588) Appellationen an die Reichsgerichte möglich, nach Auflösung des Reichs 1806 konnte als Oberrevisions-Instanz Aktenversendung an eine juristische Fakultät (1000 Taler courant Streitwert) stattfinden. Mit Inbesitznahme Lübecks durch die Franzosen 1811 wurden im Juli 1811 alle Gerichte 1. Instanz aufgelöst und als Gericht 2. Instanz ein provisorisches Obertribunal errichtet. Bei den Städten, die mit lübischem Recht bewidmet waren, fungierte der Lübecker Rat ebenfalls als Revisionsinstanz (Oberhof). Der Aufbau einer einheitlichen Gerichtsorganisation in den Territorien, in welchen diese Städte lagen, beendete in der frühen Neuzeit meist diesen Rechtszug.
2. 1813-1864: Das nach der Befreiung von französischer Herrschaft 1813 gebildete Obergericht bestand nicht mehr aus dem gesamten Gremium des Rats, vielmehr waren 2 der dem Gericht angehörenden 4 Ratsherren Juristen, ebenso der Präsident (ein Bürgermeister); dazu kamen 2 Syndici und 1 Ratssekretär. Das Gericht war noch immer in 1. Instanz in den "Audienzen" im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig. In zivilen Streitsachen war das Obergericht 2. Gerichtsinstanz. Wenn das Strafmaß höher war, als den Gerichten 1. Instanz zustand, entschied seit 1820 das Obergericht in Strafsachen 1. Instanz; von hier war die Appellation an das Ober-Appellationsgericht (siehe dort) möglich. Ansonsten entschied das Obergericht in Strafsachen 2. Instanz endgültig. Mit der Verfassungsrevision von 1848 wurde dem Obergericht seit Juni 1851 vorgeschrieben, in fast allen Zivilsachen Gutachten einer juristischen Fakultät einzuholen.
3. 1864-1879: Die am 1. März 1864 in Kraft tretende Gerichtsorganisation bestimmte für das Obergericht nur noch Berufsjuristen: 1 Direktor, 3 Richter, 1 Aktuar, dazu kamen in zivilen Streitsachen 1 Staatsanwalt, in Strafsachen 1 Ergänzungsrichter; in Handelssachen traten 2 kaufmännische Richter als Beisitzer hinzu. Vor dem Obergericht wurden nach wie vor in 1. Instanz Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgenommen; es war ansonsten 2. Instanz für zivile Streitsachen über 50 Mark Wert und für alle Strafsachen.
b. Im Spätmittelalter vorhanden gewesene Gerichtsbücher existieren nicht mehr. Trotz der Zäsuren 1811 und 1864 wurden Protokoll- und Aktenserien weitergeführt und im Archiv zum größten Teil hintereinander aufgestellt. Die nach dem 2. Weltkrieg im Archiv befindlichen Stücke wurden z.T. ohne provenienzgerechte Zuordnung (z.B. Nachlassinventare) nach 1950 von Olof Ahlers verzeichnet. Die erst 1987 und 1990 rückgeführten Obergerichtsprotokolle sind beim Bestand Kanzlei verzeichnet. Vermutlich sind von ca. 35 lfm bisher unverzeichneten, nicht provenienzgemäß aufgeteilten Prozessakten Teile dem Obergericht zuzuordnen.
- Reference number of holding
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03.02-1.2/1
- Context
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Archiv der Hansestadt Lübeck (Archivtektonik) >> 03 Behörden bis 1937 >> 03.02 Gerichte und Rechtspflege >> 03.02-1 Gerichte bis 1879 >> 03.02-1.2 Gerichte 2. Instanz
- Date of creation of holding
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1699-1879
- Other object pages
- Zugangsbeschränkungen
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Benutzungsbeschränkung: benutzbar ist nur der verzeichnete Teil des Bestands
- Last update
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30.06.2025, 10:12 AM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1699-1879