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Inszenierung von Glaubwürdigkeit: zu einer Strategie der Kompensation moralischer Notstände in der politischen Kommunikation

"Der Moralisierung gesellschaftlicher Verhältnisse kommt nach wie vor eine erhebliche Relevanz in der Kommunikation zwischen Politik und Öffentlichkeit zu: Aufrichtigkeit, Verantwortung, Verläßlichkeit, Schuld usw. sind Schlüssel- und in ihrem Verwendungskontext oft auch Kampfbegriffe der politischen Kommunikation. Dies geschieht einerseits unter den Bedingungen der modernen Gesellschaft, die keine einheitlichen normativen Orientierungen mehr kennt und deren Teilsysteme gerade nicht mehr über Moral organisiert und integriert sind. Andererseits können weiten Teilen der Öffentlichkeit politische Entscheidungen und deren Begründung wie überhaupt eine undurchsichtig gewordene gesellschaftliche Wirklichkeit nur durch eine starke Vereinfachung verständlich und akzeptabel gemacht werden. Moralisierungen bilden dabei eine besonders leistungsfähige Strategie der Vereinfachung und sind als handlungsnahe Deutungen in der Allianz von Politik und Massenmedien wirksam und unverzichtbar. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie der Mangel an einer normativ abgestützten der modernen Gesellschaft von den Subjekten kompensiert werden kann und welche Folgen dies für die Kommunikation zwischen Politik und Öffentlichkeit hat. Als vorläufig letzte Bastion bleibt hier der Rückzug auf die eigene, als authentisch wahrgenommene Subjektivität. Für die politische Kommunikation würde das bedeuten, daß der Kampf um Glaubwürdigkeit eine immer wichtigere Rolle spielt. Die Personalisierung der Politik setzt dieses Problem in die Frage der subjektiven Sinngebung in Glaubwürdigkeit der Politiker um. Wenn man nicht vermitteln kann, daß es einem ernst damit ist, verlieren moralisierende Deutungen unabhängig von ihrer normativen Begründbarkeit an Überzeugungskraft. Eine Moral der subjektiven Glaubwürdigkeit schafft allerdings große Probleme, denn sie ist diskursiv nicht in gleicher Weise wie Fragen der normativen Rechtfertigung überprüfbar: Glaubwürdigkeit schreibt man einer Person auf Treu und Glauben zu. Sollte sich der neue Typus einer durch persönliche Glaubwürdigkeit gestützten und nur noch dadurch überzeugenden Moral durchsetzen, würden deshalb große Unsicherheiten in der politischen Kommunikation entstehen, wobei nicht abzusehen ist, wie sie zu bewältigen wären." (Autorenreferat)

Inszenierung von Glaubwürdigkeit: zu einer Strategie der Kompensation moralischer Notstände in der politischen Kommunikation

Urheber*in: Sutter, Tilmann

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Alternative title
Staging of credibility: a strategy for compensating for moral crises in political communication
ISBN
3-531-12878-7
Extent
Seite(n): 419-422
Language
Deutsch
Notes
Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet
28. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Differenz und Integration. Die Zukunft moderner Gesellschaften". Dresden, 1996

Bibliographic citation
Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Oktober 1996 in Dresden ; Band 2: Sektionen, Arbeitsgruppen, Foren, Fedor-Stepun-Tagung

Subject
Politikwissenschaft
politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Öffentlichkeit
Politik
politische Kultur
Moral
politische Ethik
Image
Kompensation
Glaubwürdigkeit
Personalisierung
Strategie
politische Kommunikation
deskriptive Studie

Event
Geistige Schöpfung
(who)
Sutter, Tilmann
Event
Herstellung
(who)
Rehberg, Karl-Siegbert
Event
Veröffentlichung
(who)
Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Westdt. Verl.
(where)
Deutschland, Opladen
(when)
1997

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-138746
Rights
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Last update
21.04.0021, 12:00 AM CET

Data provider

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Object type

  • Sammelwerksbeitrag
  • Konferenzbeitrag

Associated

  • Sutter, Tilmann
  • Rehberg, Karl-Siegbert
  • Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
  • Westdt. Verl.

Time of origin

  • 1997

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