Bestand

[S 1] 07 Bürgerschule Lemgo (Bestand)

Vorwort: Geschichte

Die sogenannte Bürgerschule bestand zunächst aus den drei unteren Klassen des Gymnasiums (Elementarbereich), die von den Söhnen Lemgoer Bürger und Einwohner (also innerhalb der Stadtwälle) besucht wurden. 1814 wurden diese Klassen organisatorisch vom Gymnasium (d. h. den vier oberen zum Studium führenden Klassen) getrennt und zur Bürgerschule umgewandelt. Die Töchter der Lemgoer Bürger und Einwohner erhielten Unterricht bei den Küstern der lutherischen Gemeinden St. Nikolai und St. Marien in deren Wohnungen. Ab 1847 war die Bürgerschule im ehemaligen Waisenhaus der Stadt (Papenstraße/Breite Straße) untergebracht.

Die Lemgoer Außenbürger und die Landbewohner aus Leese und Entrup besuchten die Küsterschule der reformierten Gemeinde St. Johann. Erst mit der Errichtung eigener Schulen in Leese 1879 und in Entrup 1897 hörte dieser Schulbesuch auf (siehe auch Vorwort T 3).

Auf Betreiben der Bürgermeisterin und Landesherrin Pauline wurden 1819 die Mädchenschulen der Pfarrdistrikte und die Kantorschule von St. Johann mit der Bürgerschule vereinigt. Die Aufsicht über die Bürgerschule sollte ein Schulvorstand, bestehend aus dem Bürgermeister der Stadt, dem Rektor des Gymnasiums und den Predigern der drei Kirchengemeinden, führen. Der Gymnasialrektor lehnte die Mitgliedschaft jedoch ab. Für die Fürstin übernahm Kommissar Kestner die Stelle im Schulvorstand. Später traten an seine Stelle die beiden Bürgermeister bzw. ab 1879 der Bürgermeister.

Die Überlieferung des Schulvorstandes findet sich im Bestand A unter dem Klassifikationspunkt Bürgerschule, da die Provenienztrennung zwischen Schulvorstands- und Magistratsakten nicht immer eindeutig zu treffen ist. Viele Schreiben gehen offiziell an den oder die Bürgermeister, sind aber eigentlich an den Schulvorstand gerichtet. Die Tätigkeit des Schulvorstandes ist zu Beginn unstetig und verfestigt sich erst allmählich ab 1838.

Nach dem Tod der Fürstin Pauline 1820 wollten Magistrat und Kirchengemeinden, die Kantorschule von St. Johann wieder von der Bürgerschule abtrennen. Offiziell erfolgte die Trennung 1823. Der Kantor von St. Johann unterstand zukünftig als Lehrer dem städtischen Magistrat und als Kantor der reformierten Gemeinde St. Johann dem fürstlichen Konsistorium.

Mit Erlass des Gesetzes für die lippischen Volksschulen vom 11. Dezember 1849 wurden die Volksschulen der staatlichen Oberaufsicht unterstellt und die Lehrer den übrigen Staatsdienern gleichgestellt. Die Volksschulen in den jeweiligen Schulgemeinden waren nun verpflichtende Regelschulen für alle schulpflichtigen Kinder innerhalb des Schulbezirkes. Der Schulvorstand blieb erhalten und wurde um sechs bis acht gewählte Vertreter der Schulgemeinde und den Hauptlehrer der Bürgerschule erweitert. Der Magistrat in Lemgo war nicht mehr länger die oberste Aufsichtsbehörde für die Bürgerschule, sondern die staatliche Oberschulbehörde.

Die räumliche Unterbringung der Bürgerschule im Waisenhaus war unzureichend. 1877 wurde ein neues Schulgebäude mit vier großen Klassenräumen im Hof des Waisenhauses errichtet. 1889 wurde die ehemalige Köttgensche Seidenspinnerei an der Echternstraße von der Stadt angekauft, abgerissen und an ihre Stelle ein Schulneubau gesetzt. Das Trockenhaus der Seidenspinnerei blieb erhalten und wurde als Turnhalle genutzt. 1891 zogen dann die Jungen aus der Bürgerschule im Waisenhaus in das neue Schulgebäude an der Echternstraße um. Ein dritter Schulneubau wurde am Slavertorwall errichtet und konnte 1911 bezogen werden (= sogenannte Wallschule). Dort wurden nun die Mädchen und die Schüler des ersten Schuljahres unterrichtet, die zuvor im Schulgebäude auf dem Hof des Waisenhauses beherbergt waren. Das Waisenhaus wurde 1913 abgerissen.

Während des Ersten Weltkriegs wurden einige Lehrer dieser und anderer Schulen als Soldaten einberufen, so dass Schüler der Schulen Lemgo-Ost, in Hörstmar und Lüerdissen als Klassen zusammengelegt und Kurzunterricht erteilt wurde. Gleichzeitig diente das Schulgebäude in der Echternstraße als Kaserne für das II. Bataillon des Infanterie-Regimentes Nr. 67, sodass alle Bürgerschüler im verkürzten Schichtunterricht in der Wallschule unterrichtet wurden.

1919 wurden die bis dahin existierenden Vorschulklassen der beiden höheren Schulen in Lemgo aufgehoben, wodurch die Schülerzahlen der Bürgerschule rapide anstiegen. Um diesen Anstieg zu bewältigen, wurden Umbaumaßnahmen am Schulgebäude an der Echternstraße durchgeführt.

1937 wurden die Schulgemeinden aufgelöst und die politischen Gemeinden wurden Schulträger. So bildeten bis 1949 beide Schulgebäude der Bürgerschule (Echternstraße und Slavertorwall) ein Schulsystem unter einem Schulleiter. Danach bildete die Schule Echternstraße mit der ehemaligen Küsterschule St. Johann (Westschule), die Bürgerschule I. Die Wallschule (Slavertorwall) wurde mit der Ostschule die Bürgerschule II. Bereits 1953 wurde diese Zwei- zur Vierteilung: Schule I - Bürgerschule Echternstraße, Schule II - Bürgerschule Wallschule, Schule III - Ostschule (siehe T 3) und Schule IV - Schule Laubke (siehe T 13).

Die Bürgerschule II hatte immer wieder große Raumprobleme, die die Stadt nicht lösen konnte, da die Renovierungsarbeiten an anderen Schulen dringender waren.

1968 wurden in Nordrhein-Westfalen die Volksschulen aufgelöst und an ihre Stelle traten Grund- und Hauptschulen. 1969 zog die Schule Echternstraße (ehemalige Bürgerschule I) in ein neues Gebäude am Heldmanskamp um und war nun die Hauptschule I (Fortsetzung bei T 6), die ehemalige Bürgerschule II wurde zur Hauptschule II (Fortsetzung bei T 2).

Das Schulhaus in der Echternstraße wurde in den 1960er Jahren von der Realschule (siehe T 12) und später von der Fachhochschule benutzt, 1981 erfolgte der Abriss des Gebäudes.

Verweise

Städtische Überlieferung zur Bürgerschule

A 2222 - A 2286, A 10843 (Laufzeit: 1814 - 1930), u.a.: Akten des Schulvorstandes der Bürgerschule, Rechnungsführung, Lehrerpersonalien, Bausachen, Schulgeld.
B - Bestand, Klassifikationspunkt 40 Schulwesen, Laufzeit: für die Zeit nach 1930 bis 1969.

Inhalt

Die Laufzeit des Bestandes umfasst 164 Jahre. Einen Schwerpunkt bildet die Überlieferung von SchülerInnenverzeichnissen, Akten zur Schulorganisation und zum Schulunterricht. Den zeitlichen Schwerpunkt der Überlieferung bilden die 1940er bis 1960er Jahre.

Teile des Bestandes können einer Sperrfrist für die Benutzung unterliegen.

Literatur

Fritz Waldeyer: Die Bürgerschule an der Echternstraße. Mit ihrem Abriß schloß ein Kapitel der Lemgoer Schulgeschichte, in: Lemgoer Hefte, 4. Jg. Heft 16 (1981), S. 36 - 38.

Helga Hoppe: Geschichte der Lemgoer Bürgerschule. 1814-1850, 1962.

Heinrich Fricke: Zur Geschichte der Wallschule in Lemgo, in: Lemgoer Hefte, 9. Jg. Heft 34 (1986), S. 4 - 11.

Friedrich Sauerländer, Geschichtliches über die Lemgoer Schulen, in: Lippische Schulzeitung, Okt. 1930 - Juli 1932 [Fortsetzungen].

Friedrich Sauerländer; Lemgoer Bürgerschule seit 150 Jahren, in: Blätter für lippische Heimatkunde, Nr. 2 (1965), S. 349f.

Reference number of holding
07 T 01

Context
Stadtarchiv Lemgo (Archivtektonik) >> Schulen und Schulgemeinden in Lemgo >> Schulen (in städtischer Trägerschaft) im Stadtzentrum

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06.03.2025, 6:28 PM CET

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