Schlosspark

Schlosspark Bellevue; Berlin, Mitte

Der Schlosspark Bellevue zeigt heute eine Synthese verschiedener Gestaltungen, wobei noch einige bemerkenswerte Struktur- und Ausstattungselemente des 18. und 19. Jahrhunderts bewahrt sind. Sein Erscheinungsbild wird maßgeblich durch die Neugestaltungen ab 1951 und ab 1959 von Reinhard Besserer sowie einige Umgestaltungen von 1997-98 für einen repräsentativen und funktionsgerechten Amtssitz des Bundespräsidenten bestimmt. (1)° ° Unter Prinz August Ferdinand von Preußen, dem jüngsten Bruder von Friedrich II., wurde noch vor dem Schlossbau 1784 die Bellevueallee angelegt. Der Schlosspark entstand als einer der frühesten landschaftlichen Gärten Preußens 1784 bis 1806 unter Leitung des auch schon in Friedrichsfelde für den Prinzen tätigen Hofgärtners Weil. Die Anlage wurde 1787 bis 1790 westlich und südlich erweitert. Die einzigartige Lage von Schloss und Park in der Spreeniederung und am Rande des Großen Tiergartens erlaubte weite Sichten in die Landschaft. Ein heute reduzierter Sichtenfächer eröffnete Blickbeziehungen nach Charlottenburg, in die Moabiter Wiesen und auf die Spree mit den fernen Türmen von Spandau und Charlottenburg. Derartige Sichtachsenfächer gab es auch im Wörlitzer Park, der zusammen mit dem ab 1797 angelegten Garten von Garzau als gestalterisches Vorbild diente. (2) Außer einem Küchengarten mit Gewächshäusern gehörten zahlreiche, nicht mehr erhaltene Parkgebäude sentimentalen Charakters sowie zahlreiche Denkmäler und stilistisch unterschiedliche Brücken zur Ausstattung des noch etwas kleinteiligen frühsentimentalen Gartens. (3) Unter Prinz August und seinem Gärtner Heinrich August Brasch entwickelte sich die Anlage zu einem der bedeutendsten Privatgärten Berlins. (4) Die 1844 für die Berliner geöffnete Anlage wurde schließlich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erheblich verändert, als Gelände für den Spreeuferweg, die Stadtbahn und die gründerzeitliche Wohnbebauung im Nordwesten abgegeben wurde. Vereinfachungen des Wegenetzes vor 1880 sowie 1882 nach einem Entwurf von Ferdinand Jühlke führten zu einer großzügigeren Gestaltung des Schlossparks. Mit der anschließenden Zuschüttung der Parkgewässer wurden auch die Brücken abgebrochen. Trotz weiterer Veränderungen und Kriegszerstörungen hatte das bedeutende Gartenkunstwerk, das sich deutlich vom Tiergarten unterschied, jedoch bis 1945 Bestand. (5) Die Anlage des Englischen Gartens 1951-52 und der Bau der Akademie der Künste bis 1960 führten zu erheblichen Reduzierungen des Parkareals im Südwesten und Westen der Anlage. Die Hochhäuser des Hansaviertels und Abpflanzungen an den Parkrändern und zur Spree schränkten die Sichtbezüge in die Landschaft ein.° ° Die Bellevueallee eröffnet eine großartige Sicht über den Ehrenhof mit seinem begrenzenden "Aha", einem der wenigen überlieferten Elemente aus dem 18. und 19. Jahrhundert. (6) Das "Aha" mit einer Stützmauer aus Kalkstein an einem Trockengraben bietet eine Sicht vom Schloss in die Bellevueallee und den Tiergarten und erweckt die Illusion eines vergrößerten Parks. Daran grenzt ein zentrales, von Taxuskegeln seitlich gesäumtes Rasenstück an, das von der gepflasterten Vorfahrt eingefasst wird. Die beiden Gittertore der Zufahrt flankieren je zwei steinerne Kopien von Leuchterfiguren des 18. Jahrhunderts, die Johannes Eckstein und Johann Matthias Gottlieb Heymüller zugeschrieben werden. Vor den Seitenrisaliten der Hauptfassade des Schlosses befinden sich Kopien von vier Leuchterfiguren-Gruppen aus Sandstein, deren Originale vermutlich J. Eckstein um 1785-87 schuf. (7)° ° Gartenseitig präsentiert sich die Anlage mit einer halbkreisförmigen Schlossterrasse, seitlichen Rampen und einer gepflasterten Vorfahrt in geschwungener Führung, die in Anlehnung an die Situation um 1806 zur Gewinnung der Protokollfläche 1997-98 neu gestaltetet wurde. Eine zentrale Rasenfläche fasst in Schlossnähe eine niedrige Taxushecke mit schmückenden Taxuskugeln ein. Die Schlossterrasse bietet Ausblicke über den großzügigen zentralen Wiesengrund, der zu einem nierenförmigen Seerosenteich von 1959 leicht abfällt. Der lockere Baumbestand der Wiesen im hinteren Parkbereich lässt noch drei historische Sichten offen. Davon führt eine Blickachse auf den Eiskellerhügel von 1789 in Spreenähe. In der Sicht erscheinen wirkungsvoll Skulpturen. Die barocke Sandsteinfigur einer "Galathea" war ein Geschenk Friedrichs II. an seinen jüngeren Bruder (1964 von Harald Haacke durch eine Kopie ersetzt). Ein klassizistischer Hochzeitsgedenkstein aus der Werkstatt von Johann Gottfried Schadow erinnert an die Goldene Hochzeit des Prinzen August Ferdinand und der Prinzessin Luise, geborene Markgräfin von Brandenburg Schwedt, am 27. September 1805. Blickpunkte bilden auch bemerkenswerte zeitgenössische Bildwerke, wie die "Große Flora" Nr. 2", 1970/1991 von Fritz Koenig, eine Stahlplastik-Säule mit einem Aufsatz in abstrakten floralen und vegetabilen Formen, die am nordwestlichen Teichufer aufragt. Hier vereinen sich zwei Rundwege, die den älteren Parkraum mit seinem strukturbestimmenden Altbaumbestand und den naturnahen Bereichen im Nordwesten und Westen erschließen und an den beiden Eiskellern vorbeiführen, gleichzeitig auch die 1959 behutsam eingefügten Sondergärten von Besserer erschließen. Hierzu gehören der Rosengarten an der nordöstlichen Parkgrenze, der unweit davon gelegene Casinogarten, auch der Immergrüne Garten westlich des Schlosses mit einzelnen Bildwerken und den runden Quellsteinen. Der Präsidentengarten vor dem Südflügel des Schlosses ist der am intensivsten gestaltete Bereich der 1950er Jahre, der auch am besten die zeittypische Gestaltung Besserers widerspiegelt. Vor einer abgewinkelten Pergola im Südosten befinden sich mehrere reich gegliederte Wasserbecken regelmäßiger Form inmitten locker angeordneter Staudenpflanzungen. Ein frei geführter Weg umschließt eine mittige Rasenfläche und die erhöhte Terrasse am Schloss mit ihren Belägen aus Schieferplatten und kleinen Pflanzflächen. Abschirmende Gehölzsäume und interessante Gestaltungsdetails betonen den intimen Charakter der Anlage.° ° Um das Bundespräsidialamt in der Nähe des Schlosses Bellevue unterzubringen, wurde im Schlosspark 1996-98 ein Neubau errichtet. Martin Gruber und Helmut Kleine-Kranenburg entwarfen ein elliptisches Gebäude, das sich mit seiner schwarz glänzenden Granitverkleidung zurückhaltend in den alten Baumbestand einfügt.° _________________° 1) Der Park stellt bezüglich seiner Größe und Gestaltung heute nur noch ein Relikt der Anlage des 18. Jahrhunderts dar. Wimmer, Clemens, Alexander, Geschichte des Gartens zu Bellevue. Bd. 1 des Parkpflegewerkes Schlosspark Bellevue. Gutachten i. A. der Bundesbaudirektion Berlin, Berlin 1992 (mit ausführlichen Quellenangaben); Wörner, Gustav und Rose, Bestand des Schlossparks Bellevue., Bd. 2 des Parkpflegewerkes Schlosspark Bellevue Berlin, Gutachten i. A. der Bundesbaudirektion Berlin, Berlin 1993; Krosigk, Klaus von, Gartendenkmalpflege am Schlosspark Bellevue, in: Hauptstadt Berlin, Denkmalpflege für Parlament, Regierung und Diplomatie 1990-2000. Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Bd. 16, Berlin 2000, S. 28-31. Wendland 1993, S. 62-97.° 2) Reichenbach, Leopold von, Einige Bemerkungen über die Gärten in der Mark Brandenburg, Berlin 1790, in: Mitteilungen der Pückler Gesellschaft, 7. Heft, neue Folge, Berlin 1991, S. 3-49.° 3) Bedeutende Parkbauten waren: Otahitisches Kabinett, Gotisches Haus, Chinesischer Parasol, Schweizer Hütte, Ländliches Haus, die von Friedrich Gilly entworfene Meierei. Zum herausragenden Gartenkunstwerk sentimentalen Charakters gehörten auch zwei Inseln, darunter eine Rousseauinsel, siehe auch Hartke, Werner, Garzau, in: ebenda, S.85-95, 105.° 4) Unter Prinz August entstanden weitere nicht erhaltene Bauten, u.a. die 1824 errichtete Orangerie und ein 1825 nach Entwurf von Karl Friedrich Schinkel errichteter Gartensalon, die Zucht exotischer Topfpflanzen gelangte zu höchster Blüte. Wimmer 1992, S. 5.° (5) 1939 Umgestaltungen in der Schlossumgebung, an Freitreppe, Terrasse, Garten zwischen neuem Meißnerflügel und Garage, vereinfachte Wegeführungen. Parkreduzierung durch Ausbau des Großen Sterns.° 6) 1810 Erneuerung des 1785 erbauten "Aha" nach Entwurf von D. Gilly. Ein Aha ist eine im Gelände unsichtbare, weil versenkte, Begrenzungsmauer.° 7) Die Originale der Leuchterfiguren-Gruppen sind nicht mehr nachweisbar. Die Vorbilder für die Kopien der Leuchterfiguren an den Toren, z.T. ebenfalls Kopien, befinden sich im Depot des Landesdenkmalamtes Berlin. Jörg Kuhn schreibt die beiden Darstellungen älterer Männer Johann Gottlieb Heymüller (gest. 1763); die der jüngeren Männer, um 1785-1787 ?, Johannes Eckstein zu. Kuhn 2003, Objekt-Nr. 22-26.

Urheber*in: Reinhard Besserer; Ferdinand von Preußen / Rechtewahrnehmung: Landesdenkmalamt Berlin

Urheberrechtsschutz

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Standort
Spreeweg 1, Tiergarten, Mitte, Berlin

Verwandtes Objekt und Literatur

Klassifikation
Gartendenkmal

Ereignis
Herstellung
(wer)
Entwurf: Besserer, Reinhard
Bauherr: Ferdinand von Preußen
(wann)
1784-1806
Ereignis
Umbau
(wann)
1787/1790 & 1843 & 1880/1890 & 1951-1960

Letzte Aktualisierung
04.06.2025, 11:55 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Schlosspark

Beteiligte

  • Entwurf: Besserer, Reinhard
  • Bauherr: Ferdinand von Preußen

Entstanden

  • 1784-1806
  • 1787/1790 & 1843 & 1880/1890 & 1951-1960

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