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Württ. Ordnung des Bierbrauens

Regest: Herzog Eberhard Ludwig zu Württemberg beabsichtigt, bei entstandenem Weinmangel Bierhäuser in seinem Herzogtum einzurichten, und zugleich allerhand eingerissene Unordnungen abzustellen. Er erlässt daher folgende Ordnung:
1.) Ohne herzogliche Bewilligung darf niemand besondere Bräustätten aufrichten und Bier sieden, weder für seine eigene Haushaltung noch zum Ausschenken.
2.) Wenn es jemand zugelassen wird, soll der Bräumeister und wer hiezu gebraucht wird, des Handwerks wohl erfahren und darauf gewandert sein oder wenigstens dessen gute beweisliche Proben anderswo getan haben.
3.) Zu dem Brauen soll er nichts anderes als Gerste, Weizen oder in Mangel dieser Früchte auch Dinkel, Hopfen und Wasser gebrauchen und davon gutes, gerechtes Getränk gesotten werden.
4.) Damit dem Bier zu Sommers- und Winterszeiten sein gewöhnlicher Sud und Kühlung gegeben werde, soll man es nicht zu jung angreifen, sondern wohl verjehren (= vergären) lassen.
5.) Insonderheit sollen sie sich aller andern Kräuter und verbotener Stücke gänzlich enthalten, hingegen ihnen Wacholderbeer, Kümmel, Salz, jedes mässiglich, zu gebrauchen zugelassen sein.
6.) Zu desto besserer Läuterung des Biers, ehe es verkauft oder ausgezapft wird, soll es wenigstens 8 Tag auf dem Bech (= Pech) gelegen sein.
7.) Die Fässer der Bräuer und anderer sollen mit Fleiss der Ordnung gemäss geeicht und die Eich darauf angezeichnet werden.
8.) Die Müller jedes Orts sind dahin anzuhalten, den Umgeldern und andern Schätzern des Biers bei ihren Pflichten und Eiden anzuzeigen, welchen und wieviel Malz sie jedesmal gebrochen haben, und solches monatlich einmal gehöriger Orten anzubringen.
9.) Nicht weniger wird erfordert, dass die Umgelder und Schätzer beiwesend (= im Beisein) solcher Orten verordneten Vogts und Beamten jedesmal nach den Käufen und Schlägen (= Kaufpreisen), Fuhrlohn und andern billigen, rechtmässigen Unkosten das ersottene Bier anschlagen und schätzen sollen.
10.) Jedem, der das Bier von der Braustatt kauft und nachher ausschenkt, ist zugelassen, über aufgewendete Unkosten und Kaufschilling auf jede Maß 2 Pfennig zu schlagen oder sich sonst mit einem billigen Gewinn sättigen zu lassen.
11.) Die Ästimation und Anschlag des Biers soll nach jedes Orts Gewohnheiten an die Haustür oder angeheftetes Täfelein gezeichnet und also selbiges öffentlich ausgeschenkt werden.
12.) Wenn das Bier in die Fässer gebracht ist, sollen weder die Bräuer noch andere dem auszuschenkenden Bier einen Zusatz tun noch dasselbe eingeen (= ?) oder auf andere Weise verfälschen, wie denn die Umgelder selbige (= die Fässer) nach Anleitung der herzogl. Umgeldordnung verpitschieren sollen.
13.) Die Materialia an Malz und Hopfen sollen ohne fürstl. Bewilligung nicht ausser Landes verführt und verkauft werden.
14.) Zur Verhütung von Feuergefahr sollen die Feuerstätten, Dörröfen, Brau- und Brennkessel so verwahrt werden, dass Schaden nicht erfolgen kann.
15.) Sonst insgemein sollen die Bräumeister und Diener sich hierin, wie ehrliebenden und redlichen Leuten gebührt, verhalten.
16.) Der Herzog hat sich ausdrücklich vorbehalten, diese Ordnung zu ändern, zu mindern, zu mehren oder ganz zu cassieren, so oft es ihm belieben wird.

Reference number
A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 2979
Formal description
Beschreibstoff: Pap.
Further information
Ausstellungsort: Stuttgard

Siegel (Erhaltung): herzogl. Siegel

Genetisches Stadium: Or.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 8 Zünfte Wirte u. ä.
Holding
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)

Date of creation
1644 Juni 8

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Last update
20.03.2025, 11:14 AM CET

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Object type

  • Archivale

Time of origin

  • 1644 Juni 8

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