Akten

Schreiben von Henriette (Henny) Schlamann aus Minden an ihre Schwester Karolina Koch geb. Schlamann

Enthält: u.a. Klassenausflüge zum Hermannsdenkmal und zur Grille, 19. Sept. 1882; Garten in der Schule, 19. Sept. 1882; Trinkwasser in der Schule aus Leitungen, 19. Sept. 1882; getrocknete Veilchen, 19. Sept. 1882; Eintreibung von Schulden, 24. Dez. 1906; Mobilmachung in Minden, 8. Aug. 1914; Flüchtlingsfamilie aus Belgien am Bahnhof Minden, 8. Aug. 1914; Kriegsverletzung Erich Schlamanns, 28. Sept. 1914; Steuerforderungen, 7. Nov. 1926 u. 8. Okt. 1931; Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Minden (Geschäftsschließungen), 20. Aug. 1929, 17. Juli 1930,9. Nov. 1930 u.ö.; Selbsttötungsversuch einer Mitarbeiterin des Juweliergeschäfts kurz vor der Niederkunft nach Vergewaltigung beim Kranzreiten in Todtenhausen, 7. Febr. 1920; Eheprobleme von Erich Koch, 17. Apr. 1930, 8. Juni 1930, 17. Juli 1930; Geldprobleme von Erich Koch, 17. Juli 1930; Zwangsversteigerung von Häusern, 31. Dez. 1931; Auflösung der Mindener Handelskammer, 25. März 1932; Verarmung der Mindener Unternehmer und Geschäftsleute, 25. März 1932; Gruß "Heil Hitler!", 17. Apr. 1932; Henriette Schlamanns Bekunden, bei der Wahl [Reichstagswahl am 31. Juli 1932] für die "Wirtschaftspartei" stimmen zu wollen, 17. Apr. 1932; "Ja was ist das jetzt für eine Zeit in der wir leben, ich mache mir so viel Sorgen, kein Konfirmationsgeschäft, und die Fabrikanten drängen mehr wiesie, es muß unbedingt Ruhe wieder in Deutschland kommen, die Geschäfte u. die ganze Wirtschaft braucht Ruhe, sonst wird es noch immer schlimmer. Ich selbst wie viele Millionen halten Hittlers [!] Wollen Streben u. Gesinnung für das Beste und vaterländische [!], aber ich fürchte nur er kann die Massen nicht bändigen, es sind zu viele Elemente dabei, die im Zügel zu halten ihm kaum gelingen dürfte. Wenn die Zeitungen auch schreiben, es wäre alles in größter Ruhe verlaufen so ist das doch nicht so gewesen, die Zeitungen können auch nicht mehr wie sie wollen, dafür haben wir in der Revolution, wenn wir erst 4 Wochen weiter sind denke ich das mehr Beruhigung wieder in die Volksmassen kommt, ehe keine Ruhe und Stetigkeit, und ehe keine [!] Gefühl der Sicherheit wieder da ist, hab ich keine Hoffnung auf eine Besserung der geschäftlichen Lage. Diese Judenhetze halte ich nicht für vortheilhaft für die Geschäftswelt, gewiß ich stimme ganz dafür, daß gegen die Greuelhetze dieser Bande eingeschritten werden müsste, das ist ja zu empörend, aber gegen die Juden geschäftlich so vorzugehen, auch gegen ganz unschuldige alte Judenmädchen halte ich nicht für richtig, das verträgt sich nicht mit der christlichen Lehre, abgesehen davon, weißt du wie viel Geld die jüdischen Banken, die jüdischen Lieferanten besonders in der Confektion in christlichen Geschäften stehen haben? Wenn die nun ihre Gelder diesen christlichen Geschäften plötzlich kündigen was dann? Dann können sie alle Pleite machen, Geld regiert die Welt, und die Juden haben nun mal das Geld, glaub man sie rächen sich wo sie man können. Ich bin froh, daß ich kein Judengeld im Geschäft habe, aber viele christlichen Banken u. Geschäfte bekommen jetzt Sorgen. - Ich meine sie sollten die Epas und Warenhäuser [mit] so viel Steuern belasten, daß sie nicht billiger sein können als wie der kleine Geschäftsmann, hinter dem kein Kapital und Konzern steht. Die Juden sind schlauer wie wir. Wie würden es hier alle Geschäfte in Minden begrüssen wenn die Epa u das Warenhaus Pfinst [Pfingst] verschwinden würden, aber unter den alten eingesessenen Juden so zu tun, wie hier geschehen ob das das richtige war? Ich bin kein Judenfreund, aber wir müssen Ruhe haben sonst kann man nicht weiter kommen, Friede ernährt Unfriede zehrt. Unser Regierungspräsident ist kein Roter gewesen, er hatte die Altersgrenze (Volkspartei), war schon im Sommer bestimmt das er abgehen wollte, ist mit allen Ehren entlassen, die ganze Bevölkerung bedauerte das Fortgehen dieses humanen Mannes, (er hat alle 4 Jahre im Kriege als Kompagnieführer Major ect [!] gestanden) ich persönlich verliere die besten Kunden an ihnen, aber unser Vizepräsident v. Krause, ist von der Regierung abgesetzt, der war als Demokrat den alten Reg. Räten einfach vor die Nase gesetzt, als ganz junger Mann, vertrat auch in letzter Zeit den Präsidenten, dem alten Pinsel, geschieht ganz recht! Der neue Präsiedent ist natürlich Nazi! V. Oeynhausen heißt er. [...] Wir hoffen, daß das nun die Nazis besser machen! Auf dem Rathaus haben die Nazis will ich man schreiben, mit schwarz weiß rot die Mehrheit, Gott Dank, wenn die Komunisten [!] ausschalten, haben die Nazis allein die Mehrheit. Der Vorsteher ist ein Hafenarbeiter Meckes, ein früherer Kommunist, aber schon lange Nazis [!], wenn sie uns blos die Steuern herunter bringen 900 [!] städtische Steuern für mich, u keine Einkommensteuer mehr, nun mach dir ein Bild von meiner finanziellen traurigen Lage, Geschäftslage jährlich weniger, immer mehr herunter, es soll ja besser werden, wenn das Hittler nur man bald fertig brächte! - Daß Erich u. Karl Bürkle nicht überein kommen, ist bei der verschiedenen Einstellung ganz erklärlich, da wirst du auch nichts erreichen können. Ich kann auch mit Bürkle bei meiner politischen Einstellung nicht überein kommen, auch hat es mir sehr sehr leid getan, daß Annchen sich zu der S.P.D. bekannt hatte, Annchen ist ein gutes Kind, wenn sie mich auch verschiedentlich versichert hat, daß ihr Mann sie nicht dazu gebracht hätte, so glaube ich das nicht, Annchen würde bei uns in ihrer Gesinnung und Lebensauffassung geblieben sein, wenn der Einfluß von Bürkle nicht gewesen wäre. Es ist nur gut, daß sie die Folgen dieser nationalen Revolution gezogen hat, und aus der Partei ausgetreten ist. Hoffentlich machen sie ihr hinterher nicht noch Schwierigkeiten, am besten ist es, sie hält ganz ihren Mund. Hier im Geschäft hören wir uns auch alles an, und halten den Mund, ich habe mit grosser Freude die Fahne schwarz weiß rot, ausgehängt, die ganze Schmach der Fahnenverbren[n]u[n]g stand da wieder vor unsern Augen. Ich wunderte mich nur, daß die Nazis so viel Disziplin halten und nicht auch so taten wie die Roten damals, u ihnen nicht die Sowjet u die schwarz rot goldne verbrannten, als Rache - Was mir in der Seele leid tut, um Emma u. Klärchen Günther, die doch ganz von Rudis Hülfe abhängen, ist, daß die Nazis aufs Amtshaus in Hausberge gezogen sind, um Rudi Günther der immer mit den roten gehalten hätte abzusetzen, Günther hat sich energisch geweigert sein Amt niederzulegen, er hat den Landrat angerufen, und der hat ihn erst veranlaßt seinen noch offenen Urlaub anzutreten, Günther hat selbst gegen sich das Disziplinarverfahren eingereicht, nun muß man abwarten -, aber meiner Meinung nach kann er, wenn er auch nicht abgesetzt wird, unmöglich in Hausberge bleiben, denn die Nazis von Hausberge haben auf dem öffentlichen Marktplatz in Hausberge Günthers vermeindliche [!] Taten durch Lautsprecher in sehr wenig feiner Art bekannt gegeben, auch Sachen aus seinem Eheleben, die Ehe wäre nicht glücklich, er hätte ein Verhältniß ect [!], was davon wahr ist, weiß ich nicht, ich weiß nur Günther ist Volkspartei u. im Vorsitz des Bismarckbundes er hat immer im Amt eine rote Mehrheit gehabt, auch heute ist das Amt Hausberge noch mehr rot, als Nazi! Wie das nun ausläuft wer weiß es, Lieschen Heinze sagte mir das absolut kein Vermögen (alles Erspartes hat die Inflation genommen) bei Günthers nicht wäre. Aber zu sagen wagt so recht heute keiner mehr was.", 4. Apr. 1933; Konkurse und Zwangsversteigerungen Mindener Geschäfte mit Zeitungsartikel "Eine öffentliche Ansprache, die nicht gehalten wurde, aber gehalten werden mußte!" zu Bauarbeiten für die Straßenbahn in der Bäckerstraße und die daraus resultierenden Geschäftseinbußen, 26. Nov. 1933; "aber wir u. viele andere merkten nichts von der in den Zeitungen immer vorge...ohlten Besserung, nur, daß man noch mehr opfern soll, immer geben, geben und opfern, damit wird die Unzufriedenheit unter uns notleidenden Geschäftsleuten nicht weniger. - Aber ich will dir nichts vorklagen, du kannst nicht helfen, was nützt dann das Klagen. Mit dem Nebenhaus habe ich auch wieder viel Ärger, für 8 Rm Miete im Monat, machen Sie Ansprüche wie in einer Villa, u sind 3 Monate Miete schuldig, arbeitslos, u. kannst du nichts machen, man darf ja heute nicht sagen was man möchte, u schreiben erst recht wohl nicht.", 16. Apr. 1934; "das Geschäft ist erschreckend still, wie der Monat Februar war, habe ich noch nicht erlebt so schlecht, in allen Geschäften hier, aber die Zeitungen schreiben es geht besser es geht aufwärts.", 15. März 1935; "Erich schrieb mir einen Brief gestern aus Goarshausen, dass er seinen nationalsozialistischen Grundsätzen entsprechend in eine Arbeiter u Schiffer Familie heiraten wollte, u.s.w. u.s.w., die Behörde u die Partei hätten die Sache geprüft u. ihren Segen dazu gegeben, was andere davon denken ect u.s.w. wäre ihm Wurst! - Ich kann dir den ganzen Kram nicht schreiben, lasst ihn zufrieden, und ärgere Dich nicht darüber, ich will nichts damit zu tun haben, eine Heirat ist ja wohl das beste für ihn, dann hört dies Dasein auf. Die Hauptsache in seinem Brief ist, er wollte allerlei aus dem Geschäft haben, auch seine Trauringe am 10 Mai wollte er bezahlen, da ich das Geld ja nie bekommen hätte, hat Frl. Eisenb. ihm in meinen Namen geschrieben, dass ich nicht in der Lage wäre auf Credit zu verkaufen, er sollte da man an Ort und Stelle kaufen. Wenn er kein Geld hat, ist meine Meinung, brauch[t] er keine Geschenke [zu] machen. Du und Bürkles werden mich darin verstehen, Ihr braucht es ihm ja nicht direkt wieder [zu] sagen. Der ganze Ton seines Briefes gefiel mir nicht, er würde sicher auch mir nach Jahr u Tag nicht geschrieben haben, wenn er nicht hätte die Schmucksachen haben wollen.", 17. Apr. 1936; "Erich ist nicht zu verstehen, er hat kein Verantwortungsgefühl und bodenlosen Leichtsinn, der Ton seines letzten Briefes an mich war so gewöhnlich und großmaulig daß ich genug von ihm habe, er selbst scheint sein Betragen garnicht zu empfinden.", 13. Aug. 1936; Schwierigkeiten, an Silber zu kommen, 31. Dez. 1936; "Frl. Eisenberg regt sich sehr um ihre Kirche auf, was ich ganz mitfühlen kann. Ich weiss nicht ob Du davon gehört hast, oder ob Karl Bürkle davon unterrichtet ist, die alte evangelische Kirche soll verschwinden, es soll eine National Kirche werden, für alle Christen, aber eine ohne Christus. Die sogenannten "Deutschen Christen" werden von der Regierung begünstigt, jeder Saal zum reden [!] steht ihnen zur Verfügung, und der alten evangelischen Kirche darf für ihre Versammlungen kein Saal gegeben werden, ist verboten, sie versammeln sich des Sonntags Abends in ihren Kirchen, und hören da was geplant ist, denn keine Zeitung, auch kein Kirchenblatt darf schreiben was jetzt im Werke ist. Ich bin der Überzeugung dass die Nationalkirche kommt, nicht fest stehende Evangelische u. Katholische werden sich darin vereinen, u. staatlichen Schutz haben, vielleicht auch die Kirchengebäude, und pass mal auf, wenn sie mit der evangelischen Kirche fertig sind dann gehts uns an den Glauben. Ich bleibe was ich bin, u. Frl. Eisbg auch alle meine Bekannten wollen die alte evangelische Religion behalten, nur Dr. Muermanns sind "deutsche Christen", sie haben mich Sonntags Nachmittags besucht, auch als ich krank war, aber es ist eine gespannte Stimmung wir vermeiden beide jede Rede über solche Dinge, aber es beeindrukt [!] die Freundschaft sehr. [...] Ich habe mir feine Vasen mit Silbereinfassung angeschafft und Armbanduhren und feine Wecker, habe auch etwas davon verkauft, das Gold was ich einkaufe (Altgold) muss ich genau aufschreiben, von wem gekauft, wie viel, Karat, Preis ect. wenn ich es binnen 4 Wochen nicht verarbeitet habe, muss ich es der Reichsbank anbieten. Die Verfügungen werden immer schärfer. Die Controlle auch.", 15. März 1937; "Der Kirchenstreit regt hier die Leute sehr auf, man sieht darandoch wie treu die Minden Ravensberger an ihrer alten evangelischen Religion fest halten. Nun dauert es nicht mehr lange dann geht es uns an den Kragen. Sollte man es glauben dass man nicht hat feststellen können welcher Lehrer mit seinen Jungens im Mindener Dom den Unfug gemacht hat? Sei haben die Kerzen vom Altar auf die Erde mit den Leuchtern geworfen, dass [!] Weihwasser mitten in die Kirche gegossen, das Oel aus der ewigen Lampe mitten im Schiff ausgegossen, (die Flecken gehen aus dem Sandstein nicht wieder heraus) die Tür zur Orgel und Turm abgeschlossen, das ganze Bündel Schlüssel mitgenommen, die Kanzel abgeschlossen, und den schönen großen Schlüssel dazu der historischen [!] Wert durch seine Kunstarbeit hat, mitgenommen. Ein alter Mann ist dazu gekommen, der hat vor Angst Reissauss [!] genommen. Jetzt will der Probst den Dom abschliessen, die evangelischen Kirchen sind ja auch zu, wer dann die Schönheiten von innen besehen will, muss 20 Pf pro Person dem Küster zahlen. Die Ständer, alles was leicht war, haben die Lausebengels unter den Augen des Lehrers, des "Jugenderziehers" in der Kirche umgeworfen. Ja, Hittler will das nicht, aber was ist das für ein Geist in der Jugend? In allen Mindener Kirchen passen des Sonntags Spitzel, diese ehrenwerten Leute auf die Predigt auf.", 17. Apr. 1937; "Ich sehe nicht gut in die Zukunft, ich habe immer meine Pflicht getan, wenn wir nicht genügend Ware bekommen, können wir nicht verkaufen, und verdienen. Es ist noch nie so viel Ungerechtigkeit in der Welt gewesen wie jetzt. Die beiden Läden hatte ich zur Hälfte der Miete als Ausstellung bis Januar vermietet, dann stehen sie leer, keine Aussicht sie zu vermieten, denn neue Geschäfte dürfen ja nicht gegründet werden, aber mit Schiebung glükt [!] es doch, das ist alles so Unrecht [!]", 29. Dez. 1937; "Es ist auch gar keine Aussicht den Laden wieder zu vermieten, er hat 150 Rm gekostet wir hatten ihn schon auf 105 Rm herab gesetzt. Es stehen zu viel Läden hier leer, der große Laden wo der Levi den Schu[h]laden hatte, steht schon lange leer, kleine und mittlere Läden, wo die Juden Geschäfte hatten, der große Laden von Niebur Obermarktstr ist nicht zu vermieten, dass Nieburs verarmt u Tönnchen in Armut u Not gestorben habe ich Dir wohl erzählt. Seit Freitag sind Griesen Concurs, altes Eisenwarengeschäft. Der Jude Levkonja von der Hohnstr, konnte nicht überwinden, dass man ihm [!] aus dem Geschäft heraus drängte, hat sich in seinem 73 Jahre aufgehangen [...] Die Frau will nun gern ihre schöne Villa an der Marienstr los sein, aber trotzdem sie spott billig zu haben ist, kann sie noch keiner kaufen. Michelsohns sind verarmt, die Juden haben nichts zu lachen, wir aber auch nicht. Wenn ich echt Silber, überhaupt Ware bekommen könnte, ginge das Geschäft auch noch. Ich kann garnicht hören, wenn vom Aufstieg, von den glänzenden Zeiten geredet wird, ich will mir aber den Mund nicht verbrennen. Wir haben 100 österreicher Kinder hier, einige sahen erbärmlich aus, andere aber rund u wohlgenährt, aber keins hatte mehr mit, als was es auf dem Leibe hatte, für Wäsche heile Schuhe ect. müssen die Pflege Eltern sorgen.",15. Apr. 1938; "Rudi Günther ist kurz vor Neujahr 28. Dezember an einem Karbunkel gestorben, am 1. Januar hat er eine neue Stelle wieder antreten sollen, zu Weihnachten schrieb er seinen Schwestern "dann kann ich Euch so viel helfen, dass Ihr nicht mehr vermieten braucht, nehmt Euch eine kl. Wohnung, Stube Kammer Küche", und nun dieser Schlag! Er hat gewünscht in Hausberge begraben zu sein. Es wurde gesagt u stand auch in der Zeitung, eine solche Beerdigung hätte Hausberge noch nicht gesehen. Die ganzen sieben Dörfer sind leer gewesen erzählte mir ein Bauer, alle zum Friedhof. Er wurde vom Hauses seiner Schwiegermutter aus begraben, die sämm[t]lichen Bürgermeister des Reg Bezirks Minden (früher hiessen sie Amtmänner) haben vom Trauerhause bis Friedhof Spalier gestanden, auch sein Nachfolger in Hausberge der ale Kämpfer, dem er hatte weichen müssen, hat an der Beisetzung mit Teil genommen. ja [!] was nützt ihm diese späte Ehrung im Tode, wie viel bitteres [!] hat er erst schlucken müssen, u. sich nicht zu Schulden kommen lassen.", 15. Apr. 1938; "Den Laden hatte ich endlich an ein Blumengeschäft vermietet zwar billiger, ich hatte ihn neu fertig machen lassen, da bekamen 14 Tage vor dem Einzug die Leute von der Handelskammer die Nachricht, dass die Gründung dieses neuen Geschäftes nicht erlaubt wäre, da in Minden genug Blumenläden wären - Heute bekam ich vom Bürgermeister die Aufforderung das eiserne Gitter vom Begräbnis her zu geben, das würde im Sinne des 4 Jahresplanes verschrottet Das tut mir sehr leid, denn unser Vater hat so oft erzählt, dass er es entworfen hat, wie die gotischen Fenster im Dom ist das Muster, es ist Schmiede-Eisen, Beine hat es gemacht, es hilft mir aber alles nichts - -!", 8. Nov. 1938; "das Geschäft setzte sehr gut ein, aber der Kälte-Einbruch hat alles zerschlagen, 16 grad minus, (die Weser ist zu) da hörten die Käufer plötzlich auf zu kaufen, kauften warme Sachen u kein Luxus, die Landleute konnten nicht in die Stadt zwischen La[h]de u. Windheim haben 11 Autos fest gelegen, Kühler eingefroren, die Eisenbahn hatte 7 - 8 Stunden Verspätung. Heute haben wir zum ersten Mal wieder Wasser, aber da war das Wasserrohr gleich in der Erde geplatzt, Jochmus haben alles aufgegeben Flur im Nebenhaus, grosse Unkosten, da brach der Erdabstellkran kaputt, Unkosten über Unkosten u Ärger, mitt dem Volke könnt es Euch denken, wir mussten doch des Nachts abstellen. Am 1.1. haben wir Mädchenwechsel, die Person wurde so frech, wie ich noch nie gesehen, sie sagte zu Frl. Eis. "wenn Sie mir noch lange was sagen gehe ich einfach nach der Arbeitsfront u sage Sie hätten mich geschlagen, das war am 14.12. Am 15ten habe ich gekündigt. Da zeigte sie Frl. Eisbg an der Arbeitsfront an, Frl. Eisbg wurde vorgeladen, da sagte die Arbeitsfront am 17ten wäre das Frl. da gewesen u hätte alles zurück nehmen wollen, man hat ihr alles gesagt dass das man nicht so ginge. sie [!] wollten auch uns erst mal hören ect.", 22. Dez. 1938; vier Tage ohne Wasser nach Wasserrohrbruch, 15. Jan. 1939; "Mit unserm Grabgitter ist das so nun: Da ich selbst nicht gehen konnte, habe ich mich mit dem Herrn vom Rathaus der diese Sache bearbeitet telefonisch verbinden lassen. Ich sagte ihm, dass ich mich nicht dazu bereit erklären könnte dies Gitter, das Handarbeit wäre herzugeben, man gebe doch heute so viel auf Handarbeit usw, ich sagte ihm alle meine Gründe. Er sagte ja zwingen können wir Sienicht, es liegt aber im vaterländischen Sinne, im Vierjahresplan usw., da müssen Opfer gebracht werden - Der Herr war sehr verständig, der muss ja so handeln! Ich sagte ihm gut, damit Sie meinen guten Willen sehen, "ich habe auf dem alten Friedhof noch eine Grabstätte für einen Leib" (das ist mir bekannt sagte er) dies Gitter von meiner Grossmutter stelle ich Ihnen zur Verfügung, aber das grosse Grabgitter am Hauptweg nicht!! Ja Frl. Schlamann machen Sie das, reichen Sie dies alles schriftlich ein, ich hoffe dann bleibt das schöne Gitter Ihnen. Das habe ich nun eingereicht, weiter habe ich nun nichts gehört. Das Gitter von der Grossmuttergrab [!] ist ein ganz gewöhnliches, die Grabstätte macht mir nur Kosten, ich hätte es anstreichen lassen müssen, u ich dachte dieses fordern sie ja auch, dann gebe ich das lieber freiwillig, um das andere zu retten. Ob dies Gitter von der Grossmutter nun schon genommen, u eingeschrottet ist weiss ich nicht, ich bin seit dem 8 Sept nicht draussen gewesen, ich konnte es nicht, befinde mich zu schlecht", 15. Jan. 1939; "Denk nur wenn ich einen ungefassten Brillianten haben muss, kaufen will, muss ich erst einen Schein dafür haben, der kostet 12 Rm so wissen sie aus allen [!] Geld zu machen. Als neulich die neuen Goldgesetze kamen, sind die Goldschmiede alle nach Bielefeld zur Unterrichtung gerufen, wie die Scheine auszufüllen wären. Da ich u andere nicht konnten war hier in Minden noch Mal für O[e]ynhausen Stadthagen Herford Bückeburg usw noch Mal eine Versammlung (ich musste mir extra ein Auto dazu nehmen). Als wir es endlich begriffen hatten und die Listen u Scheine ausfüllen wollten, von 1933 an, wie viel in jedem Monat Gold geliefert, Gold aufgekauft u Gold verarbeiet wäre, wie viel gramm [!] in Fein, nach Gewicht für was gearbeitet usw. kam die Nachricht dass die Scheine falsch wären, wir bekämen von den Devisen Stellen und Überwachungs-Stellen für Edelmetalle neue Scheine. Die neuen Scheine kamen, und mussten kurzfristig ausgefüllt werden. Du glaubst nicht, was das alles Arbeit macht. Neue Goldsachen bekomme ich nur, wenn ich das volle Gewicht Gold einschicke, was das alles noch werden soll wer weiss es. [...] In der letzten Woche war die Nachschau hier in jedem Hause, von der Polizei, wie viel bewohnbare Zimmer da wären, u wie viel Personen in den Räumen wohnten, u wie gross die Räume wären, usw. Man munkelt dass sie das für den Fall eines Krieges wissen wollen, evt wegen Einquartierung. Und wie lauten heute unsere Zeitungsberichte? Alles glänzend, es hat dem Hausbesitzer und dem Geschäftsmann noch nie so gut gegangen! - - Mein Radio ist ja alt, aber ich bekomme doch ab u zu auch fremde Auslandsender, und dann kann man sich manches denken. Wenn wir nur keinen Krieg bekommen!", 8. Febr. 1939; Liste mit auf der Fotografie der Hochzeit von Walter Schlamann abgebildeten Personen, 8. Febr. 1939 auch: Schreiben von Henriette Schlamann an ihren Schwager Karl Koch, 18. Okt. 1913; Schreiben von Agnes Müller im Auftrag von Henriette Schlamann an ihre Schwester Karolina Koch, 7. Aug. 1933; Schreiben von Henriette Schlamann an ihre Nichte Maria Marx, 4. Sept. 1936

Reference number
Stadt Minden WN 30 Nachlass Karolina Koch geb. Schlamann, Nr. 11

Context
Nachlass Karolina Koch geb. Schlamann
Holding
Stadt Minden WN 30 Nachlass Karolina Koch geb. Schlamann Nachlass Karolina Koch geb. Schlamann

Provenance
Nachlass Karolina Koch geb. Schlamann
Date of creation
30. Dez. 1881 - 19. Sept. 1882, 1906, 1911 - 8. Febr. 1939

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Object type

  • Sachakte

Associated

  • Nachlass Karolina Koch geb. Schlamann

Time of origin

  • 30. Dez. 1881 - 19. Sept. 1882, 1906, 1911 - 8. Febr. 1939

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