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DIW-Konjunkturprognose: Aussichten reichen von wolkig bis heiter

Die Erholung der deutschen Wirtschaft wird zur Geduldsprobe. Im dritten Quartal dieses Jahres lief es schlechter als erwartet - vor allem, weil die privaten Haushalte trotz steigender Löhne und sinkender Inflation ihr Geld nach wie vor nur zurückhaltend ausgeben. Der private Konsum und auch die Wirtschaftsleistung insgesamt gingen sogar zurück. Und nun folgt die nächste Bewährungsprobe: Das Bundesverfassungsgericht hat im November ein für den Bundeshaushalt und damit auch die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland folgenreiches Urteil gefällt. Es erklärte die Verschiebung von nicht genutzten Corona-Nothilfen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für verfassungswidrig. Für diese Prognose wird unterstellt, dass vor allem bei Investitionen Mittel wegfallen werden und der Umfang der nötigen Einsparungen bei jeweils rund 19 Milliarden Euro in den Jahren 2024 und 2025 liegt, bei elf Milliarden Euro im Jahr 2026 und bei drei Milliarden Euro im Jahr 2027. Und: Die Hängepartie um die Neuaufstellung des Etats sorgt für erhebliche Verunsicherung. Die hier unterstellten Kürzungsannahmen wurden vor der Einigung am 13. Dezember getroffen, entsprechen aber in Struktur und Größenordnung den Konsolidierungsvorschlägen der Koalitionsspitzen. Für dieses Jahr hat die Bundesregierung per Notlagenbeschluss rasch erneut die Schuldenbremse ausgesetzt. Mit Blick auf den Bundeshaushalt 2024 hat sie sich vor allem auf Kürzungen bei Subventionsprogrammen und Unternehmenskompensationen in Höhe von rund zwölf Milliarden Euro aus dem KTF geeinigt, auf eine leichte CO2-Preisanhebung von fünf Euro und auf den Erhalt der EEG-Umlage und des Heizungsprogramms im Rahmen des Gebäudeenergiegesetzes. Weitere 17 Milliarden Euro sollen durch Kürzungen im Kernhaushalt erwirtschaftet werden. Für dieses Jahr prognostiziert das DIW Berlin einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von 0,3 Prozent. In den kommenden beiden Jahren dürfte die deutsche Wirtschaft zwar um 0,6 beziehungsweise 1,0 Prozent wachsen. Damit wird es der DIW-Prognose zufolge aber deutlich langsamer bergauf gehen als noch im Herbst erwartet. Der Wegfall öffentlicher Gelder und die Unsicherheit infolge des Verfassungsgerichtsurteils werden das Wachstum allein 2024 um 0,3 Prozentpunkte schmälern. Insgesamt wurde die Prognose sogar um 0,6 Prozentpunkte herabgesetzt, da neben dem Urteil und dessen Folgen für die Investitionstätigkeit der private Verbrauch nur schwer in die Gänge kommt. Die Weltwirtschaft zeigt sich weiterhin robust. Die fortgeschrittenen Volkswirtschaften haben zuletzt ebenso solide zugelegt wie die Schwellenländer. Von diesen schwächelt lediglich China. Im Euroraum und im Vereinigten Königreich ist die Wirtschaftsleistung noch schwach. Dort werden aber die rückläufigen Inflationsraten zunehmend die Reallöhne stärken, was ab kommendem Jahr die Kaufkraft stützen dürfte. Aufgrund der graduellen Erholung in Europa, einer allmählich anziehenden Konjunktur in China und einer sich abkühlenden Wirtschaft in den USA fällt das weltwirtschaftliche Wachstum im kommenden Jahr mit 3,7 Prozent etwas geringer aus.

Sprache
Deutsch

Erschienen in
Journal: DIW Wochenbericht ; ISSN: 1860-8787 ; Volume: 90 ; Year: 2023 ; Issue: 50 ; Pages: 703-742

Klassifikation
Wirtschaft
General Aggregative Models: Forecasting and Simulation: Models and Applications
Personal Income, Wealth, and Their Distributions
General Outlook and Conditions
Thema
Nowcast
income distribution
inequality
Nowcast
income distribution
inequality

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Bönke, Timm
Dany-Knedlik, Geraldine
Baldi, Guido
Engerer, Hella
Hüttl, Pia
Kholodilin, Konstantin
Kurcz, Frederik
Neef, Theresa
Pagenhardt, Laura
Röger, Werner
Rullière, Marie
Scherer, Jan-Christopher
Schildmann, Teresa
Staffa, Ruben
Trautmann, Kristin
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
(wo)
Berlin
(wann)
2023

DOI
doi:10.18723/diw_wb:2023-50-2
Handle
Letzte Aktualisierung
10.03.2025, 11:43 MEZ

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  • Artikel

Beteiligte

  • Bönke, Timm
  • Dany-Knedlik, Geraldine
  • Baldi, Guido
  • Engerer, Hella
  • Hüttl, Pia
  • Kholodilin, Konstantin
  • Kurcz, Frederik
  • Neef, Theresa
  • Pagenhardt, Laura
  • Röger, Werner
  • Rullière, Marie
  • Scherer, Jan-Christopher
  • Schildmann, Teresa
  • Staffa, Ruben
  • Trautmann, Kristin
  • Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Entstanden

  • 2023

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