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Regierung Straubing (Bestand)
Vorwort: Geschichte
Bereits 1204 wird - noch ohne Angabe eines Zuständigkeitsbereichs - erstmals ein "dominus Ulricus vicedominus ducis Bawarie" genannt, der auf dem Land als unmittelbarer Vertreter des Herzogs amtierte. Nach der ersten Landesteilung von 1255 wurde das Herzogtum in insgesamt vier Viztumsbezirke (je zwei für Ober- und Niederbayern) eingeteilt; mit den folgenden Landesteilungen kamen weitere hinzu. Zur Unterstützung bei ihren im Spätmittelalter wachsenden finanziellen Aufgaben zogen die Viztume Land- und Rentschreiber heran, zu deren Beaufsichtigung Rentmeister eingesetzt wurden. Diese gewannen bald solche Bedeutung, dass sich die Bezeichnung "Rentmeisterämter", dann "Rentämter" für die Viztumämter einbürgerte. Um 1500 gab es in Bayern insgesamt sieben Rentämter: Landshut, Burghausen, Wasserburg, Oberland bzw. Ingolstadt und Weiden für Bayern-Landshut, Ober- und Unterland bzw. München und Straubing für Bayern-München.
Nach der Wiedervereinigung des Herzogtums Bayern wurden die Rentämter neu organisiert: 1507 wird erstmals die Einteilung des Herzogtums in die Rentmeisterämter München und Burghausen ("Oberland") sowie Landshut und Straubing ("Unterland") erwähnt. Diese Organisation bestand von 1507 bis 1779 bzw. 1802; sie bildet auch die Grundlage für alle Landesbeschreibungen Bayerns (z.B. Michael Wenings vierbändige Topographie Bayerns, 1700 - 1726).
Das Rentamt Straubing umfasste die Stadt Straubing sowie die Land- und Pfleggerichte (sie waren bis 1766 in drei Gruppen eingeteilt) Abbach, Dietfurt, Donaustauf [Anm.: Die zum Hochstift Regensburg gehörige Herrschaft Donaustauf war von 1486 bis 1710 bzw. 1715 an Bayern verpfändet und wurde in dieser Zeit als Pfleggericht des Rentamts Straubing verwaltet], Haidau, Kelheim, Stadtamhof ("obere Gerichte"); Cham [Anm.: Stadt und Grafschaft Cham fielen zusammen mit der Oberpfalz 1623/1628/1648 an Bayern und wurden während des Spanischen Erbfolgekrieges 1706 - 1714 nochmals zur Oberpfalz und damit zur Kurpfalz geschlagen], Furth, Kötzting, Mitterfels, Neukirchen, Straubing, Viechtach ("mittlere Gerichte"); Bärnstein, Deggendorf, Dießenstein, Hengersberg, Leonsberg, Linden, Regen, Schwarzach, Weißenstein [Anm.: Die Herrschaften Weißenstein und Zwiesel wurden erst 1607 von Maximilian I. nach dem Aussterben der Degenberger erworben], Winzer [Anm.: Die Herrschaft Winzer wurde 1603 durch Maximilian I. von Wolf Jakob Grafen zu Schwarzenberg gekauft] und Zwiesel ("untere Gerichte").
Infolge der ersten Auflösung der Regierung (und damit der Aufteilung des Rentamts) Landshut im Jahre 1779 wurden die Gerichte Dingolfing mit Reisbach, Eggmühl, Geisenhausen, Kirchberg, Landau, Natternberg, Osterhofen, Rottenburg, Teisbach und Vilsbiburg dem Rentamt Straubing angegliedert. Gleichzeitig kamen noch vom Rentamt München die Gerichte Abensberg mit Altmannstein, Neustadt a.d.Donau und Riedenburg hinzu.
Bei der Wiedererrichtung der Regierung und des Rentamts Landshut im Jahre 1784 verblieben diese Gerichte sowie vom früheren Rentamt Landshut das Gericht Natternberg beim Rentamt Straubing. Dieses bestand nunmehr aus der Stadt Straubing sowie den Gerichten Abbach, Abensberg mit Altmannstein, Bärnstein, Cham, Deggendorf mit Natternberg, Dießenstein, Dietfurt und Riedenburg, Furth, Haidau mit Pfatter, Hengersberg, Kelheim, Kötzting, Leonsberg, Mitterfels, Neustadt a.d.Donau, Regen, Schwarzach, Stadtamhof, Straubing, Viechtach mit Linden, Weißenstein und Zwiesel.
Bei der Auflösung der Regierung Burghausen 1802 erhielt Straubing aus dem Bereich dieses Rentamts die Gerichte Griesbach, Hals, Julbach (mit der Herrschaft Erding) und Vilshofen und noch im gleichen Jahr nach der endgültigen Auflösung der Regierung Landshut auch fast dessen gesamten Rentamtsbezirk mit Ausnahme der Gerichte Erding, Moosburg und Neumarkt, die unmittelbar den Münchner Zentralbehörden unterstellt wurden. Gleichzeitig wurde die Regierung Straubing in ein reines Hofgericht (unter Wegfall der Verwaltungsfunktionen) umgewandelt. [Anm.: Vgl. auch Gerhard Schwertl, Geschichte der Regierungen und Rentmeisterämter Landshut und Straubing 1507-1802, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern, 116.-117. Band, Landshut 1990-1991, S. 237-263 (mit 3 Karten)]
Organisation und Zuständigkeit
Seit ihrer Neuorganisation (1507) war die Regierung Straubing ebenso wie die übrigen Regierungen eine Kollegialbehörde. An ihrer Spitze stand der Viztum (zuletzt als Regierungspräsident bezeichnet), der immer von Adel sein musste; er wurde vertreten vom Regierungskanzler (Vizedirektor). Die Regiments- oder Regierungsräte (zwischen 12 und 30) bildeten als Angehörige des Adels die "Ritterbank" oder als bürgerliche, später öfters geadelte Juristen die "Gelehrtenbank" der Regierung. Regierungsräte waren auch der Regierungskanzler und der Rentmeister (zugleich Kastner zu Straubing). Dazu kam noch das Kanzlei-, Registratur- und einfache Dienstpersonal der Regierung (für das 18. Jh. schätzungsweise zwischen 30 und 60 Personen).
Die Regierung Straubing hatte ihren Sitz bis 1802 mit kurzen Unterbrechungen (während des Dreißigjährigen Kriegs) im herzoglichen bzw. kurfürstlichen Schloss an der Nordostecke der Straubinger Neustadt.
Die wichtigste Aufgabe der Regierung Straubing war die Ausübung der Rechtspflege in Stellvertretung des Landesherrn. Auf dem zivilrechtlichen Sektor wirkte die Regierung als Hofgericht, und zwar in zweiter Instanz als Appellationsgericht (über den Land- und Pfleggerichten), in erster als ordentliches Gericht für einen privilegierten Personenkreis (Adel, höhere Beamte, Klerus, Kommunen). Auf strafrechtlichem Gebiet fungierte die Regierung Straubing als Kontrollinstanz: vor Abfassung des Endurteils mussten die Pfleggerichte die Prozessakten einsenden. Das vom Viztum ursprünglich ausgeübte herzogliche Begnadigungsrecht durch Umwandlung von Leibes- in Geldstrafen ("Viztumwändel") ging schon im Spätmittelalter an den Rentmeister über; dem Viztum verblieb die Kontrolle über die Festsetzung der Wändelgelder. Da es bei den Regierungen keine Trennung von Justiz und Verwaltung gab, war die Regierung Straubing auch für die gesamte innere Verwaltung einschließlich des Polizeiwesens und - bis 1769 (Errichtung der Kirchendeputation Straubing) - auch für die Wahrnehmung der landesherrlichen Kirchenhoheit zuständig. Der Geschäftsgang wurde durch Rats- und Kanzleiordnungen geregelt. Die Hofgerichtssitzungen in Straubing fanden ursprünglich viermal jährlich statt; im 17. Jh. wurden sie dann monatlich (außer im August) abgehalten. 1802 hielt die Regierung Straubing ihre Sitzungen jeden Montag, Mittwoch und Freitag ab. Sie führte ihre Amtsgeschäfte auch unter der zweimaligen Besetzung Bayerns im Spanischen und Österreichischen Erbfolgekrieg fort. Während der österreichischen Besetzung von Teilen der Rentämter Straubing, Amberg und Landshut 1778/79 amtierte die Straubinger Mittelbehörde als "k.k. Landesregierung Straubing".
Von der Regierungsregistratur zum Archivbestand "Regierung Straubing"
Das älteste erhaltene Registraturverzeichnis der Regierung Straubing von 1738 (mit Fortsetzung bis 1748) [Anm.: Konskription über den Geheimen Kasten der Regierung Straubing ("Straubinger Brief Gewölb"): Regierung Straubing B 11 (vormals BayHStA StV 3465)] wurde angelegt von dem Regierungskanzler und Lehenpropst Georg Sigmund Joseph v. Hechenstein und bringt eine summarische Beschreibung der Generalia, der Personalia (einschließlich der hinterlegten Testamente) und der Zeugenvernehmungsprotokolle. Ein älteres Verzeichnis der Prozessakten ist nicht erhalten. Entscheidend für das weitere Schicksal der Registratur war der Fortbestand (wenn auch in veränderter Form) der registraturbildenden Behörde nach 1802. Wenn auch in dieser Zeit eine nicht geringe Anzahl von Akten zur Altbaierischen Provinzialregistratur nach München abgegeben werden musste, so wurde doch die Hauptmasse der Straubinger Regierungsregistratur vom Appellationsgericht des Unterdonaukreises in Straubing (bis 1839) übernommen und gelangte schließlich mit den Abgaben des Appellationsgerichts von Niederbayern von 1868-1871 (Repertorien 97 c und ad 97c, 97 d, e und f) an das Archivkonservatorium bzw. Kreisarchiv Landshut. Kleine Registratursplitter waren beim Rentamt Straubing gelandet und bereits 1854 abgegeben worden (Rep. 89 Verz. 14) bzw. wurden 1873 von der Regierung von Niederbayern, Kammer der Finanzen, abgegeben (Rep. 168/4). Die Strafprozessakten der Regierung Straubing, über deren Umfang keine Aussage möglich ist, waren schon um 1820/30 komplett makuliert worden. Mit der "Landshuter Extradition" von 1910 wurden noch mehrere tausend Akten Straubinger und Landshuter Mittelbehörden wegen lokaler Zuständigkeit(!) an das damalige Kreisarchiv Amberg abgegeben; sie kehrten erst 1970 in das Staatsarchiv zurück.
Die in die Münchner Mischbestände (GL Faszikel und Bände, GR, KL, PS, Auswärtige Staaten Böhmen) eingereihten Straubinger Regierungsakten wurden im Zug der Beständebereinigung teils vom Staatsarchiv München unmittelbar (1978), teils über das Bayerische Hauptstaatsarchiv (1978, 1982, 1985, 2000) an das Staatsarchiv Landshut abgegeben. Im Staatsarchiv Amberg sind aus der Überlieferung des Appellationsgerichts Amberg kaum mehr Straubinger Regierungsakten zu erwarten: wie Archivdirektor Dr. Ambronn mitteilte, hat um 1820 im Appellationsgericht eine große Kassationsaktion mit Veräußerung von archivwürdigen Akten an eine Papiermühle stattgefunden. Dies würde auch (selbst bei Berücksichtigung des geringeren Aktenanfalls im dünner besiedelten Rentamt Straubing) den im Vergleich zu Landshut geringen Umfang des Bestandes "Regierung Straubing" (ca. 7900 Archivalieneinheiten im Vergleich zu ca. 21 000 der Regierung Landshut!) erklären.
Zur Bildung und Benützung des Bestandes
Zur Bildung des Bestandes "Regierung Straubing", die in den Jahren 1976 ff. zunächst durch Dr. Johann Geier, sodann nach langer Unterbrechung 1997 - 1999 durch Dr. Gerhard Schwertl erfolgte, wurden sowohl die bereits hier vorhandenen als auch die aus München und Amberg abgegebenen Bestandteile der ehemaligen Regierungsregistratur erfasst. Dabei wurden die Aktenbetreffe der älteren Repertorien (97c, ad 97c, 97 d, e, f) überprüft und, soweit nötig, berichtigt und ergänzt; fast die Hälfte der Akten (die Abgaben aus München) wurde völlig neu verzeichnet. Aus den bereits von Edmund Jörg Ende 19. Jh. den Akten entnommenen und in die Urkundensammlung des Staatsarchivs eingereihten Beweisurkunden wurde eine eigene Urkundenserie des Bestandes gebildet.
Die Gliederung der neuen Repertorien erfolgte hauptsächlich (mit einigen Ergänzungen) analog zum Bestand "Regierung Landshut"; abweichend von Landshut erforderte die große Anzahl von Akten über Status und Personal der Regierung Straubing eine eigene diesbezügliche Rubrik. Bei der Verzeichnung der Prozessakten, die etwa drei Viertel der ca. 7800 Akten ausmachen, wird, wie schon in den älteren Repertorien, zwischen Prozessen erster und zweiter Instanz nicht unterschieden. Diese behandeln bäuerliche oder bürgerliche Streitsachen (um Scharwerk, Zehent, Fahrt- und Weiderechte, Gewerbe- und Bausachen, Schankrechte), wogegen die Regierung in erster Instanz in Streitsachen, vor allem des Adels, vorwiegend um Eigentum und Erbschaft, Jurisdiktionsdifferenzen zwischen Hofmarks- und Pfleggerichten sowie Vergantungen von Hofmarken, schließlich in Jurisdiktionsdifferenzen zwischen Kommunen und Pfleggerichten, entschied. Die Rubrik "Personalia" enthält Ernennungen, Titelverleihungen, Standeserhebungen sowie Vormundschafts- und Verlassenschaftsverhandlungen sowie die von Angehörigen des Adels und höheren Beamten hinterlegten Testamente. Bei der letzten Rubrik "Rotuli actorum" handelt es sich um separat von den Prozessakten verwahrte Zeugenvernehmungsprotokolle und Zeugenaussagen; ob auch die jeweils dazugehörigen Akten vorhanden sind, konnte noch nicht geklärt werden.
Grundsätzlich ist zu bemerken, dass bei Anwendung des Provenienzprinzips nicht der lokale Bezug, sondern die für den Abschluss eines Archivales federführende Behörde maßgebend für dessen Bestandszuordnung ist. So ist bei Forschungen in der Zeit zwischen 1779 und 1802 besonders auf die Änderungen der Verwaltungsgrenzen zwischen den Rentämtern Straubing, Landshut und München zu achten.
Das vorliegende Verzeichnis umfasst die Akten und Amtsbücher, nicht jedoch die Urkundenserie des Bestandes.
- Bestandssignatur
-
Regierung Straubing Regierung Straubing (Rep. 209)
- Umfang
-
8050
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Staatsarchiv Landshut (Archivtektonik) >> Archivtektonik des Staatsarchivs Landshut >> I. Ältere Bestände (Herzoglich/kurfürstlich bayerische und landständische Behörden des 16. - 18. Jahrhunderts) >> B. Behörden im Rentmeisteramt Straubing >> 1.) Mittelbehörden
- Bestandslaufzeit
-
1469-1802
- Weitere Objektseiten
- Provenienz
-
Regierung Straubing (Rep. 209)
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
12.08.2025, 09:29 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
- Akten
Entstanden
- 1469-1802