Bestand
NL (alph.): Becker, Aloys (Bestand)
I. Die Biographie Johann Aloys Beckers.
Johann Aloys Becker, geboren am 22. Mai 1769, wuchs in einer Mainzer
Familie aus dem Kleinbürgertum auf. Der frühe Tod des Vaters verhinderte
den Abschluß der gymnasialen Ausbildung des jungen Becker und zwang ihn,
eine kaufmännische Ausbildung im Handelshaus der Familie Dumont zu
absolvieren. Während seiner Lehrzeit schloß er eine enge Freundschaft mit
den Brüdern Johann und Friedrich Dumont. Im Familienkreis der Dumont,
einer der angesehensten großbürgerlichen Familien in Mainz, machte Becker
durch die Bekanntschaft mit liberalen Persönlichkeiten eine entscheidende
Prägung durch. Sie beinhaltete auch eine Hinwendung nach Frankreich. Die
Begrüßung der Französischen Revolution als Befreiung war eine logische
Konsequenz einer Entwicklung der Persönlichkeit des Johann Aloys Becker.
Am 21. Oktober 1792 besetzten französische Truppen unter General Adam
Philippe Custine Mainz. Es begann die Epoche der "Mainzer Republik".
Beseelt von den Idealen der Französischen Revolution schloss sich der
23-jährige Becker den Jakobinern an. Im Frühjahr 1793 bereiste er als
Subkommissar der Republik die eroberten kurmainzischen Orte und die
Reichsstadt Worms, um deren Umgestaltung nach französischem Vorbild
einzuleiten. Seine Aufgabe in diesem Zusammenhang war die Einleitung von
Wahlen zu den neuen Ratsgremien (Municipien). Zu den vielfältigen
Funktionen, die Becker ausübte, gehörten die Bekämpfung der
antijakobinischen Opposition, Verwaltungstätigkeiten und schließlich
seine Mitarbeit im Finanzkomitee der "Mainzer Republik". Nach der
Eroberung von Mainz durch preußische und österreichische Truppen nach
mehr als dreimonatiger Belagerung am 22. Juli 1793 begann für Becker eine
bis 1795 dauernde Gefangenschaft. Nach den Bedingungen des
Kapitulationsvertrages erhielten die gefangenen deutschen Jakobiner als
Angehörige Frankreichs einen Sonderstatus. Sie waren Geiseln, die gegen
in Frankreich gefangene Mainzer ausgetauscht werden sollten. Becker wurde
mit anderen "Klubisten" in der Festung Petersberg in Erfurt interniert.
Im März 1795 erfolgte die Abschiebung nach Frankreich. A. Becker
übersiedelte nach Paris, wo er zunächst seinen Lebensunterhalt mit
staatlicher Unterstützung bestritt. Die Haftzeit und der enttäuschende
Empfang in Paris ließen offenbar seinen Idealismus schwinden, nicht
jedoch seine Loyalität zu Frankreich. 1796 kehrte er als Angehöriger der
französischen Zivilverwaltung in die wiederum von Frankreich besetzten
Gebiete links des Rheins, seine Heimat, zurück. Im Juni 1796 wurde er mit
der Organisation des Steuer- und Abgabewesens im Bereich Kusel betraut.
Dazu gehörte auch die Erhebung von Kriegssteuern, die die Bevölkerung
verarmen ließen. Nach den Vereinbarungen im Friedensvertrag von
Campoformio gingen die linksrheinischen Gebiete und damit auch die Stadt
Mainz in den französischen Staatsverband über. Im Rahmen der Neuordnung
der Verwaltung der erworbenen Gebiete am linken Rheinufer gliederten die
Franzosen Mainz ins Departement du Mont Tonnerre (Donnersberg) als dessen
Hauptstadt ein. Becker gelangte über eine Zwischenstation in Pirmasens in
die Zentralverwaltung des Departements - und damit zurück in seine
Vaterstadt. In der napoleonischen Ära durchlief er eine in ruhigen Bahnen
verlaufende Beamtenkarriere. Vom revolutionären Elan der Jugend blieb
nichts übrig. Seine Anpassungsfähigkeit bewies Becker 1813/14, als das
linksrheinische Gebiet wieder unter deutsche Herrschaft gelangte. Nachdem
er dem Besatzungsregime seine Loyalität unter Beweis gestellt hatte, trat
Becker in die Dienste seines neuen Landesherrn, des Großherzogs von
Hessen-Darmstadt. Er wurde Mitglied der "hessischen Regierungskommission
der jenseitigen Rheinlande", ab 1818 "Provinzialregierung für
Rheinhessen". Mit der Auflösung der Behörde erfolgte am 17. Februar 1835
seine Versetzung in den Ruhestand. Sein Leben vollendete sich am 21.
September 1850 im Alter von 81 Jahren. II.
Der Nachlass
Beckers.
Die genauen Details der Abgabe des Nachlasses Johann
Aloys Beckers an das Stadtarchiv in Mainz liegen im Dunkeln. Innerhalb
des Nachlasses aufgefundene Stücke aus dem Nachlass des Mainzer
Oberbürgermeisters Dr. Konrad Alexis Dumont lassen allerdings eine enge
Beziehung mit der Famile Dumont erkennen. Der ins Archiv gelangte
Nachlass umfasst lediglich 48 Einzelstücke. Es handelt sich um Teile der
Korrespondenz Beckers, Schriftstücke aus seiner Verwaltungstätigkeit,
Abschriften von Aufsätzen und Publikationen sowie um so profane Stücke
wie die Quittung über den Kauf eines Feuereimers. Das gesamte
überlieferte Schriftgut bildet keinen einheitlichen, chronologisch
gegliederten Block, der größere Zusammenhänge erkennen läßt. Die
einzelnen Schriftstücke bilden Momentaufnahmen aus dem Leben des Johann
Aloys Becker. Besonders aufschlussreich sind die erhaltenen Briefe aus
seiner Haftzeit in Petersberg. Dazu kommen Einzelstücke, die ein Bild der
Revolution in Frankreich vermitteln. Ein Freiheitsgedicht und ein
antideutsches Epigramm beleuchten den Charakter Beckers. Er fühlte sich
als Rheinhesse und als Franzose. Das Deutsche verband er mit dem von ihm
verurteilten Ancien Regime. Es liegt auch die Deutung nahe, dass er in
einer Zugehörigkeit zu Frankreich die größtmögliche Freiheit für seine
Heimat sah. Insofern gingen Heimatliebe und Idealisierung der
Französischen Revolution eine enge Verbindung ein. Diesen Aspekt zu
untersuchen, bleibt der Forschung vorbehalten. Die innerhalb des
Nachlasses aufgefundenen Stücke mit offenbarer Provenienz aus dem
Nachlass Dumont wurden ausgeschieden. Es handelt sich dabei um folgende:
1. Gesetzentwurf über die Reform des Erbschafts- und
Versteigerungsverfahrens im Großherzogtum Hessen-Darmstadt, 2. Bericht
zum Friedhofsrecht der Stadt Mainz, 1868, 3. Bericht zum Antrag Dumonts
über die Trägerschaft der öffentlichen Schulen im Hinblick auf die
Konfession der Schüler in Mainz, 4. Brief Greims, Offenbach, über
Regelung der Versorgung der Lehrerwitwen im Großherzogtum
Hessen-Darmstadt. Der Nachlass Johann Aloys Becker wurde unter fünf
Gesichtspunkten geordnet und verzeichnet: 1. Zeit der Inhaftierung
(1793-1795) 2. Aufenthalt in Paris (1795-1796) 3. Dienst Beckers in der
französischen Verwaltung (1796-1813) 4. Varia 5. Die Zeit nach 1815 Diese
Gliederung erleichtert den Zugang zum Bestand. Zu bemerken sei noch, dass
die Schriftstücke zwischen 1793 und 1815 überwiegend in französischer
Sprache abgefasst sind. Weitere Informationen zu Johann Aloys Becker
befinden sich in seinen im Stadtarchiv überlieferten Korrespondenzen, die
durch eine Kartei der Absender und Adressaten erschlossen sind.
Literatur: Franz Dumont: Die Mainzer Republik von 1792-1793, Alzey 1983
Ders.: Wandlungen eines Revolutionärs, das Leben des Mainzer Jakobiners
Johann Aloys Becker, in: "Mainz", Vierteljahreszeitschrift, 2. Jahrg.
(1982), Nr. 4, S. 78-89. Mainz, im Dezember 1999 Dr. Rolf
Uphoff
Form und Inhalt: I. Die Biographie
Johann Aloys Beckers. Johann Aloys Becker, geboren am 22. Mai 1769, wuchs
in einer Mainzer Familie aus dem Kleinbürgertum auf. Der frühe Tod des
Vaters verhinderte den Abschluß der gymnasialen Ausbildung des jungen
Becker und zwang ihn, eine kaufmännische Ausbildung im Handelshaus der
Familie Dumont zu absolvieren. Während seiner Lehrzeit schloß er eine
enge Freundschaft mit den Brüdern Johann und Friedrich Dumont. Im
Familienkreis der Dumont, einer der angesehensten großbürgerlichen
Familien in Mainz, machte Becker durch die Bekanntschaft mit liberalen
Persönlichkeiten eine entscheidende Prägung durch. Sie beinhaltete auch
eine Hinwendung nach Frankreich. Die Begrüßung der Französischen
Revolution als Befreiung war eine logische Konsequenz einer Entwicklung
der Persönlichkeit des Johann Aloys Becker. Am 21. Oktober 1792 besetzten
französische Truppen unter General Adam Philippe Custine Mainz. Es begann
die Epoche der "Mainzer Republik". Beseelt von den Idealen der
Französischen Revolution schloss sich der 23-jährige Becker den
Jakobinern an. Im Frühjahr 1793 bereiste er als Subkommissar der Republik
die eroberten kurmainzischen Orte und die Reichsstadt Worms, um deren
Umgestaltung nach französischem Vorbild einzuleiten. Seine Aufgabe in
diesem Zusammenhang war die Einleitung von Wahlen zu den neuen
Ratsgremien (Municipien). Zu den vielfältigen Funktionen, die Becker
ausübte, gehörten die Bekämpfung der antijakobinischen Opposition,
Verwaltungstätigkeiten und schließlich seine Mitarbeit im Finanzkomitee
der "Mainzer Republik". Nach der Eroberung von Mainz durch preußische und
österreichische Truppen nach mehr als dreimonatiger Belagerung am 22.
Juli 1793 begann für Becker eine bis 1795 dauernde Gefangenschaft. Nach
den Bedingungen des Kapitulationsvertrages erhielten die gefangenen
deutschen Jakobiner als Angehörige Frankreichs einen Sonderstatus. Sie
waren Geiseln, die gegen in Frankreich gefangene Mainzer ausgetauscht
werden sollten. Becker wurde mit anderen "Klubisten" in der Festung
Petersberg in Erfurt interniert. Im März 1795 erfolgte die Abschiebung
nach Frankreich. A. Becker übersiedelte nach Paris, wo er zunächst seinen
Lebensunterhalt mit staatlicher Unterstützung bestritt. Die Haftzeit und
der enttäuschende Empfang in Paris ließen offenbar seinen Idealismus
schwinden, nicht jedoch seine Loyalität zu Frankreich. 1796 kehrte er als
Angehöriger der französischen Zivilverwaltung in die wiederum von
Frankreich besetzten Gebiete links des Rheins, seine Heimat, zurück. Im
Juni 1796 wurde er mit der Organisation des Steuer- und Abgabewesens im
Bereich Kusel betraut. Dazu gehörte auch die Erhebung von Kriegssteuern,
die die Bevölkerung verarmen ließen. Nach den Vereinbarungen im
Friedensvertrag von Campoformio gingen die linksrheinischen Gebiete und
damit auch die Stadt Mainz in den französischen Staatsverband über. Im
Rahmen der Neuordnung der Verwaltung der erworbenen Gebiete am linken
Rheinufer gliederten die Franzosen Mainz ins Departement du Mont Tonnerre
(Donnersberg) als dessen Hauptstadt ein. Becker gelangte über eine
Zwischenstation in Pirmasens in die Zentralverwaltung des Departements -
und damit zurück in seine Vaterstadt. In der napoleonischen Ära durchlief
er eine in ruhigen Bahnen verlaufende Beamtenkarriere. Vom revolutionären
Elan der Jugend blieb nichts übrig. Seine Anpassungsfähigkeit bewies
Becker 1813/14, als das linksrheinische Gebiet wieder unter deutsche
Herrschaft gelangte. Nachdem er dem Besatzungsregime seine Loyalität
unter Beweis gestellt hatte, trat Becker in die Dienste seines neuen
Landesherrn, des Großherzogs von Hessen-Darmstadt. Er wurde Mitglied der
"hessischen Regierungskommission der jenseitigen Rheinlande", ab 1818
"Provinzialregierung für Rheinhessen". Mit der Auflösung der Behörde
erfolgte am 17. Februar 1835 seine Versetzung in den Ruhestand. Sein
Leben vollendete sich am 21. September 1850 im Alter von 81 Jahren.
II.
Der Nachlass Beckers.
Die genauen Details der
Abgabe des Nachlasses Johann Aloys Beckers an das Stadtarchiv in Mainz
liegen im Dunkeln. Innerhalb des Nachlasses aufgefundene Stücke aus dem
Nachlass des Mainzer Oberbürgermeisters Dr. Konrad Alexis Dumont lassen
allerdings eine enge Beziehung mit der Famile Dumont erkennen. Der ins
Archiv gelangte Nachlass umfasst lediglich 48 Einzelstücke. Es handelt
sich um Teile der Korrespondenz Beckers, Schriftstücke aus seiner
Verwaltungstätigkeit, Abschriften von Aufsätzen und Publikationen sowie
um so profane Stücke wie die Quittung über den Kauf eines Feuereimers.
Das gesamte überlieferte Schriftgut bildet keinen einheitlichen,
chronologisch gegliederten Block, der größere Zusammenhänge erkennen
läßt. Die einzelnen Schriftstücke bilden Momentaufnahmen aus dem Leben
des Johann Aloys Becker. Besonders aufschlussreich sind die erhaltenen
Briefe aus seiner Haftzeit in Petersberg. Dazu kommen Einzelstücke, die
ein Bild der Revolution in Frankreich vermitteln. Ein Freiheitsgedicht
und ein antideutsches Epigramm beleuchten den Charakter Beckers. Er
fühlte sich als Rheinhesse und als Franzose. Das Deutsche verband er mit
dem von ihm verurteilten Ancien Regime. Es liegt auch die Deutung nahe,
dass er in einer Zugehörigkeit zu Frankreich die größtmögliche Freiheit
für seine Heimat sah. Insofern gingen Heimatliebe und Idealisierung der
Französischen Revolution eine enge Verbindung ein. Diesen Aspekt zu
untersuchen, bleibt der Forschung vorbehalten. Die innerhalb des
Nachlasses aufgefundenen Stücke mit offenbarer Provenienz aus dem
Nachlass Dumont wurden ausgeschieden. Es handelt sich dabei um folgende:
1. Gesetzentwurf über die Reform des Erbschafts- und
Versteigerungsverfahrens im Großherzogtum Hessen-Darmstadt, 2. Bericht
zum Friedhofsrecht der Stadt Mainz, 1868, 3. Bericht zum Antrag Dumonts
über die Trägerschaft der öffentlichen Schulen im Hinblick auf die
Konfession der Schüler in Mainz, 4. Brief Greims, Offenbach, über
Regelung der Versorgung der Lehrerwitwen im Großherzogtum
Hessen-Darmstadt. Der Nachlass Johann Aloys Becker wurde unter fünf
Gesichtspunkten geordnet und verzeichnet: 1. Zeit der Inhaftierung
(1793-1795) 2. Aufenthalt in Paris (1795-1796) 3. Dienst Beckers in der
französischen Verwaltung (1796-1813) 4. Varia 5. Die Zeit nach 1815 Diese
Gliederung erleichtert den Zugang zum Bestand. Zu bemerken sei noch, dass
die Schriftstücke zwischen 1793 und 1815 überwiegend in französischer
Sprache abgefasst sind. Weitere Informationen zu Johann Aloys Becker
befinden sich in seinen im Stadtarchiv überlieferten Korrespondenzen, die
durch eine Kartei der Absender und Adressaten erschlossen sind.
Literatur: Franz Dumont: Die Mainzer Republik von 1792-1793, Alzey 1983
Ders.: Wandlungen eines Revolutionärs, das Leben des Mainzer Jakobiners
Johann Aloys Becker, in: "Mainz", Vierteljahreszeitschrift, 2. Jahrg.
(1982), Nr. 4, S. 78-89. Mainz, im Dezember 1999 Dr. Rolf
Uphoff
- Bestandssignatur
-
NL Becker
- Umfang
-
0,1 lfm.
- Kontext
-
Bestände des Stadtarchivs Mainz >> Nachlässe >> Nachlässe, alphabetisch geordnet
- Indexbegriff Person
-
Becker, Aloys;
- Bestandslaufzeit
-
1793 - 1850
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- Letzte Aktualisierung
-
23.05.2025, 08:02 MESZ
Datenpartner
Stadtarchiv Mainz. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1793 - 1850